Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.02.2006
Aktenzeichen: 6 U 145/05
Rechtsgebiete: WpHG


Vorschriften:

WpHG § 2 Abs. 3
WpHG § 2 Abs. 3 a
WpHG § 37 a
Die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG gilt nicht für Schadenersatzansprüche aus Beratungsverschulden im Falle der Vermittlung eines "Premium-Depots" bei einer Offshoregesellschaft, die nach ihren Bedingungen damit beauftragt ist, die auf den Depots eingehenden Kundengelder für gemeinsame Rechnung ihrer Kunden in US-Aktien anzulegen; eine derartige Geschäftsbesorgung stellt weder eine Wertpapierleistung im Sinne des § 2 Abs. 3 WpHG noch eine Wertpapiernebenleistung im Sinne des § 2 Abs. 3 a) WpHG dar; § 37 a WpHG ist auch nicht analog anzuwenden.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 6 U 145/05

In Sachen

Gründe:

beabsichtigt der Senat, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung bietet keine Aussicht auf Erfolg. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortentwicklung des Rechts erfordern eine Entscheidung des Senats durch Urteil unter Zulassung der Revision nicht.

1) Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen den Klageanspruch bejaht.

A) Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die Erwägungen des Landgerichts, die Kläger hätten den Beklagten als Berater aufgesucht, weil er sich selbständig gemacht hatte und bereits in der Vergangenheit als Vermögensberater für den Kläger tätig geworden sei, sind nicht angegriffen. Der Beklagte ist auch dem Vortrag der Kläger im ersten Rechtszug nicht mit einem eigenen Vortrag entgegen getreten, dass sich die Kläger an ihn gewandt hatten, weil sie eine Beratung für eine Geldanlage suchten, die der Altersvorsorge dienen sollte (vgl. Klageschrift S. 3 = Bl. 3 d. A.; Ss vom 3. März 2005, S. 2 = Bl. 48 d. A., und S. 6 = Bl. 53 d. A.). Bei dieser Sachlage war aus Sicht eines objektiven Dritten an Stelle des Beklagten klar, dass die Kläger die folgenden Ausführungen über das "Premium Depot" als entsprechende Beratung auffassen würden. Daran ändert der Umstand, dass der Beklagte als Subvermittler für den SWD handeln wollte, nichts. Selbst wenn sich aus entsprechenden Unterlagen eine entsprechende Stellung ergeben sollte, steht dies dem Abschluss eines eigenständigen Beratungsvertrages nicht entgegen. Denn es war dem Beklagten aus Sicht eines potenziellen Kunden, der um Beratung nachsuchte, unbenommen, auch bei seiner Stellung als Subvermittler für den SWD gleichwohl eigene Beratungsleistungen zu erbringen. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, ausdrücklich und eindeutig darauf hinzuweisen, dass er die begehrte Beratung nicht leisten wolle.

Die Ausführungen des Beklagten zur Eigenhaftung eines Vertreters wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer Beratung gehen daher fehl, weil er gerade nicht nur als Vertreter gehandelt hat, sondern einen eigenen Beratungsvertrag abgeschlossen hat.

B) Zutreffend geht das Landgericht auch von zwei selbständigen schuldhaften Pflichtverletzungen aus.

aa) Ein sorgfältiger Berater hätte die Kläger auf die Warnungen vor dem Premium Depot in der Zeitschrift Cnnn hingewiesen und die Kläger darüber aufgeklärt, dass er diese Bedenken nicht zerstreuen könne. Auch im Rechtsstreit trägt der Beklagte lediglich vor, dass die AIF die Gelder in Blue-Chip-Aktien an amerikanischen Börsen angelegt habe. Es handele sich nicht um übermäßig riskante Investitionen, sondern um solche im mittleren und oberen Risikobereich. Einzelheiten, die eine Bewertung der Anlagestrategie zuließen, werden nicht mitgeteilt und ergeben sich aus dem Prospekt nicht. Dass der Beklagte mit der Berufung die Anlage nunmehr sogar als risikoarm bezeichnet, ist insoweit ohne Belang.

Auf die weiteren Inhalte des Prospektes und der Informationen auf Merkblättern kommt es nicht an. Denn dass theoretisch ein Totalverlust drohte, mag für den Kläger zu erkennen gewesen sein. Entscheidend ist jedoch, dass eine realistische Bewertung dieses Risikos durch eine Beratung des Beklagten nicht gewährleistet wurde.

bb) Ein sorgfältiger Berater hätte die Kläger auch nicht davon abgehalten, ein Auszahlungsbegehren zu stellen, indem entstandene Bedenken der Kläger gegen die Anlage durch Mitarbeiter des Beklagten zerstreut wurden.

C) Schaden und Kausalität sind gegeben.

Es ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass sich die Kläger beratungsgerecht verhalten und die Anlage nicht vorgenommen hätten. Sie sind so zu stellen, als wenn sie die Gelder nicht angelegt hätten. Sie können vom Beklagten Rückzahlung gegen Abtretung der Ansprüche aus der Anlage verlangen.

D) Der Anspruch ist auch nicht gemäß § 37a WpHG verjährt. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger durch den abgeschlossenen Vertrag nichts anderes gemacht habe, als bei der AIF ein Konto zu eröffnen und auf dieses Konto Geld zu überweisen. Dadurch sei kein verbrieftes Recht o. ä. an einem Fonds oder einer Gesellschaft erworben worden. Es sei auch vom Beklagten nicht dargelegt, dass das Konto ein markthandelbares Wertpapier, ein Geldmarktinstrument oder ein Derivat sein könne.

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Durch die Einzahlung der Gelder erwarb der Kläger keinen Anteil an Investmentvermögen, das von einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben wurde.

Der Beklagte räumt ausdrücklich in der Berufung ein, dass von der AIF Geld eingesammelt wurde, um dem Titel nach noch unbestimmte Aktien zu erwerben (S. 6 der Berufungsbegründung = Bl. 152 d. A.). Es bestand gerade kein Aktienfonds, von dem Anteile ausgegeben wurden. Das Argument, beide Fälle seien gleich zu behandeln, ist überzeugend, wenn und soweit es darum geht, dem Kunden gegenüber Aufklärungs- und Beratungspflichten des Anlageberaters zu statuieren, wenn der Kunde sein Geld in der hier genannten Weise verwenden soll. Dies gebietet es jedoch nicht, die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden. Denn wegen des nicht kalkulierbaren Haftungsrisikos bei der Empfehlung risikoreicher Papiere bei einer Verjährungsfrist von 30 Jahren sollte eine Verkürzung der Verjährungsfrist erfolgen. Wird jedoch nicht einmal ein Wertpapier, ein Geldmarktinstrument oder ein Derivat im Sinne des Gesetzes erworben, besteht auch kein Anlass, den Anlegerschutz zu reduzieren.

Das Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 26. November 1999 (Bl. 107 d. A.) ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang. Dem Schreiben ist lediglich zu entnehmen, dass das Bundesaufsichtsamt Unterlagen überprüft hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass diese den Anforderungen entsprechen, soweit das WpHG betroffen ist. Auch die weitere Auskunft bestätigt das Vorliegen eines Investmentgeschäftes im Sinne des WpHG nicht. Denn es wird lediglich erklärt, dass keine Bedenken gegen die Verwendung des Gesprächsnachweises als Checkliste im Rahmen von Kundengesprächen bestehen, bei denen die einzelnen Punkte der Liste näher erläutert werden.

2) Dem Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen gegeben. Wird die Berufung zurückgenommen?

Ende der Entscheidung

Zurück