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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.12.2008
Aktenzeichen: 6 U 175/08
Rechtsgebiete: ZPO, ARB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
ARB § 26
ARB § 26 Abs. 2 a)
ARB § 26 Abs. 2 b)
§ 26 Abs. 2 a) und b) der Bedingungen einer Rechtsschutzversicherung mit der Bezeichnung "Personen-, Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz mit Vertrags-Rechtsschutz", wonach minderjährige Kinder und volljährige Kinder unter den in lit. b) genannten Voraussetzungen mitversichert sind, können nicht dahin ausgelegt werden, dass auch Enkelkinder mitversichert sind, wenn sie Kinder einer mitversicherten Person sind, mit dem Versicherungsnehmer in einem Haushalt als Familie zusammenleben, vom Versicherungsnehmer unterhalten werden und auch die sonstigen Voraussetzungen wie Minderjährigkeit oder fehlendes erstes Einkommen der lit. a) und b) gegeben sind.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 6 U 175/08

In dem Rechtsstreit

Tenor:

wird der Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger als Enkelkind ihrer Versicherungsnehmerin C W Rechtsschutz zu gewähren. Denn gemäß § 26 Abs. 2 a) und b) der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen "DAS ARB 2003" - im Folgenden: ARB - sind lediglich minderjährige Kinder und volljährige Kinder unter den in lit. b) genannten Voraussetzungen mitversichert. Dazu gehört der Kläger nicht.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt die Auslegung der Bedingungen nicht, dass auch Enkelkinder mitversichert seien, wenn sie nur die von seinem Prozessbevollmächtigten in der Klageschrift S. 5 unter den Ziffern 1) und 4) selbst aufgestellten, nach seiner Behauptung sämtlichst auf ihn zutreffenden Voraussetzungen erfüllen würden, nämlich

- 1) wiederum Kinder einer mitversicherten Person seien,

- 2) mit dem Versicherungsnehmer in einem Haushalt als Familie zusammenleben,

- 3) vom Versicherungsnehmer unterhalten werden und

- 4) auch die sonstigen Merkmale wie Minderjährigkeit oder fehlendes erstes Einkommen vorlägen.

Für die Geltung derart von dem Kläger selbst aufgestellter Versicherungsbedingungen in dem von seiner Großmutter abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Denn auch wenn man den Begriff des Kindes in den Versicherungsbedingungen nicht auf das Kind im Rechtssinne beschränkt und auf den allgemeinen Sprachgebrauch abstellt, wird unter einem Kind der unmittelbare Nachkomme ersten Grades verstanden und nicht der Abkömmling zweiten oder dritten Grades. Da die Bedingungen keine Einschränkung auf leibliche Kinder enthalten, mögen auch Adoptivkinder und Pflegekinder als mitversichert angesehen werden, sofern sich Letztere regelmäßg außerhalb des Elternhauses ganz oder für einen nicht unerheblichen Teil des Tages in Familienpflege im Haushalt des Versicherungsnehmers auf dessen Kosten befinden (vgl. Harbauer-Stahl, Rechtsschutzversicherung, 7. Auflage, § 25 ARB 75 Rz. 7).

Ein Enkelkind jedoch ist nach allgemeinem Sprachgebrauch kein Kind. Die kürzere Bezeichnung für ein Enkelkind ist nicht etwa "Kind", sondern "Enkel" (im Althochdeutschen "Enikel" als Verkleinerung zu "ano" - Ahn, Großvater - , da der Enkel als der wiedergeborene Großvater galt, vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1975). Als Oberbegriff für Kinder und Enkel bzw. Enkelkinder kommt ebenfalls nicht der Begriff Kinder in Betracht, sondern nur Kindeskinder, Nachfahren, Abkömmlinge etc.

Auch die Systematik der Absätze 1 und 2 des § 26 ARB zeigt, dass nur bestimmte Angehörige unter den dort im Einzelnen definierten persönlichen und sachlichen Voraussetzungen mitversichert sind. Gemäß Absatz 1) besteht unter den dort genannten weiteren sachlichen Einschränkungen Versicherungsschutz für den privaten und beruflichen Bereich des Versicherungsnehmers und seines ehelichen bzw. eingetragenen oder im Versicherungsschein genannten nichtehelichen bzw. nicht eingetragenen Lebenspartners. Gemäß Absatz 2 a) sind die minderjährigen und 2 b) die unverheirateten bzw. nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden, volljährigen Kinder mitversichert, jedoch längstens bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie erstmalig eine auf Dauer angelegte berufliche Tätigkeit ausüben und hierfür ein leistungsbezogenes Entgelt erhalten.

Angesichts dieser Umgrenzung des mitversicherten Personenkreises der Angehörigen kommt eine Erstreckung auf Enkelkinder oder sonstige Angehörige auch angesichts der Bezeichnung der Versicherung als "Personen-, Familien- und Verkehrs-Rechtsschutz mit Vertrags-Rechtsschutz" im Versicherungsschein nicht in Betracht, denn dieser wird ausweislich des Scheins "gemäß § 26 ARB" gewährt.

Die Rechtsschutzversicherung gewährt nur Rechtsschutz in dem jeweils vereinbarten Umfang. Es gilt der Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos, d. h. der Versicherungsnehmer hat Anspruch auf Versicherungsschutz nur, wenn er nach Eintritt eines Versicherungsfalls im versicherten Zeitraum im räumlichen Geltungsbereich der ARB rechtliche Interessen in einer bestimmten (speziellen) versicherten Eigenschaft, in einer bestimmten (speziellen) Form wahrzunehmen und hierbei Kosten der in den ARB aufgezählten bestimmten (speziellen) Art aufzuwenden hat, ohne dass ein Ausschlusstatbestand gegeben ist. Dabei beschreiben und begrenzen die besonderen Bestimmungen des zweiten Teils der ARB in je einer eigenen Vertragsart in wechselnder Zusammensetzung den jeweils versicherten Personenkreis, die jeweils versicherten Eigenschaften und die jeweiligen Rechtsgebiete, für die Versicherungsschutz besteht. Der Versicherungsnehmer hat die Möglichkeit, das für ihn passende, typisierte Paket auszuwählen (vgl. Harbauer-Stahl, a.a.O., Vorbem. Vor § 21 Rn. 1). Dies zeigt, dass kein Versicherungsschutz für sonstige Angehörige des Versicherungsnehmers, auch wenn sie dauernd in seinem Haushalt leben (vgl. Harbauer-Stahl, a.a.O., § 25 Rz. 13) und die weiteren vom Kläger selbst aufgestellten Kriterien erfüllen mögen, besteht.

Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den vorstehenden Hinweisen binnen zweier Wochen Stellung zu nehmen und ggfs. die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.

Ende der Entscheidung

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