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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 6 U 176/07
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 16 Abs. 2
Einem vormaligen Vorstandsmitglied eines nach seinem Ausscheiden teilprivatisierten städtischen Versorgungsbetriebes steht gemäß § 16 Abs. 2 BetrAVG ein Anspruch auf Anpassung seines Ruhegehaltes im Umfang des Anstieges des Verbraucherpreisindexes im Anpassungszeitraum zu; der Nichtanstieg der Bezüge der aktiven Vorstände steht dem nicht entgegen, wenn diese zugleich Vorstände der Holding des Versorgungsbetriebes sind und dort höhere Bezüge erhalten, auf die die Bezüge des Versorgungsbetriebes angerechnet werden.
Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 6 U 176/07

verkündet am: 25.11.2008

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 21.10.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Reinhard, die Richterin am Amtsgericht von Hollen und den Richter am Kammergericht Ninnemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. Juli 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 13 O 293/06 - geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.172,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2007 und aus je 254,80 Euro seit dem jeweiligen Monatsersten seit dem 1. Juli 2004 bis zum 30. Mai 2007 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 43 % und die Beklagte 57 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Der Kläger begehrt als ehemaliges Vorstandsmitglied der Beklagten eine Erhöhung seines Ruhegehaltes für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2007. Das Landgericht hat seine Klage abgewiesen. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhaltes und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil vom 24. Juli 2007 verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch noch in Höhe des Teuerungsausgleichs von 3,71 % weiter. Dies sind auf der Basis des dem Kläger zustehenden Ruhegehaltes von monatlich 6.867,93 Euro monatlich 254,80 Euro, woraus sich der mit der Berufungsbegründung weiterverfolgte Anspruch in Höhe von insgesamt 9.172,80 Euro (36 Monate mal 254,80 Euro) ergibt.

Hinsichtlich des Tatbestandes ergänzt der Kläger, dass er - was unstreitig ist - bereits seit dem 1. Juli 1991 - zunächst als Geschäftsleiter - und sodann vom 10. Februar 1994 bis zum 4. August 1999 als Vorstand bei der Beklagten tätig war, dass er bereits Ende September 1999 als Vorstand abberufen, der Dienstvertrag durch die Aufhebungsvereinbarung vom 22. März 2000 jedoch zum 31. März 2000 beendet wurde.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Auffassung des Landgerichts, dass bei der Ermittlung der sogenannten reallohnbezogenen Obergrenze gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur betrieblichen Altersversorgung - BetrAVG - die von der Bzzzzzz H AG (im Folgenden kurz: Hggg ) gezahlten Bezüge nicht zu berücksichtigen seien.

Er macht geltend, das vom Landgericht verwendete Argument, nach dem Wortlaut der Vorschrift komme es auf die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens an, könne vorliegend wegen der bereits erstinstanzlich zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30. August 2005 - 3 AZR 395/04 - nicht herangezogen werden, weil danach auch eine konzernweit ermittelte Vergleichsgröße zulässig sei.

Das formale Argument, dass die Vorstandsmitglieder einen gesonderten Dienstvertrag mit der Heee geschlossen haben, greife schon deshalb nicht, weil die H erst nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten gegründet wurde. Ansonsten könne jegliche Anpassung im Rahmen des § 16 BetrAVG durch eine schlichte gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung ausgehebelt und umgangen werden. Entscheidend sei vielmehr, dass sich der Tätigkeitsbereich des Konzernpersonalvorstandes mit seinem vormaligen Tätigkeitsbereich decke, wie er erstinstanzlich im Einzelnen vorgetragen habe. Dies zeige auch der zwischen dem Lnn B als Anstalts- und Gewährträger der Beklagten und den privaten Investoren, welche zum Zwecke der Beteiligung an der Teilprivatisierung der Beklagten eine BWB-Beteiligungs-AG gegründet haben, am 14. Juni 1999 geschlossene Konsortialvertrag, in dem unter Ziffer II. §§ 3 - 5 die Geschäftsfelder der Beklagten vor der Teilprivatisierung beschrieben werden, wonach die Beklagte schon damals nicht nur ihr Kerngeschäft betrieb, sondern im Wege von Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmen das sogenannte Umlandgeschäft, das Wettbewerbsgeschäft und das sonstige Geschäft. Auch die Geschäfte der Tochtergesellschaft B,,, W AG, die später als B H AG umfunktioniert worden sei, seien damals noch unter dem Dach der Beklagten zusammengefasst und damit von seinem Tätigkeitsbereich umfasst gewesen. Aus dem Konsortialvertrag ergebe sich außerdem, dass nach der ursprünglichen Planung eine Teilidentität hinsichtlich der Vorstandsmitglieder der Beklagten und der Httt vorgesehen gewesen sei. Zusammenfassend lasse der Konsortialvertrag deutlich erkennen, dass der gesamte Geschäftsbereich des ursprünglichen "Konzerns" Bvvvv W in gesellschaftsrechtlich umstrukturierter Form auf die nunmehr bestehende Beklagte sowie die Bhhhhhh H AG überführt werden sollte, jedoch die Tätigkeit sich nicht wesentlich unterscheide.

Soweit das Landgericht seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass ein karrierebedingter oder auf einem besonderen persönlichen Einsatz beruhender Teil eingetretener Gehaltssteigerungen bei der im Rahmen des § 16 BetrAVG gebotenen typisierenden Berechnungsweise nicht zu berücksichtigen sei, sei dies nicht nachvollziehbar. Insbesondere habe die Beklagte schon gar nicht vorgetragen, dass durch die zu Vorständen bestimmten Personen tatsächlich ein besonderer persönlicher Einsatz erbracht werde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 24. Juli 2007 verkündeten Urteil des Landgerichts Berlin zu verurteilen, an ihn 9.172,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 254,80 EUR seit dem 1. Juli 2004,

aus 509,60 EUR seit dem 1. August 2004,

aus 764,40 EUR seit dem 1. September 2004,

aus 1.019,20 EUR seit dem 1. Oktober 2004,

aus 1.274,-- EUR seit dem 1. November 2004,

aus 1.528,80 EUR seit dem 1. Dezember 2004,

aus 1.783,60 EUR seit dem 1. Januar 2005,

aus 2.038,40 EUR seit dem 1. Februar 2005,

aus 2.293,20 EUR seit dem 1. März 2005,

aus 2.548,-- EUR seit dem 1. April 2005,

aus 2.802,80 EUR seit dem 1. Mai 2005,

aus 3.057,60 EUR seit dem 1. Juni 2005,

aus 3.312,40 EUR seit dem 1. Juli 2005,

aus 3.567,20 EUR seit dem 1. August 2005,

aus 3.822,-- EUR seit dem 1. September 2005,

aus 4.076,80 EUR seit dem 1. Oktober 2005,

aus 4.331,60 EUR seit dem 1. November 2005,

aus 4.586,40 EUR seit dem 1. Dezember 2005, aus 4.841,20 EUR seit dem 1. Januar 2006,

aus 5.096,-- EUR seit dem 1. Februar 2006,

aus 5.350,80 EUR seit dem 1. März 2006,

aus 5.605,60 EUR seit dem 1. April 2006,

aus 5.860,40 EUR seit dem 1. Mai 2006,

aus 6.115,20 EUR seit dem 1. Juni 2006,

aus 6.370,-- EUR seit dem 1. Juli 2006,

aus 6.624,80 EUR seit dem 1. August 2006,

aus 6.879,60 EUR seit dem 1. September 2006,

aus 7.134,40 EUR seit dem 1. Oktober 2006,

aus 7.389,20 EUR seit dem 1. November 2006,

aus 7.644,-- EUR seit dem 1. Dezember 2006,

aus 7.898,80 EUR seit dem 1. Januar 2007,

aus 8.153,60 EUR seit dem 1. Februar 2007,

aus 8.408,40 EUR seit dem 1. März 2007,

aus 8.663,20 EUR seit dem 1. April 2007,

aus 8.918,-- EUR seit dem 1. Mai 2007,

aus 9.172,80 EUR seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Auf den Hinweis des Senats vom 22.07.2008, dass Zweifel an der Geeignetheit der Gruppe der Vorstandsmitglieder der Beklagten als Vergleichsgruppe im Hinblick auf deren Doppeltätigkeit bestehen könnten, trägt die Beklagte vorsorglich ergänzend vor, dass die Nettolöhne der bei der Beklagten beschäftigten Vollzeitarbeitnehmer ohne Vorstände und AT(außertarifliche) -Angestellte im Prüfungszeitraum um durchschnittlich 10,14 %, diejenigen der AT-Angestellten um durchschnittlich 9,4 % und die der AT-Angestellten einschließlich der Vorstandsmitglieder zusammen um durchschnittlich 2,66 % gestiegen sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

1. Gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Bestimmung, die auf der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes - BAG - beruht, haben in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB die Gerichte zu überprüfen, ob der Arbeitgeber bei seiner Anpassungsentscheidung den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat (BAG, Urteil vom 30.08.2005 - 3 AZR 395/04 Rdz 17 nach Juris).

Da die Beklagte nicht geltend macht, dass ihre wirtschaftliche Lage einer Anpassung der Versorgungsbezüge entgegenstünde, kommt es allein auf die Bestimmung des Anpassungsbedarfs des Klägers als Versorgungsempfänger an. Dieser ergibt sich aus dem seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust. Gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG (eingeführt mit Wirkung vom 01.01.1999 in der Fassung vom 01.01.2003) gilt die Anpassungsverpflichtung als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes in Deutschland. Im dreijährigen Turnus ist jeweils der volle nicht gedeckte Anpassungsbedarf seit Beginn der Rentenzahlung bis zum Anpassungsstichtag zu ermitteln (BAG a. a. O. Rdnr. 22). Aufgrund des im Prüfungszeitraum gestiegenen Verbraucherpreisindexes von 3,71 % besteht damit ein entsprechender Anpassungsbedarf des Klägers.

Dieser Anpassungsbedarf wird nach ständiger Rechtsprechung des BAG durch die Verdienstentwicklung bei den aktiven Arbeitnehmern begrenzt, sogenannte reallohnbezogene Obergrenze. Danach widerspricht es der Billigkeit nicht, wenn der Arbeitgeber die Betriebsrente nur bis zur durchschnittlichen Steigerung der Reallöhne der aktiven Arbeitnehmer anpasst. Auch insoweit hat der Gesetzgeber in § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG n. F. im Wesentlichen die Rechtsprechung des BAG übernommen. An der systematischen Einordnung und dem Zweck der reallohnbezogenen Obergrenze auf der Grundlage der Rechtsprechung des BAG hat sich durch die am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Neufassung des § 16 BetrAVG jedoch nichts geändert. Nach dieser Rechtsprechung kommt es bei der reallohnbezogenen Obergrenze nicht darauf an, wie sich die Nettovergütungen des einzelnen Versorgungsempfängers ohne Eintritt des Versorgungsfalles und ohne Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis voraussichtlich entwickelt hätten. Entscheidend ist vielmehr die Lohnentwicklung in einer bestimmten Vergleichsgruppe aktiver Arbeitnehmer. Bei der Festlegung der maßgeblichen Vergleichsgruppe haben die Arbeitgeber weiterhin einen weitgehenden Gestaltungsspielraum. Sie dürfen u. a. die Gesamtkonzeption ihres Versorgungswerks, die Praktikabilität der in Betracht kommenden Modelle und den mit ihnen jeweils verbundenen Verwaltungsaufwand berücksichtigen, müssen jedoch den Interessen der Versorgungsberechtigten und dem Anpassungszweck ausreichend Rechnung tragen. Insbesondere müssen klare, verdienstbezogene Abgrenzungskriterien die Gruppenbildung als sachgerecht erscheinen lassen. Zwischen dem Kreis der Versorgungsempfänger und der Vergleichsgruppe aktiver Arbeitnehmer muss ein genügender Zusammenhang bestehen. Demzufolge verbietet auch § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG n. F. nicht eine konzernweit ermittelte, einheitliche reallohnbezogene Obergrenze. Diese Vorschrift zwingt die Arbeitgeber nicht zu einer unternehmensbezogenen Bildung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen, sondern verschafft den Arbeitgebern erhöhte Rechtssicherheit, wenn sie den vom Gesetzgeber ausdrücklich gebilligten Weg beschreiten. Die Formulierung "gilt als erfüllt" bringt zum Ausdruck, dass es keiner weiteren Prüfung mehr bedarf, wenn die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Entscheidet sich der Arbeitgeber hingegen für eine andere Berechnungsart, so ist noch eine Billigkeitskontrolle erforderlich (BAG a. a. O. Rdnr. 32 ff.).

Die Begrenzung des Anpassungsbedarfs der Versorgungsempfänger auf die Verdienstentwicklung bei den aktiven Arbeitnehmern ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG geboten, "weil der Arbeitgeber sonst Unverständnis und Unzufriedenheit der aktiven Arbeitnehmer befürchten muss" (Urteil vom 14.02.1989 - 3 AZR 313/87 - Rdz 17 m. w. N.). Im Urteil vom 11.08.1981 - 3 AZR 395/80 - hat das BAG hierzu ausgeführt, es erscheine durchaus sachgerecht, die Wertentwicklung der Betriebsrenten mit der Reallohnentwicklung zu vergleichen, die sich für die aktive Belegschaft in dem Unternehmen ergibt, das die Versorgung aufbringt. Die Reallohnentwicklung sei aufschlussreich für die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers und kennzeichne den sozialen Zusammenhang, in dem die Anpassungsprüfung stattfindet. Wenn sogar die aktive Belegschaft, auf deren Arbeitskraft das Unternehmen dringend angewiesen ist, keinen vollen Teuerungsausgleich erhalten könne, wenn also die Nettoverdienste im Durchschnitt weniger anstiegen als der Preisindex für die Lebenshaltung, müssten sich auch die Betriebsrentner mit einer entsprechend geringeren Anpassungsrate begnügen. Eine Bevorzugung der Versorgungsberechtigten würde auf Unverständnis der aktiven Belegschaft stoßen und wäre in der Regel mit der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens schwer vereinbar (BAG a. a. O. Rdz 32).

2. Die reallohnbezogene Obergrenze stellt damit nicht etwa eine alternative Methode zur Ermittlung des Anpassungsbedarfs dar, sondern eine Begrenzung des anhand des Verbraucherpreisindexes ermittelten Anpassungsbedarfs.

a) Auf der Grundlage des § 16 Abs. 2 Nr. 2 und des Urteils des BAG vom 30.08.2005 ist insoweit zwar zutreffend, dass die Prüfungsverpflichtung des Arbeitgebers als erfüllt gilt, wenn sich die Prüfung auf die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens beschränkt, ein Anspruch auf Durchführung eines konzernweiten Vergleichs also nicht besteht. Denn auch wenn nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BAG eine konzernweite Ermittlung der Obergrenze nicht verboten ist, bedeutet dies nur, dass als Vergleichsmaßstab nicht nur die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens, sondern der weiteren Unternehmen des Konzerns herangezogen werden darf, wenn es dafür sachliche Gründe gibt, nicht aber herangezogen werden muss.

b) Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der Gruppe der Vorstände der Beklagten angesichts der Besonderheiten, die sich aus ihrer Doppelfunktion ergeben, um keine geeignete Vergleichsgruppe im Sinne des § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG.

aa) Das folgt zum einen daraus, dass die Doppelvorstände nicht, wie es in § 2 Abs. 1 des Dienstvertrages des Klägers vorgesehen war, ihre ganze Arbeitskraft der Beklagten widmen können. Soweit die Beklagte dem entgegen hält, auch in den selbständigen Dienstverträgen der Doppelvorstände mit ihr und mit der ihr übergeordneten Hvvvv sei vorgesehen, dass die Vorstände beiden Gesellschaften jeweils ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen haben, "lediglich unter Anerkennung der Tatsache, dass die Tätigkeit bei der jeweils anderen Gesellschaft bekannt und geduldet sei", zeigt dies, dass die Doppelvorstände der Beklagten gerade nicht ihre ganze Arbeitskraft zur Verfügung stellen können und müssen, es sich insoweit vielmehr um eine beiden Parteien des Dienstvertrages bekannte Fiktion handelt. Daraus folgt zugleich, dass es sich bei der Fortzahlung der Vergütungen durch die Beklagte in der bisherigen Höhe an die neuen Doppelvorstände trotz deren Doppelfunktion der Sache nach um eine Erhöhung der Vergütung handelt, weil die Doppelvorstände nicht ihre volle Arbeitskraft allein der Beklagten zur Verfügung stellen. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Vorbringen der Beklagten die Vorstände die Vergütung nicht für eine Tätigkeit innerhalb einer bestimmten Arbeitszeit erhalten, sondern dafür, dass sie die Verantwortung tragen. Denn aus dem Inhalt der mit dem Kläger abgeschlossenen Dienstverträge ergibt sich jedenfalls, dass der Kläger die Vergütung für die Führung der Geschäfte der Beklagten als Tätigkeitsvergütung erhielt und hierfür seine ganze Arbeitskraft und alle seine fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen der Beklagten zu widmen hatte; die Übernahme einer Nebentätigkeit bedurfte der Zustimmung des Aufsichtsrates (§§ 1 bis 3 des Dienstvertrages vom 7.2.1996; Änderungsvertrag vom 2.12.1996).

Der vorliegende Fall ist nicht vergleichbar mit einer Gehaltssteigerung aufgrund eines Karrieresprungs oder besonderen persönlichen Einsatzes. Die Beklagte trägt auch nicht konkret vor, dass ihre Vorstände in der Art einer Nebentätigkeit eine "Mehrarbeit", quasi nach Feierabend, erbringen würden.

Die Ansicht des Senats hat auch nicht - wie die Beklagte geltend macht - zur Folge, dass Teilzeitbeschäftigte nicht mehr in die Bildung von Vergleichsgruppen einbezogen werden könnten, was noch niemand in Literatur und Rechtsprechung vertreten habe; denn bei Teilzeitbeschäftigten ist für die Vergleichbarkeit der Nettolohn in einen Nettolohn eines Vollzeitbeschäftigten umzurechnen. Soweit sie geltend macht, Nebentätigkeiten bei einem anderen Unternehmen hätten keinen Einfluss auf die Vergleichbarkeit der absoluten Höhe der Vergütung, steht dem entgegen, dass es sich bei der Doppelfunktion der Vorstände für die Beklagte und zugleich die ihr übergeordnete Heee nicht um eine bloße Nebentätigkeit handelt. Vielmehr ist es so, dass die Vorstandsfunktion innerhalb der Beklagten nun seit November 2002 von den Vorständen der ihr übergeordneten H miterledigt wird, die Beklagte also von einem Vorstand geführt wird, der die Geschäfte der Beklagten und der H einheitlich bestimmt.

bb) Das von der Beklagten an die Doppelvorstände gezahlte Gehalt kann auch deshalb keine maßgebliche Obergrenze bilden, weil dieses Gehalt bzw. die Jahresfixvergütung unstreitig auf die Jahresfixvergütung aus dem Vertrag mit der Holding angerechnet wird. Dabei mag es sich aus der Sicht der Beklagten und der Haaa um eine reine Frage der technischen Vertragsgestaltung handeln, ob die von der Beklagten gezahlte niedrigere Jahresfixvergütung auf die von der H geschuldete höhere angerechnet wird und diese daher nur noch die Differenz zahlen muss, oder ob mit der HHHH gleich eine Vergütung in Höhe der Differenz vereinbart wird. Denn nach dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG, der eine Besserstellung der Ruhegehaltsempfänger gegenüber den aktiven Arbeitnehmern verhindern soll, die im Beurteilungszeitraum keine die Teuerungsrate ausgleichende Nettolohnentwicklung verzeichnen können, kommt es maßgeblich auf die Sichtweise und wirtschaftliche Stellung der aktiven Arbeitnehmer an, bei denen die Erhöhung des Ruhegehalts kein Unverständnis und keine Unzufriedenheit hervorrufen soll. Wird dem aktiven Arbeitnehmer aber von der Konzernmutter seines Arbeitgebers ein höheres Nettoeinkommen gezahlt, auf das das niedrigere der Konzerntochter angerechnet wird, so ist aus seiner Sicht allein das höhere von der Konzernmutter gezahlte maßgebend. Um dessen Erhöhung muss er kämpfen, um eine reale Erhöhung seines Einkommens zu erzielen; welchen Anteil hieraus die Konzerntochter zahlt, ist aus seiner Sicht vollkommen gleichgültig.

Die niedrigere und anzurechnende Vergütung, die die Beklagte zahlt, kann deshalb nicht geeignet sein, den grundsätzlich gegebenen Anpassungsbedarf zu begrenzen und vorliegend also auf Null zu reduzieren, solange die Vorstände der Beklagten als Doppelvorstände fungieren und die niedrigere von der Beklagten geschuldete Vergütung auf die höhere der Hggg angerechnet wird. Die konstante Höhe der von der Beklagten gezahlten Vergütung kann aus der Sicht der aktuellen Vorstände berechtigterweise kein Unverständnis gegenüber einem bloßen Kaufkraftausgleich der Versorgungsbezüge vormaliger Vorstände der Beklagte rechtfertigen.

3. Da keine geeignete Vergleichsgruppe vorhanden ist, ist ersatzweise auf die Nettolohnentwicklung aller im Unternehmen beschäftigter Aktiver abzustellen (vgl. Langohr/Plato, Rechtshandbuch Betriebliche Altersversorgung, § 16 Rdnr. 910; anders Höfer, BetrAVG, Kommentar, Arbeitsrecht, § 16 Rdnr. 5195 am Ende: hilfsweise gesamtwirtschaftliche Nettoeinkommensentwicklung).

Die Nettolohnentwicklung aller im Unternehmen der Beklagten Beschäftigter übersteigt unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten im Schriftsatz vom 25.08.08 S. 6 ff. den Prozentsatz von 3,71 %. Es trifft zwar zu, dass der Kläger dadurch an Einkommenssteigerungen von Arbeitnehmern teilhat, die von einem ungleich niedrigeren Niveau aus erzielt wurden, und der Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei diesen Einkommen andere Auswirkungen hat als bei Vorständen, deren Vergütung über den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen liegen. Dieser Nachteil ist jedoch als logische, unvermeidliche Konsequenz aus der Ersatzlösung, bei der eine vergleichbare Arbeitnehmergruppe gerade nicht vorhanden ist, hinzunehmen. Dieser Nachteil wirkt sich vorliegend nicht aus und die Anpassung führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen, da die Nettolöhne aller im Betrieb der Beklagten Beschäftigter im Vergleichszeitraum um 10,4 % gestiegen sind. Der Anstieg des Ruhegehaltes des Klägers um 3,71 % ist demgegenüber moderat.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 91 Abs. 1 708 Nr. 10 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor, da es sich vorliegend um die Würdigung einer Sonderkonstellation handelt, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.



Ende der Entscheidung

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