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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 06.01.2006
Aktenzeichen: 6 U 99/04
Rechtsgebiete: VVG, AKB, ZPO
Vorschriften:
VVG § 1 | |
AKB § 12 b | |
AKB § 13 | |
ZPO § 286 | |
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 6 U 99/04
verkündet am: 06. Januar 2006
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts durch die Richterin am Kammergericht Düe als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 08. September 2005 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin vom 2. März 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Beschwer beträgt 13.367,66 EUR.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung aus §§ 1VVG, 12 b, 13 AKB. Ein Versicherungsfall, d.h. ein Diebstahl des PKWŽs VW Passat mit dem amtlichen Kennzeichen n -nn nnn ist nicht nachgewiesen.
a. Allerdings bestand entgegen der Auffassung der Beklagten vorläufiger Kaskoversicherungsschutz für das betreffende Fahrzeug. Der vorläufige Versicherungsschutz, der mit Aushändigung der Doppelkarte verbunden ist, umfasste im vorliegenden Fall auch die Teilkaskoversicherung (vgl. zur näheren Begründung die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil). Denn die Behauptung der Beklagten, ihr Versicherungsagent, der Zeugen Rnnn , habe den Versicherungsschutz mündlich bei Aushändigung der Doppelkarte ausdrücklich von der Bezahlung der rückständigen Versicherungsprämien abhängig gemacht, was zwar nicht einen vorläufigen Versicherungsschutz aus der Haftpflichtversicherung, sehr wohl aber aus der Kaskoversicherung hätte hindern können, ist nicht bewiesen worden. Der Zeuge Rnnnn hat nicht bestätigt, dass er einen entsprechenden Vorbehalt ausdrücklich formuliert hat.
b. Die Klägerin hat aber den ihr obliegenden Beweis eines Versicherungsfalles nicht geführt. Wie das Landgericht richtig und ausführlich dargelegt hat, genügt der Versicherungsnehmer in der KFZ-Kaskoversicherung bereits dann seiner Beweislast, wenn er dartut und beweist, dass er bzw. ein autorisierter Fahrer das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle abgestellt hat und dort später nicht wieder aufgefunden hat. Auch diese Mindesttatsachen, die der Versicherungsnehmer voll beweisen muss, stehen im vorliegenden Fall aber nicht fest. Die Vernehmung des Zeugen Knnnnn , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der Berufungsinstanz zu wiederholen war, weil -insoweit ist der Klägerin zuzustimmen- der Wortlaut der protokollierten, erstinstanzlichen Aussage des Zeugen Knnnnn unterschiedliche, auch von den Feststellungen des Landgerichts abweichende Wertungen zulässt (vgl. dazu Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 529 Rn. 7 m.w.N.), hat insoweit kein abweichendes Ergebnis erbracht.
Der Beweis ist nach wie vor nicht geführt. Nach § 286 ZPO ist die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache (hier: Abstellen und Nicht-wieder-Auffinden des versicherten PKWŽs) erforderlich. Das bedeutet nicht, dass ein Beweis nur geführt ist, wenn eine absolute, über jeden Zweifel erhabene Gewissheit besteht. Ausreichend ist vielmehr eine solche persönliche Gewissheit des Richters, die - wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung formuliert - "Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen" (Zöller/Greger, a.a.O., § 286 Rn. 19 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Daran fehlt es aber im vorliegenden Fall. Das erkennende Gericht ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht von der Wahrheit der klägerischen Behauptung überzeugt.
Zwar hat der Zeuge Knnnnn bei seiner Vernehmung in der Berufungsinstanz klar und deutlich bekundet, dass er das fragliche Fahrzeug in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 2001 in der Cnnn -Wnnn -Snnn geparkt hat und am nächsten Morgen an der fraglichen Stelle nicht wieder aufgefunden hat. Dabei hat er keine Unsicherheiten gezeigt und auf Rückfrage der Beklagtenvertreterin auch einleuchtend erklärt, warum er bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht deutlich zögerlicher und unbestimmter ausgesagt hat. Auch ist der Zeuge persönlich durchaus überzeugend und sicher aufgetreten, sodass durchaus vieles für zutreffende Angaben des Zeugen spricht.
Andererseits gibt es konkrete Hinweise, die Zweifel wecken und eine sichere Überzeugung von der Wahrheit der bekundeten Gegebenheiten hindern.
Der Zeuge hat erkennbar ein wirtschaftliches Interesse an der Angelegenheit, das zudem nicht rückhaltlos offen gelegt wird. Er hat sich sehr viel weit gehender um das betroffene Fahrzeug gekümmert, als dies ein freier Mitarbeiter der Klägerin, dem das Fahrzeug für Baustellenbesuche im Auftrag der Klägerin überlassen wurde (so die Darstellung von Klägerin und Zeugen), getan hätte. Unstreitig hat der Zeuge sämtliche Vertragsangelegenheiten betreffend das verschwundene Fahrzeug geregelt (den Leasing- wie auch den Versicherungsvertrag geschlossen, die Zahlungen an die Versicherung geleistet - nach Angaben des Zeugen Knnnnn zuletzt sogar aus eigenen Mitteln), obwohl er als Baustellenbetreuer und nicht als Bürokraft bei der Klägerin beschäftigt war. Da der Zeuge Knnnnn neben seiner Beschäftigung als freier Mitarbeiter bei der Klägerin zugleich eine eigene Baufirma betrieben hat und in der Gastronomie tätig gewesen ist (so jedenfalls die Angaben des Zeugen bei seinen Zeugenvernehmungen vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht), geht außerdem die Überlassung des Fahrzeugs zur beliebigen Nutzung durch den Zeugen über das Maß hinaus, dass bei einer geschäftlichen Bindung der gegebenen Art (Nebentätigkeit in freier Mitarbeit) zu erwarten ist. Nach alldem sind die Belange des Zeugen Knnnnn offenkundig stärker betroffen, als wenn es nur um einen Firmenwagen seiner Arbeitgeberin ginge. Es stimmt deshalb sehr nachdenklich, dass der Zeuge spontan, ohne bestimmte Nachfrage, schildert, im Versicherungsbüro Rnnnn bei Aushändigung der Doppelkarte den bestehenden Prämienrückstand in bar gezahlt zu haben, was die Klägerin selbst während des gesamten Rechtsstreits nicht behauptet hatte. Immerhin konnte eine Zahlung der rückständigen Prämien die Erfolgsaussichten der Klägerin deutlich verbessern, was im Übrigen nach dem Beweisbeschluss vom 13. September 2004 in Verbindung mit dem Hinweis vom 9. August 2004 für die Prozessparteien klar war. Hinzu kommt, dass der Zeuge widersprüchliche Angaben dazu gemacht hat, welche Unterlagen er vor der Aussage zu seiner Vorbereitung zur Verfügung gehabt hatte. Dazu gibt er einerseits an "...Es war abends. Ich habe keinerlei schriftliche Unterlagen über die Diebstahlsanzeige bei der Polizei, sodass ich genaues, im Einzelnen, nicht sagen kann. Es war aber sehr spät abends." (S. 5 des Vernehmungsprotokolls vom 8. September 2005, Bl. 117 d.A.) und andererseits "Das Datum habe ich meinen Unterlagen entnommen." und erläutert dazu auf Nachfrage "Ich habe Kopien von meiner Meldung des Versicherungsvertrages bei der Beklagten, und ich habe das Deckblatt von der Polizei, d.h. ein Formblatt mit Bearbeitungsnummer und Datum." (wobei nach dem Sinnzusammenhang nur die Meldung des Versicherungsschadens gemeint sein kann, weil ein Versicherungsvertrag noch gar nicht existierte) (S. 6 des genannten Protokolls, Bl. 118 d.A.).
Schließlich irritiert und lässt an der Wahrhaftigkeit der Angaben zweifeln, dass zwischen Entdeckung des Verlustes um 9.50 Uhr und der Schadensanzeige bei der Polizei, die zwischen 11.50 Uhr und 12.00 Uhr aufgenommen worden ist (vgl. die Zeitangaben der Polizei zur Anzeigenerstattung und Anzeigenaufnahme: Bl. 1, unten links und oben rechts, d. BA -5 UJS 05108.02-), selbst wenn man die vom Zeugen angegebene Wartezeit von 10 Minuten berücksichtigt, ein ganz erheblicher Zeitraum verstrichen ist, und der Zeuge dennoch keine Mitteilungen von Substanz zu diesen knapp zwei Stunden machen konnte. Anders als für den Abstellvorgang am Vortag, lässt sich das Fehlen jeglicher Erinnerung an Details hier nicht damit erklären, dass von solchen alltäglichen Routinehandlungen eben typischerweise nichts im Gedächnis haften bleibt. Es handelt sich nicht um Alltagsroutine, wenn der einige Stunden zuvor geparkte Wagen "weg ist" und zumindest die Termine des Vormittags umorganisiert werden müssen - immerhin wird es einen Anlass für den Zeugen Knnnnn gegeben haben, den PKW aufzusuchen. Ungewöhnlich ist insoweit, dass dem Zeugen weder seine Reaktion auf das Verschwinden des PKWŽs, etwaige Versuche dieses Verschwinden aufzuklären, noch die Fahrt zur Polizeidienststelle einer Erwähnung wert sind, obwohl er ausdrücklich darauf angesprochen worden ist, was er an dem fraglichen Vormittag - angesichts des verstrichenen Zeitraums - bis zum Eintreffen auf der Polizeidienststelle gemacht hat.
2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 ZPO und §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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