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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.06.2007
Aktenzeichen: 7 U 165/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 313a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
BGB § 631
BGB § 641 Abs. 1
BGB § 640 Abs. 1
1. Die schlichte Ingebrauchnahme eines Werkes reicht nicht aus, um daraus eine Abnahme durch schlüssiges Handeln herzuleiten.

2. Zur Fälligkeit des Werklohns bei unklaren Vertragsverhältnissen.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 7 U 165/06

verkündet am: 29.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Renner und Langematz

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Oktober 2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin - 31 O 87/06 - abgeändert:

Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist begründet.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Werklohn aus §§ 631, 641 Abs. 1 BGB derzeit nicht zu, weil er nicht bewiesen hat, dass er das Werk vertragsgerecht hergestellt hat und die Leistung durch den Beklagten abgenommen worden ist.

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ergibt sich aus der Beweisaufnahme kein Anhaltspunkt für eine Abnahme im Sinne des § 640 Abs. 1 BGB.

Abnahme durch schlüssiges Handeln, insbesondere durch Ingebrauchnahme setzt voraus, dass der Besteller damit unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er billige die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht. Das ist hier selbst nach der Aussage des Zeugen Bnnnn in erster Instanz nicht der Fall, der lediglich beobachtet haben will, dass die Markise ausgefahren war, nachdem ihm bekannt geworden war, dass es Schwierigkeiten mit der Bezahlung gegeben habe. Diese Bekundung deckt sich mit der Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 29. Juni 2006, der Beklagte habe die Bezahlung des Werklohns wegen der Pfützenbildung auf der Markise bei Regen verweigert. Daraus folgt, dass der Beklagte schon vor der vom Zeugen Bnnnn beobachteten Ingebrauchnahme zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Leistung des Klägers für mangelhaft hält. In diesem Fall bedeutet die Ingebrauchnahme noch keine Billigung des Werkes, zumal die unstreitige Pfützenbildung auf der Markise bei Regenwetter aus der Sicht des Beklagten einen wesentlichen Mangel des Werkes darstellen kann, der jedenfalls nicht aus der Luft gegriffen ist, wenn die Anlage auch in der schlechten Jahreszeit Witterungsschutz bieten sollte.

In diesem Fall ist die schlichte Ingebrauchnahme noch nicht als Abnahme zu werten, zumal der Beklagte nur durch die Ingebrauchnahme feststellen konnte, ob die Markise seinen Vorstellungen entspricht. Aufgrund der Weigerung des Beklagten, den Werklohn zu bezahlen, musste dem Kläger klar sein, dass der Beklagte das Werk nicht als vertragsgemäß hinnehmen will. Gegenteiliges hat er jedenfalls durch die schlichte Ingebrauchnahme nicht zum Ausdruck gebracht.

Das gilt auch für die vom Kläger behauptete Ingebrauchnahme bei einer Großveranstaltung am 15. Oktober 2005; denn der Zeuge Bnnnn hat bekundet, dass die Herrichtung der Anlage für diese Veranstaltung nur als Provisorium zu bezeichnen war.

Schließlich lässt sich eine Abnahme nicht aus dem Umstand ableiten, dass der Beklagte eine Abdeckung über der Führungsschiene der Markise hat anbringen lassen. Dass der Beklagte in Eigenleistung nachträglich für eine weitere "Abdichtung" der Konstruktion sorgen sollte und wollte, stand von vornherein fest. Allein der Beginn dieser Arbeiten kann daher noch nicht als Erklärung des Beklagten gewertet werden, er billige das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht, obwohl er die Bezahlung der Rechnung des Klägers unter Hinweis auf Mängel abgelehnt hat. Die Abdeckung über der Führungsschiene ist zudem nach der Aussage des Zeugen von Bnnn in erster Instanz schon während der Arbeiten des Klägers von dem Zeugen angebracht worden und damit kein Indiz für eine Abnahme.

2. Auf die Abnahme kommt es allerdings nicht an, wenn der Kläger seine Leistung im Wesentlichen vertragsgerecht und damit abnahmefähig erbracht hätte. In diesem Fall wird der Werklohn auch ohne ausdrückliche Abnahme fällig. Die Beantwortung dieser Frage hängt entscheidend davon ab, welche vertragliche Vereinbarung die Parteien über die Anlage getroffen haben. Dazu konnte der Senat keine sicheren Feststellungen treffen.

Mit Recht geht das Landgericht davon aus, dass die Auftragsbestätigung vom 23. September 2005 (Anl. K 1) nicht die Rechtsfolgen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens herleiten lassen, weil diese Rechtsfolgen jedenfalls für Kleingewerbetreibende grundsätzlich nicht gelten. Unabhängig davon lässt sich aus der Auftragsbestätigung nicht ableiten, wie die Markise und die Senkrechtfelder tatsächlich montiert werden sollten.

Maßgeblich ist daher, was die Parteien im Rahmen ihrer Vertragsgespräche zur Art der Ausführung vereinbart haben. Die Leistung des Auftragnehmers ist nur vertragsgerecht, wenn sie die Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch erforderlich ist. Im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen schuldet der Auftragnehmer ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. An dieser Erfolgshaftung ändert sich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der die geschuldete Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden kann. "Sowieso-Kosten" sind im Rahmen der Gewährleistung zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 2000, 465, 466). Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch versprochen und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Ausführungsart nicht zu erreichen, schuldet der Auftragnehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH NJW 1998, 3707).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze hätte der Kläger eine Anlage erstellen müssen, die einem Wintergarten zumindest angenähert ist, weil dies dem ausdrücklichen Wunsch des Beklagten entsprach. Selbst wenn die Parteien vertraglich vereinbart haben sollten, dass die Schlitze zwischen der Markise und den Senkrechtfeldern nachträglich durch Eigenleistung des Beklagten verschlossen werden sollten, ist aufgrund der eingereichten Fotos nicht ersichtlich, wie dies bei den seitlich angebrachten Senkrechtfeldern im Anschlussbereich zur Markise zu bewerkstelligen sein soll. Mit Recht hat der Zeuge von Bnnn bei seiner Vernehmung durch das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von dem Kläger erstellte Konstruktion so nicht als Wintergartenersatz zu nutzen ist.

Hinzu kommt die Pfützenbildung auf der Markise. Das Landgericht hat diesen Umstand nicht als Mangel gewertet. Dem folgt der Senat nicht uneingeschränkt. Grundsätzlich ist eine Markise zwar nicht dazu geeignet, dauerhaften Schutz vor Regenwetter zu bieten. Soll eine Markise aber als Wintergartenersatz dienen, kann man sich auch auf den Standpunkt stellen, dass sie so angebracht werden muss, dass das Regenwasser problemlos ablaufen kann und eine Pfützenbildung ausgeschlossen ist, was bei entsprechender Imprägnierung und Spannung des Stoffes und einem angemessenen Neigungswinkel grundsätzlich machbar ist.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beklagte durch einen entsprechenden Hinweis des Klägers erkannt und gebilligt hat, dass die Konstruktion nur als Verschattungsanlage geeignet ist (vgl. BGH NJW-RR 2000, a.a.O.). Die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat hierzu keine sicheren Erkenntnisse gebracht.

Der Zeuge Bnnnn hat zwar glaubhaft bekundet, er habe den Beklagten bei den Vertragsgesprächen darauf hingewiesen, dass der gewünschte Wintergarten nicht hergestellt werden könne. Was tatsächlich von dem Kläger gebaut werden sollte, konnte der Zeuge allerdings nicht eindeutig beschreiben. Er hat zwar ausgesagt, es sei nur von einer Verschattungsanlage die Rede gewesen und er habe auch darauf hingewiesen, dass die Wintergartenmarkise keinen Regenschutz bieten könne, weil das Gefälle der Holzkonstruktion ein Ablaufen des Wassers nicht zulasse. Darüber hinaus hat er aber auch erklärt, die senkrecht angebrachten Felder seien aus wasserabweisendem Material hergestellt worden, damit die Gäste vor dem Wind geschützt und nicht vom "Querregen" getroffen werden. Die gesamte Anlage war damit nicht nur als Verschattungsanlage gedacht, sondern sollte auch nach der Aussage des Zeugen Bnnnn einem weitergehenden Witterungsschutz dienen.

Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass sich die Parteien aufgrund der Erklärung des Zeugen Bnnnn , eine Konstruktion, die wie ein Wintergarten funktioniere, sei nicht machbar, auf gerade diese vom Kläger hergestellte Anlage geeinigt haben. Irgendwelche Baupläne, aus denen sich ergibt, wie die Anlage im fertig hergestellten Zustand aussehen und funktionieren sollte, hat der Kläger nicht vorgelegt. Es ist daher nicht bewiesen, dass der Beklagte das Risiko übernehmen wollte, eine Anlage zu erhalten, die nur der Verschattung dient und nicht wie ein Wintergarten gegen weitere Witterungseinflüsse genutzt werden kann. Dagegen sprechen insbesondere der Umstand, dass der Auftrag im Herbst erteilt worden ist, und der Wunsch des Beklagten die Einrichtung auch beheizen zu können.

Insgesamt lässt sich daher aufgrund der Aussagen des Zeugen Bnnnn vor dem Landgericht und dem Senat nicht feststellen, dass das Werk des Klägers vertragsgerecht hergestellt worden ist. Auf die teilweise unverständliche Aussage des Zeugen Mnn kam es daher nicht mehr an. Damit ist der Werklohnanspruch derzeit nicht fällig; denn der Beklagte ist zur Abnahme nach alledem nicht verpflichtet. Es ist zunächst Sache der Parteien, sich im Rahmen ihrer Kooperationspflicht zu einigen, wie das Werk des Klägers vertragsgerecht zu gestalten ist, damit es dem Wunsch des Beklagten entspricht, einen Wintergartenersatz zu erhalten.

II.

Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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