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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: 7 U 183/06
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, HOAI
Vorschriften:
EGBGB Art. 229 § 5 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 | |
BGB § 635 | |
BGB § 638 | |
HOAI § 15 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 7 U 183/06
verkündet am: 02.10.2007
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 02.10.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Renner und Langematz
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24. Oktober 2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 14 des Landgerichts Berlin - 14 O 621/04 - abgeändert:
Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 12. April 2005 abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten entstandenen Kosten, die diesem auferlegt werden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe:
A.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge, des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil der Zivilkammer 14 des Landgerichts Berlin Bezug genommen, das dem Beklagten am 3. November 2006 zugestellt worden ist. Der Beklagte hat dagegen am 1. Dezember 2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Februar 2007 an diesem Tag begründet.
Der Beklagte trägt vor: Die der Klageforderung zu Grunde liegende Abtretung sei inhaltlich unbestimmt. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts könne nicht als Vertreterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft tätig werden. Die Abtretung sei daher unwirksam. Nach Fertigstellung der Arbeiten im Jahr 1987 sei die vereinbarte Vergütung gezahlt worden. Darin liege die Abnahme der Leistungen. Die Leistungsphase 9 sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Die Terrasse sei seinerzeit vom Beklagten nach dem Stand der Technik geplant worden. Bei Bauerrichtung sei ein Kontergefälle nicht vorhanden gewesen. Er - der Beklagte - sei bei der Bauerrichtung täglich auf der Baustelle anwesend gewesen. Eine genaue Kontrolle des Aufbringens mehrlagiger Bitumenschweißbahnen sei nicht möglich. Die Bitumenschweißbahnen habe er nach dem Aufbringen kontrolliert. Das Vorliegen eines "Eiskeiles" habe er nicht prüfen können, weil hierzu eine zerstörerische Untersuchung notwendig gewesen wäre. Ursache für die Beschädigung der Bitumenschweißbahnen sei das nachträgliche Absenken des Terrassenbodens, das auf das Abstellen von schweren Blumenkübeln zurückzuführen sei. Es liege auch kein Planungsfehler hinsichtlich der Überläufe vor. Ursache für die zu hoch stehenden Überläufe sei ebenfalls die nachträgliche Absenkung des Terrassenbodens. Das Fehlen einer Dampfsperre sei nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden. Den Beklagten treffe kein Organisationsverschulden. Der geltend gemachte Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung sei nicht gerechtfertigt. Die reguläre Verjährungsfrist sei spätestens Ende 1992 abgelaufen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des Versäumnisurteils vom 12. April 2005 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil und meint, der Beklagte sei auch mit der Leistungsphase 9 beauftragt worden. Die Verjährung spiele wegen der Sekundärhaftung des Beklagten keine Rolle.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet.
I.
Auf das streitige Schuldverhältnis sind gemäß Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden.
II.
Die von der Klägerin geltend gemachte Schadenersatzforderung aus § 635 BGB ist entgegen der Ansicht des Landgerichts gemäß § 638 BGB verjährt.
1. Liegt ein nicht mehr nachbesserungsfähiger Mangel eines Architektenwerkes vor, kann der Besteller vor Abnahme des Architektenwerks Schadensersatz nach § 635 BGB geltend machen. Dieser Anspruch unterliegt der dreißigjährigen Verjährungsfrist (BGH BauR 2000, 128, 129). Nach der Abnahme verjähren die Gewährleistungsansprüche dagegen gemäß § 638 BGB grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren. Unter Abnahme des Architektenwerkes ist die ausdrückliche oder stillschweigende Anerkennung als eine im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung zu verstehen, die die Vollendung der vertraglich geschuldeten Leistung voraussetzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Vertraglich geschuldet war nach Ziff. 2.1 des Architektenvertrages zwischen dem Zedenten Gnnn nnnn und dem Beklagten vom 5./23. März 1987 (Anl. K 3) neben der Bauplanung die Durchführung und Überwachung des Bauvorhabens "bis zur Bauabnahme". Damit haben die Vertragsparteien deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Leistungsphase 9 des § 15 HOAI (Objektbetreuung und Dokumentation) nicht mehr geschuldet wird; denn die darin beschriebenen Aufgaben fallen erst nach der Bauabnahme an. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Bau noch im Jahr 1987 fertig gestellt worden ist. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abnahme des Baus nicht zumindest stillschweigend durch Ingebrauchnahme erfolgt ist. Der Beklagte hat somit die von ihm geschuldete Architektenleistung erbracht.
b) Der Zedent hat die Leistung des Beklagten ebenfalls abgenommen. Es bestand im Jahr 1987 kein Grund für den Zedenten die Leistung des Beklagten als nicht vertragsgerecht zurückzuweisen. Er hat nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten die vereinbarte Vergütung bezahlt und damit zum zumindest stillschweigend Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten erbrachten Leistungen als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt (OLG München NJW-RR 1988, 86; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., Einl. Rn. 73). Schadenersatzansprüche aus fehlerhafter Bauplanung und Objektüberwachung sind daher spätestens seit Anfang des Jahres 1993 verjährt.
2. Weitere Anhaltspunkte für eine Verjährungsfrist von 30 Jahren, die erst durch Art. 229 § 6 Abs. 1, 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsfristen verkürzt worden sein könnte, bestehen nicht.
a) Es gibt keinen Grund zu der Annahme, der Beklagte habe seinen damaligen Auftraggeber arglistig über das Vorhandensein von Mängeln getäuscht. Die Klägerin trägt dazu nichts vor. Sie wirft dem Beklagten nicht vor, dass er mit den Schadensursachen, die sich erstmals im Herbst 2003 infolge des Wassereinbruchs in der Wohnung der Eheleute Snnnn gezeigt haben, gerechnet hat. Der Beklagte hatte, gerade weil er den Bau nicht hinreichend überwacht hat, keine Kenntnis von den Ausführungsfehlern durch das Bauunternehmen. Dass der Beklagte seine Planungsfehler jemals erkannt und dem Zedenten verschwiegen hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr ist der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag stets davon ausgegangen, die Planung fachgerecht durchgeführt zu haben.
Gegenteiliges, was für eine Arglist sprechen könnte, trägt die Klägerin nicht vor. Vielmehr war nach ihrem eigenen Vortrag in der Berufungserwiderung (S. 5, 6; II 37f.) dem Zedenten und seiner Ehefrau bekannt, dass der Beklagte sich nur sporadisch auf der Baustelle aufgehalten hat. Der Zedent und seine Ehefrau wussten daher, dass der Beklagte die Bauüberwachung gerade in dem heiklen Bereich der Terrassenabdichtung zumindest nicht sehr intensiv betrieben hat. Gleichwohl ist die Architektenleistung durch Bauabnahme und Honorarzahlung abgenommen worden. Auch von einem arglistigen Verschweigen unzureichender Bauüberwachung kann daher nicht gesprochen werden.
b) Die Klägerin kann sich zur Begründung einer dreißigjährigen Verjährungsfrist auch nicht auf ein Organisationsverschulden des Beklagten berufen. Danach hat der Unternehmer wegen eines der Arglist gleichzusetzenden Verhaltens mit einer entsprechend verlängerten Verjährungsfrist einzustehen, wenn er die Überwachung und Prüfung des Werkes nicht oder nicht richtig organisiert hat und der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre. Offenbaren die Mitarbeiter des Unternehmers, denen er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, die von ihnen erkannten Mängel nicht, kann sich der Unternehmer nicht auf Unwissenheit berufen, sondern muss sich deren Kenntnis bei mangelnder Organisation der Überwachung zurechnen lassen (BGH NJW 1992, 1754 und NJW 2005, 893). Diese Voraussetzungen, auf denen auch das vom Landgericht und der Klägerin zitierte Urteil des OLG Frankfurt vom 17. Mai 1995 - 17 U 88/93 - beruht, liegen hier nicht vor.
Dem Beklagten kann kein Vorwurf gemacht werden, er habe die Überwachung des Bauvorhabens nicht hinreichend organisiert. Die Rechtsprechung zum Organisationsverschulden folgt dem Gedanken, dass sich der Vertragspartner, der seinen Pflichten gegenüber dem Auftraggeber nicht allein, sondern arbeitsteilig nachkommt, durch den Einwand, er habe von Mängeln, die durch seine Mitarbeiter oder Subunternehmer verursacht worden sind, keine Kenntnis gehabt, nicht von seiner Pflicht zur Offenbarung der Mängel frei zeichnen kann. Darum geht es hier nicht. Der Beklagte war nicht arbeitsteilig, sondern allein mit der Bauüberwachung befasst. Kommt er den sich daraus ergebenden Pflichten nur unzureichend nach und übersieht dabei Mängel am Bauwerk, handelt es sich um einen Fall der Gewährleistung, der nicht auf arbeitsteiliger Organisation, sondern auf dem Zusammenwirken verschiedener unabhängig voneinander am Bau Beteiligter beruht, die jeder für sich im Rahmen ihrer Verträge für die Mängel gegenüber dem Bauherrn einzustehen haben. Anderenfalls würde bei mangelnder Bauüberwachung stets die lange Verjährungsfrist zu Lasten des Architekten eingreifen. Dafür gibt es aber im Gesetz dann keine Grundlage, wenn das Architektenwerk abgenommen worden ist.
c) Schließlich kann sich die Klägerin nicht auf die Sekundärhaftung des Architekten aus positiver Vertragsverletzung berufen, die der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegt.
Der Architekt schuldet dem Bauherrn zwar die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel. Er muss dabei auch Mängel des eigenen Architektenwerks so rechtzeitig offenbaren, dass der Bauherr noch vor Eintritt der Verjährung seine Rechte gegen ihn geltend machen kann (BGH BauR 1978, 235, Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., Einl. Rn. 117).
Dieser Rechtsgrundsatz kommt hier nicht zum Tragen, denn die Baumängel sind vorliegend erst rund 16 Jahre nach der Abnahme und damit außerhalb jeglicher Gewährleistungsfrist aufgetreten. Der Beklagte kannte die Baumängel nicht und musste auch nicht mit ihnen rechnen. Konkrete Anhaltspunkte dafür trägt die Klägerin nicht vor.
III.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 344, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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