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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 07.06.2005
Aktenzeichen: 7 U 3/05
Rechtsgebiete: AnfG, ZPO, BGB, ZVG


Vorschriften:

AnfG § 2
AnfG § 3 Abs. 2
AnfG § 11 Abs. 1
ZPO § 91a
ZPO § 91a Abs. 1
ZPO § 93
ZPO § 269 Abs. 3 S. 1
ZPO § 294
ZPO § 294 Abs. 2
ZPO § 940
BGB § 123
ZVG § 148
Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der des Anspruchs aus § 11 Abs. 1 AnfG kann die Behauptung, das der Anfechtung unterliegende Grundstück sei wertausschöpfend belastet, nur mit den nach § 294 ZPO zulässigen Mitteln glaubhaft gemacht werden. Im Zweifel bleibt die Klärung dieser für die objektive Gläubigerbenachteiligung maßgeblichen Frage dem Hauptsacheverfahren vorbehalten und steht dem Erlass der einstweiligen Verfügung nicht entgegen.

Ergeben sich erst im Laufe des Verfahrens Umstände, die den ursprünglich begründeten Anspruch entfallen lassen und wird das Verfahren daraufhin sofort für erledigt erklärt, ist bei der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 7 U 3/05

07.06.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Stummeyer und die Richter am Kammergericht Sellin und Renner auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Gerichtskosten haben die Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagte zu 2) je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsbeklagten zu 1) hat die Verfügungsklägerin zu tragen; die der Verfügungsklägerin werden zur Hälfte der Verfügungsbeklagten zu 2) auferlegt. Im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe:

I.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsbeklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagter zu 1)) beruht auf § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO

II.

Über die weiteren Verfahrenskosten war gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden, nachdem die Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagte zu 2) (nachfolgend: Klägerin und Beklagte zu 2)) das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Danach sind die Verfahrenskosten der Beklagten zu 2) aufzuerlegen.

Während der Beklagte zu 1) als Schuldner entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht aus § 11 Abs. 1 AnfG in Anspruch genommen werden kann, stand der Klägerin der mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte zu 2) aus § 11 Abs. 1 AnfG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 AnfG zunächst zu.

1. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage gemäß § 2 AnfG glaubhaft gemacht.

a) Einen vollstreckbaren Schuldtitel hat die Klägerin durch § 5 des Grundstückskaufvertrages vom 27. August 2002 erlangt. Ob der Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechtbar ist, muss im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden, denn die Klägerin hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auf den Zeitpunkt bis zur Entscheidung in der Hauptsache begrenzt. Erst in diesem Verfahren ist abschließend über die Anfechtung des Beklagten zu 1) zu entscheiden. Nach summarischer Prüfung ergibt sich, dass dem Beklagten zu 1) kein Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB zusteht. Die Beklagte zu 2) hat mit der Berufungsbegründung keine Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die die Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Frage stellen könnten. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum das Schreiben des Maklerbüros Annnn vom 22. August 2002 (Anl. B 10) mit den möglicherweise unrichtigen Angaben zum Mietvertrag mit der Telekom ursächlich für den Kaufentschluss des Beklagten zu 1) gewesen sein könnte, nachdem er bereits im Schreiben 30. Juli 2002 (Anl. K 4) unter Bezugnahme auf die Abschlussverhandlungen mitgeteilt hatte, dass er die Immobilie für 4,6 Mio. € erwerben möchte. Seinen Kaufentschluss hatte er daher zu diesem Zeitpunkt bereits gefasst.

b) Die Klägerin hat schon in der Antragsschrift dargetan, dass die Zwangsvollstreckung in das übrige Vermögen des Beklagten zu 1) im Wesentlichen erfolglos verlaufen ist. Dem ist die Beklagte zu 2) mit der Berufungsbegründung nicht entgegen getreten.

2. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG vorliegen.

Danach ist ein entgeltlicher Vertrag zwischen dem Schuldner und seiner Ehefrau anfechtbar, wenn er seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt. Davon war im vorliegenden Verfahren zunächst auszugehen.

a) Der Einwand der Beklagten zu 2), die Grundstücke nnnnnnnnnnnnnnnnnn seien wertausschöpfend belastet, war bis zur Vorlage des Gutachtens der Sachverständigen Snnn durch die Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 nicht glaubhaft gemacht. Zwar trägt der anfechtende Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Belastung nicht wertausschöpfend ist (BGH NJW-RR 1988, 827). Der Anfechtungsgegner muss aber zumindest konkrete Tatsachen vortragen, warum die Belastung wertausschöpfend ist; denn üblicherweise sind die Kreditgeber nicht bereit, Grundpfandrechte zu akzeptieren, die über den Wert des Grundstücks hinausgehen. Der Anfechtungsgegner muss daher konkrete Anhaltspunkte dafür vortragen und glaubhaft machen, wie er zu dem Einwand der wertausschöpfenden Belastung kommt. Der Wert der Grundstücke kann danach nur durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden (BGH NJW 1993, 1796), das wegen § 294 Abs. 2 ZPO im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht einzuholen ist, sondern dem Rechtsstreit in der Hauptsache vorbehalten bleibt. Solange im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unklar ist, ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, geht dies zu Lasten des Anfechtungsgegners, weil sonst der Zweck dieses Verfahrens, das mögliche Vollstreckungsobjekt bis zur Entscheidung in der Hauptsache für den Gläubiger zu erhalten, nicht erreichbar wäre.

Erst durch das mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 vorgelegte Gutachten der Sachverständigen Snnnn hat die Beklagte zu 2) glaubhaft gemacht, dass die Grundstücke Markt 2/3 und 4A in Berlin-Spandau einen Wert von insgesamt 4,3 Mio. € haben und damit wertausschöpfend belastet sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht darauf an, welchen Wert die Grundstücke bei Abschluss des angefochtenen Kaufvertrages am 30. März 2003 gehabt haben. Maßgeblich für die wertausschöpfende Belastung sind die Valutastände der Belastungen und der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (BGH NJW 1996, 3341, NJW 1999, 1395, 1396; Senatsurteil vom 27. April 2004 - 7 U 281/03 -). Deshalb hat sich das Verfahren mit der Vorlage dieses Wertgutachtens erledigt; denn damit ist zumindest glaubhaft, dass die Grundschulden von 5,5 Mio. €, die nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung mit ca. 6 Mio. € valutieren, wertausschöpfend belastet ist.

b) Unerheblich war im vorliegenden Verfahren zunächst auch der Einwand der Beklagten zu 2), dass die Miet- und Pachtzinsforderungen durch den Beklagten zu 1) an die nnnnnnnnnnn Sparkasse abgetreten worden seien. Gemäß § 4 des Kaufvertrages vom 30. September 2003 hat der Beklagte zu 1) sämtliche Mietzinsforderungen an die Beklagte abgetreten. Diese Abtretung ist anfechtbar, mit der Folge, dass der Beklagten zu 2) im vorliegenden Verfahren zunächst untersagt werden konnte, über diese Forderungen zu verfügen. Ob diese Abtretung wegen der Abtretung vom 26. Februar 2003 an die nnnnnnnnnnn Sparkasse unwirksam ist, muss hier nicht abschließend entschieden werden, zumal es sich lediglich um eine Sicherungsabtretung handelt, die ein Verwertungsrecht der Sparkasse erst dann begründet, wenn der Beklagte zu 1) mit der Zahlung der gesicherten Forderung aus dem Kreditvertrag in Verzug gerät. Zudem macht die von der nnnnnnnnnnnn Sparkasse inzwischen erhobene Prätendentenklage um die Freigabe der von dem Mieter Snnnn hinterlegten Miete deutlich, dass die Beklagte zu 2) die Miete für sich beansprucht; sonst hätte sie den hinterlegten Betrag freigegeben. Die abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte zu 2) die Zwangsvollstreckung in die Mietforderungen zu dulden hat, bleibt daher ebenfalls dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten.

Im vorliegenden Verfahren ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass über die Grundstücke am 6. Januar 2005 das Zwangsverwaltungsverfahren angeordnet worden ist. Damit entfällt gemäß § 148 ZVG die Verfügungsbefugnis des Schuldners über die Mieten, so dass eine Abtretung der laufenden Mieten ohnehin nicht mehr in Betracht kommt.

3. Nach alledem war der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte ursprünglich begründet; denn der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass die Beklagte zu 2) die ursprüngliche Berechtigung der Klägerin zur Anfechtung in Frage gestellt und damit der Erlass der einstweiligen Verfügung gemäß § 940 ZPO zur Verhinderung drohender Nachteile bis zum Abschluss des Hauptverfahrens gerechtfertigt war. Daran hat sich erst durch die Vorlage des Wertgutachtens und die Anordnung der Zwangsverwaltung etwas geändert. Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum frühest möglichen Zeitpunkt das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, entspricht es unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 93 ZPO der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens der Beklagten zu 2) aufzuerlegen (ebenso Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. § 91a Rdnr. 25).

Ende der Entscheidung

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