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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 7 W 19/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 633 Abs. 3 a.F.
Ist der Veräußerer/Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzuge, kann der Wohnungseigentümer nach § 633 Abs. 3 BGB (a.F.) selbst nachbessern und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Ansprüche auf Nachbesserung bzw. Zahlung eines dafür erforderlichen Vorschusses oder der Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten können ohne zuvor ergangenen Mehrheitsbeschluss von den einzelnen Wohnungseigentümern eingeklagt werden.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 7 W 19/06

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts am 24. Februar 2006 durch den Richter am Kammergericht Sellin als Einzelrichter beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 2. Februar 2006 gegen den Beschluss der Zivilkammer 20 des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2006 - 20 O 95/04 - wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert bis zu 12.000,00 Euro zurückgewiesen.

Gründe: Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hatte das Landgericht gemäß § 91 a ZPO nur noch nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Die insoweit in dem Beschluss vom 17. Januar 2006 getroffene Entscheidung ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beklagten nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Kläger hinsichtlich des geltend gemachten Vorschussanspruchs klagebefugt waren. Die letztlich auf Erfüllung des Erwerbsvertrages zielenden Ansprüche auf Nachbesserung bzw. Zahlung eines dafür erforderlichen Vorschusses oder der Anspruch auf Erstattung der Mängelbeseitigungskosten können ohne zuvor ergangenen Mehrheitsbeschluss von den einzelnen Wohnungseigentümern eingeklagt werden (BGHZ 81, 35, 38). Kann der einzelne Wohnungseigentümer selbständig die Beseitigung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum durchsetzen, so kann er auch selbständig einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann er einen Titel gegen den Veräußerer/Unternehmer auf Beseitigung der Mängel erwirken und die Vorauszahlung der zu erwartenden Kosten gemäß § 887 Abs. 2 ZPO erzwingen (BGHZ 68, 372, 377). Ist der Veräußerer/Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzuge, kann der Wohnungseigentümer nach § 633 Abs. 3 BGB selbst nachbessern und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Dann muss es ihm auch möglich sein, im Klagewege einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zu fordern. Dieser Vorschussanspruch ist von der Rechtsprechung aus dem Kostenerstattungsanspruch der §§ 633 Abs. 3 BGB, 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B aus Billigkeitsgründen nach § 242 BGB in Anlehnung an § 669 BGB entwickelt worden (BGHZ 47, 272, 273; 54, 244, 247; 61, 28, 30; 66, 138, 140). Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, dem Wohnungseigentümer diesen Anspruch zu versagen. Er wird damit nur in die gleiche Lage versetzt wie jeder Besteller eines Bauwerks, das Mängel aufweist (BGHZ 68, 372, 377, 378).

Auch der Veräußerer/Unternehmer wird dadurch in seinen schutzwerten Interessen nicht weitergehend beeinträchtigt, als er es schon dadurch ist, dass Ansprüche auf Beseitigung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum von den einzelnen Wohnungseigentümern selbständig geltend gemacht werden können. Der Vorschuss ist nichts Endgültiges, sondern muss abgerechnet werden. Soweit er nicht verbraucht wird, ist er zurückzuzahlen (BGHZ 47, 272, 274; 66, 138, 141 ). Das kommt gerade dann in Betracht, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass die von einem Wohnungseigentümer angestrebte Mängelbeseitigung im Innenverhältnis gegenüber der Gemeinschaft der anderen Wohnungseigentümer nicht durchsetzbar ist. Den nicht benötigten Teil des Vorschusses kann der Veräußerer/Unternehmer aber auch dann zurückfordern, wenn er von mehreren Wohnungseigentümern nebeneinander auf Zahlung eines Vorschusses in Anspruch genommen worden sein sollte. Die teilweise im Schrifttum befürchtete Konkurrenz der verschiedenen Mängelgewährleistungsrechte, wenn sie von einzelnen Wohnungseigentümern unterschiedlich ausgeübt werden, besteht gerade beim Vorschussanspruch im Verhältnis zum Mängelbeseitigungs- und Kostenerstattungsanspruch nicht. Diese Gewährleistungsrechte sind alle auf das gleiche Ziel, die Nachbesserung, gerichtet und erledigen sich durch deren Vornahme, wobei nicht verbrauchter Vorschuss zurückzugewähren ist. Um andere Gewährleistungsansprüche geht es hier nicht (BGHZ 68, 372, 378).

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht der von ihm zitierten Rechtsprechung des BGH also zu Recht entnommen, dass der einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten selbst geltend machen kann und dabei Zahlung an sich selbst verlangen kann.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 6. Juni 1991 (BGHZ 114, 383). In dieser Entscheidung wird lediglich festgestellt, dass nach der Rechtsprechung des Senats Wohnungseigentümer den Anspruch auf Schadensersatz wegen eines behebbaren Mangels am Gemeinschaftseigentum nur gemeinschaftlich durchsetzen können BGH a.a.O., S. 387 m.w.N.). Die Kläger könnten deshalb einen Schadensersatzanspruch mit dem Antrag auf Zahlung an sich nur dann verfolgen, wenn sie von der Gemeinschaft dazu ermächtigt wären (BGH a.a.O., S. 388). Vorliegend ist es aber nicht um einen Schadensersatzanspruch gegangen, sondern um einen Anspruch auf Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten.

Auch aus der von den Beklagten zitierten Entscheidung des BGH vom 21. Juli 2005 (VII ZR 304/03, MDR 2005, 1343) ergibt sich nichts anderes. Im Gegenteil stellt der BGH auch in dieser Entscheidung fest, dass auch im Falle des Erwerbs von Wohnungseigentum jeder einzelne Erwerber aus dem jeweiligen Vertrag mit den Baubeteiligten einen individuellen Anspruch auf mangelfreie Werkleistung auch in Bezug auf das gesamte Gemeinschaftseigentum hat und dass - jedenfalls solange kein abweichender Beschluss der Wohnungseigentümer vorliegt - jeder Erwerber berechtigt ist, seine Ansprüche auf Erfüllung des Vertrages auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums gegen den Vertragspartner selbständig geltend zu machen, weil der Erwerber, der selbständig die Mängelbeseitigung verfolgt, grundsätzlich im wohlverstandenen Interesse aller Wohnungseigentümer handelt (BGH a.a.O.).

Zu Recht hat das Landgericht des Weiteren festgestellt, dass sämtliche Kläger, nicht nur diejenigen, die Wohnungen im Dachgeschoss erworben hatten, werkvertragliche Gewährleistungsansprüche hatten, die nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden konnten.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richten sich Sachmängelansprüche des Erwerbers eines Grundstücks mit einem vom Veräußerer darauf zu errichtenden oder im Bau befindlichen Bauwerk (einschließlich Eigentumswohnungen) in aller Regel nach Werkvertragsrecht (BGHZ 68, 372, 373 m.w.N.).

Das gilt auch aber dann, wenn das Bauwerk bei Vertragsschluss schon ganz fertig ist oder wenn nur noch unbedeutende Kleinigkeiten fehlen. Davon wird die vertraglich übernommene Erstellungsverpflichtung des Grundstücksveräußerers nicht berührt. Sie ist damit nicht etwa hinfällig. Die vollständige Vertragserfüllung umfasst die für den Werkvertrag typische, aber auch wichtige Abnahme des Werks (§ 640 BGB), bis zu der der Unternehmer nach § 644 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich die Gefahr trägt. Aber auch die Beseitigung etwaiger Mängel gehört noch zur Erfüllung des Vertrags (BGH a.a.O., S. 374 m.w.N.).

Zutreffend hat das Landgericht schließlich auch festgestellt, dass die Beklagten sich mit der Mängelbeseitigung in Verzug befanden und die Kläger deshalb berechtigt waren, die Mängel im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens so feststellen zu lassen, dass sie in einem Rechtsstreit bewiesen werden konnten. Auf die Frage, in welchem Umfang sie vorprozessual streitig waren, kommt es nicht an.

Soweit die Beklagten vortragen, ein Teil der in dem - im selbständigen Beweisverfahren erstellten - Gutachten genannten Mängel seien bereits von der Durchführung des Beweisverfahrens behoben worden, waren diese offensichtlich nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Dass dadurch im Beweisverfahren besondere Kosten verursacht worden wären, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Soweit die Beklagten meinen, aus der Feststellung des Landgericht, nicht alle Beklagte seien Vertragspartner der Kläger gewesen, ergebe sich die teilweise Unbegründetheit der Klage, hat das Landgericht im dem Nichtabhilfebeschluss vom 3. Februar 2006 für eine Klarstellung gesorgt. Es versteht sich von selbst, dass sich allein auf eine unklaren Formulierung in den Gründen eines Beschluss nicht die von den Beklagten gewünschten Rechtsfolgen stützen können.

Im Übrigen kann auch die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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