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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 01.10.2009
Aktenzeichen: 8 U 105/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 862
Eine Unterbrechung von Versorgungsleitungen durch einen außen stehenden Dritten kann - anders als eine Versorgungssperre, die in der Einstellung von Leistungen besteht (vgl. BGH; Urteil vom 6.5.2009 - XII ZR 137/07 - NJW 2009, 1947) - gegenüber dem Besitzer der betroffenen Räume eine verbotene Eigenmacht darstellen.
Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall. Das Landgericht hat dem Antragsgegner zu 1) zu Recht untersagt, die Wasserzufuhr für die vom Antragsteller (im ersten Obergeschoss) genutzten Räumlichkeiten im Gebäude O. Straße ..., ... B., zu unterbrechen.

Unstreitig sperrte der Antragsgegner zu 1) am 4. März 2009 die Wasserleitungen zu den Obergeschossen des Hauses ab, nachdem er zusätzliche Absperrventile in dem Kellerraum hatte einbauen lassen, in dem sich der Wasseranschluss des Hauses befindet und zu dem der Antragsgegner zu 1) als vormaliger Untermieter des Antragstellers von dem im Erdgeschoss gelegenen Café aus Zutritt hat.

Dies stellt eine Besitzstörung im Sinne von § 862 BGB gegenüber dem Antragsteller dar:

Eine vorangegangene Beendigung des Hauptmietvertrages steht einem Besitzschutz zugunsten des Antragstellers ebenso wenig entgegen wie das (vorläufig vollstreckbare) Räumungsurteil, welches der Zwangsverwalter am 27. August 2009 vor dem Landgericht Berlin - 32 O 105/09 - gegen den Antragsteller erstritten hat.

Der Antragsgegner zu 1) kann auch nichts daraus herleiten, dass der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07 - (NJW 2009, 1947) einen Anspruch des Antragsgegners zu 1), dem Antragsteller eine Unterbrechung der Versorgung des Cafés mit Heizenergie zu untersagen, im Hinblick auf die Beendigung des Untermietvertrages verneint und dazu ausgeführt hat, die zur Nutzung des Mietobjekts erforderlichen Energielieferungen seien nicht Bestandteil des Besitzes, die Einstellung oder Unterbrechung von Versorgungsleistungen stelle keinen Eingriff in die tatsächliche Sachherrschaft des Besitzers und daher keine verbotene Eigenmacht nach §§ 858, 862 BGB dar. Die genannte Entscheidung bezieht sich auf eine "Versorgungssperre, die in der Einstellung von Leistungen besteht" (BGH a. a. O. Tz. 28). Im vorliegenden Fall geht es dagegen nicht um das Vorenthalten einer zuvor erbrachten Leistung - der Antragsgegner zu 1) hat den Antragsteller zu keinem Zeitpunkt mit Wasser versorgt oder auch nur die Leitungen hierfür zur Verfügung gestellt -, sondern um einen Eingriff von außen in die Wasserversorgung des Antragstellers. Ein solcher Eingriff behindert den Besitzer an der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft und stellt - ebenso wie psychisch beeinträchtigende Einwirkungen etwa durch Lärm oder Lichtwerbung (dazu BGH a.a.O.) - eine Besitzstörung dar. Dem Urteil des Bundesgerichtshofs kann nicht entnommen werden, dass ein Besitzer gegenüber Dritten, welche die Versorgungsleitungen zu seinen Räumen zerstören oder unterbrechen, schutzlos sein soll.

Die verbotene Eigenmacht des Antragsgegners zu 1) ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Berliner Wasserbetriebe wegen Zahlungsrückständen des Antragstellers mit einer Sperrung der Wasserversorgung gedroht hatten und dass eine aus den Antragsgegnern zu 1) bis 3) bestehende "Mieternotgemeinschaft" Zahlungen an die Wasserbetriebe leistete und eine Weiterbelieferung erreichte. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner zu 1) nicht andere Nutzer des Hauses von der Wasserversorgung ausschließen und dazu zwingen darf, der "Mieternotgemeinschaft" beizutreten. Dies gilt um so mehr, als der Antragsteller vom Antragsgegner zu 1) seit Jahren weder Nebenkosten- noch Nutzungsentgelt erhalten und nach dem Schreiben der Berliner Wasserbetriebe vom 24. Februar 2009 an den Antragsteller (Anlage zum Schriftsatz des Antragsgegners zu 1) vom 18. Juni 2009, Blatt 126 d. A.) offenbar am 23. Februar 2009 immerhin 6.124,71 EUR an die Wasserbetriebe gezahlt hat.

II.

§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO, welche eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ausschließen, wenn ein Revisionszulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegt, greifen hier schon deshalb nicht ein, weil in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Revision nicht stattfindet (Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, § 522 Rn. 21).

III.

Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung - auch im Kosteninteresse - zu überdenken.

Ende der Entscheidung

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