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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: 8 U 110/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 852 a.F.
BGB § 852 Abs. 1 a.F.
BGB § 852 Abs. 2 a.F.
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 110/04

verkündet am: 29.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel und die Richterin am Kammergericht Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Februar 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 36 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden zusteht, die ihm dadurch entstanden sind und zukünftig entstehen könnten, dass eventuelle Ansprüche gegen das Krankenhaus und die behandelnden Ärzte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz immaterieller Schäden aus der Operation vom 30. Mai 1997 im nnnnnnnnn inzwischen verjährt sein könnten. Denn die Verjährung wäre dem Beklagten nicht als Folge einer Verletzung der ihm gegenüber dem Kläger aus dem Anwaltsvertrag obliegenden Pflichten zuzurechnen.

Der Beklagte hat die entsprechenden Ansprüche des Klägers entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht verjähren lassen, denn die in erster Instanz streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld (§ 847 BGB a.F.) könnten frühestens Anfang Juni 2002 verjährt sein und damit erst zu einer Zeit, zu der das zwischen den Parteien bestehende Mandatsverhältnis bereits seit mehr als sechs Monaten beendet war.

Gemäß § 852 BGB a.F. verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.

Soweit es um eventuelle Ansprüche des Klägers gegen den operierenden Oberarzt nnnn und dessen ersten Assistenzarzt nnn geht, konnte der Beginn der Verjährung nicht vor dem 26. Januar 1999 beginnen, denn erst an diesem Tag erhielt der Beklagte die vom nnnnnnnnn angeforderten Krankenunterlagen, aus denen sich die Namen der operierenden Ärzte ergaben. Der Beklagte hat in erster Instanz mehrfach unbestritten vorgetragen, dass der Kläger keine Angaben zu dem operierenden Arzt machen konnte und dass er die Namen der operierenden Ärzte erstmals den ihm am 26. Januar 1999 zugesandten Unterlagen entnehmen konnte. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz erstmals vorträgt, der ausführende Operateur sei ihm seit dem 30. Mai 1997 in Person bekannt, ist er mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs.2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen.

Am 26. Januar 1999 war die Verjährung wegen der zwischen der nnnnn Versicherung und dem Beklagten geführten Verhandlung gemäß § 852 Abs.2 BGB a.F. gehemmt (Palandt-Thomas, BGB, 61. Auflage, § 852, Rdnr.18). Die dreijährige Verjährungsfrist begann frühestens im Juni 1999, als die nnnnn Versicherung gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 7. Juni 1999 eine Haftung ablehnte, zu laufen, so dass tatsächlich frühestens Anfang Juni 2002 Verjährung eingetreten ist.

Soweit es um eventuelle Ansprüche des Klägers gegen das nnnnnnnnn sowie den Assistenarzt geht, hat der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 17. Juni 2003 vorgetragen, dass eine derartige Klage von vornherein ohne jede Aussicht auf Erfolg gewesen sei, da ein Organisationsverschulden des Krankenhauses oder ein etwaiges Mitverschulden des Assistenzarztes nicht ersichtlich gewesen sei.

Darüber hinaus wäre aber auch bezüglich eventueller Ansprüche gegen das nnnnnnnnn frühestens Anfang Juni 2002 Verjährung eingetreten.

Der Kläger hat nicht vor Übersendung der Krankenunterlagen am 26. Januar 1999 von dem Schaden Kenntnis erlangt. Aber selbst mit Übersenden der Krankenunterlagen lagen die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs.1 BGB a.F. nicht vor, denn aus den Krankenunterlagen geht der Schaden i.S.v. § 852 Abs.1 BGB a.F. nicht hervor. Der Kläger hat nach wie vor nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beeinträchtigungen, unter denen er seit der Operation leidet, auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen sind. Der Beklagte bestreitet nicht die Ausführungen der nnnnn Versicherung im Schreiben vom 7. Juni 1999, wonach eine Dehnung des Nervus femoralis bei einer Hüftgelenks-Endoprothetik nicht ungewöhnlich ist und grundsätzlich als nicht vermeidbar gilt. Er behauptet vielmehr der Nervus femoralis sei nicht nur gedehnt, sondern durchtrennt worden. Das Durchtrennen des Nervus femoralis stelle kein typisches Risiko bei einer Hüftoperation dar. Dass ein Durchtrennen des Nervus femoralis kein typisches Risiko bei einer Hüftoperation darstellt, wird aber von niemandem bestritten. Streitig ist, ob der Nervus femoralis überhaupt durchtrennt worden ist. Anders als in dem vom Kläger zitierten, vom Bundesgerichtshof am 20. September 1983 entschiedenen Fall (NJW 1984, 661) hat außer dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten niemand zu irgendeinem Zeitpunkt von einer Durchtrennung des Nervus femoralis gesprochen. Die Rede war stets nur von einer Läsion des Nervus femoralis. Eine Läsion liegt aber auch bei einer bloßen - nicht vermeidbaren - Dehnung vor. Darüber hinaus hat die Ärztin Dr. nnn , die der Kläger erstmals am 24. September 1997, also beinahe 5 Monate nach der Operation erstmals aufsuchte, in ihrem Attest vom 14. Oktober 1997 ausgeführt, dass der Zusammenhang zwischen Nervenschädigung und Operation geklärt werden müsse. Ebenso hat sie in ihrem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 5. Februar 1999 ausgeführt, dass die Nervenläsion laut Angaben des Patienten im Zusammenhang mit der Implantation einer TEP li. aufgetreten sei und dass noch geklärt werden müsse, ob dieser Zusammenhang ursächlich ist.

Die Behauptung des Klägers, der Nerv könne nicht nur gedehnt worden sein, weil eine Reinkanalisierung des Nerves nicht stattgefunden habe wird bereits durch die Ausführungen des Dr. nnnn in seinem Befundbericht vom 3. Dezember 1997 widerlegt, in dem von Zeichen der Reinnervation die Rede ist. Das vom Kläger eingereichte Schreiben des Dr. nnnnnnn vom 22. März 2002 enthält eine abschließende Beurteilung, die - von wem auch immer - geschwärzt worden ist. Trotz der Schwärzung ist aber lesbar, dass sich der elektromyographische Befund im Vergleich zu einer Voruntersuchung im Oktober 1998 gebessert hat. Darüber hinaus enthält der Befund die - ungeschwärzte - Feststellung, dass dem Kläger ein Gehen ohne Hilfe möglich ist. Dieser Befund steht im krassen Widerspruch zu den Ausführungen in der Klageschrift, wonach der Kläger aufgrund einer Muskellähmung nicht mehr ohne Krücken laufen könne.

Davon abgesehen findet die in der Klageschrift ausgeführte Behauptung, bei dem Kläger habe sich infolge "dieser Schädigung" eine depressive Symptomatik ausgebildet, in keiner der hierzu eingereichten Unterlagen eine Stütze. In dem Ärztlichen Attest der Frau Dr. nnn vom 29. Dezember 2000 wird ausgeführt, die depressive Symptomatik habe sich in den letzten Wochen deutlich verstärkt. Wegen der Symptomatik nimmt sie Bezug auf ein Gutachten der Frau nnnnnnnnnn vom 25. August 2000 Bezug. Dieses Gutachten führt aber aus, dass die Symptomatik des Klägers auf ein Kriegstrauma zurückzuführen sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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