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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.06.2007
Aktenzeichen: 8 U 154/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 8 U 154/06
verkündet am: 11.06.2007
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 01.06.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 9. August 2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 26 des Landgerichts Berlin abgeändert:
Die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der Notarin Cnnnn Gnnn vom 30. Juni 2000, UR-Nr. nnnn , wird für unzulässig erklärt.
Die Beklagte wird verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der vorbezeichneten Urkunde an den Kläger herauszugeben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
1. Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 9.8.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Der Kläger hält das Urteil für unzutreffend, weil aus der im Anschluss an die Versteigerung vom 30.6.2000 errichteten notariellen Urkunde die Zwangsvollstreckung gegen ihn nicht betrieben werden könne. Zum Einen genügten die in der Urkunde enthaltenen Angaben zu Gläubiger und Schuldner nicht dem für § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO notwendigen Bestimmtheitserfordernis, zum Anderen sei er nicht Schuldner der Auktionsforderung, da die entsprechende Regelung in der notariellen Urkunde nach § 307 Abs. 2 BGB unwirksam sei. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz wird auf seine Schriftsätze vom 15.11.2006 und 19.3.2007 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der Notarin Cnnnn Gnnn vom 30. Juni 2000, UR-Nr. nn nnn für unzulässig zu erklären und die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der vorbezeichneten Urkunde an ihn herauszugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und das Vorbringen des Klägers zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage nicht geeignet. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf ihren Schriftsatz vom 22.1.2007 Bezug genommen.
2. Die Berufung ist begründet, weil die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung nach §§ 767 Abs. 1 und 3 ZPO für unzulässig zu erklären war. Aus der notariellen Urkunde vom 30.6.2000 kann die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger nicht betrieben werden.
a) Die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kann nur betrieben werden, wenn Gläubiger und Schuldner sowie die zu vollstreckende Forderung eindeutig bestimmt sind (OLG Koblenz, Urt. v. 30.8.2001 - 5 U 1675/00 -, WM 2003, 405). Das Bestimmtheitsgebot hat den Sinn, den Umfang der Vollstreckungsbefugnis eindeutig festzulegen und Auslegungsschwierigkeiten vorzubeugen (BGH, Urt. v. 28.3.2000 - XI ZR 184/99 -, MDR 2000, 849 = NJW-RR 2000, 1358; vgl. auch Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl., § 13.2, 13.3). Das zuständige Vollstreckungsorgan darf allerdings insoweit auch auf außerhalb der Urkunde liegende Daten zurückgreifen, soweit diese eindeutig, allgemein zugänglich und offenkundig sind (BGH a.a.O. wegen eines Zinsanspruchs: Zeitpunkt der Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch; ferner BGH, Beschl. v. 10.12.2004 - IX a ZB 73/04 -, MDR 2005, 534 = NJW-RR 2005, 366 wegen der Höhe des vom statistischen Bundesamts festgestellten Preisindexes). Diesen Anforderungen genügt die notarielle Urkunde vom 30.6.2000 hinsichtlich der Bestimmtheit von Gläubiger und Schuldner nicht.
Soweit es den Gläubiger betrifft, wird unter Ziff. 1 auf S. 2 des Vertrages die
"Tnnnn Lnnnnnnnnn mbH (mit Sitz in Bnnn )...
bzw.
die Bnnnnnnnnn vnnnnnnnnnn Snnnnnnn "
genannt, und zwar
"als dem im Grundbuch eingetragenen / noch einzutragenden Eigentümer (Einlieferer) aufgrund des ...am 26. Juni 2000 beurkundeten Einlieferungsvertrages..."
Wenn es auf S. 5 unter Ziff. III 2 d) dann heißt, dass sich der Ersteher der sofortigen Zwangsvollstreckung
"...aus dieser Urkunde gegenüber dem Einlieferer..."
unterwirft, lässt sich der Gläubiger der Forderung schon deshalb nicht bestimmen, weil in keiner Weise für den die Zwangsvollstreckung durchführenden Gerichtsvollzieher erkennbar ist, wer "Einlieferer" bzw. Eigentümer des zur Auktion gebrachten Grundstücks ist. Jedenfalls in Bezug auf den gerade nicht allgemein öffentlich zugänglichen Einlieferungsvertrag lässt sich die Person des Gläubigers nicht feststellen, so dass keine Bestimmtheit des Gläubigers vorliegt.
Soweit es den Schuldner angeht, heißt es unter Ziff. III 2 d), dass sich
"...der Ersteher hiermit der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde..." unterwirft. Nach Ziff. 2 auf S. 2 der Urkunde ist als "Ersteher" genannt die "Gn Innnnn Vnnnnnnnnnn mbH",
wobei der Kläger bezeichnet wird als für diese handelnd und eine notarielle Genehmigungserklärung des Geschäftsführers der Gn bis zum 1.8.2000 nachgereicht werden soll. Insoweit heißt es dort weiter:
"Sollte die Genehmigungserklärung nicht fristgerecht vorliegen, ist der Erschienene zu 2) Ersteher."
Damit lässt sich für den Gerichtsvollzieher aufgrund der notariellen Urkunde nicht bestimmen, wer Schuldner der Auktionsforderung ist (vgl. § 750 Abs. 1 ZPO). Auch anhand von etwa außerhalb der Urkunde liegenden allgemein zugänglichen Urkunden ist nicht zu bestimmen, ob die Genehmigungserklärung der Gn fristgerecht bei der Notarin eingegangen ist. Insoweit wäre eine einfache Erklärung der Gläubigerin nicht ausreichend gewesen, weil damit die von der Rechtsprechung geforderte allgemein zugängliche Offenkundigkeit gerade nicht eingehalten worden wäre.
b) Sollte dem Bestimmtheitserfordernis in Bezug auf die Person von Gläubiger und Schuldner entgegen der Auffassung unter 2 a) genügt sein, steht der Zwangsvollstreckung gegen den Kläger jedoch die Unwirksamkeit der Vereinbarung seiner persönlichen Haftung entgegen. Nach § 179 Abs. 3 BGB scheidet eine eigene Haftung des als vollmachtloser Vertreter Handelnden nach Abs. 1 der Bestimmung dann aus, wenn der Geschäftspartner von der fehlenden Vollmacht Kenntnis hatte. Von dieser gesetzlichen Regelung weicht die Formularklausel in der notariellen Urkunde (vgl. zur Annahme von allgemeinen Geschäftsbedingungen im Falle der Formulierung durch einen "Dritten" Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 305 Rn. 9) ab, indem sie für den Fall der Nichtvorlage der Genehmigungserklärung den vollmachtlos Handelnden zum Vertragspartner erklärt. Durch diese Regelung steht der vollmachtlos Handelnde schlechter dar, als im Falle des Eingreifens der gesetzlichen Regelung, so dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 307 Abs. 2 Ziff. 1 BGB gegeben sind (vgl. A. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 Rn. 98). Verstößt eine AGB-Klausel gegen Regelungen des dispositiven Gesetzesrechts, hat dies ohne Weiteres die Unwirksamkeit der betreffenden Regelung zur Folge. Dies bedeutet hier, dass der Kläger auf der Grundlage der Regelung in der notariellen Urkunde nicht Vertragspartner bzw. Schuldner der Auktionsforderung geworden ist.
Die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung ist daher unwirksam, sodass der Kläger auch Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung verlangen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Revisionszulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO waren nicht ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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