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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 05.09.2005
Aktenzeichen: 8 U 177/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, Gesetz über die Staatsgrenze der DDR, ZGB/DDR


Vorschriften:

BGB § 94
BGB § 892 Abs. 1
BGB § 929 ff.
ZPO n.F. § 524 Abs. 1
ZPO n.F. § 524 Abs. 2
ZPO § 263
ZPO § 533
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 264 Nr. 3
ZPO § 129
ZPO § 130
ZPO § 531 Abs. 2
Gesetz über die Staatsgrenze der DDR v. 25.03.1982 § 8
ZGB/DDR § 17
ZGB/DDR § 18
ZGB/DDR § 467
ZGB/DDR § 20 Abs. 3
Zu den Eigentumsverhältnissen an Teilen der ehemaligen Berliner "Mauer".
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 177/04

verkündet am : 05.09.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstr. 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Landgericht Dittrich und die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 21. Juni 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, das gesamte Grundstück Snnnnnnnnnn in Bnnn-Mnn , eingetragen im Grundbuch von Mitte des Amtsgerichts Tnnnnnnnnn , Blatt nnnn , Flur nn , Flurstück n , zu räumen und nebst den darauf verbliebenen Teilen der Berliner Mauer an die Klägerin herauszugeben.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 21.Juni 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 02. September 2004. Mit der gegen das Urteil eingelegten Anschlussberufung hat die Klägerin die Klage erweitert.

Nachdem der Beklagte in der Berufungsschrift nicht mehr bestritten hat, dass die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks ist, hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Aktivlegitimation der Klägerin wieder in Abrede gestellt. Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte vor:

Auf dem streitgegenständlichen Grundstück befänden sich - unstreitig - zehn Segmente der "Berliner Mauer ", der sogenannten Hinterlandsmauer, die sich in der Nähe der früheren Info- Box hin zur Snnnnnnnn direkt an die Hauswand des Hauses Snnnnnnnnnn in Bnnn hingezogen habe. Der Beklagte habe seit der "Wende" um den Erhalt der Mauersegmente und auch des Wachturms und der Gebäude der Grenzanlagen gekämpft. Im Rahmen eines "Kompensationsgeschäftes" seien die Grenzanlagen und Teile der "Berliner Mauer" am Lnnnn Pnn an den Beklagten übertragen worden. Der Beklagte habe dafür Mitglieder der ehemaligen Grenztruppen der DDR beschäftigen sollen, was er auch getan habe. Ein Herr Hnn Knn habe als Beauftragter der ehemaligen Regierung der DDR darauf zu achten gehabt, inwieweit Teile der "Berliner Mauer" im Rahmen der Denkmalpflege zu schützen und nicht abzureißen seien. Hnn Knn sei im Zusammenhang mit anderen Personen berechtigt gewesen, dem Beklagten den Lnnnn Pnn zu übergeben. In diesem Zusammenhang sei von ihm der Name Fnn , einem Oberstleutnant der ehemaligen Grenztruppen der DDR, genannt worden. Dem Beklagten seien sämtliche Schlüssel zu allen Grenzanlagen ausgehändigt und damit der Besitzwechsel vollzogen worden. Seit dem 16. August 1990 habe der Beklagte Besitz an der streitbefangenen Teilfläche des Grundstücks. Der Beklagte sei daher aufgrund des Kompensationsgeschäftes Eigentümer der Mauersegmente geworden. Dies ergebe sich auch aus einer Entscheidung des Kammergerichts vom 21. April 1999 in einem Vorprozess des Beklagten gegen das Lnn Bnnn - 24 U 7798/98 - .

Der Bundestagspräsident Tnnn habe dem Generalsekretär der Un , Knn Ann , drei Mauersegmente für das Un - Gebäude in New York geschenkt, ohne dies mit dem Beklagten als Eigentümer der Mauersegmente abzusprechen. Der Beklagte habe dem Bundestagspräsidenten die drei Mauersegmente deshalb im Nachhinein geschenkt mit der Auflage, die übrigen Mauersegmente und den Wachturm unter Denkmalschutz zu stellen. Mit Bundestagspräsidenten Tnnn , dem ehemaligen Bausenator des Lnnn Bnnn Pnn Snnnn und der Bundesstagsabgeordneten Ann Snnn sei vereinbart worden, dass der Beklagte die streitbefangene Teilfläche kostenlos als Hüter der Mauersegmente nutzen könne. Die Berliner Landesregierung habe am 17. August 2002 die zehn Mauersegmente und den Wachturm unter Denkmalschutz gestellt.

Am 12. Juni 2003 habe es eine Besprechung beim Bundesvermögensamt gegeben, in der vereinbart worden sei, dass der Beklagte die streitbefangene Teilfläche weiterhin kostenlos und nach den Umbaumaßnahmen auch künftig nutzen könne. Von dieser Vereinbarung sei die Oberfinanzdirektion Berlin dann abgerückt.

Nach dem erstinstanzlichen Urteil sei der Beklagte verpflichtet, auch die unter Denkmalschutz stehenden zehn Mauersegmente zu beseitigen. Damit werde vom Beklagten die Durchführung einer rechtswidrigen Tat verlangt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe der Beklagte nicht nur Besitzrechte, sondern Eigentumsrechte an den Mauersegmenten. Wenn der Beklagte die Mauersegmente räumen würde, wäre der Denkmalschutz ausgehebelt. Der Leichmetallkiosk, die Holzbude und die weiteren Gegenstände stünden auch im Eigentum des Beklagten, er könne nicht verpflichtet werden, diese entschädigungslos an die Klägerin herauszugeben.

Der an der Entscheidung des Landgerichts mitwirkenden Richter Knnn sei wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden. Zwar sei das Gesuch zurückgewiesen worden, dennoch sei der Richter als befangen anzusehen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2004 sowie des Berichtigungsbeschlusses vom 02. September 2004 die Klage abzuweisen,

hilfsweise Zug um Zug gegen Wahrung der Eigentumsrechte des Beklagten an den streitgegenständlichen Mauerelementen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor:

Die Klägerin sei - unstreitig - als Eigentümerin des Grundstücks Snnnnnnnnnn in Bnnn - Mnn ins Grundbuch eingetragen. Der Beklagte sei Besitzer des Grundstücks, das er mit einem Bauzaun umzäunt habe. Auf dem Grundstück habe der Beklagte - weiter unstreitig - unter anderem einen Leichtmetallkiosk, eine Holzhütte, einen Bauwagen, Sonnenschirme, Bänke, Einkaufswagen, Pflastersteine, turmartiges Bauwerk etc. gelagert. Das Landgericht habe zutreffend ausgeführt, dass der Vortrag des Beklagten zum angeblichen Besitzrecht seit dem Jahre 1990 widersprüchlich, unsubstantiiert und daher unerheblich sei. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung ausführe, dass dem Beklagten im Rahmen eines Kompensationsgeschäftes durch einen Herrn Hnn Knn oder einen Herrn Oberstleutnant Fnn die Grenzanlagen und die Mauer am Lnnnn Pnn übertragen worden seien, sei dies unrichtig. Dies habe Herr Knn auch in der Anhörung vor dem Landgericht nicht bestätigt, sondern habe keine konkreten Angaben machen können. Es werde weiter bestritten, dass Herr Knn oder Herr Fnn verfügungsbefugt über das streitgegenständliche Grundstück und die Mauersegmente gewesen seien. Der Beklagte habe nicht vorgetragen, woraus sich die Verfügungsbefugnis von Herrn Knn ergäbe und wer konkret ihm den Besitz wann und mit welcher Maßgabe und für welchen Zeitraum übertragen habe. Es werde bestritten, dass dem Beklagten die Schlüssel für alle Grenzanlagen übergeben worden seien.

Weiter werde bestritten, dass der Beklagte aufgrund einer Vereinbarung mit den Herren Tnnn und Snnnn sowie Frau Snnn zum Besitz berechtigt sei. Im Übrigen habe das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Personen nicht verfügungsbefugt seien.

Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz behauptet, dass in einer Besprechung am 12. Juni 2003 beim Bundesvermögensamt eine Vereinbarung getroffen worden sei, dass der Beklagte das Grundstück kostenlos nutzen könne, werde dies bestritten und im Übrigen Verspätung gerügt.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei der Beklagte nach dem Urteil gerade nicht verpflichtet, die Mauersegmente zu entfernen, sondern habe sie auf dem Grundstück zu belassen. Vielmehr müsse der Beklagte das Grundstück von seinen Sachen räumen, an diesen Sachen habe die Klägerin kein Interesse.

Der Beklagte sei nicht Eigentümer der Mauersegmente, vielmehr sei dies die Klägerin. Zutreffend habe das Landgericht ausgeführt, dass die Mauer nach wie vor wesentlicher Bestandteil des streitgegenständlichen Grundstücks gemäß § 94 BGB sei. Die Segmente seien mit dem Grund und Boden fest verbunden. Das Eigentum an den Mauersegmenten folge daher dem Eigentum am Grundstück. Etwas anderes habe auch das Kammergericht in seinem Urteil vom 21. April 1999 nicht festgestellt, sondern dies dahinstehen lassen. Der Beklagte habe nach wie vor nicht substantiiert vorgetragen und Beweis angetreten, aufgrund welchen Rechtsgeschäfts er die Mauerteile erworben haben wolle.

Zur Anschlussberufung trägt die Klägerin vor:

Bei der Vollstreckung habe sich herausgestellt, dass unterschiedliche Vorstellungen über die Auslegung des Urteilstenors bestünden. Der Gerichtsvollzieher habe die Ansicht vertreten, dass ein Teil der vom Beklagten auf das Grundstück verbrachten Gegenstände, insbesondere ein turmartiges Bauwerk, ein Bauwagen sowie weitere Einzelgegenstände jenseits des in dem Urteil beigefügten Lageplanes rot schraffierten Bereiches des Grundstückes lägen und daher vom Räumungsausspruch nicht erfasst seien. Diese Gegenstände befänden sich vor dem vom Beklagten errichteten Bauzaun bis zu welchem das Grundstück nach dem Urteilstenor zu räumen sei. Der Lageplan diene nur als Groborientierung, maßgeblich sei der Urteilstenor. Daher sei der Antrag insoweit zu erweitern, als die Räumung des gesamten Grundstücks verlangt werde. Die Klageerweiterung sei auch zulässig, weil anderenfalls ein neuer Rechtsstreit angestrengt werden müsse und das Berufungsgericht über die gleichen Tatsachen zu entscheiden habe, die bereits erstinstanzlich zugrundegelegt worden seien.

Die Klägerin beantragt, im Wege der Anschlussberufung

das gesamte Grundstück Snnnnnnnnnn in Bnnn - Mnn , eingetragen im Grundbuch von Mitte des Amtsgerichts Tnnnnnnnnnn , Blatt nnnn , Flur nn , Flurstück n zu räumen und nebst den darauf verbliebenen Teilen der Berliner Mauer an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die im Wege der Anschlussberufung erhobene Klageerweiterung für nicht zulässig.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist form- und fristgerecht gemäß § 524 Abs. 1 und 2 ZPO n.F. eingelegt und damit zulässig, sie ist auch begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Räumung des Grundstücks Snnnnnnnnnn in Bnnn - Mnn sowie Herausgabe des Grundstücks nebst den darauf verbliebenen Teilen der Berliner Mauer zu (§§ 985, 1004 BGB) zu.

A.

Die im Wege der zulässigen Anschlussberufung erweiterte Klage ist zulässig. Die erweiterte Klage - hier Erstreckung des Räumungsanspruches auf das gesamte Grundstück - ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht als Klageänderung anzusehen, weil der Klageantrag in der Hauptsache bei gleichem Klagegrund nur erweitert wird (vgl. § 264 Nr. 2 ZPO). Hierauf finden die Vorschriften, die die Zulässigkeit einer Klageänderung regeln, keine Anwendung, dies gilt nicht nur für § 263 ZPO, sondern auch für § 533 ZPO (BGH Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03 - NJW 2004, 2152; Münchener Kommentar/ Lüke, ZPO, 4. Auflage, § 264 ZPO, Rdnr. 4; Kritisch dagegen Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Auflage, § 533 ZPO, Rdnr. 3). Die unbeschränkte Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht dem Zweck der Vorschrift, der die prozessökonomische und endgültige Erledigung des Streitstoffes zwischen den Parteien fördern soll. Kann das Berufungsgericht auf der Grundlage des bereits in erster Instanz angefallenen Prozessstoffes eine abschließende Entscheidung über den modifizierten Klageantrag treffen, widerspräche es den Grundsätzen der Prozesswirtschaftlichkeit, würde man die Parteien, gestützt auf § 533 ZPO, auf einen neuen Rechtsstreit verweisen ( BGH Urteil vom 19. März 2004 , a.a.O., Seite 2155). Im Falle des § 264 Nr. 2 ZPO ist Sachdienlichkeit oder Einwilligung des Gegners keine Zulässigkeitsvoraussetzung (Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 533 ZPO, Rdnr. 3). Das Berufungsgericht kann für die Beurteilung des modifizierten Klageantrags auch auf den gesamten in erster Instanz angefallenen Prozessstoff zurückgreifen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Insoweit macht es keinen Unterschied, ob die Räumung und Herausgabe nur eines Teilstückes des Grundstückes Snnnnnnnn verlangt wird oder - wie nunmehr mit der Klageerweiterung - die Räumung und Herausgabe des gesamten Grundstückes.

B.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks zu.

1.

Die Klägerin ist nach dem Grundbuchauszug des Amtsgerichts Tnnnnnnnnnn Eigentümerin des Grundstückes Snnnnnnnnnn in Bnnn - Mnn . Für die Rechtsposition der Klägerin streitet der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 892 Abs. 1 BGB. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, dass die Vermögenszuordnung an die Klägerin nicht rechtmäßig sei. Denn die Klägerin ist aufgrund bestandskräftig abgeschlossenen Vermögenszuordnungsverfahrens Eigentümerin geworden. Der bestandskräftige Zuordnungsbescheid wirkt rechtsgestaltend, den Zivilgerichten ist eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit verwehrt (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2003 - 8 U 169/02 - unveröffentlicht; vgl. KG-Report 2004, 559, MDR 98, 1280; WuM 2004, 298).

2.

Dem Beklagten steht ein Besitzrecht an dem Grundstück nicht zu.

a) Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, dass ihm im August 1990 Besitz über den Lnnnn Pnn /Pnnnn Pnn von "früheren Behörden der DDR" eingeräumt worden sei und er im Rahmen eines als solchen bezeichneten Kompensationsgeschäfts die früheren DDR- Grenzsoldaten habe übernehmen und beschäftigen sollen. Bei einer Besprechung im Magistrat unter Teilnahme von Vertretern des Rekultivierungsstabes der NVA, vertreten durch Oberstleutnant Fnn und einigen Majoren, sei auch ein "Schriftstück" aufgesetzt worden, in dessen Besitz er sich aber nicht befinde. Weiter hat der Beklagte vorgetragen, dass ihm der Besitz von Herrn Hnn Knn , dem "letzten Beauftragten der DDR in Sachen Mauer", übertragen worden sein soll. Trotz Bestreitens der Klägerin hat der Beklagte die behauptete Vereinbarung über die vertragliche Besitzeinräumung nicht nach Zeit, Ort und Inhalt näher dargelegt. Der Beklagte trägt nicht konkret vor, von wem genau wann ihm der Besitz bezogen auf welche Grundstücke eingeräumt worden sein soll. Er behauptet auch nicht konkret, was Inhalt des aufgenommenen "Schriftstückes" gewesen sein soll. Ferner fehlt es an konkretem Vortrag des Beklagten, zu welchem Zwecke genau und unter welchen Bedingungen und für welchen Zeitraum er das Grundstück habe erhalten sollen. Dies wäre aber gerade im Hinblick auf die besondere historische Situation erforderlich gewesen. Denn der Beklagte konnte nach Rückzug der Grenztruppen der DDR aus dem Gebiet der ehemaligen Staatsgrenze der DDR schwerlich erwarten, dass ihm ein Nutzungsrecht mit Bestand über den 03. Oktober 1990 eingeräumt werden sollte.

Soweit der Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz unter Bezugnahme auf ein Schreiben vom 23. März 2004, welches er nicht eingereicht hat, vorträgt, dass er am 16. August 1990 - nach vorangegangenen Verhandlungen am "Runden Tisch" unter Beteiligung verschiedener im Einzelnen benannter Personen - die Grenzübergangsstelle Pnnnn Pnn von der zuständigen Grenzkommandantur "übernommen" habe und dies auch vertraglich fixiert worden sei, ergibt sich auch daraus nicht, mit wem wann welche Vereinbarungen bezüglich des geltend gemachten Besitzrechtes getroffen worden sein sollen.

Abgesehen davon trägt der Beklagte in Bezug auf die Personen, die ihm den Besitz eingeräumt haben sollen, widersprüchlich vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil auf Seite 6 verwiesen, denen sich der Senat anschließt und die der Beklagte mit der Berufung nicht im Einzelnen angegriffen hat. Der Beklagte hat auch in der Berufungsinstanz seinen Vortrag hierzu nicht näher konkretisiert und die aufgezeigten Widersprüche nicht erklärt. Soweit der Beklagte geltend macht, dass Herr Knn in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht den Besitz "nachgewiesen" habe, bleibt auch insoweit sein Vortrag ohne Substanz und beinhaltet keine konkreten Tatsachenbehauptungen zu den Umständen der angeblichen Vereinbarung.

Ungeachtet dessen, hat der Beklagte nicht vorgetragen, dass Herr Knn auch berechtigt war, mit dem Beklagten eine Vereinbarung über die Besitzeinräumung abzuschließen. Der Beklagte behauptet ohne nähere Darlegung, dass "der Zeuge Knn im Zusammenwirken mit den anderen Personen berechtigt" war (welche Personen genau ?), dem Beklagten den Lnnnn Pnn zu übergeben. Insoweit hätte es aber der Darlegung einer konkreten Vertretungskette bedurft. Bei dem Grundstück handelt es sich um Grenzgebiet nach § 8 des Gesetzes über die Staatsgrenze der DDR vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 11, Seite 197), welches in Volkseigentum im Sinne von §§ 17, 18 ZGB/DDR stand (vgl. Art. 1, § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die früheren Eigentümer und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15. Juli 1996, BGBl Teil I, Nr. 34, Seite 980), wobei die Einräumung von Nutzungsrechten an diesen Gebieten nur durch die zuständigen staatlichen Stellen - hier den Ministerrat der DDR, vertreten durch das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung - erfolgen konnte. Der Beklagte trägt aber nichts dazu vor, dass Herr Knn wirksam bevollmächtigt gewesen ist, Besitz an diesem Grundstück einzuräumen. Nach dem im Vorprozess eingereichten Schreiben des Staatssekretärs für Abrüstung im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR Mnnnn vom 23. August 1999 (Bd. I, Bl. 130 der Beiakte) war der Zeuge Knn Beauftragter "Schutz Kulturgut der Abteilung Museums- und Denkmalpflege des Ministeriums für Kultur". Daher ist nicht ersichtlich, dass dieser auch berechtigt gewesen wäre, über das Grundstück zu verfügen oder vertragliche Nutzungsrechte hieran einzuräumen. Ebenso fehlt es an der Darlegung, der Verfügungsberechtigung von Herrn Fnn .

Ohne Erfolg rügt der Beklagte mit der Berufung, dass das Landgericht die von Herrn Knn im Termin vor dem Landgericht übergebene Dokumentation nicht ausgewertet habe, obwohl er die Ausführungen zum Gegenstand seines Vortrags gemacht habe. Gemäß § 129 ZPO wird in Anwaltsprozessen die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet, wobei diese den Anforderungen des § 130 ZPO entsprechen sollen. Dabei kann der Sachvortrag in tatsächlicher Hinsicht nicht durch die pauschale Bezugnahme auf Anlagen ersetzt werden (vgl. BGHZ 22, 254; BGH NJW 1953, 259; 59, 885; 67, 728). Dem Gericht kann nicht zugemutet werden, "das Passende" aus umfangreichen Anlagen selbst herauszusuchen (Zöller/Greger, a.a.O., § 130 BGB, Rdnr. 2; vgl. BVerfG NJW 1994, 2683). Die bloße Bezugnahme auf die von Herrn Knn überreichte Dokumentation erfüllt nicht die Anforderungen an einen ordnungsgemäß in den Prozess eingeführten Vortrag. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Tatsachen der Beklagte hier vortragen will. Im Übrigen ergibt sich aus dieser Dokumentation für den Beklagten nichts Günstiges. Sie enthält lediglich sogenannte Festlegungsprotokolle aus dem Jahre 1990 über den Abriss der Berliner Mauer. Weder lässt sich daraus etwas für die Vertretungsberechtigung des Herrn Knn noch für berechtigte Verfügungen zugunsten des Beklagten entnehmen.

Aber selbst wenn angenommen wird, dass dem Beklagten im Jahre 1990 der Besitz an dem Grundstück vertraglich eingeräumt worden ist, konnte die Klägerin - als Eigentümerin - dieses (unentgeltliche) Nutzungsrecht jedenfalls kündigen. So hat die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 29.Januar 2003, 09. Juli 2003 und 29. Juli 2003 aufgefordert, das Grundstück zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Damit hat die Klägerin hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie der Fortsetzung der Nutzung des Grundstücks durch den Beklagten widerspricht. Darin kann eine konkludent erklärte Kündigung gesehen werden.

b) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm ein Nutzungsrecht vom Bundespräsidenten Tnnn sowie dem ehemaligen Bausenator Snnnn eingeräumt worden ist. Denn insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass diese Personen nicht bevollmächtigt gewesen sind, Besitzrechte mit Wirksamkeit für und gegen die Klägerin an deren Grundstücke zu begründen. Dies hat der Beklagte mit der Berufung auch nicht angegriffen.

c) Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, dass in einer Besprechung am 12. Juni 2003 mit der Klägerin vereinbart worden sei, dass er die Teilfläche weiterhin nutzen könne und nach den Umbaumaßnahmen auch künftig die Fläche nutzen könne, ist er mit diesem neuen Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Gründe für die Zulassung neuer Tatsachen im Sinne der genannten Vorschrift liegen nicht vor, da das Landgericht weder etwas übersehen hat noch ein Verfahrensmangel vorliegt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die unterlassene Vortrag nicht auf einer Nachlässigkeit des Beklagten beruht (vgl. § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO). Letztlich ist dieser Vortrag aber auch unerheblich. Denn das Gespräch soll nach den Behauptungen des Beklagten beim Bundesvermögensamt stattgefunden haben, das nicht maßgeblich war. Nach dem Schreiben des Bundesvermögensamtes vom 09. Juli 2003 war hierfür die Oberfinanzdirektion Berlin als vorgesetzte Behörde des Bundesvermögensamtes zuständig.

C.

Der Beklagte ist auch nicht berechtigt, die auf dem Grundstück Snnnnnnnnnn in Bnnn befindlichen Mauersegmente zu entfernen. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin Eigentümerin dieser Mauersegmente ist.

Die "Berliner Mauer" als solche war aufgrund ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung zu keiner Zeit ein verkehrsfähiges Wirtschaftsgut (BGHZ 129, 66, 72). Sie war ein wesentlicher Bestandteil des Mauergrundstückes gemäß § 467 ZGB/DDR, der nicht Gegenstand eines vom Grundeigentum gesonderten Rechts sein konnte (§ 467 Abs. 3 ZGB/DDR). Die Berliner Mauer war - dem Eigentum des Grundstücks folgend - sozialistisches Eigentum in der Gestalt von Volkseigentum im Sinne der §§ 17, 18 ZGB/DDR, das grundsätzlich unantastbar war (BGHZ 129, 66, 74). Gemäß § 20 Abs. 3 ZGB/DDR war der Erwerb und der Übergang von Sachen aus dem sozialistischen Eigentum in persönliches Eigentum unzulässig. Nach der Öffnung der Staatsgrenze der DDR am 09. November 1989 hat die "Berliner Mauer" ihre ursprüngliche Zweckbestimmung zwar verloren, dies ändert aber (zunächst) an der bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Eigentumslage nichts, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat. Dies ergibt sich aus der zu den §§ 93, 94 BGB entwickelten Rechtsprechung des BGH, die hier entsprechend für die Anwendung des § 467 ZGB/DDR mit herangezogen werden kann. Denn der Wortlaut und Sinngehalt des § 467 ZGB/DDR entspricht nahezu den Regelungen der §§ 93, 94 BGB. Eine nachträgliche Zweckänderung kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Bestandteilseigenschaft weder begründen noch aufheben (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 95 BGB, Rdnr. 4). Bestandteil kann die Sache nur werden, wenn sich der Eigentümer mit dem Grundstückseigentümer über den Eigentumsübergang einigt (BGHZ 23, 57; BGH NJW 1959, 1487; NJW 1987, 774) und dabei der Zweck verfolgt wird, die Sache dauernd mit dem Grundstück zu verbinden. Entsprechendes gilt, wenn umgekehrt aus einem wesentlichen Bestandteil ein Scheinbestandteil werden soll (BGHZ 37, 353, 359 = NJW 1962, 1817; Münchener Kommentar/ Holch, BGB, 3. Auflage, § 95 BGB, Rdnr. 10). Daher bedurfte die Umwandlung der streitgegenständlichen Mauersegmente als wesentliche Bestandteile des Grundstücks in Scheinbestandteile einer Einigung des bisherigen (Grundstücks-) Eigentümers, der Klägerin, und des Erwerbers über den Eigentumsübergang i.S. der §§ 929 ff. BGB und über die Zweckänderung.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte nicht dargelegt hat, dass eine solche Einigung zwischen der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängern und dem Beklagten geschlossen worden ist. Soweit der Beklagte sich auf das sog. Kompensationsgeschäft bezieht, wird auf die obigen Ausführungen unter Abschnitt B. verwiesen. Aber auch aus den vom Senat beigezogenen Akte des Vorprozesses - 13 O 418/98 Landgericht Berlin// 24 U 7798/98 Kammergericht - ergibt sich für den Eigentumsübergang nichts. Abgesehen davon, dass die Rechtskraft des Urteils sich grundsätzlich nur auf die an dem Vorprozess beteiligten Parteien erstreckt (§ 325 ZPO), die mit den hiesigen Parteien nicht identisch sind, hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts in seinem Urteil vom 21. April 1999 - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch nicht festgestellt, dass die Mauersegmente in seinem Eigentum stehen. Vielmehr hat der 24. Zivilsenat diese Frage ausdrücklich dahinstehen lassen. Nach dem Schreiben des Staatssekretärs für Abrüstung beim Ministerium für Abrüstung und Verteidigung der DDR vom 23. August 1990 (Beiakte Bd. I, Bl. 130) an den Chef der Grenztruppen der DDR wies dieser an, dass Anträge zum Erwerb von Mauerteilen in der Zuständigkeit des Chefs der Grenztruppen zu bearbeiten seien. Ferner wird hierin festgelegt, dass bei der kostenlosen Übergabe von Mauerteilen eine schriftliche Erklärung der Übernehmenden über den allgemeinnützigen Verwendungszweck zu fordern ist. Unter dem 20. September 1990 richtete Herr Knn ein Schreiben an den Chef der Grenztruppen, Generalmajor Tnnnn , mit der Bitte um Genehmigung der Übergabe von Mauerteilen für verschiedene Zwecke, wobei die Genehmigung unter dem 24. September 1990 erteilt wurde. Dieses Schreiben betrifft aber nicht die hier in Rede stehenden Mauersegmente und auch nicht die Übergabe von Mauersegmenten an den Beklagten. Auch aus der eidesstattlichen Versicherung von Herrn Knn (Beiakte Bd. I, Bl. 129) lässt sich für den Eigentumsübergang nichts Konkretes herleiten. Hierin hat Herr Knn zwar erklärt, dass Mauerteile aufgrund des Schreibens des Staatssekretärs für Abrüstung vom 23. August 1990 für private Ausstellungen übergeben worden sind, so auch an den Beklagten und ferner, dass Herr Fnn dazu beauftragt gewesen sei. Abgesehen davon, dass sich aus der Erklärung von Herrn Knn nicht ergibt, welche Mauersegmente genau hiervon betroffen gewesen sein soll, lässt sich auch nicht entnehmen, wann diese Übergabe mit Genehmigung der zuständige Stelle (dem Chef der Grenztruppen) erfolgt ist und auch eine Vereinbarung zwischen den Beteiligten über den Eigentumsübergang getroffen worden ist. Ferner hat der Beklagte keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass Herr Fnn bevollmächtigt gewesen ist, Verfügungen über die Mauersegmente vorzunehmen. Nach dem Schreiben des Staatssekretärs für Abrüstung beim Ministerium für Abrüstung und Verteidigung vom 23. August 1990 war dies allenfalls der "Chef" der Grenztruppen, Generalmajor Tnnnn (siehe Schreiben Knn vom 20. September 1990). Dass dieser Fnn bevollmächtigt hat, wird nicht konkret behauptet.

Soweit der Beklagte weiter geltend macht, dass er nach dem erstinstanzlichen Urteil verpflichtet sei, auch die unter Denkmalschutz stehenden 10 Mauerteile zu beseitigen und damit von ihm eine rechtswidrige Handlung verlangt werde, trifft dies nicht zu. Die Klägerin begehrt gerade nicht die Beseitigung der Mauersegmente, sondern verlangt nur, dass der Beklagte das Grundstück von den Sachen beräumt, die der Beklagte dorthin verbracht hat. Die Mauersegmente, die im Eigentum der Klägerin stehen, hat der Beklagte mit dem Grundstück an die Kläger herauszugeben, wobei dies ein Belassen der Mauersegmente auf dem Grundstück beinhaltet.

4.

Ohne Erfolg macht der Beklagte mit der Berufung geltend, dass ein Verfahrensmangel im ersten Rechtszug deswegen vorliege, weil er den am Verfahren mitwirkenden Richter am Landgericht Knnn wegen Befangenheit abgelehnt habe. Denn das Ablehnungsgesuch ist durch Beschluss des Landgerichts vom 17. November 2003 als unbegründet zurückgewiesen worden. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss hat das Kammergericht mit Beschluss vom 18. Dezember 2003 zurückgewiesen. Da das Ablehnungsgesuch rechtskräftig zurückgewiesen worden ist und daher der Richter nicht erfolgreich abgelehnt worden ist (§ 42 ZPO), war der Richter zur Entscheidung berufen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 1 Nr. 1und 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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