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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.10.2001
Aktenzeichen: 8 U 2024/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 568 | |
BGB § 557 | |
BGB § 398 | |
BGB § 421 | |
BGB § 556 | |
BGB § 284 | |
BGB § 286 | |
BGB § 425 Abs. 2 | |
BGB § 557 Abs. 1 | |
BGB § 556 Abs. 1 | |
ZPO § 91 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1 |
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 8 U 2024/00
Verkündet am: 11. Oktober 2001
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und die Richterin am Kammergericht Eilinghoff-Saar für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. Januar 2000 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin geändert:
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 169.006,38 DM nebst 4 % Zinsen aus 162.826,67 DM seit dem 10. Oktober 1998, aus 72,00 DM sowie aus 6.475,57 DM seit dem 1. November 1998 und aus weiteren 6.732,14 DM seit dem 3. November 1999 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 1. zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte zu 1. darf jedoch die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 190.500,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Beschwer der Beklagten zu 1. übersteigt 60.000,00 DM.
Tatbestand:
Die am 11. März 2000 eingelegte und -- nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 11. Mai 2000 an diesem Tage begründete Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 17. Januar 2000 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, das dem Kläger am 14. Februar 2000 zugestellt worden. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiter und begründet seine Berufung wie folgt:
Entgegen der Annahme des Landgerichts im angefochtenen Urteil habe die Beklagte zu 1. seit dem 5. Mai 1994, dem Datum der ersten Kündigung, die Mietsache gemäß § 557 Abs. 1 BGB dem damaligen Vermieter vorenthalten. Daran ändere nichts der Umstand, dass die Beklagte zu 1. bereits vorher ausgezogen sei, da der andere Mieter den Besitz an der Mietsache nicht aufgegeben habe. Aus diesem Grunde sei der Verschaffungsanspruch des Vermieters nicht erfüllt worden. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Beklagte, was bestritten werde, ihren Mitbesitz dem Beklagten zu 2. überlassen habe. Die frühere Vermieterin (Zedentin) habe auch nicht aufgrund der Verhandlungen mit dem ursprünglichen Mitmieter bezüglich des Abschlusses eines neuen Vertrages ihren Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegenüber der Beklagten zu 1. verwirkt; es liege weder ein erhebliches Zeitmoment noch das erforderliche Umstandsmoment insoweit vor. Im Übrigen treffe nicht zu, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers es unterlassen habe, die Beklagte zu 1. darauf hinzuweisen, weiter für Nutzungsentschädigung haftbar zu sein. Die Rechtsvorgängerin des Klägers habe sämtliche Schreiben an das Mietobjekt H.-M.-S. in ... Berlin gerichtet. Im Übrigen habe der Beklagte zu 2., unter dieser Anschrift geschäftsansässig, die Beklagte zu 1. gemäß Nr. 13 Abs. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen und Sondervereinbarungen zum Mietvertrag vertreten, womit der Zugang aller Erklärungen beim Beklagten zu 2. der Beklagten zu 1. zuzurechnen sei. Daran hätte auch nichts die Kenntnis "vom Alleinbesitz des Verhandlungspartners" geändert, die im Übrigen nach wie vor bestritten werde. Im Übrigen werde die Beendigung der arbeitsrechtlichen Beziehungen der Beklagten zu 1. bei dem Steuerberater S. nach wie vor bestritten; das gleiche gelte für die Echtheit des Kündigungsschreibens vom 14. November 1994. Schließlich würde auch die Beendigung der arbeitsrechtlichen Beziehungen nicht ohne Weiteres zur Folge haben, dass die Beklagte zu 1. ihren Mitbesitz an den Beklagten zu 2. herausgegeben habe und dieser danach in Alleinbesitz der Mietsache gewesen sei. Jedenfalls habe mit Abbruch der Verhandlungen über den Abschluss eines Mietvertrages mit Schreiben vom 24. Mai 1996 ein Anspruch gemäß § 557 Abs. 1 BGB auch gegenüber der Beklagten zu 1. bestanden.
Unzutreffend sei die Auffassung des Landgerichts, dass § 557 Abs. 1 BGB für den Zeitraum bis zur Beendigung der Verhandlungen am 24. Mai 1996 nicht anwendbar sei. Dies könne nicht damit begründet werden, dass die Rechtsvorgängerin während der Verhandlungen über den Neuabschluss des Vertrages keine Rückgabe der Mietsache gefordert habe. Denn gerade mit dem Kündigungsschreiben vom 5. Mai 1994 sei die Herausgabe der Mieträume gefordert und einer Fortsetzung des Mietverhältnisses gemäß § 568 BGB ausdrücklich widersprochen worden. Die Tatsache der Verhandlungen über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bedeute nicht, dass die Rechtsvorgängerin auf die Rückgabe der Mietsache verzichtet habe. Sofern für den Zeitraum der Verhandlungen von einem konkludenten Mietverhältnis auszugehen sei, müsse dies, wenn überhaupt, mit beiden Beklagten angenommen werden, da beide die ihre Verpflichtung zur Rückgewähr der Mieträume nicht erfüllt hätten.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Teilurteils des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2000 die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger DM 169.006,38 nebst 4 % Zinsen aus DM 162.826,67 seit dem 10. Oktober 1998, aus DM 72,00 sowie aus DM 6.475,57 seit dem 1. November 1998 und aus weiteren DM 6.732,14 seit dem 3. November 1999 zu zahlen.
Die Beklagte zu 1. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1. erwidert:
Es werde daran festgehalten, dass eine unzulässige Saldoklage vorliege. Die reine Bezugnahme auf die Kontoauszüge der Bundeskasse Koblenz entspreche nicht einem ordnungsgemäßen Klagevortrag. Die Kontoauszüge bestünden nur aus Zahlenwerk, in dem sich zudem noch handschriftliche Ergänzungen befänden. Damit habe der Kläger die behaupteten Rückstände nicht hinreichend substantiiert.
Der Kläger bestreite zu Unrecht ihre, der Beklagten zu 1. Besitzaufgabe und die Überlassung des Alleinbesitzes an den Beklagten zu 2.. Aus dem Schreiben des Bundesvermögensamts vom 21. April 1997 ergebe sich, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers insoweit Kenntnis von den diesbezüglichen Vorgängen gehabt habe. Das Bestreiten ihrer, der Beklagten zu 1. arbeitsrechtlichen Beziehungen und der Echtheit des Kündigungsschreibens vom 14. November 1994 sei ins Blaue hinein erfolgt; es werde auch nicht ansatzweise vorgetragen, weshalb das Kündigungsschreiben unecht sein solle. Der Kläger verkenne, dass ihr, der Beklagten zu 1., das Nutzungsrecht allein im Hinblick auf die Ausübung ihrer Arbeit im streitgegenständlichen Mietobjekt eingeräumt worden sei und weitergehende Nutzungsrechte nicht bestanden hätten. Im Übrigen bestünden keinerlei Anhaltspunkte für einen nach dem 31. Dezember 1994 fortbestehenden Besitzwillen ihrerseits an den streitgegenständlichen Mieträumen.
Das Landgericht gehe für den Zeitraum der Verhandlungen zu Recht von einem einstweiligen Mietverhältnis des Rechtsvorgängers des Klägers mit dem Beklagten zu 2. und Herrn S. aus. Weder der Kläger noch seine Rechtsvorgängerin hätten gegenüber ihr, der Beklagten zu 1., einen Rücknahmewillen bezüglich der Mietsache gezeigt. Der Wille der Rechtsvorgängerin sei vielmehr dahin gegangen, dem Beklagten zu 2. als Alleinbesitzer und Verhandlungspartner die Mietsache zu belassen. Danach fehle es an einem Vorenthalten der Mietsache im Sinne von § 557 BGB. Das damit bestehende einstweilige Mietverhältnis habe durch das Kündigungsschreiben der Rechtsvorgängerin des Klägers vom 24. Mai 1996 gekündigt werden sollen und nicht das ursprüngliche mit den Beklagten bestehende Mietverhältnis.
Der Anspruch sei gegenüber ihr, der Beklagten zu 1. auch verwirkt. Maßgebend für das Zeitmoment sei der Zeitraum zwischen Kündigung im Mai 1994 und der erstmaligen Zahlungsaufforderung an sie im Oktober 1998. Der Kläger und seine Rechtsvorgängerin hätten somit fast 4 1/2 Jahre zugewartet, um die vermeintlichen Forderungen gegen sie, die Beklagte zu 1., geltend zu machen. Dies sei nach Treu und Glauben rechtsmißbräuchlich. Sie habe sich angesichts ihrer eigenen Lebensführung darauf einstellen dürfen, dass die klagegegenständlichen Ansprüche aus dem 1994 beendeten Mietverhältnis ihr gegenüber nicht mehr geltend gemacht werden würden.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache begründet. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus abgetretenem Recht aus § 557 BGB in Verbindung mit § 398 BGB.
Die Einwände der Beklagten zu 1. gegen die Schlüssigkeit der Klage im Hinblick auf die angeblich mangelnde Darlegung des geltend gemachten Anspruchs der Höhe nach sind jedenfalls nach Erlass des angefochtenen Urteils nicht mehr begründet. Nachdem das Landgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils im Einzelnen dargestellt hat, woraus sich die Klageforderung zusammensetzt und die Richtigkeit des Tatbestands auch nicht durch einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten zu 1. in Frage gestellt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass jedenfalls nunmehr die Klageforderung ausreichend dargetan ist. Es liefe auf eine Förmelei hinaus, wollte man das, was im Tatbestand des angefochtenen Urteils zur Aufgliederung der Klageforderung steht, nochmals als Vortrag von dem Kläger verlangen.
Einwände gegen die rechnerische Höhe des Anspruchs werden nicht erhoben.
Die Voraussetzungen für den an den Kläger abgetretenen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB liegen vor. Das Mietverhältnis ist unstreitig aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Rechtsvorgängerin des Klägers vom 5. Mai 1994 beendet worden. Während des hier maßgeblichen Zeitraums, für den Nutzungsentschädigung verlangt wird (Juni 1996 bis Mai 1998) ist das Mietobjekt weder durch die Beklagte zu 1. noch durch den Beklagten zu 2. an die Rechtsvorgängerin des Klägers herausgegeben worden, wie dies nach § 556 Abs. 1 BGB hätte geschehen müssen. Die Beklagte zu 1. hat der Rechtsvorgängerin des Klägers auch den Besitz im Sinne von § 557 Abs. 1 BGB "vorenthalten". Dem steht nicht entgegen, dass sie den Besitz aufgegeben bzw. den Alleinbesitz auf den Beklagten zu 2. übertragen hat. Dadurch hat sie weder ihre Besitzverschaffungspflicht gegenüber der Rechtsvorgängerin des Klägers erfüllt noch ist ihr die Rückgabe des Besitzes am Mietobjekt gegenüber der Rechtsvorgängerin des Klägers unmöglich geworden. Für die Rückgabe des Mietobjekts haften die Mitmieter, wie auch für die übrigen Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag, als Gesamtschuldner im Sinne von § 421 BGB. § 425 Abs. 2 BGB greift nicht ein. Die Beklagte zu 1. kann sich nicht im Hinblick auf die Überlassung des Alleinbesitzes an den Beklagten zu 2. auf Unmöglichkeit der Rückgabe berufen; insoweit besteht für sie eine Verschaffungspflicht, zu deren Erfüllung sie notfalls den Beklagten zu 2. im Klagewege hätte in Anspruch nehmen müssen.
Die Annahme des Landgerichts, dass für den Zeitraum der Verhandlungen mit der Rechtsvorgängerin des Klägers kein Rücknahmewille auf Vermieterseite bestanden habe, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls war dieser Rücknahmewille gegeben, als die Rechtsvorgängerin des Klägers mit Schreiben vom 24. Mai 1996 nach Abbruch der Verhandlungen Rückgabe der Mietsache von beiden Beklagten verlangte. Die Verhandlungen über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses sind mit dem Schreiben des Beklagten zu 2. vom 3. Juni 1994 und dem Antwortschreiben der Rechtsvorgängerin des Klägers vom 23. Juni 1994 eröffnet worden. Diesen Verhandlungen war die außerordentliche Kündigung der Rechtsvorgängerin des Klägers vom 5. Mai 1994 vorausgegangen, wobei in dem Kündigungsschreiben ausdrücklich die Rückgabe des Mietobjekts gefordert worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers allein durch die Bereitschaft, mit dem Beklagten zu 2. Verhandlungen aufzunehmen, wie dies im Schreiben vom 23. Juni 1994 zum Ausdruck kommt, auf ihren Rückgabeanspruch gemäß § 556 BGB gegenüber der Beklagten zu 1. hat verzichten wollen. Es besteht kein Anlass, allein aufgrund der Tatsache, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers sich auf Verhandlungen eingelassen hat, die Begründung eines "einstweiligen Mietverhältnisses" zu unterstellen. Dies hätte zur Folge, dass, wie das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen selbst ausführt, das Mietverhältnis bei erfolgloser Beendigung der Verhandlungen erneut, wenn auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist jedoch mit angemessener Räumungsfrist, hätte gekündigt werden müssen. Für die Konstruktion eines derartigen "einstweiligen Mietverhältnisses" besteht kein Bedürfnis: Dem Vermieter ist es in derartigen Fällen ohne Weiteres möglich, mit dem Mieter über eine Neubegründung des Mietverhältnisses oder Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verhandeln und gleichwohl seinen Herausgabeanspruch aufrechtzuerhalten; die Verhandlungen haben dann immer noch den Sinn, dass der Vermieter vorerst davon absieht, seinen Herausgabeanspruch sogleich durchzusetzen. Dazu muss er auf den Herausgabeanspruch nicht faktisch verzichten, worauf die Begründung eines einstweiligen Mietverhältnisses hinausliefe. Die Konstruktion der Begründung eines einstweiligen Mietverhältnisses mag sinnvoll sein, wenn vor Beginn des Mietverhältnisses die Mietsache bereits überlassen wird und die Parteien weiterhin über die Einzelheiten des Mietvertrages verhandeln. In diesem Falle besteht kein Rückgabeanspruch des Vermieters aus § 556 BGB und auch kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 BGB, so dass zur Begründung eines Mietzinsanspruches die Annahme eines einstweiligen Mietverhältnisses sinnvoll erscheinen mag. Die Konstruktion des einstweiligen Mietverhältnisses nach Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund einer fristlosen Kündigung des Vermieters erscheint auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der nach § 556 BGB bestehende Herausgabeanspruch gerade ein Druckmittel des Vermieters bei den Verhandlungen der Mietvertragsparteien sein kann und auch soll, insbesondere wenn, wie im vorliegenden Fall, das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters aufgrund außerordentlicher Kündigung sein Ende gefunden hat.
Es ist deshalb eine nicht gerechtfertigte Unterstellung des Landgerichts, wenn es davon ausgeht, die Rechtsvorgängerin des Klägers sei im Hinblick auf die Verhandlungen mit dem Beklagten zu 2. an der Besitzrückgabe durch die Beklagte zu 1. "nicht interessiert" gewesen, sondern allenfalls an einer Herausgabe ihres Mitbesitzes an den potenziellen neuen Mieter. Letzteres hätte erst bei erfolgreichem Abschluss der Mietvertragsverhandlungen angenommen werden können. Hierzu ist es aber nicht gekommen.
Als die Rechtsvorgängerin des Klägers mit Schreiben vom 24. Mai 1996 die Verhandlungen für gescheitert erklärte, bedeutete dies demzufolge nicht eine Kündigung des "einstweiligen Mietverhältnisses", sondern lediglich den Abbruch der Verhandlungen. Aus dem Inhalt dieses später abgefassten Schreibens kann ohnehin nicht geschlossen werden, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin bei Beginn der Verhandlungen über ein neues Mietverhältnis bzw. über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses sich konkludent zum Abschluss eines "einstweiligen Mietverhältnisses" mit dem Verhandlungspartner geeinigt hat. Im Übrigen ergibt sich aus dem Schreiben vom 24. Mai 1996 gar keine erneute Kündigung, wie das Landgericht annimmt. Vielmehr wird ausdrücklich auf die Kündigung vom 5. Mai 1994 im Eingang des Schreibens Bezug genommen sowie darauf, dass eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses nach § 568 BGB bereits widersprochen worden sei.
Auch der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers nicht mit der Beklagten zu 1. sondern lediglich mit dem Beklagten zu 2. bzw. Herrn S. über ein neues Mietverhältnis bzw. eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verhandelt hat, lässt nicht erkennen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin damit auf den Rückgabeanspruch gegenüber der Beklagten zu 1. hat verzichten wollen. Der Umstand, dass nur der Beklagte zu 2. bzw. Herr S. Verhandlungen mit der Rechtsvorgängerin des Klägers geführt haben, beruhte darauf, dass nur diese Personen die Initiative dazu ergriffen haben. Mit diesen Verhandlungen hat die Rechtsvorgängerin des Klägers aber ihre Rechtsposition gegenüber der Beklagten zu 1. nicht aufgeben wollen. Hiervon ist auch auszugehen, wenn angenommen werden müsste, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers von der Übertragung des Mitbesitzes seitens der Beklagten zu 1. auf den Beklagten zu 2. gewusst hat. Dabei ist im Übrigen nicht im Einzelnen sicher, ab wann ein derartiges Wissen bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin anzunehmen ist. Dies mag zwar aus dem Schreiben der Rechtsvorgängerin des Klägers vom 21. April 1997 zu schließen sein. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin konnte sich aber darauf verlassen, dass ihr Herausgabeanspruch gegenüber der Beklagten zu 1. trotz der Übertragung des Alleinbesitzes auf den Beklagten zu 2. unberührt bleiben würde. Im Übrigen zeigt gerade die Anfrage nach der Adresse der Beklagten zu 1. in dem Schreiben vom 21. April 1997, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers die Beklagte zu 1. nach wie vor aus dem Mietvertrag verpflichtet ansah.
Zu Unrecht geht das Landgericht davon aus, dass die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. auf Nutzungsentschädigung im Hinblick auf den Zeitablauf und die Verhandlungen mit dem Beklagten zu 2. und dem Mietinteressenten S. treuwidrig sei. In Betracht kommt insoweit ausschließlich eine Verwirkung des Anspruchs, deren Voraussetzungen aber nicht vorliegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Zeitmoment gegeben ist. Denn eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin kam solange nicht in Betracht, als die Anschrift der Beklagten zu 1. nicht bekannt war; diese hielt sich nach dem eigenen Vorbringen nicht mehr nach dem 31. Dezember 1994 im Mietobjekt auf. Es ist bereits zweifelhaft, ob das Zeitmoment der Verwirkung überhaupt erfüllt ist. Die Ansprüche auf Nutzungsentschädigung werden ab Juni 1996 geltend gemacht; bereits mit Schreiben vom 9. Oktober 1998 sind die Ansprüche vom Kläger durch das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten geltend gemacht worden. Bezüglich der ersten Rate für die Nutzungsentschädigung liegt demzufolge ein Zeitablauf von knapp 2 1/2 Jahren vor, der für eine Verwirkung nicht ausreichen dürfte. Entscheidend ist aber, dass das Umstandsmoment nicht gegeben ist: Das Landgericht scheint das Umstandsmoment darin zu sehen, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers die Beklagte zu 1. nicht darauf hingewiesen hat, für die unterbliebene Rückgabe weiter auf Nutzungsentschädigung haften zu müssen. Dabei übersieht das Landgericht, dass es Sache der Beklagten zu 1. gewesen wäre, sich um das Schicksal des Mietvertrages nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung und um die Frage der Rückgabe zu kümmern und nicht Verpflichtung der Rechtsvorgängerin des Klägers als Vermieterin, die Anschrift der Beklagten zu 1. zu ermitteln und diese über die Folgen der unterlassenen Rückgabe zu belehren. Im Übrigen durfte die Rechtsvorgängerin des Klägers aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Zugangsklausel gemäß Nr. 13 (3) darauf vertrauen, dass die an den Beklagten zu 2. gerichtete Post auch zur Kenntnis der Beklagten zu 1. gelangen würde.
Die Beklagte zu 1. haftet daher gemäß § 557 Abs. 1 BGB auf Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten Mietzinses, wozu auch die Betriebskosten gehören, soweit diese von den Mietern zu tragen waren. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 284, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO und § 711 ZPO. Nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO war die Beschwer der Beklagten zu 1. im Urteil festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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