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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 27.05.2002
Aktenzeichen: 8 U 2074/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 535 Satz 1
BGB § 535 Satz 2
BGB § 536
BGB § 542
BGB § 542 Satz 2
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 288 Abs. 1
ZPO § 291
ZPO § 344
ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 543 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 2074/00

Verkündet am: 27. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Das am 6. September 2001 verkündete Versäumnisurteil des 8. Zivilsenates des Kammergerichts in Berlin wird aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. Februar 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin teilweise wie folgt geändert:

Die Kläger zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten 3.276,18 Euro (6.407,66 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Juni 1999 zu zahlen.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des Tenors zu 1) (Anspruch auf Besitzeinräumung) in der Hauptsache erledigt hat.

Die Kosten des Rechtsstreits im ersten und zweiten Rechtszuge hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.400,00 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Kläger zu 1) und 2) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.276,18 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 10. Februar 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Zur Klage:

Er, der Beklagte habe den Klägern den vertraglich geschuldeten Zutritt zum Erdgeschoss des Gebäudes gewährt. Er sei nicht verpflichtet, die Schlüssel zum Eingang durch den Vorraum zur Verfügung zu stellen und den Vorraum durch die Kläger als Eingang nutzen zu lassen. Die Kläger hätten die Möglichkeit, das Erdgeschoss über das 1. OG des Gebäudes zu erreichen.

Die Parteien hätten eine vertragliche Nebenabrede getroffen, die sich nicht in vollständiger Form im schriftlichen Vertragswerk wiederfinde. Im Sommer 1998 habe Herr als Vertreter der Hausverwaltung des Beklagten den Klägern zu 1) und 2) bei einer Besichtigung erklärt, dass der vom Beklagten genutzte Vorraum nicht zur Verfügung stehe und daher ein Zugang nur durch das 1. Obergeschoss über eine in das Erdgeschoss hinabführende Treppe gewährleistet werden könne. Die Kläger hätten sich damit einverstanden erklärt. Bei einem Telefonat Anfang August 1998 zwischen Herrn und der Klägerin zu 1) habe ebenfalls Einigkeit darüber bestanden, dass der Vorraum nur zum Zwecke der Durchführung der Bauarbeiten durch die Kläger genutzt werden könne.

Gerade § 20 Nr.5 und § 16 des Mietvertrages zeigten, dass darüber gesprochen worden sei, dass die Mieträume nicht über den Vorraum im Erdgeschoss erreicht werden sollten. Die Regelung in § 20 Nr.5 wäre nicht erforderlich gewesen, wenn den Klägern nicht klar gewesen wäre, dass sie zur Nutzung des Vorraumes nicht berechtigt sein sollten. Der Beklagte habe unglücklicherweise auf die bereits definitiv getroffenen mündlichen Verhandlungen vertraut und auf eine schriftliche Fixierung keinen besonderen Wert gelegt. Die vermeintliche Interessenlage der Kläger sei für die Vertragsauslegung ohne Bedeutung.

Das Interesse des Beklagten sei deutlich darauf gerichtet, dass der von ihm genutzte Vorraum im Bereich seiner Patiententoiletten nicht als Durchgangsraum für andere Praxisräume anderer Ärzte genutzt werde. Da der Vorraum nur wenige Quadratmeter groß sei, würde es regelmäßig zu Gedränge kommen, wenn insgesamt vier Ärzte mit umfangreichem Patientenbestand diesen Raum als Toilettenbereich und Durchgangszimmer nutzen würden.

Die im angefochtenen Urteil dargelegten Ausführungen zur Möglichkeit der Untervermietung des Erdgeschosses lägen neben der Sache.

Der Umstand, dass die einzelnen Stockwerke in getrennten Verträgen vermietet worden seien, sei nicht geeignet, den Vertrag dahingehend auszulegen, dass das Erdgeschoss über einen separaten Eingang über den Vorraum verfügen müsse.

Dass der Vorraum von den Klägern nicht genutzt werden sollte, ergäbe sich auch daraus, dass die vereinbarte Mietfläche mit 104,85 qm angegeben worden sei. Diese Fläche beinhalte nicht den Vorraum.

Zur Widerklage:

Die von den Klägern dargelegten Verrechnungen mache er, der Beklagte, sich nunmehr zu eigen und stelle diese unstreitig.

1. Er, der Beklagte habe gegen die Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Mietzins in Höhe von 42.359,36 DM für die Zeit von Oktober 1998 bis einschließlich Januar 2000 für die im Erdgeschoss belegenen Räume. Der Anspruch sei begründet, da er die Nutzung dieser Räume nicht verweigert habe.

2. Für den Monat Oktober 1998 schuldeten die Kläger noch einen restlichen Mietzins in Höhe von 1.022,09 DM für die im 1. Oberschoss belegenen Räume. Die Kläger schuldeten für Oktober 1998 den vollen Mietzins, da der 1. Oktober 1998 als Vertragsbeginn vereinbart worden sei. Die Schlüssel seien zwar erst am 6. Oktober 1998 übergeben worden, den Klägern sei aber ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, die Schlüssel (mit Ausnahme des Erdgeschosses) schon für den 1. Oktober 1998 zu bekommen.

3. Für die Monate Oktober bis Dezember 1998 schuldeten die Kläger zu 1) und 2) noch einen restlichen Mietzins in Höhe von 7.301,78 DM für die im 3. Obergeschoss belegenen Räume.

Die Kläger schuldeten für Oktober 1998 den vollen Mietzins in Höhe von 4.619,49 DM, da der 1. Oktober 1998 als Vertragsbeginn vereinbart worden sei. Die Schlüssel seien zwar erst am 6. Oktober 1998 übergeben worden, den Klägern sei aber ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, die Schlüssel (mit Ausnahme des Erdgeschosses) schon für den 1. Oktober 1998 zu bekommen.

Die Kläger seien nicht berechtigt, den Mietzins zu mindern. Mit Ausnahme der Anbringung eines Heizkörpers habe er, der Beklagte sämtliche von ihm durchgeführten Baumaßnahmen drei Tage vor Unterzeichnung des Vertrages abgeschlossen. Sämtliche Mieträume seien beheizbar gewesen. Die Sanitäranlagen seien ohne weiteres benutzbar gewesen.

Bauschutt habe nicht herum gelegen. Die von den Klägern eingereichten Fotos zeigten den von ihnen selbst zu verantwortenden Umbauzustand. Lediglich ein Heizkörper sei im Nachhinein Anfang Januar 199 installiert worden. Diese Installation stelle keine wesentliche Beeinträchtigung dar.

Der ordnungsgemäß geladene und anwesende Beklagtenvertreter hat im Verhandlungstermin am 6. September 2001 keinen Antrag gestellt. Dem Antrag der Klägervertreterin entsprechend hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das am 10. Februar 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin durch am 6. September 2001 verkündetes Versäumnisurteil zurückgewiesen.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 10. September 2001 zugestellte Versäumnisurteil durch einen bei Gericht am 22. September 2001 eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Der Beklagte beantragt, nachdem er den geltend gemachten Zinsanspruch teilweise (4 % Zinsen seit 28. Juni 1999, statt 4. Oktober 1998) zurückgenommen hat,

das am 6. September 2001 verkündete Versäumnisurteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin aufzuheben, das am 10. Februar 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin abzuändern und

1. die Klage abzuweisen

2. die Kläger zu 1), 2) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten 43.381,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Juni 1999 zu zahlen.

3. die Kläger zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen wertere 7.301,78 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Juni 1999 an den Beklagten zu zahlen.

Die Kläger beantragen,

das am 6. September 2001 verkündete Versäumnisurteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass festgestellt wird, dass sich der Rechtsstreit bezüglich des geltend gemachten Anspruchs auf Besitzeinräumung in der Hauptsache erledigt hat.

Die Kläger halten das angefochtene Urteil für zutreffend und tragen ergänzend vor:

Zur Klage:

Es sei weder schriftlich noch mündlich vereinbart worden; dass die Kläger nicht berechtigt sein sollten, den Vorraum im Erdgeschoss als Zugang zu den im Erdgeschoss belegenen Räume zu nutzen. Ebenso sei nicht vereinbart worden, dass die verpflichtet sein sollten, einen Zugang zum Erdgeschoss über das 1. Obergeschoss zu schaffen. Nachdem sie das Mietverhältnis bezüglich der Erdgeschossräume mit Schreiben vom 7. Februar 2002 wegen Vorenthaltung des Mietgebrauchs fristlos gekündigt hätten, sei das Besitzrecht der Kläger an den Mieträumen weggefallen, so dass insoweit Hauptsachenerledigung eingetreten sei. Dass der Beklagte bis zum Ausspruch der Kündigung durch die Kläger durchaus in der Lage gewesen sei, diesen den Besitz an den Erdgeschossräumen einzuräumen, ergebe sich aus seinen eigenen Erklärungen. Er habe nämlich den Klägern angeboten, sich auf eigene Kosten einen anderweitigen Zugang zu den Mieträumen zu verschaffen, wobei er das Mietverhältnis mit Dr. nicht als Hindernis angesehen, sondern erklärt habe, dass er sich mit diesem über die Herausgabe der Mieträume einigen werde.

Zur Widerklage:

Die Mängel, auf die die Kläger ihr Minderungsrecht stützten seien sämtliche bei der Besichtigung der Mieträume noch nicht vorhanden gewesen. Der Beklagte habe die Mängel nach Besichtigung verursacht, dadurch dass die von die von ihm veranlassten Baumaßnahmen bei Vertragsbeginn noch nicht beendet gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist überwiegend unbegründet.

Zur Klage:

Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache erledigt, soweit die Kläger von dem Beklagten Einräumung des uneingeschränkten Besitzes und Gewährung des Mietgebrauches an den im Hause in Berlin im Erdgeschoss gelegenen Räumen mit einer Fläche von 104,85 qm sowie Aushändigung dreier Schlüssel zur Haustür, Durchgangstür und Eingangstür verlangt haben.

Der geltend gemachte Besitzverschaffungsanspruch hat sich dadurch in der Hauptsache erledigt, dass die Kläger das Mietverhältnis über die im Erdgeschoss belegenen Räume mit Schreiben vom 7. Februar 2002 wirksam gemäß § 542 BGB wegen Nichtgewährung des Gebrauchs gekündigt haben. Die gemäß § 542 Satz 2 BGB zur Wirksamkeit der Kündigungserklärung grundsätzlich erforderliche Fristsetzung, war, nachdem der Beklagte die streitgegenständlichen Mieträume mit Mietvertrag vom 30. Juni 2001 an Herrn Dr. doppelt vermietet hat, entbehrlich, da eine Einräumung des Besitzes an die Kläger jedenfalls nicht innerhalb angemessener Frist möglich erschien.

Die Kläger hatten gegen den Beklagten gemäß § 535 Satz 1, § 536 BGB einen Anspruch auf Einräumung des uneingeschränkten Besitzes an den im Hause Straße Berlin im Erdgeschoss gelegenen Räumen mit einer Fläche von 104,85 qm sowie auf Aushändigung dreier Schlüssel zur Haustür, Durchgangstür und Eingangstür und Gewährung des Mietgebrauchs an den genannten Räumen.

Das Landgericht hat den Anspruch der Kläger in der angefochtenen Entscheidung äußerst sorgfältig, umfassend und mit zutreffenden Gründen bejaht. Auf die angefochtenen Entscheidungsgründe wird insoweit inhaltlich in vollem Umfang Bezug genommen. Der Beklagte hat es auch zweiten Rechtszug nicht darzulegen vermocht, dass er den Klägern den Besitz an den streitgegenständlichen Räumen im Erdgeschoss bereits eingeräumt habe und dass die Kläger verpflichtet seien, sich den Zugang zu diesen Räumen über das 1. Obergeschoss zu verschaffen.

Der von den Klägern am 19. September 1998 und dem Beklagten am 6. Oktober 1998 unterzeichnete Mietvertrag über die im Erdgeschoss belegenen Räume enthält weder ausdrücklich noch konkludent eine Regelung dahingehend, dass die Kläger nicht berechtigt sein sollen, den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einzigen ordentlichen Zugang zu den Räumen, nämlich den streitgegenständlichen Vorraum, als Zugang zu nutzen, noch enthält er eine ausdrückliche oder konkludente Regelung dahingehend, dass die Kläger verpflichtet sein sollen, sich einen eigenständigen Zugang zu den Räumen über das 1. Obergeschoss zu schaffen.

§ 20 Ziffer 5 des Mietvertrages enthält nur die Genehmigung des Beklagten zur Entfernung der Trennwand oberhalb der internen Holztreppe zwischen Erdgeschoss und erstem Obergeschoss. Weder enthält § 20 Ziffer 5 des Mietvertrages eine Verpflichtung der Kläger die Trennwand zu entfernen, noch kann aus dieser Genehmigung der Schluss gezogen werden, dass die Kläger nicht berechtigt sein sollten, den Vorraum als Zugang zu den im Erdgeschoss belegenen Räumen zu nutzen. Genauso wenig kann dem im Nachtrag zum Mietvertrag enthaltenen § 16 eine derartige Regelung entnommen werden. § 16 enthält lediglich die Regelung, dass die Kläger berechtigt sein sollen, die zum vertragsgemäßen Gebrauch erforderlichen und zweckmäßigen Aus - und Umbaumaßnahmen auf ihre Kosten durchzuführen. Es handelt sich hier um eine durchaus übliche Vereinbarung, der keineswegs entnommen werden kann, dass sich die Kläger als Mieter den Zugang zu den vermieteten Räumen selbst schaffen müssen. Dass die Parteien eine derartige Vereinbarung getroffen hätten, kann dem Vertrag auch nicht durch Auslegung entnommen werden. Insoweit kann auf die umfänglichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Auch eine im Rahmen der Auslegung durchzuführende Abwägung der Interessenlage spricht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht für eine derartige Auslegung. Die Behauptung des Beklagten, der Vorraum sei nur wenige Quadratmeter groß, es würde regelmäßig zu Gedränge kommen, wenn insgesamt vier Ärzte mit umfangreichem Patientenbestand diesen Raum als Toilettenbereich und Durchgangszimmer nutzen würden, spricht nicht für die von ihm gewünschte Vertragsauslegung. Zum einen ist die Angabe, der Vorraum sei nur wenige Quadratmeter groß und die vier Ärzte hätten einen umfangreichen Patientenbestand unsubstantiiert. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Kläger zum einen keinen Anspruch auf den im Vorraum befindlichen Toilettenbereich erheben und, dass die in den im 1., 2., und 3. Obergeschoss befindlichen Praxisräume sämtliche einen separaten Eingang über das Treppenhaus verfügen.

Ebenso wenig spricht für die von dem Beklagten gewünschte Auslegung, dass der Vorraum quadratmetermäßig nicht im Mietvertrag erfasst ist. Die Zugänge zu den Mietobjekten, wie Treppenhäuser, Vorräume etc. werden regelmäßig nicht zur alleinigen Nutzung mietvermietet, sondern stehen dem Mieter zur Mitnutzung zur Verfügung, ohne dass dies ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart werden würde.

Gegen den Vortrag des Beklagten, die Räume im Erdgeschoss und die im 1. Obergeschoss seien als ein Objekt mit Zugang über das erste Obergeschoss vermietet worden spricht bereits der Umstand, dass über die Räume im Erdgeschoss und die Räume im 1. Obergeschoss getrennte Mietverträge abgeschlossen worden sind. Das Argument, es seien getrennte Verträge abgeschlossen worden, damit der Vertrag über die Räume im Erdgeschoss gegebenenfalls getrennt gekündigt werden könnte, überzeugt nicht. Genauso hätten der Vertrag über die Räume im 1. Obergeschoss getrennt gekündigt werden können. Wie wollte der Beklagte dann Zugang zu den Räumen im Erdgeschoss gewähren, wenn nicht über den streitigen Zugang im Erdgeschoss ?

Der von dem Beklagten für die Behauptung der mündlichen Nebenabrede benannte Zeuge ist auch in zweiter Instanz nicht zu hören, da der Beklagte die behauptete Nebenabrede nach wie vor nicht schlüssig dargelegt hat. Die über einen Vertrag aufgenommen Urkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Auflage, § 125 Rdnr. 15). Dieser Grundsatz besagt, dass sich der maßgebliche Inhalt eines Rechtsgeschäfts - unbeschadet der gebotenen Auslegung - in erster Linie aus der darüber aufgenommenen Urkunde ergibt. An den Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Urkunde werden strenge Anforderungen gestellt. In der Regel unerheblich ist unter diesem Gesichtspunkt das in der forensischen Praxis immer wieder anzutreffende Vorbringen, bei den Vertragsverhandlungen sei vom Gegner dies und jenes gesagt worden, woran er sich nunmehr festhalten lassen müsse: Für den Vertragsinhalt sind nicht schlechthin alle Äußerungen einer Partei während den Verhandlungen, sondern nur die Erklärungen maßgeblich, die am Ende der Verhandlungen nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien verbindlich festgelegt werden. Zur Widerlegung der für den schriftlichen Vertrag sprechenden Vermutung genügt aber nicht einmal der Nachweis, dass die Parteien während der Verhandlungen über einen bestimmten Punkt einig waren; vielmehr muss darüber hinaus nachgewiesen werden, dass die Parteien diesen Punkt auch noch zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde als Vertragsinhalt wollten, denn erst zu diesem Zeitpunkt kommt ein schriftlicher Vertrag abschließend zustande. Zu einer in sich schlüssigen, substantiierten Darlegung einer mündlichen Nebenabrede gehört deshalb nach der in der Praxis vorherrschenden Meinung in der Regel der Vortrag solcher Umstände, die die Unvollständigkeit der Urkunde erklären, das heißt die Angabe von Gründen dafür, dass die Parteien von der Beurkundung der fraglichen Abrede abgesehen haben (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, II, Rdnr.767). Der Vortrag des Beklagten, er habe auf die Einhaltung der gegebenen Zusage vertraut und die Verpflichtung zum Wegriss der Gipswand nicht als wesentlichen und wichtigen Teil des Mietvertrages erachtet, erklärt nicht, weshalb auf die Parteien auf die schriftliche Fixierung dieser angeblichen Nebenabrede verzichtet haben. Wenn die Parteien die Genehmigung der Entfernung der Trennwand als so wichtig erachtet haben, dass diese schriftlich festgehalten wurde, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die behauptete Verpflichtung der Entfernung der Trennwand nicht beurkundet worden ist. In keiner Weise nachvollziehbar ist auch, weshalb die behauptete Vereinbarung, dass die Kläger zur Nutzung des Vorraums, des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und auch heute noch einzigen Zugangs zu den Räumen, nicht berechtigt sein sollen, als nicht wichtig angesehen worden sein soll.

Der Beklagte hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass die Parteien nach Abschluss eine anderweitige vertragliche Vereinbarung über den Zugang zu den Räumen im Erdgeschoss getroffen hätten. Die behaupteten Erklärungen der Kläger können allenfalls als Absichtserklärung ohne vertragliche Bindungswirkung betrachtet werden.

Die Klage auf Besitzeinräumung ist nicht dadurch unbegründet geworden, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Mieträume doppelt vermietet hat. Der Erfüllungsanspruch gemäß § 536 BGB bleibt bestehen, wenn das Leistungshindernis behebbar erscheint (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III.B, Rdnr. 1196) und damit zu rechnen ist, dass der Vermieter zur Beseitigung des Rechtsmangels in der Lage sein wird (Bub/Treier, a.a.O., III. B, Rdnr. 1185). Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten wollte dieser sich mit dem Mieter Dr. Dr. über die Herausgabe der Mieträume einigen.

Zur Widerklage:

Erdgeschoss

Der Beklagte hat gegen die Kläger keinen Anspruch gemäß § 535 Satz 2 BGB auf Zahlung des für die im Erdgeschoss befindlichen Räume für die Zeit von Oktober 1998 bis einschließlich Januar 2000 geltend gemachten Mietzinses in Höhe von 42.359,36 DM. Das Landgericht hat insoweit in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte den Anspruch auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Mietzinses für diesen Zeitraum verloren hat, der er den Klägern den vertraglich geschuldeten Besitz an den Räumen in diesem Zeitraum nicht eingeräumt hat.

Erstes Obergeschoss

Der Beklagte hat gegen die Kläger keinen Anspruch gemäß § 535 Satz 2 BGB auf Zahlung des für die im ersten Obergeschoss befindlichen Räume für Oktober 1998 geltend gemachten Restmietzinses in Höhe von 1.022,09 DM.

Da der Beklagte den Klägern den Besitz an den im ersten Obergeschoss belegenen Räumen erst am 6. Oktober 1998 eingeräumt hat, hat er keinen Anspruch auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Mietzinses für die Zeit ab 1. Oktober bis zur Schlüsselübergabe. Der Vermieter hat dem Mieter zu dem vertraglich vereinbarten Beginn des Mietverhältnisses - hier der 1. Oktober 1998 - gemäß § 536 BGB die Mietsache in der Weise zu überlassen, dass der Mieter ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch ausüben kann. Das erfordert bei Mieträumen regelmäßig die Übertragung des unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB), d.h. der tatsächlichen Sachherrschaft, auf den Mieter. Dazu gehört bei der Raummiete in der Regel die Übergabe der Schlüssel (Bub/Treier, a.a.O., II.A Rdnr.918). Der Beklagte hat nicht schlüssig vorgetragen, dass er den Klägern die Räume im ersten Obergeschoss bereits am 1. Oktober zum Zwecke der Einräumung des unmittelbaren Besitzes angeboten habe. Der Vortrag, den Kläger seien ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, die Schlüssel zu bekommen, ist unsubstantiiert.

Drittes Obergeschoss

Der Beklagte hat gegen die Kläger zu 1) und 2) als Gesamtschuldner einen Anspruch gemäß § 535 Satz 2 BGB auf Zahlung des für die im dritten Obergeschoss befindlichen Räume für Oktober bis Dezember 1998 geltend gemachten Restmietzinses in Höhe von 3.276,18 Euro (6.407,66 DM).

Der für die Monate November und Dezember 1998 geltend gemachte Restmietzinsanspruch von je 1.180,95 Euro (2.309,74 DM) ist in vollem Umfang begründet. Der für den Monat Oktober 1998 geltend gemachte Restmietzinsanspruch ist nur in Höhe von 914,28 Euro (1.788,18 DM) begründet. In Höhe von 457,15 Euro (894,10 DM) ist er unbegründet. Der von den Klägern zu 1) und 2) für den Monat Oktober 1998 zu zahlende Mietzins beträgt nicht, wie vertraglich vereinbart, 2.361,91 Euro (4.619,49 DM), sondern nur 1.904,76 Euro (3.725,39 DM), da der Beklagte den Besitz an den im dritten Obergeschoss belegenen Räumen nicht wie vertraglich vereinbart, am 1. Oktober, sondern erst am 6. Oktober 1998 eingeräumt hat. Insoweit kann auf obige Ausführungen Bezug genommen werden. Da die Kläger zu 1) und 2) auf diesen Mietzins nur 990,48 Euro (1.937,21 DM) gezahlt haben, besteht für den Monat Oktober 1998 ein Restmietzinsanspruch in Höhe von 914,28 Euro (1.788,18 DM).

Die Kläger dringen mit ihrem Vortrag, sie seien in der Zeit von Oktober bis Dezember 1998 zu einer 50 %igen Mietminderung berechtigt, nicht durch. Die Kläger sind für die behauptete erhebliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beweisfällig geblieben. Der Beklagte hat lediglich eingeräumt, im Januar noch einen Heizkörper angebracht zu haben, hat aber gleichzeitig vorgetragen, dass die Räume über den gesamten Zeitraum ausreichend beheizbar gewesen seien. Der Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass er in dem Zeitraum aber Übergabe der Mieträume noch Bauarbeiten in den Räumen ausführen lassen hat. Ebenso hat er das Vorhandensein von Bauresten und Bauschutt bestritten. Die Kläger sind für das Vorhandensein von Mietmängeln darlegungs- und beweispflichtig. Da der Einbau des Heizkörpers erst im Januar 1999 erfolgt ist, kann der Einbau schon aus diesem Grund keine Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache in dem Zeitraum von Oktober bis Dezember 1998 gehabt haben.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 2, 344, 269 Abs.3 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, das die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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