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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.04.2001
Aktenzeichen: 8 U 2143/99
Rechtsgebiete: Mietvertrag, BGB, GrStG, ZPO


Vorschriften:

Mietvertrag § 22 Nr. 1 u. der Anlage 1 Nr. 2
Mietvertrag § 4 Nr. 2
BGB § 315
BGB § 316
GrStG § 13
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Verkündet am: 12. April 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Blunck und die Richterin am Kammergericht Eilinghoff-Saar

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Januar 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin teilweise geändert:

Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger 9.960,87 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 07.05.1998 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Kläger 31 % und die Beklagten 69 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beider Parteien übersteigt nicht 60.000,-- DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg, so weit von den Betriebskostennachforderungen für 1995 und 1996 Teilbeträge in Höhe von 3.424,91 DM (1995) und in Höhe von 3.161,44 DM (1996) abzusetzen waren. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.

Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, dass die Forderungen der Kläger verwirkt seien. Eine Verwirkung der hier geltend gemachten Nachforderungen hat das Landgericht aus zutreffenden Gründen, denen sich der Senat anschließt, verneint. Insbesondere ist das neben dem Zeitablauf erforderliche Umstandsmoment nicht dadurch erfüllt, dass die Kläger aufgrund des Schreibens der schon angesichts der zeitlichen Nähe der Rückgabe der Kaution zu dem Mieterwechsel kein Vertrauen dahingehend begründet werden konnte, auf Nachforderungen aus dem gerade erst beendeten Mietverhältnis nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, zumal die Abrechnungsfristen insbesondere für das laufende Betriebsjahr noch gar nicht abgelaufen waren. Die Sachlage ist hier anders als in dem Fall, dass - wie üblicherweise - der Vermieter nach Abschluss einer angemessenen Überlegungsfrist die Kaution auszahlt, so dass dann die Annahme berechtigt sein mag, der Vermieter wolle nun keine weiteren Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr erheben. Vorliegend erfolgte die Rückgabe der Kaution dagegen schon aus einem ganz anderen Anlass, nämlich dem Austausch der Kaution, der im Zuge des Mieterwechsels auf Betreiben der Bank erforderlich geworden war. Der Umstand, dass das Mietverhältnis im Zeitpunkt der Abrechnung seit längerer Zeit beendet war, reicht für sich genommen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände für die Annahme der Verwirkung nicht aus (BGH in WuM 1984, 127, 128; so auch in den Fällen OLG Celle in ZMR 1990, 412, LG Berlin in GE 1992, 209; vgl. auch Senat, Rechtsentscheid vom14.08.1981 - 8 RE-Miet 2471/81 - in GE 1981, 865).

II.

Die Betriebskostennachforderungen der Kläger sind für das Jahr 1995 in Höhe von 3.424,91 DM und für das Jahr 1996 in Höhe von 3.161,44 DM begründet.

Diese Nachforderungen ergeben sich bezüglich beider Abrechnungen aus den auf die Mieträume der Beklagten entfallenden Kosten für die Straßenreinigung, Müllgebühren, Be- und Entwässerung, Hausversicherungen, Hausreinigung und Schneebeseitigung. Die Einwendungen der Beklagten gegen den Ansatz dieser Kosten greifen nicht durch.

Hinsichtlich der Müllgebühren haben die Kläger nunmehr einen Auszug aus dem Mietvertrag mit dem E M eingereicht, aus dessen § 22 Nr. 1 und der Anlage 1 Nr. 2 sich ergibt, dass eine gesondert Müllentsorgung durch den Mieter vereinbart worden ist. Ferner haben die Kläger eine Erklärung offenbar des Nachmieters vorgelegt, nach der die Entsorgung für Müll und Recycling tatsächlich gesondert vorgenommen wird. Mit diesen Belegen haben sich die Beklagten nicht mehr auseinandergesetzt. So weit die Beklagten weiter geltend gemacht haben, dass die Entsorgungskosten nach Müll und Recycling getrennt werden müssten, gilt das für die hier betroffenen Abrechnungszeiträume schon deshalb nicht, weil die getrennte Entsorgung noch nicht eingeführt war. Ferner haben die Kläger hinsichtlich der Hausversicherungen unter Vorlage einer Erklärung der W G klargestellt, dass die Prämie für die Hausversicherungen unabhängig von der Art der Nutzung bemessen ist, durch den Supermarkt also erhöhte Versicherungskosten nicht entstehen. Hiermit war für diese Kosten ein Vorwegabzug der durch den E M verursachten Betriebskosten nicht erforderlich. Dasselbe gilt hinsichtlich der Hausreinigung. Dazu haben die Kläger klar gestellt, dass der Supermarkt den Müllbereich zusätzlich reinigt. Erfassbare zusätzliche Hausreinigungskosten sind somit nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Be- und Entwässerungskosten hat das Landgericht bereits zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagten durch eine gesonderte Erfassung der durch den Supermarkt verursachten Kosten keinesfalls einen Vorteil haben könnten, da eine Pension einen höheren Verbrauch hat als ein Supermarkt. Das Fehlen einer Vorwegerfassung der Pension könnte allenfalls im Verhältnis zu den anderen Mietern zu einer Unangemessenheit des allein nach dem Flächenverhältnis bemessenen Umlagemaßstabes führen. Darauf können sich die Beklagten nicht berufen. Gegen den Ansatz der Straßenreinigung und der Schneebeseitigung haben die Beklagten ihre Einwendungen nicht weiter verfolgt.

Außer Ansatz bleiben müssen demgegenüber in beiden Abrechnungen die Positionen Grundsteuer und Strom, da die Kläger insoweit nicht dargelegt haben, dass der von ihnen zugrunde gelegte Abrechnungsmaßstab angemessen ist.

Da in der Vereinbarung über die Umlage der Nebenkosten in § 4 Nr. 2 des Mietvertrages ein Abrechnungsmaßstab nicht genannt ist, hatten die Kläger insoweit ein Bestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB, das sie mit der Abrechnung vom 13.12.1996 über die Betriebskosten des Jahres 1994 mit der Maßgabe ausgeübt haben, dass die Betriebskosten nach dem Verhältnis der Flächen zu verteilen sind. Einwendungen hiergegen sind den Beklagten nicht bereits deshalb abgeschnitten, weil sie die Nachforderung für das Jahr 1994 ohne Vorbehalt beglichen haben.

Eine Vereinbarung über den Abrechnungsmaßstab ist durch die einmalige Zahlung mangels entsprechenden Erklärungsbewusstseins nicht zustande gekommen. Der Abrechnungsmaßstab muss der Billigkeit entsprechen, d.h. er muss nach objektiven Kriterien ausgerichtet und möglichst nah am Verbrauch orientiert sein. Grundsätzlich ist die Abrechnung nach dem Verhältnis der Wohnflächen angemessen (vgl. OLG Hamm, Rechtsentscheid vom 27.9.1983 - 4 RE Miet 14/82 - in WuM 1983, 315). Ein differenzierter Abrechnungsmaßstab kann aber insbesondere bei gemischt genutzten Mietgebäuden geboten sein, wenn das Gewerbe bei bestimmten Abrechnungspositionen einen spezifisch erhöhten Verbrauch hat oder besondere Kosten verursacht. In diesem Fall müssen diese Kosten möglichst genau vorweg erfasst werden (vgl. Sternel, Mietrecht, III Rn 358). Insoweit bestehen hinsichtlich der Grundsteuer Zweifel, ob die Umlage nach dem Verhältnis der Flächen angemessen war. Eine maßgebliche Größe für den der der Bemessung der Grundsteuer nach § 13 GrStG zugrundeliegenden Steuermessbetrag ist die Jahresrohmiete, d.h. das Gesamtentgelt, das die Mieter aufgrund vertraglicher Vereinbarung im Feststellungszeitpunkt für die Benutzung des Grundstücks zu entrichten haben (§ 79 Abs. 1 S. 1 BewG). Der Anteil einer Mieteinheit an dem Entstehen der Grundsteuer ist also um so höher, um so höher der auf ihn entfallende Mietertrag ist. Das kann nicht nur im Verhältnis zwischen Wohnraummietern und Gewerbemietern (vgl. dazu LG Berlin in GE 2000, 1686, 1687), sondern auch im Verhältnis von Gewerberaummietern untereinander dazu führen, dass die Umlage allein nach dem Flächenanteil unbillig wäre, nämlich dann, wenn erhebliche Abweichungen bei der Höhe des Mietzinses bestehen. Dazu haben die Beklagten zu Recht darauf hingewiesen, dass für Einzelhandelsflächen im Verhältnis weitaus höhere Mieten zu zahlen sind als für eine Pension. Demgemäß würde der Supermarkt einen höheren Anteil an der Grundsteuerlast verursachen, als dem Verhältnis der Mietflächen entspricht. Dem würde allein die Aufteilung des Jahresrohertrages zwischen den Wohnraummietern und den Gewerberaummietern, während der Steueranteil unter den Gewerberaummietern weiterhin nur nach den Flächen aufgeteilt wird, so wie es in der Abrechnung für 1996 geschehen ist, nicht gerecht. Vielmehr wäre die Grundsteuer nach dem Verhältnis der Mietanteile im Bemessungszeitpunkt aufzuteilen gewesen. Dies wäre in der Erläuterung entsprechend aufzuschlüsseln gewesen.

Hinsichtlich der Stromkosten haben die Kläger zwar angegeben, diese würden sich ausweislich der Bezeichnung auf den Rechnungen der BEWAG mit "HBL" nur auf die Hausbeleuchtung beziehen, da das Haus über Fernwärme versorgt werde und über keine gesonderte Heizungsanlage oder Aufzugsanlage verfüge. Die Beklagten haben dazu aber zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Verteilung der Fernwärme eine elektrisch betriebene Pumpe erforderlich ist, durch deren Betrieb nach ihren Angaben nicht unerhebliche Stromkosten entstehen. Die durch den Betrieb der Pumpe verursachten Stromkosten sind solche, die mit dem Betrieb der Heizung verbunden sind und müssen daher als Heizkosten verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Dass die Kosten für den Betrieb der Pumpe gesondert erfasst würden, konnte die Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht vortragen. In der vorliegenden Heizkostenabrechnung vom 21.7.1997 sind diese Kosten, so weit ersichtlich, nicht erfasst.

Nach Abzug der Positionen Grundsteuer und Strom ergibt sich ein auf die Beklagten entfallender nach Abzug der geleisteten Vorauszahlungen noch zu nachzuzahlender Betrag von 3.424,91 DM für das Abrechnungsjahr 1995 und 3.161,44 DM für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1996. In dieser Höhe sind die Nachforderungen der Kläger fällig. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagten, wie sie behaupten, die Abrechnungen mit den Erläuterungen vor der Klageerhebung nicht erhalten hätten Jedenfalls nachdem die Kläger die Erläuterungen im vorliegenden Rechtsstreit nachgereicht haben, waren die Beklagten in der Lage, die Abrechnungen nachzuvollziehen. Die auf die Grundsteuer und den Strom entfallenden Kosten lassen sich unschwer herausrechnen. Hinsichtlich der übrigen Positionen, die die Kläger zu Recht nach dem Verhältnis der Flächen umgelegt haben, bedurfte es, auch wenn die Parteien im Prozess hierüber gestritten haben, einer gesonderten Erläuterung, dass und weshalb eine Vorwegerfassung nicht vorgenommen worden ist, nicht. Erläutert werden muss, welcher Abrechnungsmaßstab zugrundegelegt worden ist und wie sich auf seiner Basis die einzelnen Positionen berechnen, nicht aber, dass und weshalb der Maßstab berechtigt ist.

Zu Unrecht wenden sich die Beklagten weiterhin gegen die Berechnung der Indexerhöhung gemäß der Indexabrechnung vom 19.1.1998. Die abgerechneten Indexerhöhungen sind von der Genehmigung der Landeszentralbank vom 9. Dezember 1988 erfasst. Die Genehmigung bezieht sich auf die Verwendung der Wertsicherungsklausel in Mietverträgen, d.h. vorliegend die Vereinbarung der Wertsicherungsklausel in dem Mietvertrag vom 28.1.1994. Darüber hinaus führt die verwendete Wertsicherungsklausel dazu, dass sich der Mietzins automatisch an die Änderung des Lebenshaltungskostenindexes anpasst (vgl. BGH in WuM 1981, 66) und über diese lediglich nachträglich abgerechnet wird. Der Mietzins hatte sich aufgrund der Wertsicherungsklausel noch in dem Zeitraum geändert, in dem die Genehmigung noch galt.

Zusammen mit der inhaltlich nicht angegriffenen Heizkostenabrechnung haben die Beklagten somit folgende Beträge nachzuzahlen:

Betriebskosten 1995: 3.424,91 DM Betriebskosten 1996: 3.161,44 DM Heizkosten 1995/96: 2.493,70 DM Indexerhöhung 1996: 880,82 DM Gesamt 9.960,87 DM.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 708 Nr. 10, § 713, § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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