Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 10.09.2001
Aktenzeichen: 8 U 2489/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 542
BGB § 537
BGB § 535 Satz 2
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 2489/00

Verkündet am: 10. September 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Januar 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich der Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 1.211,64 DM in der Hauptsache erledigt hat.

Auf die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 5.817,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 2000 zu zahlen.

In Höhe eines Teilbetrages von 580,00 DM nebst anteiliger Zinsen hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,-- DM nicht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 535 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Mietzinses in Höhe von 1.450,00 DM für die Monate Dezember 1998 bis Juni 1999 und in Höhe von 935,39 DM für die Zeit vom 1. bis zum 20. Juli, sowie in Höhe von 1.028,94 DM für die Zeit vom 21. Juli bis Ende Juli 1999.

Weder hat die Beklagte wirksam gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten, noch hat sie den Vertrag mit der Klägerin wirksam gemäß § 542 BGB fristlos gekündigt.

Der Wirksamkeit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung steht in jedem Fall entgegen, dass zum Zeitpunkt der Anfechtung, nämlich am 3. August 1999 eine Interessensbeeinträchtigung gar nicht mehr vorlag. In einem solchen Fall ist die Anfechtung nämlich ausgeschlossen (Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Auflage, § 123, Rdnr. 25). Spätestens am 21. Juli war die Schallschutzdecke nach DIN 4109, die das Bezirksamt Kreuzberg für die Erteilung der Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte, zur Voraussetzung gemacht hat, vorhanden. Das Bezirksamt Kreuzberg hat der Beklagten mit Schreiben vom 8. Juni 1999 mitgeteilt, dass der Erteilung der Erlaubnis nichts mehr im Wege stünde, sobald der Mindestschallschutz gemäß DIN 4109 nachgewiesen werden würde.

Ob tatsächlich, wie von der Beklagten behauptet, die Klägerin bei Abschluss des Untermietvertrages arglistig verschwiegen habe, dass die Erlaubnis des vorherigen Gaststättenbetreibers bereits mit Bescheid vom 7. Oktober 1997 widerrufen worden ist, kann daher dahin gestellt bleiben.

Der Vertrag ist auch nicht wirksam aufgrund der von der Beklagten mit Schreiben vom 3. August 1999 erklärten fristlosen Kündigung beendet worden, denn eine solche Kündigung ist nur zulässig, wenn der Vermieter eine ihm von dem Mieter bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu schaffen. Die Beklagte hat der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Frist zur Herstellung des für die Erteilung der Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte erforderlichen Schallschutzes gestellt. Darüber hinaus lagen zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung auch nicht mehr vor, weil mittlerweile der für die Erteilung der Genehmigung erforderliche Schallschutz eingebaut worden war.

Das Landgericht hat die Minderung des Mietzinses für die Zeit von Dezember 1998 bis 20. Juli 1999 zutreffend mit 50 % bemessen. Der Senat schließt sich den insoweit überzeugenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung an. Die Beklagte vermochte auch in der Berufungsinstanz nicht darzulegen, dass der Umstand dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zum Betreiben der Gaststätte auch nach 22 Uhr vor dem 21. Juli 1999 nicht vorlagen eine Gebrauchbeeinträchtigung darstellt, die mit einer Minderung um mehr als 50 % zu berücksichtigen ist. Das Bezirksamt Kreuzberg hat der Beklagten stets unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass dem Betrieb der Gaststätte ohne Schallschutz bis 22 Uhr nichts entgegenstünde. Bereits mit Schreiben vom 11. Januar 1999 hat das Bezirksamt Kreuzberg erklärt, dass für den Betrieb nach 22 Uhr die Mindestanforderungen des Schallschutzes gemäß DIN 4109 einzuhalten seien. In allen weiteren Schreiben hat es ausdrücklich das Angebot der Erteilung einer Erlaubnis ohne Schallschutz bei Einhaltung einer Sperrzeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr aufrechterhalten. Auf dieses Angebot ist die Beklagte nicht eingegangen, obgleich sei mit Schreiben vom 10. Februar 1999 -- angeblich aus taktischen Gründen -- selbst noch vorgegeben hat, keinen Nachtbetrieb durchführen zu wollen. Später hat sie, wie dem Schreiben des Bezirksamtes Kreuzberg vom 17. Juli 1999 zu entnehmen ist, erklärt, dass sie die Gaststätte bis 2.00 Uhr betreiben wolle.

Dies bedeutet, dass die Beklagte in der Zeit bis zum 20. Juli lediglich in der Zeit von 22 Uhr bis 2.00 Uhr, also 4 Stunden täglich, gehindert war, die angemietete Gaststätte zu betreiben. Soweit die Beklagte glauben machen will, in Kreuzberg würden Schankwirtschaften, Cafes und Bistros überwiegend nachts und zwar erst ab 21 Uhr frequentiert, vermag sie den Senat nicht zu überzeugen. Es ist gerichtsbekannt, dass mindestens 50 % des Umsatzes von Cafes und Bistros in der Zeit vor 22.00 Uhr gemacht wird, und zwar auch in Kreuzberg. Überhaupt nicht nachvollziehbar ist, weshalb ein Cafe und Bistro, das um 22 Uhr schließt, gar nicht erst aufgesucht werden soll. Die Gäste die in der Zeit von 6 Uhr bis 21 Uhr den Geschäftsbetrieb aufsuchen haben immerhin 15 Stunden Zeit zu konsumieren.

Der Rechtsstreit hat sich insoweit in der Hauptsache erledigt, als die Klägerin von der Beklagten Zahlung von Nebenkostenvorschüssen in Höhe von monatlich 145,00 DM in der Zeit von Dezember 1998 bis Juni 1999 und in Höhe von (93,64 DM + 103,00 DM) 196,64 DM für den Monat Juli 1999, also insgesamt 1.211,64 DM verlangt hat. (Für die Zeit vom 1. Juli bis zum 21. Juli 1999 ist ein Betrag in Höhe von 1.029,03 DM zugesprochen worden. Darin sind 9,1 % Nebenkosten = 93,64 DM enthalten. Für die Zeit vom 21. Juli bis Ende Juli ist ein Betrag in Höhe von 1.131,94 DM zugesprochen worden. Darin sind 9,1 % Nebenkosten = 103,00 DM enthalten.) Insoweit ist Abrechnungsreife eingetreten.

Die in der Berufungsinstanz geltend gemachte Klageerweiterung ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 535 Satz 2 BGB Anspruch auf Zahlung von 17,20 DM Restmietzins für den Monat Oktober 1999 und in Höhe von jeweils 2.900,00 DM für die Monate November und Dezember 1999. Eine Minderung des Mietzinses gemäß § 537 BGB liegt insoweit nicht vor. Insbesondere ist nicht zu erkennen, weshalb der Umstand, dass die Beklagte, die das Geschäft vom 21. Juli 1999 bis Ende Dezember 1999 nicht nur bis 22 Uhr sondern bis 2 Uhr betreiben konnte, eine Minderung der Gebrauchstauglichkeit darstellen soll.

Soweit die Klägerin von der Beklagten zunächst Zahlung von Nebenkostenvorschüssen in Höhe von insgesamt 580,00 DM verlangt hat, hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, denn insoweit ist Abrechnungsreife eingetreten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284 Abs. 2 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1, § 91 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Absatz 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück