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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 23.01.2003
Aktenzeichen: 8 U 282/01
Rechtsgebiete: WpHG, DÜG, BGB, BörsG


Vorschriften:

WpHG § 31 Abs. 2
WpHG § 35 Abs. 2
DÜG § 1
BGB § 284
BGB § 288 a.F.
BGB § 823 Abs. 2
BörsG § 52
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 282/01

Verkündet am: 23. Januar 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber und die Richter am Kammergericht Markgraf und Dr. Müther

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 19. Juni 2001 verkündete Versäumnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtsfehlerhaft und ist weiterhin der Auffassung, dass ihm ein Schaden in Höhe von 117.406,04 DM entstanden sei. Er wendet sich auch weiterhin gegen seine auf die Widerklage hin erfolgte Verurteilung zur Zahlung von 62.330,42 DM nebst Zinsen.

Die Beklagte zu 1) (im Folgenden Beklagte) habe durch den von ihr vorgelegten Fragebogen nach § 31 Absatz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes (im Folgenden WpHG) vom 18. August 1999 Kenntnis davon gehabt, dass er keine Erfahrung mit Wertpapiergeschäften habe, zwar eine risikobewusste Anlagementalität besitze, aber unter anderem kein marginpflichtigen Börsentermingeschäfte ausführen wolle. Zudem ergab sich aus dem Fragebogen, dass er Schüler sei und ein Jahreseinkommen von 8.000 DM habe.

Aus der ebenfalls am 18. August 1999 erteilten Verwaltungsvollmacht für die Beklagte zu 2) (im Folgenden P) habe sich zwar ergeben, dass auch Börsentermingeschäfte abgeschlossen werden durften. Aus dem Gesamtzusammenhang ergab sich aber, dass diese nur zur Absicherung (H) erteilt werden durften. Dem entsprach auch der Stand des Depots zum Zeitpunkt des Übergangs am 18. August 1999. Dort seien 1.081,674 Spezialanteile D-D B Geldmarktfonds-Spezialanteile sowie 10 Stück VO (EBB) Dax Call 5.750 Okt. 1999 und 15 Stück VO (EBB ) Dax Put 5.350 Sept. 1999 bei einem Stand des Kontokorrentkontos von 7.121,34 DM vorhanden gewesen.

Die Beklagte habe dabei ebenso wie die P gewusst, dass er keine Sicherheiten zu bieten gehabt habe, um marginpflichtige Börsentermingeschäfte zu begleiten. Ein entsprechender Auftrag zur Durchführung derartiger Geschäfte sei von ihm auch nicht erteilt worden.

In der Folge seien dennoch die Geldmarktfondsanteile veräußert worden und an der EBB Dax-Optionen erworben worden. Dabei habe es sich ausschließlich um Produkte der Beklagten gehandelt, die im Übrigen dafür auch eine Rückvergütung von 1.300 DM gezahlt habe. Trotz steigender Aktienkurse habe dieses Verhalten zu einer Vermögensverringerung zum 1. Januar 2000 auf 44.060,43 DM geführt. Am 11. Februar 2000 habe ein Minus von 55.595,89 DM bestanden. Der Kläger habe aber nie einen Kreditvertrag mit der Beklagten geschlossen.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2000 habe die P die Beklagte dann darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Kläger ihren Marginanforderungen nicht nachkommen wolle. Dennoch habe die PBBB am 14. Januar 2000 weitere Geldmarkfondsanteile, also Sicherheiten veräußert und Optionen im Wert von 68.000 DM erworben. Diese Transaktionen habe die Beklagte in Kenntnis der "Margin-Unwilligkeit" des Klägers abgewickelt und diesen dann mit Schreiben vom 14. Januar 2000 wegen eines Schuldsaldos ohne Kreditvereinbarung von 42.484,33 DM gemahnt. Am 9. Februar 2000 verwertete die Beklagte dann die restlichen Geldmarktfondsanteile, so dass sich dann ein Schuldsaldo von 55.595,89 DM ergab.

Diese Verhalten der Beklagten verstoße schon gegen die Richtlinie zu § 35 Absatz 2 WpHG, nach der ein Auftrag für einen Kunden, der nicht der mitgeteilten Risikokategorie entspricht, nur ausgeführt werden kann, wenn sichergestellt ist, dass der Kunde die erforderliche Aufklärung vor der Ausführung des Auftrags erhalten hat. Daraus ergebe sich, dass die Beklagte sich regelmäßig mit der Art der Transaktionen ihrer Kunden beschäftigen müsse. Dies gelte dann aber auch, wenn dieser Verwaltungsfirmen eingeschaltet habe, weil sich hieraus ein offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch ergebe. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles müsse es der Beklagten daher zum Vorwurf gemacht werden, dass sie trotz des Schreibens vom 13. Januar 2000 weiter die Aufträge der PBBB ausgeführt habe, ohne den Kläger zu informieren.

Er beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. Juni 2001, Az.: 21 O 559/00, in den Punkten 3. bis 5 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 117.406,04 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 1. Februar 2001 zu zahlen,

3. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die landgerichtliche Entscheidung für richtig. Es treffe schon nicht zu, dass der Kläger das eingesetzte Vermögen zur Finanzierung seines Studiums verwenden wollte. Bereits erstinstanzlich sei vorgetragen und von der P auch unter Beweis gestellt worden, dass der Kläger lediglich eine Strohmannfunktion für seinen Vater ausüben sollte, wofür nicht nur dessen späteres Verhalten, sondern auch die Erteilung einer umfassenden Kontovollmacht für ihn durch den Kläger spreche.

Die Einholung eines Fragebogens nach § 31 Absatz 2 WpHG sei nur vorsorglich erfolgt und zwar für den Fall, dass der Kläger die Verwaltung des Vermögens selbst übernehmen wollte. Die dortigen Angaben widersprachen im Übrigen auch den weiter erteilten Vollmachten, die gerade hochspekulative Geschäfte betrafen. Dass die P nur zur Durchführung von Termingeschäften zum H befugt war, ergab sich aus der Vollmacht gerade nicht. Zum Zeitpunkt der Übertragung der Konten bestand für die E-Positionen überdies bereits eine Marginanforderung in Höhe von 49.736,46 DM. Die Position hätte zum Zeitpunkt der Übertragung aber mit einem geringen Verlust von 4.126,80 DM aufgelöst werden können.

Es sei auch falsch, dass die P weisungswidrig weitere Geldmarktfondsanteile veräußert habe. Dazu sei diese aufgrund der Optionsverbindlichkeiten gezwungen gewesen. Die P habe auch keine Rückvergütung erhalten. Diese habe dem Kläger direkt zugestanden und gutgeschrieben worden.

Sie habe auch von einer Unwilligkeit des Klägers zum Einstehen für die durch die Optionen entstandenen Beträge nichts gewußt. Das Schreiben vom 13. Januar 2000 sei ihr unbekannt. Das Schreiben sei auch nicht an sie gerichtet. Entgegen der dortigen Ankündigung habe die P sie auch nicht informiert. Die P habe sie vielmehr am 24. Januar 2000 darüber informiert, dass der Vater des Klägers zugesagt habe, dass Sollsaldo kurzfristig auszugleichen. Nachdem dies nicht geschehen sei, habe man auf das Schreiben des Vaters vom 2. Februar 2000 mit diesem Kontakt aufgenommen. Nachdem die Sachlage nicht geklärt werden konnte, habe man am 9. Februar 2000 eine Liquidierung aller offenen Terminpositionen vorgenommen. Daraus resultierte das Saldo von 55.595,89 DM.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 117.406,04 DM gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Informationspflichten gegen die Beklagte zu.

a) Entsprechende vertragliche Ansprüche sind nicht gegeben.

aa) Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger lediglich Strohmann seines Vaters war und das Konto entgegen seinen Angaben auf dem Konto- und Depoteröffnungsantrag vom 18. August 1999 nicht für eigene Rechnung, sondern für die Rechnung seines Vaters geführt hat. Etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten aus der Vertragsbeziehung bestanden gleichwohl gegenüber dem Kläger, weil die Übertragung des Vermögens und die Kontoeröffnung auch nach dem Vortrag der Beklagten steuerliche Gründe hatte. Für die steuerliche Wirksamkeit der Geschäfte war aber deren zivilrechtliche Wirksamkeit Voraussetzung, so dass kein Scheingeschäft vorlag, weil die Wirksamkeit gewollt war (vgl. dazu BGHZ 67, 334; NJW-RR 1993, 367). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte möglicherweise Kenntnis von den entsprechenden Absichten des Klägers und seines Vaters hatte (vgl. dazu OLG Hamm WM 1985, 346; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 117 Rn. 6).

bb) Es fehlt aber an entsprechenden vertraglichen Pflichten; ein Beratungsvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Beratungsvertrag mit der Pflicht zur anlegergerechten Information und Aufklärung zwar auch stillschweigend zustande kommen. Dies setzt aber voraus, dass sich der Kunde mit der Bitte um Beratung an die Bank wendet oder diese dem Kunden Anlageobjekte anbietet. An einer solchen Fallgestaltung fehlt es hier. Allein daraus, dass sich die Beklagte durch den Fragebogen nach § 31 Absatz 2 WpHG Informationen über den Kläger, seine Vermögensverhältnisse, seine Anlageerfahrungen und -ziele verschafft hat, kommt kein Beratungsvertrag zustande. Die Einholung der Informationen entsprach vielmehr einer gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten. Allein aus den Kontoführungsverträgen bzw. den einzelnen Ausführungsaufträgen ergeben sich die von dem Kläger verlangten Informations- oder Warnpflichten nicht.

b) Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger auch nicht wegen einer unerlaubten Handlung zu. Allerdings wird § 31 Absatz 2 WpHG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Absatz 2 BGB angesehen (vgl. Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 94; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 160; Koller in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 2. Aufl., vor § 31 Rn. 17; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rn. 151), so dass eine Verletzung der sich aus § 31 Absatz 2 WpHG ergebenden Pflichten einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen könnte. Die Voraussetzungen für eine Verletzung der hier allein in Betracht kommenden Informationspflicht liegen hier aber nicht vor.

Insoweit fehlt schon genauer Vortrag des Klägers dazu, wann die Beklagte welche Informationen oder Warnungen hätte erteilen sollen. Insoweit kann zwar unterstellt werden, dass der Kläger sich bei Erteilung etwaiger Hinweise entsprechend verhalten hätte. Ein solcher Vortrag wäre aber erforderlich, weil andernfalls nicht festgestellt werden könnte, welcher Schaden aus diesem Unterlassen entstanden ist.

Ein Anspruch wegen der Verletzung einer Informationspflicht scheitert aber auch daran, dass die Beklagte im vorliegenden Fall nicht zur Erteilung einer Information verpflichtet war. Denn die Pflicht zur Information besteht nur insoweit, wie diese erforderlich war. Der Kläger aber wurde durch ein Unternehmen vertreten, das selbst den Verpflichtungen nach § 31 Absatz 2 WpHG unterlag. Dies war der Beklagten aus der Erteilung der verschiedenen Vollmachten bekannt. Die Beklagte durfte insoweit mangels anderer Anhaltspunkte demnach davon ausgehen, dass die P ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kläger erfüllt. Dass insoweit wegen des Umfangs der Informationspflicht auf den Vertreter abzustellen ist, entspricht nicht nur der Auffassung in der Literatur (vgl. Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, 1998, § 31 Rn. 36), sondern auch der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (vgl. Ziffer 3.3 der Richtlinie gemäß § 35 Absatz 2 des Gesetzes über den Wertpapierhandel vom 28. Mai 1997, BAnz Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586). Davon geht letztlich auch der Bundesgerichtshof aus (vgl. NJW 1995, 1554, 1555 a.E. = WM 1995, 658). Soweit in der Richtlinie in der Regelung Ziffer 3.6. für den Fall, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen lediglich die Ausführung der Aufträge zu besorgen, dem Anleger aber Kredit einräumt oder von ihm Sicherheiten verlangt, eine Pflicht zur Aufklärung der Verhältnisse des Anlegers hat, bedeutet dies nicht, dass auch die Beklagte im vorliegenden Fall gegenüber dem Kläger persönlich wieder in die Pflichten nach § 31 Absatz 2 WpHG eingetreten wäre (so aber wohl im Ergebnis Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, 1998, § 31 Rn. 37). Denn die Regelung geht erkennbar davon aus, dass kein weiteres Wertpapierdienstleistungsunternehmen beteiligt ist. Dieser Fall liegt hier nicht vor, weil die P dem Kläger gegenüber die Pflichten aus § 31 Absatz 2 WpHG wahrzunehmen hatte.

2. Die von der P im Namen des Klägers getätigten Geschäfte sind auch gegenüber den Parteien des Berufungsverfahrens bindend, so dass der Kläger nicht die vor der Aufnahme der Tätigkeit der P vorhandene Geldsumme von der Beklagten zurückverlangen kann.

a) Dass die getätigten Geschäfte wegen der fehlenden Termingeschäftsfähigkeit des Klägers nach § 52 BörsG nicht bindend waren, hat dieser schon nicht behauptet. Wegen der Termingeschäftsfähigkeit ist zwar auf den Kläger selbst und nicht auf die ihn vertretende P abzustellen. Der Kläger hat aber unstreitig die notwendige Belehrung erhalten und am 18. August 1999 entsprechende Schriftstücke unterzeichnet.

b) Der Kläger ist durch die Geschäfte der P wirksam verpflichtet worden. Die P hat nicht nur im Namen des Klägers gehandelt, sie war auch ausreichend bevollmächtigt. Die Erteilung einer Vollmacht für die P wird von dem Kläger nicht bestritten. Diese Vollmacht war auch wirksam, insbesondere liegt kein Fall des Vollmachtsmissbrauches vor.

Soweit der Kläger nunmehr behauptet, die Beklagte habe über ein Schreiben vom 13. Januar 2000 Kenntnis darüber erlangt, dass er zur Stellung der verlangten Sicherheiten nicht bereit gewesen wäre, ändert dies nichts. Die Beklagte hätte zwar bei entsprechender Kenntnis nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon ausgehen können, dass der Kläger auch mit weiteren Termingeschäften nicht einverstanden ist. Die Beklagte bestreitet aber den Zugang des Schreibens vom 13. Januar 2000. Dieses Schreiben ist auch nicht an die Beklagte, sondern an den Kläger gerichtet und lautet dahin, dass die Beklagte über die Unwilligkeit zur Sicherheitsstellung informiert würde, wenn diese nicht erfolgt. Der Kläger hat bisher keinen Beweis für eine Kenntnis der Beklagte zu diesem Zeitpunkt angeboten. Dies geht zu seinen Lasten, weil derjenige der das Erlöschen einer bestehenden Vollmacht behauptet, die dies rechtfertigenden Umstände darzulegen- und zu beweisen hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 164 Rn. 18).

Es liegt kein Vollmachtsmissbrauch vor, der zu einer Einschränkung der Vertretungsmacht der P geführt hätte. Ein zu berücksichtigender Missbrauch kann überhaupt nur dann vorliegen, wenn der Bevollmächtigte für die Gegenseite erkennbar in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht, so dass sich dem anderen Teil der begründete Verdacht eines Treueverstoßes aufdrängen musste (vgl. BGHZ 113, 315, 320; NJW 1995, 250; NJW 1990, 384). Es muss mit anderen Worten eine objektive Evidenz vorliegen (vgl. BGH, NJW 1994, 2082; 1995, 250; 1999, 2883). Dies folgt daraus, dass der Vertretene grundsätzlich selbst das Risiko dafür trägt, dass der von ihm mit einer bestimmten Vertretungsmacht Ausgestattete von den im Innenverhältnis getroffenen Abreden abweicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 164 Rn. 13).

Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Auch wenn der Kläger darauf hinweist, dass die P in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten stand, ausschließlich deren Produkte erworben hat und schließlich auch noch Gebühren vergütet hat, reicht diese für die Annahme eines kollusiven Verhaltens der Beklagten mit der P zum Nachteil des Klägers nicht aus. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die vergüteten 1.300 DM dem Kläger als Kunden originär zustanden, so dass kein Fall des sog. "kick back", vorlag, in dem eine Bank dem von ihr provisionierten Vermögensverwalter eine besondere Vergütung zukommen lässt. Im Übrigen liegen aber auch keine Anhaltspunkte für ein bewusstes Zusammenwirken vor.

Für die Beklagte war nicht objektiv offensichtlich erkennbar, dass die P über die Grenzen ihres Auftrags hinaus handelte. Insoweit weist der Kläger zwar darauf hin, dass er den Fragebogen der Beklagten dahin ausgefüllt habe, dass er keine Erfahrungen mit Wertpapiergeschäften habe, kein höheres laufendes Einkommen, die Anlage der Finanzierung seiner Ausbildung dienen sollte und er eine lediglich risikobewußte und nicht spekulative Anlagestrategie zu verfolgen beabsichtigte. Bereits im Rahmen des Umfangs der rechtsgeschäftlichen Aufklärungspflicht hat der Bundesgerichtshof aber darauf hingewiesen, dass insoweit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Es kann demnach nicht allein auf die Angaben des Klägers in dem Fragebogen nach § 31 Absatz 2 WpHG ankommen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass alle weiteren Umstände auf eine andere Strategie hindeuteten. So hat der Kläger nicht nur bereits ein Depot übernommen, das auch Terminoptionen enthielt. Er hat auch der P Vollmachten erteilt und der Bank Auskünfte gegeben, die Voraussetzung für die Fortsetzung derartiger Geschäfte waren. Dem steht auch nicht der der P erteilte Verwaltungsauftrag entgegen. Soweit der Beklagte meint, aus diesem Auftrag ergebe sich, dass Börsentermingeschäfte nur zur Absicherung des Vermögens zulässig gewesen seien, trifft dies nicht zu. Insbesondere § 3 des Auftrags enthält keine Einschränkungen in dieser Hinsicht. Demnach deuteten die Gesamtumstände für die Beklagte nicht darauf hin, dass die P die ihr erteilten Vollmachten in auffälliger Weise nutzte. Soweit der Kläger in dem Schriftsatz vom 6. Dezember 2002 meint, ein Fehlverhalten der P sei für die Beklagte klar ersichtlich gewesen, fehlt es an weiterem Tatsachenvortrag.

II. Das Landgericht hat den Kläger weiter zu Recht auf die Widerklage hin zur Zahlung von 62.330,42 DM verurteilt. Dieser Betrag steht der Beklagten aus dem Bankvertrag gegen den Kläger zu. Einwendungen gegen die Höhe des Saldos hat der Kläger nicht vorgebracht. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen den Parteien kein Kreditvertrag bestand. Denn die Beklagte hatte diese Beträge aufgrund der mit wirksamer Vollmacht des Klägers getätigten Geschäfte für diesen verauslagt.

Dieser Betrag ist nach §§ 284, 288 BGB a.F. zu verzinsen.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der von der Beklagten gestellte Antrag nach § 712 ZPO kann unberücksichtigt bleiben, weil die Beklagte nicht Vollstreckungsschuldner ist. Auch der Antrag auf die Zulassung der Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft ist durch die Regelung des § 108 Absatz 1 Satz 2 ZPO n.F. hinfällig.

C. Revisionszulassungsgründe werden von den Parteien nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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