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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 05.04.2004
Aktenzeichen: 8 U 324/03
Rechtsgebiete: GVG, ZPO


Vorschriften:

GVG § 17
ZPO § 513
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 324/03

verkündet am: 05.04.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2004 durch den Richter am Kammergericht Dr. Müther als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 9. Oktober 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 30 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Berufung ist zulässig, sie hat aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht als Gesamtschuldner zur Zahlung von 16.131,24 EUR nebst Zinsen verurteilt.

1) Die bereits in erster Instanz erhobene Rüge der Unzuständigkeit des Landgerichts und der Zuständigkeit des Amtsgerichts als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 43 Absatz 1 WEG führt nicht zu einem Erfolg der Berufung.

a) Allerdings sind die Beklagten mit ihrer Rüge nicht ausgeschlossen. § 513 ZPO findet insoweit keine Anwendung. Für das Verhältnis des für die Wohnungseigentumssachen zuständigen Gerichts zu den für die Zivilprozesssachen zuständigen Gerichten gelten zwar die Regelungen über den Rechtsweg nach den §§ 17ff. GVG entsprechend (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1972, VII ZR 35/70, BGHZ 59, 58, 60 = NJW 1972, 1318; Urteil vom 30. Juni 1995, V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = NJW 1995, 2851). Die Frage der Rechtswegzuständigkeit wird von § 513 ZPO aber gerade nicht erfasst, weil § 17a AbJV Satz 5 GVG eine Sonderregelung zu dieser Vorschrift enthält (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, § 513 Rn. 12).

b) Die Zuständigkeitsrüge entfällt auch nicht nach § 17a Absatz 5 GVG. Denn dieser Ausschluss setzt voraus, dass das Vorabentscheidungsverfahren nach dieser Vorschrift eingehalten worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1993, III ZR 9/92, BGHZ 121, 367 = NJW 1993, 1799; Urteil vom 30. Juni 1995, V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 163 = NJW 1995, 2851). Die Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts folgt nämlich allein daraus, dass diese Frage vorab durch eine Entscheidung mit einem entsprechenden Rechtsmittelzug überprüfbar gemacht worden ist. Dies ist hier aber gerade nicht geschehen. Das Landgericht hat ohne Vorabentscheidung seine Zuständigkeit im Wesentlichen bejaht und die Klage im Übrigen als unzulässig abgewiesen. Der darin liegende Verstoß gegen § 46 WEG hat dabei im vorliegenden Verfahren unbeachtet zu bleiben, weil nur die Beklagten Berufung eingelegt haben.

c) Die Berufung hat gleichwohl trotz der erhobenen Rüge keinen Erfolg. Die Voraussetzungen des § 43 Absatz 1 Nr. 2 WEG liegen nicht vor.

Der Hinweis der Beklagten auf eine faktische Verwalterstellung reicht nicht aus. Die Beklagten beziehen sich zwar zu Recht darauf, dass der 1. Zivilsenat des Kammergericht entschieden hat, dass das WEG-Gericht auch dann Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter zu entscheiden habe, wenn dieser mit deren Billigung tätig geworden ist und das Vorliegen für eine wirksame Bestellung nach § 26 Absatz 1 WEG nicht erkennbar ist (vgl. Beschluss vom 4. November 1980, 1 W 1559/80, MDR 1981, 407; ähnlich OLG Hamm, Beschluss vom 25. Juli 1996, 15 W 81/95, FGPrax 1996, 218, 219). So liegt der Fall hier aber nicht. Denn die Beklagten tragen bezüglich der B__________ insoweit allein vor, dass die Klägerin im Einverständnis mit den Gesellschaftern der GbR tätig geworden ist. Diese besitzt aber nicht alle Wohnungen, sondern nur einen Großteil. Dann aber liegt eine einer Beschlussfassung nach § 26 Absatz 1 WEG gleichstehende Billigung nicht vor. Denn hierfür wäre eine Billigung aller Eigentümer notwendig gewesen.

Aber auch bezüglich der WEG B________ kann von einer Verwaltung in Kenntnis und mit Billigung der Wohnungeigentümer nicht ausgegangen werden. Die Klägerin mag zwar zunächst zur Verwalterin bestellt worden sein. Diese Bestellung war aber ausdrücklich befristet, so dass von einem Tätigwerden mit Billigung der WEG-Mitglieder allein aufgrund der befristeten Bestellung nach dem Ablauf der Bestellung nicht ausgegangen werden kann. Dass die WEG-Mitglieder eine frühere Weiterbestellung planten, diese dann aber nicht erfolgen konnte, etwa weil keine Möglichkeit zur Durchführung einer WEG-Versammlung bestand, haben die Beklagten nicht dargetan und ist - ebensowenig wie andere Gesichtspunkte, die bei der Prüfung von Amts wegen zu berücksichtigen wären - nicht ersichtlich. Allein die Tatsache der Weiterführung der Verwaltergeschäfte reicht für eine Anwendung des § 43 Absatz 1 Nr. 2 WEG nicht aus, weil die Vorschrift voraussetzt, dass es um die Rechte und Pflichten eines Verwalters geht. Allein die faktische Führung der Verwaltergeschäfte macht den Handelnden aber nicht zum Verwalter (vgl. KG, Urteil vom 22. Oktober 1998, 22 U 4407/97, NZM 1999, 255, 256; BayObLG, Beschluss vom 6. Februar 1987, (2. ZS) BReg 2 Z 6/87, BayObLGZ 1987, 54, 59). Ein Streit über die Verwalterstellung liegt nicht vor.

d) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte musste nicht vorab durch Beschluss ausgesprochen werden. Dies ist zwar in § 17a Absatz 3 Satz 2 ZPO vorgesehen.

Hintergrund ist aber die Eröffnung eines Instanzenzuges zur Überprüfung der Auffassung des Gerichts (siehe unter I, 1, b). Im vorliegenden Fall käme als Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Senats aber nur die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof in Betracht. Dies setzt voraus, dass diese zugelassen wird, vgl. § 17a Absatz 4 Satz 4 GVG.

Eine Veranlassung zur Zulassung ist aber nicht gegeben, weil die aufgeworfene Rechtsfrage, ob die allein tatsächlich Vornahme von Verwaltertätigkeiten zur Anwendung des § 43 Absatz 1 Nr. 2 WEG führt, keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat und hier auch nicht von Entscheidungen eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abgewichen wird. Dann aber kann die Frage des Rechtsweges auch im Urteil geklärt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 1995, V ZB 27/94, BGHZ 131, 169 = NJW 1996, 591; Urteil vom 29. März 1996, V ZR 326/94, BGHZ 132, 245 = NJW 1996, 1890).

2) Die Klage ist in dem vom Landgericht ausgeurteilten Umfang begründet. Die Beklagten sind nach den §§ 683 Satz 1, 670 BGB zur Zahlung in Höhe von 16.131,24 EUR als Gesamtschuldner an die Klägerin verpflichtet.

a) Der Einwand der Beklagten, die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag seien nicht anwendbar, weil die Klägerin im Auftrag dritter Personen gehandelt habe, greift nicht durch. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag bei einem objektiv fremden Geschäft nicht schon dann ausscheidet, wenn der Geschäftsführer zur Vornahme der Handlung aus anderen Gründen rechtlich verpflichtet ist. Vorausgesetzt wird allein, dass der Geschäftsherr zumindest auch im Hinblick auf den Geschäftsherrn gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1954, II ZR 277/53, BGHZ 16, 12, 15 = NJW 1955, 257; Urteil vom 20. Juni 1963, VII ZR 263/61, BGHZ 40, 28 = NJW 1963, 1825; Urteil vom 22. Mai 1970, IV ZR 1008/68, BGHZ 54, 157, 160 = NJW 1970, 1841; Urteil vom 8. November 1973, VII ZR 246/72, BGHZ 61, 359, 363 = NJW 1974, 96; Urteil vom 15. Dezember 1975, II ZR 54/74, BGHZ 65, 384 = NJW 1976, 748; Urteil vom 18. Mai 1983, VIII ZR 86/82, BGHZ 87, 274, 278 = NJW 1983, 2140; Urteil vom 8. März 1990, III ZR 81/88, BGHZ 110, 313, 315 = NJW 1990, 2058). Dies ist hier der Fall. Alle von der Klägerin beglichenen Rechnungen richteten sich an den Beklagten zu 1) bzw. an die Wohnungseigentümergemeinschaften. Soweit die Zahlungen an die Familie B____ betroffen sind, ist unstreitig, dass eigentlich die aus den Beklagten und den Herren M___ und W____ bestehende BGB-Gesellschaft zur Zahlung verpflichtet war und nicht etwa nur die Herren M___ und W___ . Dann aber ist die Leistung in jedem Fall auch in Kenntnis dieses Umstands für die BGB-Gesellschaft erfolgt. Denn die Leistungen in Höhe von 4.000 DM mit Scheck vom 31. Oktober 2001, 3.000 DM vom 20. Dezember 2001 sind, wie von den Parteien im Termin bestätigt worden ist, von Herrn M___ und der Scheck vom 15. November 2001 von Herrn W____ ausgestellt worden, denen diese Umstände bekannt waren.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese Rechtsprechung nicht auf Fälle beschränkt, in denen ein Interesse der öffentlichen Hand auf Kostenabwälzung oder eine Notsituation besteht. Dies stünde schon mit dem Wortlaut der §§ 677, 678 BGB in Widerspruch, die die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag auch dann für anwendbar erklären, wenn die Geschäftsführung im wirklichen oder mutmaßlichen Interesse des Geschäftsherrn liegt. Gründe, die Anwendung der Vorschriften in den Fällen der sog. auch-fremden Geschäfte auf die Fälle des § 679 BGB zu beschränken, sind nicht ersichtlich, zumal hier das Vorliegen eines Fremdgeschäftsführungswillens gerade auch nach dem Vortrag der Beklagten, die in dem Vorgehen der Mitgesellschafter ein taktisches Verhalten sehen, ohne Einschränkung zu bejahen ist. Ein Grund zur Beschränkung des Anwendungsbereichs der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Beklagten zu 1) bei einer Leistung und Inanspruchnahme durch die beiden weiteren Gesellschafter der aus ihnen bestehenden BGB-Gesellschaft Aufrechnungsmöglichkeiten zugestanden hätten. Denn der Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit ist kein gravierender Nachteil. Dass nämlich die weiteren Gesellschafter nicht in der Lage wären, die angeblichen Forderungen des Beklagten zu 1) zu begleichen, haben diese nicht vorgetragen. Dann aber kann der Beklagte seine Forderungen ohne weiteres im Wege der Klage durchsetzen. Soweit der Beklagte zu 1) in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, ein Teil der Forderungen sei verjährt, so dass ihm allein die Aufrechnung verbleibt, ergibt sich nichts anderes. Dies wird nicht nur erstmals in der Berufung vorgetragen. Die Verjährung beruht auch allein darauf, dass der Beklagte zu 1) seine vermeintlichen Forderungen bisher nicht geltend gemacht hat.

Darüber hinaus treffen diese Erwägungen auf den Beklagten zu 2), jedenfalls soweit seine eigene Leistungspflicht gegenüber der BGB-Gesellschaft betroffen ist, nicht zu, weil diesem nach dem Vortrag der Beklagten überhaupt keine Ansprüche zustehen. Aus den genannten Gründen kommt auch keine Einschränkung des Anspruchs der Klägerin aus Treu und Glauben in Betracht.

Nach alldem kann offen bleiben, ob der von den Beklagten angenommene Auftrag durch die Herren M___ und W___ tatsächlich bestand oder ob die Klägerin allein aufgrund der tatsächlichen Weisung durch ihren Geschäftsführer gehandelt hat.

b) Im Ergebnis kommt es auch nicht darauf an, wenn die Klägerin für den Geschäftsherrn hielt. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 686 BGB.

c) Schließlich lagen die Zahlungen auch im tatsächlichen Interesse des Geschäftsherrn. Auf einen entgegen stehenden Willen der Beklagten kam es insoweit nicht an. Denn Geschäftsherr für die Zahlungen an die Familie B____ war die BGB-Gesellschaft. Dass diese zur Zahlung der Beträge verpflichtet war, wird von den Beklagten nicht bestritten.

Dann aber lag die Zahlung auch im Interesse der Gesellschaft. Geschäftsherr der übrigen Zahlungen waren die WEG-Gemeinschaften. Dass die Begleichung der Heizöl-, Reparatur- und Wasserrechnungen nicht in deren Interesse lag, wird von den Beklagten nicht geltend gemacht und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.

3) Der Anspruch auf Zinszahlung ergibt sich aus Verzug nach den §§ 286, 288 BGB.

II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Revisionzulassungsgründe sind nicht ersichtlich und werden von den Parteien auch nicht geltend gemacht.



Ende der Entscheidung

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