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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 8 U 34/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 540 Abs. 1 Satz 2
Zu den Voraussetzungen, unter denen das Schweigen des Vermieters auf die Bitte um Untervermietungserlaubnis als Verweigerung angesehen werden kann.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 34/07

verkündet am : 11. Oktober 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 30.08.2007 durch die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.Juni 2006 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 19. Juni 2006 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass das Schweigen des Klägers auf die Anfrage der Beklagten auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung nicht als Verweigerung der Erlaubniserteilung zu werten sei. Die Rechtsansicht des Landgerichts, dass der Kündigung eine Androhung hätte vorausgehen und erklärt werden müssen, dass die Untätigkeit als Schweigen gewertet werde, sei rechtsfehlerhaft und stehe nicht in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung. Soweit das Landgericht sich auf die Entscheidung des OLG Koblenz (WuM 2001, 272) berufe, habe in diesem Falle der Mieter ohne Benennung eines Untermieters um die Erlaubniserteilung gebeten und das Schweigen des Vermieters sei dann nicht als Verweigerung der Erlaubnis gewertet worden. Vorliegend sei aber der Untermieter namentlich sowie unter Nennung seiner Anschrift und seines Berufes benannt worden. Damit seien dem Kläger sämtliche relevanten Personendaten bekannt gewesen, die erforderlich gewesen seien, um festzustellen, ob ein wichtiger Grund zur Ablehnung vorliege. Eine unterlassene Beantwortung einer konkreten Frage mit Benennung des Dritten stelle eine generelle Erlaubnisverweigerung dar, wenn zur Beantwortung eine angemessene Frist gesetzt werde.

Soweit das Landgericht aus der zuvor an den Untermieter Fnn für einen anderen Nutzungszweck erteilten Untermietserlaubnis geschlussfolgert habe, dass die Beklagte das Schweigen nicht als Verweigerung hätte auffassen können, sei dem nicht zu folgen. Die Zusatzvereinbarung der Parteien vom 08. Januar 2006 im Zusammenhang mit der Untervermietung an Fnn sei aufgehoben worden, so dass nur noch die nach dem Mietvertrag vereinbarte Nutzungsart in Betracht gekommen wäre. Bereits aus der Angabe des Berufungsbildes des potentiellen Untermieters (Fliesenlegemeister) habe der Kläger die beabsichtigte Nutzung entnehmen können.

Der Entscheidung des OLG Köln (WuM 2000, 597) lasse sich nicht entnehmen, dass in jedem Falle vor Ausspruch der Kündigung eine Ankündigung des Mieters, das Schweigen des Vermieters werde als Verweigerung gewertet, zu verlangen sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2007 - 12 O 65/06 - festzustellen, dass das Gewerbemietverhältnis vom 18.12.1997 durch die Kündigung vom 19.06.2006, zugegangen am 21.06.2006, zum 31.12.2006 beendet wurde und über den 31.12.2006 hinaus nicht fortbesteht.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Das bloße Schweigen des Klägers auf die Anfrage zur Untervermietung könne nicht als Verweigerung gewertet werden. Der Kläger habe bereits kurz nach der Anfrage der Beklagten vom 02. Mai 2006 gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten erklärt, dass eine generelle Untermietserlaubnis erteilt werde. Er, der Kläger, habe noch Auskunft über die vom vorgeschlagenen Untermieter Gnnn beabsichtigte Art und Weise der Nutzung der Scheune verlangt. Dem sei die Beklagte aber nicht nachgekommen. Das Schreiben des Klägers vom 17. Juni 2006 sei eine Reaktion auf die Untätigkeit der Beklagten gewesen. Der Kläger habe Anspruch auf die verlangte Information gehabt. Denn die gewerbliche Nutzung des Objekts durch einen Dritten sei für den Vermieter von Wichtigkeit. Dies treffe vorliegend besonders zu, weil bereits zuvor das Objekt zu gänzlich anderen Nutzungszwecken als im Hauptmietverhältnis hätte untervermietet werden sollen. Der Untermieter Fnn habe die Scheune als Getränkeverkaufsraum und das Quergebäude als Frisierraum und zum Betrieb eines Pizza-Lieferservices genutzt bzw. nutzen wollen. Durch den Untermieter Fnn seien umfangreiche Umbauarbeiten begonnen, aber nicht vollendet worden. Auch die weitere Anfrage zur Untervermietung an einen Herrn Bnnnnn vom 27. März 2006 habe keine Angaben zur Nutzungsart enthalten. Die vom Kläger seinerzeit gestellte Frage nach der Art und Weise der Nutzung habe die Beklagte ebenfalls unbeantwortet gelassen. Auf die gleiche Weise sei auch vorliegend verfahren worden.

Die im Schreiben vom 19. Mai 2006 ausgesprochene Kündigung sei zudem treuwidrig. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte bereits das Schreiben des Klägers vom 17. Juni 2006 gekannt, das auch an diesem Tage zur Post gegeben worden sei. Im Übrigen sei das Recht zur Kündigung bereits verwirkt gewesen. Im Schreiben vom 02. Mai 2006 habe die Beklagte eine Frist von 10 Tagen gesetzt und die Kündigung erst nach 6 Wochen ausgesprochen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Das Mietverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 20. Juni 2006 nicht beendet worden. Der Beklagten stand ein Sonderkündigungsrecht aus § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Mieter das Mietverhältnis kündigen, wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verweigert, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Das Kündigungsrecht setzt zunächst voraus, dass der Mieter um die Erteilung der Erlaubnis nachsucht; hierbei muss die Person des Untermieters namentlich benannt werden. Auf Verlangen des Vermieters muss der Mieter auch diejenigen Daten mitteilen, die der Vermieter braucht um festzustellen, ob in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Im Allgemeinen müssen in Fällen der vorliegenden Art sowohl personenbezogene als auch vertragsbezogene Daten mitgeteilt werden. Hierzu gehören an personenbezogenen Daten der Name des Untermieters, dessen Anschrift und dessen Beruf und an vertragsbezogenen Daten sind die vom Untermieter beabsichtigte Nutzungsart der Räume, die Höhe des Untermietzinses und die Laufzeit des Untermietvertrages mitzuteilen. Je nach den Umständen des Einzelfalles können weitergehende oder geringere Anforderungen an die Informationspflicht gestellt werden (Schmidt/Futterer/Blank, Mietrecht. 9. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 67; vgl. BGH Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 92/04, GE 2007, 142 = ZMR 2007,184)

Weiter ist erforderlich, dass der Vermieter die Erlaubnis verweigert hat. Hiervon ist auszugehen, wenn sich der Vermieter entsprechend erklärt. Streitig ist, ob eine Verweigerung angenommen werden kann, wenn der Vermieter eine Anfrage des Mieters nicht innerhalb einer gesetzten Frist oder angemessenen Frist beantwortet (Schmidt/Futterer/Blank, a.a.O., § 540 BGB, Rdnr. 69 mit Rechtsprechungsnachweisen).

In der Rechtsprechung und Literatur wird die Ansicht vertreten, dass der Vermieter die Erlaubnis auch dann verweigert oder die Erlaubnis als verweigert gilt, wenn er sich nicht innerhalb einer vom Mieter gesetzten Frist äußert, obwohl der Mieter einen konkreten Untermietinteressenten benennt (LG Berlin GE 1998,1396; OLG Hamm OLGR 1992,275; LG Berlin GE 2006,1405; OLG Koblenz WuM 2001,272 = GE 2001,769; vgl. auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 11; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III. B, Rdnr. 1262; Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 11). Dieser Auffassung hat sich das OLG Köln jedenfalls für den Fall angeschlossen, in dem der Mieter den Zugang des Fristsetzungsschreibens mit Einschreiben/Rückschein sicher gestellt hat, in dem Schreiben einen konkreten Untermieter mit Namen und Anschrift benannt hat, und mit der - angemessenen - Fristsetzung die Ankündigung verbunden hat, dass er ein Schweigen des Vermieters innerhalb der gesetzten Frist als Verweigerung der Zustimmung werten werde. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen kommt dem Schweigen des Vermieters Erklärungswert zu (OLG Köln WuM 2000,597 = ZMR 2001,186).

Für den vorliegenden besonderen Einzelfall geht auch der Senat davon aus, dass das bloße Schweigen nicht als Verweigerung der Erlaubnis gewertet werden kann. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf Seite 5/6 des Urteils an. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Nach dem schriftlichen Mietvertrag vom 18. Dezember 1997 sind die Räume "zum Betrieb eines Fliesen- und Ofenbaugeschäftes" an die Beklagte vermietet worden. Damit ist der Vertragszweck genau umrissen. Der Kläger war daher zur Erteilung der Untermietserlaubnis nur verpflichtet, wenn mit der Absicht der Untervermietung eine nicht unwesentliche Änderung des Vertragszwecks, insbesondere eine einseitige Änderung der vertraglich vereinbarten Nutzungsart verbunden ist (vgl. OLG Köln OLGR 1997,18 = WuM 1997, 620). Vorliegend hatte der Kläger eine Erlaubnis zur Untervermietung für die Untervermietung an einen Herrn Wnn Fnn zur Nutzung der Scheune als Getränkeverkaufsraum und des Quergebäudes als Frisierraum und Pizza- Lieferservice gestattet. In diesem Zusammenhang schlossen die Parteien unter dem 08. Januar 2005 eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, die zugleich eine Vereinbarung zur Durchführung von Umbaumaßnahmen durch die Beklagte - für die Untervermietung - enthielt. Der Kläger wäre wegen der Änderung der Nutzungsart nicht verpflichtet gewesen, die Erlaubnis für die Untervermietung zu erteilen. Dennoch erteilte der Kläger diese und stimmte sogar dem Umbau des Mietobjektes für die vom Untermieter beabsichtigte andere Nutzungsart zu. Daraus war für die Beklagte ersichtlich, dass der Kläger einer Untervermietung grundsätzlich positiv gegenüber stand. Auch die weitere Anfrage zur Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung an einen Herrn Bnnnnn mit Schreiben vom 27. März 2006 lehnte der Kläger nicht ab, sondern suchte um Auskunft über die beabsichtigte Nutzungsart nach, wobei die Nachfrage von der Beklagten unbeantwortet blieb. Die Beklagte konnte aus dem vorangegangenen Verhalten des Klägers entnehmen, dass dieser die Erlaubnis zur Untervermietung grundsätzlich - nach Prüfung des in Aussicht genommenen Untervermieters und der beabsichtigten Nutzungsart - erteilen würde. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten und der Klägers seit 50 Jahren persönlich kennen und der Geschäftsführer der Beklagten das Mietobjekt seit 1987 nutzt - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen hat - und im Jahre 1997 der Mietvertrag mit der beklagten GmbH geschlossen worden ist. Gerade bei einem solchen langfristigen Dauerschuldverhältnis sind bei der Ausübung der Rechte einer Partei auch die Interessen und der erkennbare Wille der anderen Partei zu berücksichtigen. Daher kann aus dem bloßen Schweigen des Klägers auf das Schreiben vom 02. Mai 2006 der Beklagten nicht auf eine Verweigerung der Erlaubnis geschlossen werden. Jedenfalls hätte in diesem Schreiben mitgeteilt werden müssen, dass das Schweigen des Klägers innerhalb der gesetzten Frist als Verweigerung der Erlaubnis gewertet werde (vgl. so auch OLG Köln WuM 2000,597). Im Hinblick auf die vorangegangene Anfrage des Klägers zur beabsichtigten Nutzungsart für den in Aussicht genommenen Untermieter Bnnnnn war der Beklagten auch bekannt, dass der Kläger im Rahmen der Prüfung der Erlaubniserteilung neben den im Schreiben vom 02.Mai 2006 aufgeführten personenbezogenen Daten weitere Informationen über vertragsbezogene Daten - nämlich die beabsichtigte Nutzungsart - wünschte. Dies auch deswegen, weil bezüglich des Untermieters Fnn eine völlig andere als die im Mietvertrag vereinbarte Nutzungsart angedacht war. Daher hätte der Beklagte in diesem Schreiben die beabsichtigte Nutzungsart mitteilen müssen. Das beabsichtigte Gewerbe ist für den Vermieter oder auch andere Mieter von Wichtigkeit (Münchener Kommentar/Schilling, BGB, 4. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 22; vgl. BGH Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 92/04, a.a.O.). Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass der Kläger aus der Angabe des Berufes des beabsichtigten Untermieters, nämlich Fliesenlegemeister, die beabsichtigte Nutzungsart habe entnehmen können. Aus der Berufungsbezeichnung ergibt sich nicht, dass die Räume auch für die Ausübung dieses Gewerbes genutzt werden sollten. Für die Entscheidung kann daher dahin gestellt bleiben, ob der Kläger bereits kurze Zeit nach Erhalt des Schreibens vom 02.Mai 2006 bei der Beklagte bezüglich der Nutzungsart nachgefragt hat. Denn im Hinblick auf das vorangegangene Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit den bisherigen Untervermietungen war der Beklagten bekannt, dass der Kläger berechtigt eine solche Information für die Prüfung der Erlaubniserteilung verlangt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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