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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.01.2002
Aktenzeichen: 8 U 353/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 353/01

Verkündet am: 17. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Spiegel und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 9. August 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des Landgerichts Berlin - 29 O 408/01 - abgeändert:

Die Verfügungsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

1) in der Weise auf den Betreiber des H.-S. in den im Erdgeschoss des Gebäudes G.-M.-S. 2 in 10245 B. befindlichen Räumen einzuwirken, dass er den aufgenommenen Geschäftsbetrieb mit dem Angebot von Speisen, zubereitet nach indischer oder pakistanischer oder ähnlicher Art, einstellt.

2) Die Verfügungsbeklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3) Das Urteil ist rechtskräftig.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet, da der Verfügungskläger von den Verfügungsbeklagten die aus dem Tenor ersichtliche Einwirkung auf den Betreiber des "H.-S." verlangen kann. Der Senat vermag der Auffassung des Landgerichts, wonach der Verfügungskläger keinen Konkurrenzschutz genieße, nicht zu folgen.

Bei der Vermietung von Geschäftsräumen schuldet der Vermieter dem Mieter den sogenannten Vertragsimmanenten Konkurrenzschutz. Dieser ist gegenüber dem vertraglich zugesicherten Konkurrenzschutz insoweit eingegrenzt, als der Vermieter nicht gehalten ist, dem Mieter jeglichen fühlbaren Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien der Schutz vor der Konkurrenz geboten ist, um dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache auch weiterhin zu gewährleisten (Senat, KGR 2000, 223, 224). Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen und des Umstands, dass § 22 des Mietvertrages, in dem der Verfügungskläger eingetreten ist, eine dort vorgesehene "Vereinbarung über Konkurrenzausschluss" gerade nicht enthält, gilt (in der Reihenfolge des Vorbringens der Verfügungsbeklagten in ihrem Schriftsatz vom 29.11.2001) Folgendes:

1. Der Einräumung von Konkurrenzschutz in Bezug auf den Betrieb des Verfügungsklägers steht nicht entgegen, dass der Mietvertrag vom 28.11.1996 die "Nutzung als Bistro mit Sitzplätzen" vorsieht. Abgesehen davon, dass unter dem Begriff "Bistro" nicht mehr und nicht weniger als eine "kleine Gastwirtschaft" zu verstehen ist (Duden, Fremdwörterbuch 3. Auflage), zu der auch der vom Kläger betriebene Imbiss gehört, kommt es hierauf deshalb nicht an, weil mit dem Ausscheiden des Vormieters und dem Eintritt des Verfügungsklägers in den Mietvertrag am 15.7.1998 und mit der Eröffnung des P-I dessen Betrieb Nutzungsgegenstand geworden ist. Soweit die Verfügungsbeklagten behaupten, dass ihnen bei Abschluss des Vertrages mit dem Verfügungskläger nicht bekannt gewesen sei, dass dieser dort ein indisches Restaurant betreiben wolle, kommt es darauf nicht an: Die Verfügungsbeklagten haben dem (durch den Wortlaut des Mietvertrages gedeckten) tatsächlichen Gebrauch der Mieträume nicht widersprochen, so dass dieser "Konkurrenzschutz" genießt.

2. Der Antrag ist nicht deswegen zurückzuweisen, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet wäre. Zwar haben die Verfügungsbeklagten dem Mieter der weiteren Geschäftsräume diese gerade zum Betrieb des H.-S. vermietet, so dass die Verfügungsbeklagten gegenüber dem neuen Mieter gerade keinen Anspruch auf Einstellung dessen Betriebs haben. Dies steht jedoch der Geltendmachung eines Anspruchs ihnen gegenüber nicht entgegen: Eine Leistung ist nämlich nicht schon dann unmöglich, wenn der Schuldner (hier die Verfügungsbeklagten) auf den Leistungsgegenstand keinen rechtlichen Anspruch haben (vgl. BGH NJW 1974, 2317, 2318).

3.

a) Darauf, dass sich bei Anmietung der Räume durch den Verfügungskläger in einem gegenüber liegenden Gebäude bereits ein indisches Restaurant befunden hat, kommt es nicht an. Zwar mag dem Verfügungskläger bei Anmietung der Räume bewusst gewesen sein, dass es sich - wie die Verfügungsbeklagten es ausdrücken - "um einen im Bezirk F. beliebten "Kiez" handelt, der durch massive Ansiedlung von Gaststättenbetrieben zu einem beliebten Ausgehviertel geworden ist". Hierdurch entfällt jedoch nicht der Konkurrenzschutz in Bezug auf dasselbe Mietobjekt des Vermieters.

b) Darauf, dass bei Anmietung durch den Verfügungskläger im Haus ein Restaurant und eine Bar mit Frühstücks- und Snackangeboten vorhanden waren, kommt es ebenfalls nicht an. Deren gastronomisches Angebot betrifft nicht die vom Verfügungskläger zubereiteten und angebotenen Speisen.

c) Schließlich trifft es auch nicht zu, dass eine Konkurrenzsituation überhaupt nicht vorliegt. Den Speisekarten von H.-S. und P.-I. ist zu entnehmen, dass zahlreiche Speisen vom Wortlaut her identisch angeboten werden (vgl. nur die Nrn. 110, 111, 112 der Speisekarten dem H. -S. mit den angebotenen Basmati-Reisgerichten und die identischen Nrn. 59, 60 und 61 der Speisekarte des P.-I.) Soweit die Verfügungsbeklagten geltend machen, dass indische und pakistanische Speisen genauso wenig vergleichbar seien, wie "deutsche und schweizer Speisen" vermag der Senat hierfür jedenfalls auf der Grundlage der Speisekarten, die für potentielle "Kunden" maßgeblich sind, nichts zu erkennen. Im Übrigen dürfte die geschichtliche Entwicklung der Staaten Indien und Pakistan (unabhängig seit dem 15.8.1947 als Dominien im Rahmen des Commonwealth) eher gegen Unterschiede im kulinarischen Angebot beider Staaten sprechen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass pakistanische Speisen bei ihrer Zubereitung der Beschränkung des Koran unterliegen, lässt sich Gegenteiliges aus der Speisekarte des P-I nicht entnehmen: Auch dort wird kein Schweinefleisch angeboten.

d) Es bedarf ferner nach Auffassung des Senats auch keine weitere Erläuterung, dass das Speisenangebot der Restaurants bzw. Imbisse dieselbe Verbrauchergruppe anspricht und deshalb die Gefahr besteht, dass Gäste anstelle des vom Kläger betriebenen Imbisses den H.-S. aufsuchen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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