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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 14.07.2003
Aktenzeichen: 8 U 40/03
Rechtsgebiete: DÜG, BGB


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 535 II
BGB § 123 I
BGB § 142 I
BGB § 139
BGB § 389
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 40/03

Verkündet am: 14. Juli 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 14. 7. 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufungen des Klägers werden die am 4. September 2002 und 22. Januar 2003 verkündeten Urteile der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin - 32 O 547/01 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.112,92 EUR nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungsgesetz seit dem 6. 7. 2001 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Urteile des Landgerichts vom 4.9.2002 und 22.1.2003, durch die der von ihm geltend gemachte Mietzinsanspruch für die Monate April bis Juli 2001 in Höhe von 32.000,- DM abgewiesen und der Widerklage auf Auszahlung der Kaution in Höhe von 20.000,- DM stattgegeben worden ist.

Der Kläger hält die Beweiswürdigung des Landgerichts für unzutreffend und meint, dass eine Anfechtung des Mietvertrages vom 10. 4. 2001 wegen einer im Zusammenhang mit dem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 17. 4. 2001 begangenen arglistigen Täuschung durch Nichtaufklärung über die Steuerschulden der Gesellschaft nicht in Betracht komme. Da der Mietvertrag erst durch seine fristlose Kündigung vom 19. 7. 2001 beendet worden sei, schulde ihm die Beklagte bis zum Ablauf des Monats Juli 2001 Mietzins.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit wegen der im Mietzins enthaltenen Nebenkosten in Höhe von (4 x 500,- DM=) 2.000,- DM übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. 7. 2003 die Aufrechnung mit dem Mietzinsanspruch für die Monate April und Mai 2001 sowie anteilig Juni 2001 gegenüber dem mit der Widerklage geltend gemachten Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 20.000,- DM erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr, unter Abänderung der landgerichtlichen Urteile

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.112,92 EUR nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz seit dem 6. 7. 2001 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend und meint, dass die Kaution zu verzinsen und eine Aufrechnung durch den Kläger nicht zulässig sei, weil dieser schon längst über die Kaution hätte abrechnen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die zulässigen Berufungen des Klägers führen zur Abänderung der landgerichtlichen Urteile in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

1. Mietzins

Der Kläger konnte von der Beklagten nach § 535 II BGB i. V. m. § 3 des Mietvertrages vom 10. 4. 2001 für die Zeit von April bis Juli 2001 Mietzins in Höhe von 32.000,- DM verlangen. Der Mietvertrag ist durch die von der Beklagten im Schriftsatz vom 24. 12. 2001 erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht als von Anfang an nichtig anzusehen. Zwar ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Landgericht davon auszugehen, dass der Kläger der beklagten vor Abschluss des Geschäftsanteilsübertragungsvertrags vom 17. 4. 2001 das Vorhandensein von Steuerschulden verschwiegen hat, wobei es sich - je nachdem, ob man der Aussage des Zeugen oder der des Zeugen folgt - um rückständige Vergnügungssteuern in Höhe von rund 59.000,- DM oder um allgemeine Steuern der GmbH in Höhe von rund 33.000,- DM handelte.

Zur - unaufgeforderten - Aufklärung war der Kläger verpflichtet, da das Vorhandensein von Steuerschulden ein Anzeichen von Zahlungsunfähigkeit und für die Entscheidung über den Erwerb der Gesellschaft von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. BGH, NJW-RR 1406, 1407 I. Sp.). Insoweit wäre die Beklagte möglicherweise zur Anfechtung des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 17. 4. 2001 nach § 123 I BGB berechtigt gewesen. Dessen sodann aus § 142 I BGB folgende Nichtigkeit hätte nach § 139 BGB die Nichtigkeit auch des Mietvertrages zur Folge gehabt, wenn es sich bei den beiden Verträgen trotz unterschiedlicher Form und unterschiedlichen Abschlusszeitpunkten um ein einheitliches Rechtsgeschäft dergestalt gehandelt hätte, dass beide Verträge "miteinander stehen und fallen" sollten. So liegt der Fall aber hier gerade nicht: die Beklagte hat den Geschäftsanteilsübertragungsvertrag nicht angefochten, so dass gerade das "vernichtbare" Rechtsgeschäft fortbesteht. Die Anfechtung des Mietvertrages ging demgegenüber ins Leere, da insoweit schon keine Täuschungshandlung des Klägers über den Mietgegenstand vorliegt. Daher ist das Mietverhältnis erst durch die fristlose Kündigung des Klägers vom 19. 7. 2001 beendet worden mit der Folge, dass der Mietzinsanspruch für die Zeit von April bis Juli 2001 in Höhe von 32.000,-DM bestanden hat. Dieser beschränkt sich wegen der übereinstimmenden Hauptsachenerledigung auf 30.000,- DM nebst Zinsen.

Allerdings ist diese Mietzinsforderung durch die vom Kläger gegenüber dem von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Kaution in Höhe von 20.000,- DM nach § 389 BGB erloschen. Nachdem das Mietverhältnis durch die Kündigung des Klägers vom 19. 7. 2002 beendet worden war, hätte die Abrechnung der Kaution spätestens nach sechs Monaten erfolgen müssen. Da dies nicht erfolgte, war der Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten fällig geworden, so dass der Kläger zur Rückzahlung verpflichtet war. Gegenüber der Forderung auf Rückzahlung kann der Kläger aber mit den Mietzinsforderungen für April, Mai und - anteilig - Juli 2001 aufrechnen, so dass sich die Mietzinsforderung auf 10.000,- DM reduziert. Hierbei kann dahinstehen, ob die Kaution der Beklagten zu verzinsen war: ein entsprechender Zinsbetrag ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden.

2. Kaution

Die Widerklage ist unbegründet, da ein Kautionsrückzahlungsanspruch aus den unter Ziffer 1 aufgeführten Gründen nicht (mehr) besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I, 92 I ZPO. Da der Kläger den Zahlungsantrag nur in Höhe des ausgeurteilten Betrages gestellt hat, liegt eine Klagerücknahme vor, so dass insoweit § 269 III ZPO Anwendung findet. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Revisionszulassungsgründe nach § 543 II ZPO waren nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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