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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 27.06.2002
Aktenzeichen: 8 U 43/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BauNutzVO


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 343
ZPO § 344
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 530 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 284
BGB § 288
BGB § 362
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 535 Satz 2 a. F.
BauNutzVO § 3
BauNutzVO § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 43/01

Verkündet am: 27. Juni 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil vom 18. April 2002 bleibt aufrechterhalten.

Der Beklagte hat die weiteren Kosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11.300 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte zu 2) hat mit einem am 12. Februar 2002 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung gegen das am 21. Dezember 2000 verkündete und ihm am 12. Januar 2001 zugestellte Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Berlin - Az.: 12 O 397/00 - eingelegt. Wegen des Inhalts dieses Urteils wird auf dessen Tatbestand und dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Beklagte hat sich zunächst mit der Berufung gegen seine Verurteilung zur Räumung und zur Zahlung der Restmiete für März 2000 in Höhe von 1.143,32 DM und der vollen Mieten in Höhe von jeweils 3.313,49 DM für die Monate April bis Juni 2000 gewandt. Nachdem er die Berufung hinsichtlich der Räumungsverurteilung zurückgenommen hat, hat er angekündigt zu beantragen, unter Abänderung des am 21.12.00 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - Az.: 12 O 397/00 - die Klage abzuweisen. Weiter hat er Widerklage erhoben und angekündigt zu beantragen, den Kläger zu verurteilen, an ihn DM 32.785,45 nebst (Zinsen in Höhe von) 5% Prozentpunkte(n) über dem Basiszinssatz nach Rechtshängigkeit (4. Oktober 2001) zu zahlen. Im Termin vom 18. April 2002 haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache wegen der in den Mieten für April bis Juni 2000 enthaltenen Nebenkostenvorschussanteile in Höhe von insgesamt 166,07 EUR (= 324,80 DM) übereinstimmend für erledigt erklärt. Weiter hat der Beklagte zu 2) keinen Antrag gestellt, so dass die Berufung durch ein Versäumnisurteil zurückgewiesen worden ist. Dieses ist dem Beklagten zu 2) am 23. April 2002 zugestellt worden. Hiergegen hat er mit einem Schriftsatz vom 29. April 2002, der am 30. April 2002 beim Gericht eingegangen ist, Einspruch eingelegt.

Der Beklagte zu 2) wendet sich weiterhin gegen seine Verurteilung zur Zahlung der genannten Mietzinsbeträge und verlangt mit der Widerklage einen Teil des seiner Auffassung nach überbezahlten Mietzinses für die Zeit von 15. Juni 1996 bis 15. Juli 2000 zurück. Wegen der Einzelheiten der Berechnung dieses Rückforderungsanspruches wird auf S. 3 ff. des Beklagtenschriftsatzes vom 21. September 2001, Bl. 151ff. d.A., verwiesen. Er meint weiterhin, dass die verlangte Miete objektiv wucherisch sei. Sein entsprechender Vortrag sei auch nicht ohne Substanz. So seien seine Ausführungen ausdrücklich auf den Zeitpunkt seines Eintritts in das Mietverhältnis bezogen gewesen und es sei - auch auf ausdrücklichen Wunsch des Kammervorsitzenden beim Landgericht - noch einmal auf die IHK Tabelle über die Entwicklung der Bandbreiten der Mieten für Läden Bezug genommen worden. Insoweit behauptet er, dass der Imbiss in einer Wohngegend liege, weil dort in der Nähe des U-Bahnhofes F -W -P wenige Ladengeschäfte existierten und Einkaufsmöglichkeiten erst in einiger Entfernung vorhanden seien. Diese Einschätzung habe auch ein IHK-Mitarbeiter bestätigt. Dann ergebe sich eine ortsübliche Miete von höchstens 35 DM netto pro qm. Er selbst gehe aber schon von einer Miete von 40 DM netto aus. Höhere Anforderungen an seinen Vortrag könnten nicht gestellt werden.

Das Landgericht sei überdies zu Unrecht davon ausgegangen, dass für kleinere Ladengeschäften eine höhere Miete ortsüblich sei.

Er bleibe auch dabei, dass er die deutsche Sprache nicht beherrsche und sich jeweils eines Dolmetschers bedienen müsse. Von dem Vertrag mit dem Kläger habe er überhaupt keine Kenntnis gehabt. Die Vormieter seien Vietnamesen gewesen, mit denen er sich nicht habe unterhalten können. Er wäre auf den Abschluss des Mietvertrages auch dringend angewiesen gewesen, weil ihm die Arbeitslosigkeit drohte, so dass er seine Frau und die Kinder nicht mehr hätte unterhalten können. Seine fehlenden Sprachkenntnisse seien für den Kläger auch ohne weiteres erkennbar gewesen.

Es sei schließlich auch davon auszugehen, dass der Kläger in verwerflicher Gesinnung gehandelt habe. Denn dieser habe als Inhaber einer großen Handelskette Kenntnis über die marktüblichen Gewerbemietzinsen. Die neuere BGH-Rechtsprechung könne letztlich auch nur dahin verstanden werden, dass die Vermutung nur dann nicht eingreife, wenn die Grenze von 100% nicht überschritten werde.

Er hätte jedenfalls nicht in voller Höhe zur Zahlung verurteilt werden dürfen, wenn schon nach den eigenen Berechnungen des Klägers in dem Schriftsatz vom 27. November 2000, Bl. 69/70 d.A., nur noch ein Rückstand von 9.569,71 DM bestand.

Er beantragt nunmehr,

das Versäumnisurteil des Senats vom 18. April 2002 aufzuheben, die Klage unter Abänderung des am 21. Dezember 2000 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 12 O 397/00 - abzuweisen und den Kläger zu verurteilen, an ihn 16.762,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Er hält das landgerichtliche Urteil für richtig. Der Beklagte habe ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht dargelegt. Die Anwendung der IHK-Übersicht scheitere an der fehlenden Vergleichbarkeit der Objekte. Denn es gäbe auch nach der Auffassung des Kammergerichts einen Sondermarkt für Imbisse, der durch die IHK-Übersicht nicht abgedeckt werde. Bei der B handele es sich im Übrigen auch nicht um ein reines Wohngebiet.

Es habe auch keine Zwangslage des Beklagten gegeben. Der Mietvertrag sei dem Beklagten vollständig übersetzt worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte das Imbissgeschäft betrieben haben will, wenn er überhaupt kein Deutsch spreche. Wegen der Widerklageforderungen rechne er hilfsweise mit Mietzahlungsansprüchen ab September 2000 und eines Schadensersatzanspruchs wegen entgangener Miete für die Zeit ab Räumung im Mai 2001 bis zum Zeitpunkt des Beginns der Neuvermietung am 1. Oktober 2001 auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vortrag auf S. 3ff. des Schriftsatzes vom 16.10.01, Bl. 165ff. d.A., Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Versäumnisurteil des Senats vom 18. April 2002 ist nach § 343 ZPO aufrecht zu erhalten, weil die zulässige Berufung keinen Erfolg hat.

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung der Teilmiete März 2000 in Höhe von 1.143,32 DM und zur Zahlung der nach der teilweisen übereinstimmenden Hauptsacheerledigung verbliebenen Mieten für April bis Juni 2000 in Höhe von je 3.232,29 DM verurteilt. Denn der Beklagte war nach § 535 Satz 2 BGB a. F. zur Zahlung dieser Beträge verpflichtet.

1. Der Mietvertrag ist nicht nach § 138 Absatz 2 BGB teilweise hinsichtlich der Mietpreisabrede nichtig.

Allerdings gehen die Parteien und das Landgericht zu Recht davon aus, dass ein Verstoß gegen § 138 Absatz 2 BGB lediglich eine Teilnichtigkeit des Vertrags bewirkt mit der Folge, dass der Kläger nur den insoweit nicht wucherischen Mietzins von dem Beklagten verlangen könnte (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 138 Rn. 76 mwN).

Die Voraussetzungen der Norm liegen aber nicht vor. Denn neben dem objektiven Missverhältnis wird subjektiv die Ausbeutung einer besonderen Situation verlangt. Insoweit ist der Beklagte zwar der Auffassung, dass auch diese subjektiven Voraussetzungen vorlägen, weil er die deutsche Sprache nicht beherrsche und damit als unerfahren anzusehen sei. Weiter habe der Kläger auch seine besondere Zwangslage zum Zeitpunkt des Vertragsbeitritts ausgenutzt, die darin bestanden habe, dass er ohne Anmietung arbeitslos geworden wäre. Diese Darlegungen reichen für die Annahme der subjektiven Voraussetzungen des § 138 Absatz 2 BGB aber nicht aus.

Unerfahrenheit bedeutet einen Mangel an allgemeiner Lebens- und Geschäftserfahrung (vgl. BGH, BB 1966, 226; WM 1982, 849; Erman/Palm, BGB, 10. Aufl., § 138 Rn. 22). Dieser Mangel kann natürlich auch bei Ausländern vorkommen (vgl. OLG Hamm, JMBlNRW 1974, 33), muss aber nicht zwingend vorliegen. Anzunehmen sein wird ein solcher Mangel an Lebens- und Geschäftserfahrung insbesondere dann, wenn der Betroffene aus einem Lebenskreis stammt, in dem Geschäfte wie das zu beurteilende etwa wegen des Gesellschaftssystems oder aus wirtschaftlichen Gründen so gut wie gar nicht vorkommen, so dass der Betroffene mit derartigen oder ähnlichen Geschäften gar nicht vertraut sein kann. Allein die mangelnden Sprachkenntnisse lassen einen derartigen Schluss nicht zu. So wäre eine Unerfahrenheit nur dann anzunehmen gewesen, wenn der Beklagte erst kurz zuvor aus China nach Deutschland gekommen wäre und deshalb mit dem hiesigen Wirtschaftssystem nicht vertraut gewesen wäre. Einen solchen Sachverhalt hat der Beklagte noch nicht einmal annähernd vorgetragen. Er liegt aber auch nicht nahe, weil der Beklagte selbst einen Gewerbebetrieb eröffnet hat, was ihm als kurz zuvor nach Deutschland Übergesiedelter schon nach den ausländerrechtlichen Vorschriften in der Regel nicht möglich gewesen wäre. Der Beklagte hat sich überdies auch gar nicht mit der Erwägung des Landgerichts auseinandergesetzt, dass jedenfalls der Beklagte zu 1) sprachkundig gewesen sei, so dass es auch aus diesem Grund an einer Unerfahrenheit fehlen musste. Dass der Beklagte keine besondere Branchenkenntnis und auch keine Marktkenntnis hinsichtlich der Gewerbemieten hatte, rechtfertigt nicht die Annahme des Fehlens einer allgemeinen Lebens- und Geschäftserfahrung (vgl. Senat, Urt. v. 25.2.02, 8 U 24/01, GE 2002, 665; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II Rn. 700; Palandt/Heinrichs, aaO, § 138 Rn. 71).

Es ist auch nicht von dem Ausnutzen einer Zwangslage auszugehen. Denn eine Zwangslage im Sinne des § 138 BGB ist nur zu bejahen, wenn wegen einer erheblichen Bedrängnis ein zwingendes Bedürfnis nach Geld- oder wie hier nach Sachleistungen besteht (vgl. Erman/Palm, aaO, § 138 Rn. 21). Eine solche Zwangslage mag zwar auch dann vorliegen können, wenn der Betroffene zur Aufnahme eines Geschäftsbetriebes dringend auf Gewerberäume angewiesen ist. Doch hätte dies den Mangel von Alternativen vorausgesetzt, weil es andernfalls an dem Zwang zum Abschluss gefehlt hätte. Der Beklagte hat insoweit nur behauptet, dass ihm ohne den Vertragsabschluss die Arbeitslosigkeit gedroht hätte. Dass ihm nicht andere Räume zur Verfügung gestanden hätten, hat der Beklagte schon nicht unter entsprechendem Tatsachenvortrag behauptet. Er hat zudem nicht dargelegt, welche Berufsausbildung er selbst besitzt, so dass auch der Eintritt schwerer wirtschaftlicher Nachteile und damit eine Gefährdung des Bestehenden ohne Vertragsschluss (vgl. dazu BGH, NJW 1994, 1275, 1276) nicht ersichtlich ist.

Nach alldem kommt es nicht mehr darauf an, dass der Kläger bestreitet, von den vom Beklagten insoweit vorgetragenen Umständen überhaupt Kenntnis gehabt zu haben.

2. Die in dem Mietvertrag enthaltene Mietzinsabrede ist auch nicht als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Absatz 1 BGB nichtig. Dies ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Voraussetzungen des § 138 Absatz 2 BGB nicht vorliegen. Denn die Vorschriften schließen sich nicht aus, sondern sind unabhängig voneinander anwendbar (vgl. BGH, WPM 1981, 404; Bub/Treier, aaO, II Rn. 698).

a. Es ist bereits kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ersichtlich.

Dies folgt aber nicht daraus, dass nicht auf den Zeitpunkt des Beitritts des Beklagten zum Mietvertrag mit der Vereinbarung vom 17. Mai 1996 abgestellt werden könnte, wie dies der Beklagte in erster Linie tut. Denn im Falle der Vereinbarung einer Vertragsänderung oder eines Vertragszusatzes kommt es für die Beurteilung des Vorliegens eines wucherähnlichen Geschäftes auf den Zeitpunkt dieser Vereinbarung an (vgl. BGHZ 100, 359 = NJW 1987, 1878 unter Hinweis auf BGH, WM 1977, 399; ebenso Erman/Palm, aaO, § 138 Rn. 49; strenger Michalski, ZMR 1996, 1, 6: nur, wenn sich die Änderungen auf den Wert auswirken). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger letztlich an einer Vertragsänderung tatsächlich kein zwingendes Interesse hatte, weil er einen bis zum Jahre 2009 befristeten Mietvertrag abgeschlossen hatte. Denn für die Anwendung des § 138 BGB kommt es nicht darauf an, dass der Vertrag bzw. die Vertragsänderung auf das Bestreben des angeblich sittenwidrig Handelnden zurückgeht (vgl. BGH, BGH-Report 2002, 224, 225). Insoweit soll es sogar ausreichen, dass diese Vertragspartei lediglich ein Vertragsangebot annimmt (vgl. Erman/Palm, aaO, § 138 Rn. 19). Mindestens das ist hier aber zu unterstellen, weil auf Grund der angefertigten Vereinbarung der Parteien vom 17.5.1996 nichts dafür ersichtlich ist, dass sich der Mieterwechsel auf Grund der Regelung in Ziffer 7 der Anlage 1) zu dem Untermietvertrag vom 8.5.95 ohne Mitwirkung des Klägers vollzogen hätte.

Der Beklagte hat eine wesentliche Überhöhung zum Zeitpunkt des 17. Mai 1996 aber bereits nicht ausreichend vorgetragen. Insoweit ist ihm allerdings darin Recht zu geben, dass von dem ein wucherähnliches Geschäft Behauptenden nicht die vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens verlangt werden kann. Dieser muss vielmehr Tatsachen vortragen, die nachvollziehbar und hinreichend konkret auf eine Überhöhung hinweisen, ohne dass der Eindruck einer Behauptung ins Blaue hinein erweckt wird. Insoweit kann auch die Bezugnahme auf einen Mietspiegel oder - wie hier - auf eine anerkannte Marktübersicht ausreichen. Dies setzt aber voraus, dass diese Marktübersicht auch für den vorliegenden Fall verwertbare Erkenntnisses enthält. Dies ist in Bezug auf die vorgelegte Übersicht der IHK über die Entwicklung der Bandbreiten der Mieten für Läden, Büro- und Praxisräume, Gaststätten, Fabrik- und Werkstattgebäude in West-Berlin in der Zeit von 1994 bis 2000 aber gerade nicht der Fall. Insoweit berücksichtigt der Beklagte schon nicht, dass ihm nicht lediglich die Gewerberäume überlassen sind, sondern - wovon die Parteien jedenfalls erstinstanzlich übereinstimmend ausgegangen sind - auch das zum Betreiben eines Imbisses notwendige Inventar. Dann aber bestehen schon Zweifel daran, ob eine einfache Bezugnahme auf die IHK-Übersicht ausreichend ist. Entscheidend dürfte aber sein, dass sich der Beklagte auf eine Einordnung der B als Wohnstraße beruft. Unabhängig davon, was mit einer Wohnstraße im Sinne der Übersicht im Einzelnen gemeint ist, müsste es sich nach allgemeinem Verständnis in Anlehnung an die Definitionen in der BaunutzungsVO um eine Straße handeln, die allein oder vorwiegend dem Wohnen dient und in der eine Nichtwohnnutzung nur zur Versorgung dieses Gebietes in Betracht kommt, vgl. §§ 3, 4 BauNutzVO. Diese Voraussetzung erfüllt die B ausweislich des vom Kläger eingereichten Auszugs aus dem Straßenbranchenverzeichnis aus dem Buch Röhmhild/Schmidt, "Gewußt wo", Ausgabe 1998/1999, selbst an der Stelle des Imbisses nicht. Denn unter nahezu jeder Hausnummer ist mindestens ein Betrieb angesiedelt; viele Unternehmen (Druckerei, Vielzahl von Rechtsanwälten, Landesverband, Motorradhändler u.a.) befriedigen nicht nur den lokalen Bedarf. Darüber hinaus ist ebenfalls unstreitig, dass die B an der entscheidenden Stelle 6spurig verläuft, so dass auch aus verkehrstechnischer Sicht keine Wohnstraße vorliegt. Dann aber weist die IHK-Übersicht für den vorliegenden Zeitraum überhaupt kein einschlägiges Feld aus oder die Lage wäre in das nächste Feld einzuordnen (Besondere Stadtteilzentren), wo für Juni 1996 eine Spanne von 30-65 DM ausgewiesen wird, so dass der zu diesem Zeitpunkt verlangte Betrag nicht mehr das Doppelte der höchsten üblichen Miete ausmacht. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Beklagte behauptet, die Einordnung der B als Wohnstraße sei von einem IHK-Mitarbeiter bestätigt worden. Insoweit wird schon nicht der Name des Mitarbeiters angegeben, es fehlt auch an der Wiedergabe nachvollziehbarer Kriterien für diese Einordnung. Dann aber kann auch dahinstehen, ob es sich nicht um eine Gaststätte handelt, für die die Übersicht besondere Angaben enthält, die sich allerdings nicht auf den hier entscheidenden Zeitraum beziehen.

Der Vortrag des Beklagten ist nicht deshalb ausreichend, weil er sich auch noch auf Vergleichsmieten bestimmter Geschäfte beruft. Insoweit ist schon eine Vergleichbarkeit der Geschäfte fraglich. Der Beklagte hat aber nach der Formulierung der Angaben auch lediglich die aktuellen Mietdaten für 2001 mitgeteilt. Wegen gerichtsbekannt fallender Preise für Gewerbeimmobilien in der hier entscheidenden Zeit lassen diese Mieten keinen Rückschluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt der Vereinbarung im Jahr 1996 zu.

Die Berufung auf die sog. EOP-Methode scheidet ebenfalls aus (vgl. generell BGHZ 141, 257), weil nicht ersichtlich ist, dass es an vergleichbaren Objekten überhaupt fehlt.

Schließlich reicht auch der in dem Einspruchsschriftsatz enthaltene Vortrag nicht aus. Der Beklagte nimmt dort zwar auf bestimmte Gewerberäume Bezug, die ebenfalls als Imbiss genutzt werden. Er stellt dabei auch die Höhe der Mieten dar. Unberücksichtigt bleibt aber, dass nach dem Mietvertrag der Parteien Einrichtungsgegenstände mitüberlassen worden sind. Auch die schlichte Behauptung des Beklagten, dass sich die Vergleichsobjekte in einer ähnlichen Lage befinden wie das Streitobjekt wird nicht mit Tatsachen belegt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil alle Objekte in völlig anderen Stadtteilen liegen.

b. Auch für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Mai 1995 ist ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Leistungen nicht zu erkennen. Selbst unter Anwendung der IHK-Übersicht und der Annahme einer Wohnstraße ergäbe sich eine ortsübliche Höchstmiete von 50 DM, auf die noch ein Betrag für die Überlassung der Einrichtung aufgeschlagen werden müsste. Dann aber ist eine Überschreitung um mehr als das Doppelte nicht erkennbar.

c. Nach alldem kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kläger verwerflich gehandelt hätte, wofür allerdings gesprochen hätte, dass nach der neueren Rechtsprechung des BGH zum gewerblichen Miet- und Pachtrecht die Vermutung einer verwerflichen Handlung zwar nicht mehr allein bei einer Überschreitung des ortsüblichen Zinses um mehr als das Doppelte eingreift (vgl. dazu BGH, DWW 2001, 770ff.), auf Grund der vor dem Senat durchgeführten Verfahren, an denen der Kläger beteiligt war, aber einiges dafür gesprochen hätte, bei ihm eine besondere Marktkenntnis zu unterstellen. Denn in allen bisherigen Verfahren ist er als gewerblicher Zwischenmieter von Imbissständen aufgetreten.

3. Die Forderungen des Klägers sind auch nicht durch Erfüllung nach § 362 BGB untergegangen. Denn die unstreitig erfolgten Zahlungen des Beklagten sind ohne Zahlungsbestimmung erfolgt. Dann aber waren die Zahlungen nicht auf die laufende Miete zu verrechnen, es war vielmehr nach § 366 Absatz 2 BGB vorzugehen, so dass sie zunächst auf die ältesten Mietschulden anzurechnen waren (vgl. BGH, NJW 1965, 1373; OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 605). Es bestanden aber ältere Rückstände, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend berechnet hat, so dass die geltend gemachten Forderungen noch offen waren. Die hilfsweise Berechnung des Klägers in dem Schriftsatz vom 27. Nov. 2001 steht dem nicht entgegen, weil dort nicht alle Rückstände aufgeführt werden.

4. Der Zinsausspruch ergibt sich aus den §§ 284, 288 BGB. Er ist allerdings unzutreffend, soweit für die Mietzinsbeträge vor dem 1. Mai 2000 der erhöhte Verzugszins angesetzt worden ist. Denn § 288 BGB n.F. gilt nur für Forderungen, die nach dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind, also nicht für die Mieten März und April 2000. Insoweit hat der Beklagte das Urteil aber nicht angegriffen.

B. Die zulässige Widerklage ist abzuweisen. Die Voraussetzungen des § 530 Absatz 1 ZPO liegen vor, weil die Geltendmachung sachdienlich ist. Der Anspruch auf Rückzahlung der genannten Beträge ergäbe sich bei der Bejahung der bereits im Zusammenhang mit der oben erörterten Frage der Sittenwidrigkeit der Preisabrede. Diese war aber zu verneinen, so dass dem Beklagten auch kein Rückzahlungsanspruch zustehen kann. Denn er hat die Mietzahlungen mit Rechtsgrund geleistet. Dann aber steht ihm auch kein Anspruch auf Zahlung von 8.000 DM wegen einer unberechtigten Kautionsverwertung zu. Denn auch insoweit bestand ein verrechenbarer Zahlungsanspruch.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Absatz 1, 344, 515 Absatz 3 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit wegen der Nebenforderungen in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die hierauf entfallenden Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands, vgl. § 91 a Absatz 1 ZPO, ebenfalls dem Beklagten aufzuerlegen, weil dieser auch insoweit aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Denn der Kläger konnte die Vorschüsse grundsätzlich zum Zeitpunkt ihrer Rechtshängigkeit am 15. August 2000 verlangen. Sein Forderungsrecht war lediglich wegen des Zeitablaufs erloschen, so dass er Zahlung nur noch aufgrund der entsprechenden Abrechnungen verlangen könnte.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

D. Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht. Die Parteien streiten in erster Linie um die auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage, ob die vereinbarte Miete die ortsübliche Miete wesentlich übersteigt.

Ende der Entscheidung

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