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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 8 U 4735/98
Rechtsgebiete: ZPO, AGBG, BauGB, BGB, BRAO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 343 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
AGBG § 5
BauGB § 144 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 284
BGB § 288
BRAO § 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 4735/98

Verkündet am: 28. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des erkennenden Senats vom 10. Mai 2001 bleibt aufrecht erhalten.

Der Beklagten hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

1) Das Versäumnisurteil vom 10. Mai 2001 ist nach § 343 Absatz 1 ZPO aufrecht zu erhalten, weil die an sich zulässige Berufung des Beklagten keinen Erfolg hat.

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung der sich nach Verrechnungen aus den Nebenkostenabrechnungen vom 7. Juni 1996 und 28. Dezember 1996 für die Jahre 1994 und 1995 ergebenden Saldoreste in Höhe von insgesamt 11.837,45 DM verurteilt und die auf Zahlung von 926,09 DM als Rest eines Guthabens aus der Heizkostenabrechnung für 1995 gerichtete Widerklage abgewiesen.

a) Der Beklagte ist nach der Regelung in Nr. 4.2. des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages aus dem Jahre 1984 verpflichtet, die dort genannten Nebenkosten neben der vereinbarten Miete zu tragen. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel ergeben sich nicht. Der Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass der Vertrag zum September 1984 ein Folgevertrag eines Vertrages aus dem Jahre 1978 ist, der eine Bruttomietvereinbarung vorsah. Denn insoweit ist die bisherige vertragliche Regelung abgeändert worden, so dass allein die neue Vereinbarung gilt. Die Regelungen sind auch nicht widersprüchlich, wie der Beklagte unter Berufung auf ein Urteil der 34. Kammer des Landgerichts Berlin vom 27. März 2000 meint, so dass hier letztlich von der Vereinbarung einer Teilinklusivmiete ausgegangen werden müsste. Ein Widerspruch läge nur dann vor, wenn die jeweiligen Regelungen nicht in Einklang gebracht werden könnte. Dies ist hier aber nicht der Fall. Denn die Vermieterin kann auch ohne eine Vorschusserhebung gleichwohl über die Nebenkosten abrechnen und eine Zahlungspflicht des Mieters hinsichtlich der im Vertrag aufgeführten Nebenkosten ist auch nicht deshalb unsinnig, weil keine Vorschüsse erhoben worden sind. Dass unter Ziffer 18 Nr. 3 des Vertrages von einer Kaltmiete die Rede ist, lässt nicht den Schluss zu, dass die vorgehende Regelung unter Ziffer 4.1 und 4.2. damit abgeändert werden sollte. Die zitierten Entscheidungen des LG Berlin, MM 1993, 32 und ZMR 2001, 188, sind insoweit nicht einschlägig. Der Beklagte kann sich auch nicht auf § 5 AGBG berufen. Denn es bestehen keine Zweifel an einer Kostentragungspflicht des Beklagten hinsichtlich der Nebenkosten, dies wird im Vertrag vielmehr ausdrücklich so geregelt. Dem steht auch nicht die Auslegung in dem in Bezug genommenen Urteil der Kammer 34 des Landgerichts entgegen. Dort wird eine fehlende Zahlungspflicht allein aus Treu und Glauben aus der fehlenden Vorschusserhebung hergeleitet (S. 9 der UA). Die widerstreitenden Interessen der Parteien sind aber nur ein Merkmal für die Auslegung des Vertrages. Sie können daher nur dann eingreifen, wenn der Wortlaut der Regelungen dem nicht - wie im vorliegenden Fall - entgegensteht. Dementsprechend berufen sich die weiteren von dem Beklagten herangezogenen Entscheidungen (LG Berlin, MM 1993, 364 und die sich hierauf beziehende Entscheidung des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 9.3.1998) auch auf den Grundsatz von Treu und Glauben als Einwendung gegen einen an sich bestehenden Zahlungsanspruch.

b) Der Vertrag ist auch nicht wegen einer fehlenden sanierungsrechtlichen Genehmigung nach § 144 Absatz 1 Nr. 3 BauGB unwirksam. Abgesehen davon, dass dann eine Kostentragungspflicht des Beklagten nach Bereicherungsrecht in Betracht käme, hat die Klägerin eine entsprechende Genehmigung vom 27. April 2001 vorgelegt, so dass der zunächst schwebend unwirksame Vertrag (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 13) rückwirkend von Anfang an wirksam geworden ist (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Überbl. v. § 104 Rn. 31).

c) Die Klägerin war auch nicht an der Abrechnung über die Betriebskosten gehindert, weil sie bisher keine Abrechnungen erstellt hatte und auch keine Vorschüsse verlangt hatte. Der Wortlaut des Vertrages schließt eine Abrechnung über die Nebenkosten mit der Folge einer Kostentragungspflicht des Mieters auch dann nicht aus, wenn der Vermieter keine Vorschüsse erhebt (siehe oben).

d) Die von dem Beklagten erhobenen Einwendungen gegen die Abrechnungen greifen nicht durch. Soweit er sich dagegen wendet, dass die erfolgten Aufteilungen hinsichtlich Gewerbe- und Wohnraum nicht nachvollziehbar seien, behauptet er schon nicht, dass ihm diese Aufteilungen zum Nachteil gereichen. Dies ist aber erforderlich, weil die Klägerin lediglich Anteile der tatsächlich angefallenen Kosten geltend macht. Auch der Hinweis auf die verschieden hohen Kosten für Be- und Entwässerung greift nicht durch, weil insoweit verschiedene Preise gelten. Dass die Klägerin hier jeweils andere Mengen zugrunde gelegt hat, die überdies nicht nachvollziehbar wären, ist nicht ersichtlich.

e) Die Klägerin hat ihren Anspruch auch nicht verwirkt. Insoweit ist allein fraglich, ob das sogenannte Umstandsmoment, das neben dem sogenannten Zeitmoment vorliegen muss, erfüllt ist. Insoweit ist erforderlich, dass das Verhalten des Gläubigers nach Treu und Glauben den Eindruck erweckt, der Anspruch werde nicht mehr geltend gemacht, wobei eine einfache Untätigkeit nicht ausreichend ist (BGH, WuM 1984,127; Bub/Treier/Gramlich, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VI Rn. 112). Dass aber der Beklagte etwa selbst um eine Abrechnung gebeten hätte und die Klägerin dennoch mit der Abrechnung zugewartet hätte, hat der Beklagte schon nicht behauptet. Darüber hinaus, hätte der Beklagte auch aufgrund dieses Verhaltens entsprechende Vermögensdispositionen treffen müssen, so dass seine jetzige Inanspruchnahme eine unbillige Härte bedeuten würde (vgl. KG WuM 1981, 270; Bub/Treier/Gramlich, aaO, VI Rn. 103). Insoweit behauptet der Beklagte zwar, dass er keine Rücklagen gebildet habe. Dies reicht aber schon deshalb nicht aus, weil er sich dann um eine drohende Inanspruchnahme überhaupt nicht gekümmert hat. Die getroffenen Vermögensdispositionen beruhten dann aber in keinem Fall auf einem - nicht dargelegten - vertrauensbildenden Verhalten der Klägerin.

f) Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 284, 288 BGB.

g) War der Beklagte zur Zahlung der Saldobeträge aus den Abrechnungen verpflichtet, war auch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung wirksam, so dass der Beklagten auch keinen Anspruch auf Zahlung der verlangten 926,09 DM hat.

2) Der Senat konnte auch auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 zu Ungunsten des Beklagten entscheiden. Die Klägervertreterin hat im Termin auf die Rüge der Beklagtenseite hin eine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Dass diese Vollmacht nicht das vollständige Aktenzeichen des Verfahrens enthielt, deutet nicht auf eine fehlende Bevollmächtigung hin. Vor dem Senat war aus dem Jahre 1998 nur diese eine Berufung der Parteien anhängig. Auch der weiter behauptete Verstoß gegen § 46 BRAO durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ändert an der Wirksamkeit der Prozessvollmacht und ihrer Postulationsfähigkeit nichts (vgl. Henssler/Prütting, BRAO, 1997, § 46 Rn. 31; Feuerich/Braun, BRAO, 5. Aufl., § 46 Rn. 28).

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4) Revsionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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