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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.09.2004
Aktenzeichen: 8 U 65/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 537
BGB n.F. § 536
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 65/04

verkündet am: 20.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 20.09.2004 durch die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Januar 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 22. Januar 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, soweit das Landgericht der Widerklage stattgegeben hat. Auf den Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Landgericht habe zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass unwillkürliches Abschalten der Gaszufuhr für die Küche einen Mangel der Mietsache darstelle. Das Gericht gehe jedoch unzutreffend davon aus, dass es überhaupt zu "unwillkürlichem Abschalten" der Gaszufuhr gekommen sei. Unstreitig sei lediglich, dass es zu Abschaltungen der Gaszufuhr gekommen sei. Die Klägerin habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Lüftungsanlage ausreichend dimensioniert sei und ordnungsgemäß funktioniere. Das Landgericht habe die Beweisanträge der Klägerin übergangen. Die Unterbrechungen der Gaszufuhr sei durch willkürliche Abschaltungen der Lüftungsanlage durch die Beklagten verursacht worden. Soweit das Landgericht hier ausführe, dass die in der mündlichen Verhandlung befragten Mitarbeiter der Klägerin keine sachdienlichen Angaben hätten machen können, sei nicht ersichtlich, welche Angaben hier erforderlich gewesen seien.

Die Klägerin habe - entgegen der Ansicht des Landgerichts - auch die Behauptungen der Beklagten hinsichtlich der Häufigkeit und Dauer der "Störfälle" ausreichend substantiiert bestritten. Denn insoweit sei schon der Vortrag der Beklagten nicht hinreichend konkret, so dass das Bestreiten der Klägerin genüge. Unrichtig sei zudem die Schlussfolgerung des Gerichts, dass aufgrund der Tatsache, dass die Gaszufuhr durch einen Mitarbeiter der Klägerin freigeschaltet werden müsse, eine entsprechende Dokumentation der Vorgänge bei der Klägerin vorliege.

Schließlich habe das Gericht bei Schätzung der Minderungsquote sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem es die der Schätzung zugrundeliegenden Umstände unzutreffend gewürdigt habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 22. Januar 2004 die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten tragen vor:

Die Klägerin stelle in der Berufungsbegründung selbst ausdrücklich unstreitig, dass es zu Abschaltungen der Gaszufuhr gekommen sei. Das Landgericht habe zutreffend hervorgehoben, dass die Bereitstellung der technischen Voraussetzungen für eine ungehinderte Gaszufuhr zu dem von der Klägerin zu gewährleistenden Gebrauch gehöre. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Unterbrechung der Gaszufuhr nicht auf einen der Gasversorgungs- und Lüftungsanlage anhaftenden technischen Fehler zurückzuführen sei. Die Klägerin habe keine Anstrengungen unternommen, um die Ursache für das Abschalten der Gaszufuhr aufzuklären, sondern unzutreffend behauptet, dass dies durch Handlungen der Beklagten verursacht worden sei. Die Ursache der Unterbrechung der Gaszufuhr liege wahrscheinlich in der vorhandene Koppelung zwischen der unterdimensionierten Lüftungsanlage und der Gasversorgung ; dieser Mangel sei auf die technische Ausstattung und nicht auf Handlungen der Beklagten zurückzuführen. Die Klägerin beschränke sich nur auf ein einfaches Bestreiten des Beklagtenvortrags. Der Klägerin wäre es aber ohne weiteres möglich gewesen, weitere Ermittlungen zu den vermeintlichen Alternativursachen der Funktionsstörungen durchzuführen und insoweit substantiiert vorzutragen. Einer Beweisaufnahme habe es daher nicht bedurft. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten auch in der mündlichen Verhandlung nicht ansatzweise Anhaltspunkte dafür mitteilen können, dass andere als die von den Beklagten dargelegte Gründe zu einer Gasabschaltung geführt haben könnten.

Auch die Schätzung zur Ermittlung der Minderungsquote sei nicht zu beanstanden.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Beklagten können von der Klägerin die Feststellung verlangen, dass der Mietzins für die Gewerbefläche in der Brunnenstraße 111 in Berlin in den Jahren 2000 bis 2003 in der ausgeurteilten Höhe gemindert war.

1.

Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen, die die Klägerin mit der Berufung auch nicht angegriffen hat.

Der Zulässigkeit der Widerklage steht auch die Rechtskraftwirkung des im Vorprozeß ergangenen Urteils des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2002 - 12 O 531/01- nicht entgegen. Zum einen ist über das Vorliegen einer Minderung im Hinblick auf § 22 des Mietvertrags, wonach der Mieter gegenüber dem Mietzins oder sonstigen Forderungen des Vermieters ein Minderungsrecht nicht ausüben kann, nicht entschieden worden. Soweit das Landgericht in der Begründung (hilfsweise) zum anderen ausgeführt hat, dass eine Minderung nicht gerechtfertigt sei, bezog sich dies nicht auf die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Mängel.

2.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Mietsache einen Mangel i.S. von § 537 BGB a.F. bzw. § 536 BGB n.F. aufweist. Ein Mangel ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand (ständige Rechtsprechung, u.a. BGH NJW 2000,1714); sie muss die Tauglichkeit der Mietsache zu dem von den Vertragspartnern konkret vorausgesetzten vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern (Palandt/Weidenkaff, BGB, 63. Auflage, § 536 BGB, Rdnr.16). Zutreffend hat das Landgericht das Abschalten der Gaszufuhr für die Küche des von den Beklagten betriebenen Restaurants durch ein mit der Lüftungsanlage gekoppeltes Sicherheitsmagnetventil als einen Mangel in diesem Sinne angesehen, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt. Die Klägerin hat zudem in der Berufungsschrift ausdrücklich unstreitig gestellt, dass es zu Abschaltungen der Gaszufuhr gekommen ist, so dass ein Mangel der Mietsache vorliegt.

Ohne Erfolg macht die Klägerin mit der Berufung geltend, dass das Landgericht nicht beachtet habe, dass sie bestritten habe, dass es zu "unwillkürlichem" Abschalten der Gaszufuhr gekommen sei und, dass die Unterbrechung der Gaszufuhr durch die Beklagten verursacht worden sei, indem diese die Lüftungsanlage willkürlich abgeschaltet hätten.

Hierbei ist davon auszugehen, dass der Mieter das Vorliegen eines Mietmangels sowie die Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch darzulegen und zu beweisen hat. Wenn aber der Mangel - aufgrund des Erscheinungsbildes - nicht (oder nicht nur) auf den bloßen Mietgebrauch zurückgeführt werden kann, obliegt dem Vermieter der Nachweis, dass die Ursache des Mangels dem Obhutsbereich des Mieters entstammt und andere in seinem Verantwortungsbereich fallende Ursachen ausgeschlossen sind (Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III. A, Rndr.960ff; BGHZ 126,124 = BGH NJW 1994,2019; BGH NJW 1998,594;). Neben einem Material- oder Herstellungsmangel muss der Vermieter auch einen ebenfalls zu seiner Risikosphäre gehörenden normalen Verschleiß als Schadensursache beweislich ausschließen (Bub/Treier/Kramer, a.a.O., III. A, Rdnr. 961). Der Vermieter muss darlegen, dass die Schadensursache weder aus seinem Verantwortungsbereich noch aus seinem Pflichtenkreis stammt, sondern in dem Herrschafts- und Obhutsbereich des Mieters begründet ist. Der Vermieter muss daher zunächst sämtliche Umstände ausräumen, die aus seinem Gefahrenbereich herrühren und insbesondere die Beschaffenheit der Mietsache betreffen. Ist dieser Beweis geführt, so muss der Mieter nachweisen, dass er den Mangel nicht zu vertreten hat (Schmidt/Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Auflage, § 536 BGB, Rdnr. 411).

Da das Abschalten der Gaszufuhr als solches unstreitig ist, hätte die Klägerin substantiiert unter Beweisantritt vortragen müssen, dass diese Funktionsstörung nicht auf einen der Gasversorgungs- und Lüftungsanlage anhaftenden technischen Fehler zurückzuführen ist und daher der Mangel nicht aus ihrem Risikobereich stammt. Die Klägerin hat hierzu nur pauschal behauptet, dass die Anlage ausreichend dimensioniert sei und ordnungsgemäß funktioniere. Dieser Vortrag genügt nicht den Substantiierungsanforderung, so dass dem Beweisantritt durch Vernehmung der angebotenen Zeugen Gnnn und Snnn sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen war. Die Klägerin hätte vielmehr im einzelnen darlegen müssen, dass sie eine Überprüfung der Anlage vorgenommen hat und hierbei technische Fehler nicht festgestellt worden sind, so dass Fehler aufgrund der Herstellung und Beschaffenheit der Anlage auszuschließen sind und deswegen ein Bedienungsfehler der Beklagten vorliegen müsse. Dies um so mehr, weil der von der Beklagten angezeigte Mangel offenbar seit Übergabe der Mieträume und Inbetriebnahme der Anlage aufgetreten ist. So haben die Beklagten bereits mit Schreiben vom 05.Dezember 1999 darauf hingewiesen, dass die Küchenlüftung zu stark sei und das Gas nicht funktioniere. In einem weiteren Schreiben vom 12. Januar 2000 wiesen die Beklagten wiederum darauf hin, dass aufgrund des Lüftungsfehlers die Gaszufuhr unterbrochen werde.

Ohne Erfolg rügt die Klägerin weiter, dass das Landgericht ihr Bestreiten zu der Anzahl der Vorfälle nicht als unsubstantiiert hätte ansehen dürfen. Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht der Vortrag der Beklagten, dass es im Jahre 2000 viermal monatlich, im Jahre 2001 mindestens zweimal monatlich und im Jahre 2002 alle zwei bis drei Monate zu derartigen Ausfällen gekommen sei, aus. Denn die Beklagten haben sich nicht nur auf diesen Vortrag beschränkt, sondern schriftliche Mängelrügen vorgelegt, aus denen sich auch konkrete Tage ergeben, an denen es zum Ausfall gekommen ist. Nach dem Schreiben vom 06. Mai 2002 trat am 04.Mai 2002 ein Lüftungsausfall auf, wodurch sich das Gasmagnetventil schloss. Ferner zeigten die Beklagten unter dem 10.Juli 2002 an, dass die Lüftung ausgefallen war. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2002 wurde erneut angezeigt, dass am 26. Oktober 2002 die Lüftung in der Küche ausfiel, wodurch das Gasmagnetventil die Gaszufuhr abgesperrt hat. Die Klägerin ist diesem Vortrag nicht im einzelnen entgegengetreten. Das pauschale Bestreiten reicht hierzu nicht aus (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dies auch deswegen, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, weil die Freischaltung der Gaszufuhr nicht durch die Beklagten selbst, sondern jeweils durch einen Mitarbeiter der Klägerin erfolgen musste. Daher hätte die Klägerin dem Vortrag der Beklagten substantiiert entgegentreten müssen, dass nämlich die Anzahl der Ausfällen - so wie die Beklagten sie behaupten - nicht zutreffen könne.

Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, dass der vom Landgericht zugesprochene Minderungsbetrag nicht angemessen sei. Auch der Senat hält die zuerkannten Minderungsbeträge für angemessen. Die Minderung ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, sie hängt insbesondere von der Schwere des Mangels sowie dem Grad und der Dauer der Minderung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ab (Schmidt/Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB, Rdnr.332). Vorliegend sind für die Bestimmung der Minderungsquote neben der Häufigkeit der Abschaltungen der Gaszufuhr und die damit im Zusammenhang stehenden Beeinträchtigungen des Restaurantbetriebes auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Beklagten - unstreitig - zur Vermeidung von Abschaltungen ihre Mitarbeiter anwiesen, nicht alle Kochstellen zu nutzen. Im Übrigen begründet die drohende Gefahr der Abschaltung der Gaszufuhr eine durchgehende Mangelhaftigkeit der Mietsache, weil die Beklagten wegen des Betreibens eines Restaurants dringend darauf angewiesen sind, dass das ungestörte Zubereiten von Speisen und Getränken jederzeit gewährleistet ist. Daher geht auch die Rüge der Klägerin fehl, dass das Landgericht die Minderungsquote allein im Verhältnis zur Häufigkeit der Abschaltungen bezogen auf die einzelnen Jahre hätte ermitteln müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der einheitlichen Rechsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Ziff.1 und 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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