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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 30.09.2002
Aktenzeichen: 8 U 67/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 288 a.F.
BGB § 535 Satz 2
ZPO § 56
ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 67/01

Verkündet am 30. September 2002

hat der 8 Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2002 durch den Richter am Amtsgericht Dr. Müther als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, verkündet am 11. Dezember 2002, wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung wird der Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts verurteilt, an die Klägerinnen zur gesamten Hand weitere 590,46 DM zuzüglich 5% Zinsen seit dem 6. November 1999 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.500 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen verlangen von dem Beklagten die Zahlung von Mietzins für die Zeit November 1999 bis Juli 2000 aus einem schriftlichen Mietvertrag über Gewerberäume im «A -C» in der P-N-Str. in Berlin H. Diesen Mietvertrag schloss der Beklagte am 12. September 1997 mit einer K P P-N-Str. GbR ab. Danach war er in dem hier interessierenden Zeitraum zur monatlichen Zahlung von 4.386,47 DM zzgl. 126,51 DM als Vorschuss auf die Heizkosten und 463,95 DM als Vorschuss auf andere Nebenkosten verpflichtet. Über diese Nebenkosten war nach dem Vertrag jährlich abzurechnen.

Das Landgericht hat den Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerinnen mit dem am 11. Dezember 2000 verkündeten Urteil zur Zahlung verurteilt. Das Bestreiten des Beklagten hinsichtlich der Gesellschafterstellung der Klägerinnen an der K P P-N-Str. GbR hat das Landgericht als ins Blaue hinein unbeachtlich angesehen Wegen der genauen Einzelheiten des Sachverhalts, des Vertrags und der Anträge der Parteien und der Entscheidung des Landgerichts wird auf das Urteil vom 11. Dezember 2000 verwiesen.

Gegen das ihm am 9. Februar 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 9. März 2001 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach einer Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 9. Mai 2001 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet hat.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit wegen der in den Klageforderungen enthaltenen Nebenkostenvorschüssen für die Monate Dezember 1999 bis Juli 2000 in Höhe von 4.723,68 DM (8 x 590,46 DM) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wendet der Beklagte sich mit der Berufung noch gegen seine Verurteilung zur Zahlung einer Teilmiete in Höhe von 3.578,59 DM für November 1999 und von je 4.386,47 DM für die Monate Dezember 1999 bis Juli 2000 nebst Zinsen. Er bestreitet weiterhin, dass die Klägerinnen die einzigen Mitglieder der in dem von ihm unterschriebenen Mietvertrag als Vermieter bezeichneten GbR sind. Er meint insoweit, die Klage sei wegen des unzureichenden Vertrags der Klägerinnen zu diesem Punkt unabhängig von seinem Bestreiten abzuweisen gewesen. Aus Ziffer 1.3. ergäben sich unüberwindbare Zweifel an der Gesellschaftereigenschaft der Klägerinnen, weil dort davon die Rede ist, dass Vermieter die Eigentümergesellschaft ist, in deren Eigentum das Grundstück P-N-Str. steht. Jedenfalls geht daraus hervor, dass sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in einem Erwerbsvorgang befand. Dies treffe auf die Klägerinnen aber gerade nicht zu. Die Tatsache, dass die Regelung in einem vorformulierten Vertragstext enthalten sei, könne ihm nicht angelastet werden, weil er nicht der Verwender sei. Die Klägerinnen hätten auch in einem die Kostenfestsetzung betreffenden Schreiben vom 2. April 2001 ausdrücklich vortragen lassen, die "Klägerin" sei gerade nicht die als Vermieterin im Mietvertrag angegebene K P-N-Str. GbR. Bei dieser Sachlage könne es dem Beklagten auch nicht zugemutet werden, sich Grundbuchauszüge zu beschaffen und die von ihm ohnehin auch anhand der Grundbucheintragungen nicht überschaubaren und überprüfbaren Rechtsverhältnisse der Vermieter-GbR darzustellen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen auf ein Schreiben vom 11. Dezember 2000 mit dem der Beklagte wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten vergleichsweise Regelungen angeboten habe, nicht reagiert haben.

Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behaupten unter Vorlage einer Kopie eines Kauf- und Abtretungsvertrages über eine 50%tige Gesellschafterstellung an der K P-N-Str. GbR und eines Übergabeprotokolls für die Räume, dass sie die einzigen Gesellschafter dieser GbR seien.

Die Klägerinnen haben die Klage in der Berufungsinstanz schließlich um einen Betrag in Höhe von 590,46 DM nebst Zinsen für den Monat November 1999 im Wege der Anschlussberufung erweitert und beantragen nunmehr,

den Beklagten zu verurteilen, an sie zur gesamten Hand weitere 590,46 DM zuzüglich 5% Zinsen seit dem 6. November 1999 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgrunde:

A. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, auf die Anschlussberufung ist der Beklagte zur Zahlung weiterer 301,90 EUR (= 590,46 DM) nebst Zinsen zu verurteilen.

I. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung der jetzt noch verlangten Nettomietzinsbeträge für die Monate November 1999 bis Juli 2000 verurteilt.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte aufgrund des Mietvertrages vom 12. September 1997 nach § 535 Satz 2 BGB zur Zahlung dieser Beträge an seine Vermieterin verpflichtet ist. Der Beklagte verteidigt sich aber auch in zweiter Instanz damit, dass die Klägerinnen zur Geltendmachung dieser Beträge nicht berechtigt sind. Dieser Einwand kann der Berufung aber nicht zum Erfolg verhelfen.

Soweit der Beklagte bestreitet, dass die Klägerinnen die einzigen Gesellschafter seiner Vermieterin sind, handelt es sich nicht um eine Frage der Aktivlegitimation. Aufgrund der nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgten Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Parteifähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. MDR 2001, 459), nach der diese ihre Ansprüche nunmehr selbst einklagen kann und auch selbst verklagt werden kann, ist die Klage ihrer Gesellschafter als Klage in gewillkürter Prozessstandschaft anzusehen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juni 2001, 8 U 1142/99, GE 2001, 1131; Senat Urteil vom 25. Februar 2002, 8 U 24/01, GE 2002, 665). Insoweit vertritt der Senat die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft bei einer Klage aller Gesellschafter regelmäßig vorliegen, so dass diese die Ansprüche der Gesellschaft selbst einklagen und insoweit auch Leistung an sich verlangen können (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juni 2001, 8 U 1142/99, GE 2001, 1131; Senat Urteil vom 25 Februar 2002, 8 U 24/01, GE 2002, 665; ebenso nun BGH, Beschluss vom 18. Juni 2002, VIII ZB 6/02, NJW 2002, 2958).

Soweit der Beklagte die Gesellschaftereigenschaft der Klägerinnen bestreitet, wendet er sich demnach gegen die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen. Dabei handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung (vgl. BGHZ 31, 280; 36, 191; 100, 219, Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., vor § 50 Rn. 19; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60 Aufl., Grdz § 50 Rn. 23), die entsprechend § 56 ZPO im Wege des Freibeweises von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGHZ 100, 219 = NJW 1987, 2018; 119, 240 = NJW 1993, 919; 125, 200 = NJW 1994, 2550; Zöller/Vollkommer, aaO, vor § 50 Rn. 47a).

Unter Anwendung dieses Maßstabs ist aufgrund der vorliegenden Unterlagen und der hierzu abgegebenen Stellungnahmen des Beklagten davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich die einzigen Gesellschafter der Vermietungs-GbR sind. So trägt der Beklagte auch in der Berufung nicht vor dass sich ihm gegenüber andere als Gesellschafter dieser GbR ausgegeben hätten. Nach dem eingereichten Kauf- und Abtretungsvertrag hat die Klägerin zu 2) ihre Gesellschafterstellung von einer GmbH erworben, wobei an diesem Geschäft auch die Klägerin zu 1) mitgewirkt hat, wie dies auch gesellschaftsrechtlich notwendig ist. Dass diese Unterlagen nur in Kopie eingereicht worden sind, schadet dabei nicht, weil der Beklagte insoweit nicht behauptet, dass diese Kopien mit etwaigen Originalen nicht übereinstimmen. Auch anderweitige Zweifel fehlen. Schließlich ist der Mietvertrag auf Seiten der Vermieterin auch von Personen unterschrieben worden, die nach dem Kauf- und Abtretungsvertrag Vertreter der Klägerin zu 1) waren. Die Angaben der Geschäftsanschrift der Klägerinnen sind mit den Angaben der Geschäftsanschrift der Vermietungs-GbR identisch. Diesen Tatsachen ist der Beklagte bisher nicht konkret entgegen getreten. Ob die Klägerinnen sich aufgrund der Schreiben des Beklagten auf Vergleichsgespräche einlassen ist demgegenüber für die Frage ihrer Gesellschaftereigenschaft unerheblich, weil die fehlende Reaktion weder zwingend noch wahrscheinlich gegen eine Gesellschaftereigenschaft spricht. Ebenso kann es keine Rolle spielen, ob die Klägerinnen als Gesellschafter der K P P-N-Str. GbR im Grunduch als Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich der Gewerberaum befindet, eingetragen sind. Schon die Annahme des Beklagten, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Erwerbsvorgang hätte eingeleitet sein müssen, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht. Dass ein Nichteigentümer eine Vermietung vornehmen kann, hat das Landgericht zutreffend herausgestellt. Dann aber sind unter Berücksichtigung aller Umstände Zweifel an der Gesellschaftereigenschaft der Klägerinnen nicht gerechtfertigt, so dass auch keine Bedenken gegen eine Klage in gewillkürter Prozessstandschaft bestehen. Die Angaben im Kostenfestsetzungsverfahren ändern daran nichts, zumal die Vermieterin nach der geänderten Rechtsauffassung nunmehr tatsächlich wegen der fehlenden Identität mit ihren Gesellschaftern nicht als Klägerin anzusehen ist.

II. Nach alldem ist der Beklagte auch zur Zahlung des mit der im Wege der Anschlussberufung klageerweiternd geltend gemachten weiteren Mietzinsteilbetrag für den Monat November 1999 in Höhe von 301,90 EUR (= 590,46 DM) nach § 535 Satz 2 BGB verpflichtet, wobei auch dieser Anspruch durch die Klägerinnen geltend gemacht werden kann.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 284, 288 BGB a.F. in Verbindung mit Ziffer 8.1 des Mietvertrages.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache wegen der in dem Klagebetrag enthaltenen Nebenkostenvorschusse für die Zeit von Dezember 1999 bis Juli 2000 in Höhe von insgesamt 2.415,18 EUR (= 4.732,68 DM = 8 x 590,46 DM) für erledigt erklärt haben, ist über die hierauf entfallenden Kosten gemäß § 91 a Absatz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach sind diese anteiligen Kosten in entsprechender Anwendung des § 91 Absatz 1 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen. Denn er war nach dem Vertrag zur Zahlung dieser Vorschüsse verpflichtet. Diese Verpflichtung bestand auch zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit dieser Ansprüche am 9. September 2000. Der Anspruch auf Vorschuss ist dann aber im Laufe des Prozesses mit dem Ablauf eines Jahres nach dem Ende des Abrechnungszeitraumes untergegangen (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1998, 94, 2000, 218; OLG Hamburg, MDR 1989, 162).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

C. Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch, soweit das Gericht die Klage aller Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft in gewillkürter Prozessstandschaft als zulässig ansieht. Insoweit bedarf es keiner höchstrichterlichen Entscheidung, weil der Bundesgerichtshof bereits bisher den Gesellschafter ein die gewillkürte Prozessstandschaft rechtfertigendes Eigeninteresse zuspricht und an dieser Rechtsprechung festhält (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2002, VIII ZB 6/02, NJW 2002, 2958).

Ende der Entscheidung

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