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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.08.2005
Aktenzeichen: 8 U 70/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
Innerhalb des laufenden Mietverhältnisses ist der Vermieter grundsätzlich nicht berechtigt, die von ihm zu erbringenden Versorgungsleistungen einzustellen, wenn sich der Mieter mit der Zahlung von Mietzins im Verzug befindet.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 8 U 70/05

29.08.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber und die Richterinnen am Kammergericht Spiegel und Dr. Henkel beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 30.3.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des Landgerichts Berlin - 29 O 120/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 4.176,- EUR.

Gründe:

Die Berufung war nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordert.

Zur Begründung wird zunächst verwiesen auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 14.7.2005, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

" In der Sache

.............

beabsichtigt der Senat nach Vorberatung, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Senat hält das Urteil des Landgerichts jedenfalls im Ergebnis für zutreffend. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung ist folgendes zu bemerken:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war begründet, weil die Verfügungsbeklagte zur Einstellung der Stromversorgung nicht berechtigt war. Auszugehen ist davon, dass der Vermieter im laufenden Mietverhältnis nicht zur Einstellung der von ihm - wie hier - als Nebenpflicht übernommenen Belieferung des Mieters mit Energie- und Versorgungsleistungen berechtigt ist, weil ihm ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mietzinsrückständen grundsätzlich nicht zusteht (vgl. hierzu m. w. N. OLG Köln, Beschl. v. 26.4.2003 - 1 U 67/03, MietRB 2004, 318; OLGReport Köln 2004, 281). Die Einstellung der Versorgungsleistung stellt deshalb eine Besitzstörung und damit eine verbotene Eigenmacht nach § 858 Abs. 1 BGB dar. Dies gilt erst recht dann, wenn die Mieträume dem Mieter auch zu Wohnzwecken überlassen worden sind. So liegt der Fall hier, weil der Verfügungskläger nach dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag von der Gesamtfläche von 220 qm etwa 60 qm und damit 27 % zum Wohnen nutzt. Deshalb kommt es hier auch nicht darauf an, ob ausnahmsweise dann ein Zurückbehaltungsrecht in Betracht kommt, wenn ein erheblicher Zahlungsrückstand besteht (vgl. hierzu LG Freiburg, Urt. v. 27.9.1996 - 6 O 456/96, WuM 1997, 113 für Pachtverträge)."

An dieser Betrachtungsweise hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 25.8.2005 fest.

Soweit die Antragsgegnerin meint, dass der Senat mit der beabsichtigten Entscheidung von der Rechtsprechung des 12. Zivilsenats des Kammergerichts abweichen würde, trifft dies nicht zu. Die Entscheidung des 12. Senats vom 8.7.2004 - 12 W 21/04, GE 2004, 1171=KGReport Berlin 2004, 540 betraf den Fall der Unterbrechung der Wasserversorgung nach Beendigung des Mietverhältnisses, so dass es für den vorliegenden Rechtsstreit auf die zusätzlichen Erörterungen im Urteil betreffend die Annahme eines Zurückbehaltungsrechtes nicht ankommt.

Der Senat weicht auch nicht etwa von seiner eigenen Entscheidung vom 17.12.1998 - 8 U 7247/98, GE 2004, 622, ab. Auch dort ging es um die Einstellung der Versorgung nach beendetem Mietverhältnis, wobei der Senat eine verbotene Eigenmacht deshalb verneint hatte, weil der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zur Gebrauchsgewährung und damit zur Versorgung mit Wasser und Strom verpflichtet ist. Da das Mietverhältnis hier nicht beendet ist, kommt es auf diese Überlegung nicht an.

Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, dass nach den Grundsätzen der sog. Überwiegenstheorie das Mietverhältnis insgesamt als Geschäftsraummietverhältnis zu werten sei, mag das vom Grundsatz her zutreffend sein. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Räume tatsächlich auch zum Wohnen benutzt werden: dieser Umstand schließt in jedem Fall die - eigenmächtige - Einstellung von Versorgungsleistungen durch den Vermieter aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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