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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.05.2009
Aktenzeichen: 8 U 76/09
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HGB
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 115 Abs. 3 | |
ZPO § 222 Abs. 1 | |
ZPO § 222 Abs. 2 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 519 Abs. 2 Nr. 2 | |
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
BGB § 188 Abs. 2 | |
BGB § 545 | |
BGB § 736 Abs. 2 | |
HGB § 160 | |
HGB § 160 Abs. 1 S. 1 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 8 U 76/09
In dem Prozesskostenhilfeverfahren
hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Spiegel und den Richter am Landgericht Niebisch am 25. Mai 2009
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Beklagten zu 3. vom 6. April 2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Beklagte zu 3. ist durch das am 9. Februar 2009 verkündete Versäumnisteil- und Schlussurteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin, auf das verwiesen wird, zur Zahlung von 10.141,80 € nebst Zinsen verurteilt worden. Das Urteil ist ihm am 4. März 2009 zugestellt worden. Am 6. April 2009 (Montag) ist beim Kammergericht ein Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zu 3. für eine von ihm beabsichtigte Berufung hiergegen eingegangen. Diesem Antrag war eine Erklärung des Beklagten zu 3. über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 16. März 2009 auf dem dafür vorgesehenen Vordruck beigefügt. Unter Punkt E. hat der Beklagte zu 3. die Frage zu Einnahmen aus Kindergeld nicht beantwortet. Unter Punkt G hat er die Frage nach "Bank-, Giro-, Sparkonten u. dgl." nicht beantwortet und auch keine Belege zu Kontoständen eingereicht. Weiterhin hat er keine Belege für seine Angaben zu den Wohnkosten beigefügt.
II.
Der Antrag des Beklagten zu 3. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, da seine beabsichtigte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.
1.
Die beabsichtigte Berufung ist bereits unzulässig, da der Beklagte zu 3. die Berufungsfrist versäumt hat und ihm insoweit nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann. Dies führt dazu, dass die Berufung keinen Erfolg verspricht (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 126; Philippi in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 114 Rn. 28; Groß in Schoreit/Groß, Beratungshilfe Prozesskostenhilfe, 9. Aufl. 2008, § 114 ZPO Rn. 60; Zimmermann, Prozesskostenhilfe - insbesondere in Familiensachen -, 3. Aufl. 2007, Rn. 665).
a)
Die Berufungsfrist von einem Monat ab Zustellung des Urteils (§ 517 ZPO) ist am 6. April 2009 abgelaufen, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB. Innerhalb dieser Frist ist keine Berufungsschrift eingegangen. Der Schriftsatz vom 6. April 2009 ist eindeutig als Prozesskostenhilfeantrag bezeichnet worden und enthält nicht die Erklärung, dass schon hiermit gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt werden sollte, § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 2006, 140, 141).
b)
Dem Beklagten zu 3. kann auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden, da er die Berufungsfrist nicht unverschuldet versäumt hat, § 233 ZPO.
Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat zwar grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte. Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist neben der ordnungsgemäß ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die insoweit notwendigen Belege beigefügt waren, da der Antragsteller grundsätzlich nur dann davon ausgehen kann, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben (vgl. BGH NJW-RR 2008, 942).
Die Angaben des Beklagten zu 3. in seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse waren unvollständig. Zudem fehlten notwendige Belege zu den Wohnkosten. Deshalb durfte er nicht darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben.
Enthalten die Angaben im Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei jedoch unter Umständen gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht, wenn diese Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne Weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können. Gleiches gilt, wenn zwar einzelne Fragen zu den Einnahmen nicht beantwortet sind, sich aber auf Grund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt, dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind (vgl. BGH NJW-RR 2008, 942).
Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Da der Beklagte zu 3. angegeben hat, zwei minderjährige Kinder zu haben und zu unterhalten, drängt es sich nicht auf, dass er keine Kindergeldzahlungen erhält; andererseits ist dies auch nicht zwingend, da die Mutter der Kinder ebenfalls als Kindergeldempfängerin in Betracht kommt. Auch die Lücke wegen der fehlenden Angaben zu den Konten kann nicht durch andere Angaben geschlossen werden. Im Gegenteil ergibt sich aus dem vom Beklagten zu 3. eingereichten Gehaltsnachweis, dass er offenbar über ein Konto verfügt, auf das sein Gehalt überwiesen wird. Es drängt sich angesichts seiner sonstigen Angaben auch nicht auf, dass Konten des Beklagten zu 3. entweder gar keine oder jedenfalls keine gemäß § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzenden Guthaben aufweisen. Weiterhin kann die wegen der fehlenden Belege zu den Wohnkosten entstandene Lücke nicht durch seine sonstigen Angaben geschlossen werden.
2.
Im Übrigen hat die beabsichtigte Berufung auch mangels Begründetheit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht hat den Beklagten zu 3. zutreffend zur Bezahlung der offenen Mieten für Oktober 2007 und Januar bis Juli 2008 verurteilt. Es ist dabei unerheblich, ob der Beklagte zu 3. zum 1. Januar 2005 aus der zwischen ihm und dem Beklagten zu 2. bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (der früheren Beklagten zu 1.) ausgeschieden ist und der Beklagte zu 2. durch Übernahme Rechtsnachfolger der GbR geworden ist, da der Beklagte zu 3. jedenfalls gemäß § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB haftet.
a)
Die Mietverbindlichkeiten waren bereits vor dem 1. Januar 2005 begründet, § 160 Abs. 1 S. 1 HGB. Bei Dauerschuldverhältnissen ist die Rechtsgrundlage für die einzelnen Schuldverpflichtungen bereits im Vertrag selber angelegt mit der Folge, dass diese Schuldverpflichtungen mit dem Vertragsschluss als entstanden anzusehen sind, auch wenn einzelne Verpflichtungen erst später fällig werden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Verlauf des Dauerschuldverhältnisses in der Zukunft gewiss oder ungewiss war (vgl. BGH NJW 2002, 2170, 2171).
Unerheblich ist, dass der Mietvertrag in Gestalt der Nachtragsvereinbarung vom 28. Februar 2002 (Bl. 16 d.A.) zum 30. Juni 2006 enden sollte und der Mieter die Option aus Ziff. 2 S. 2 der Nachtragsvereinbarung nicht ausgeübt hat. Das Mietverhältnis hatte sich gemäß § 545 BGB auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, weil der Beklagte zu 3. den Verkaufsstand für Backwaren weiterhin genutzt hat und keine Vertragspartei der Verlängerung des Mietverhältnisses widersprochen hat. Auch dieser Verlauf war im ursprünglichen Vertrag, der § 545 BGB gerade nicht ausgeschlossen hat, angelegt; die Fortsetzung des Mietvertrages beruht nicht auf einer nach dem behaupteten Ausscheiden zwischen den Mietvertragsparteien vereinbarten Vertragsverlängerung.
b)
Die geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht durch eine Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. entfallen. Ausdrücklich hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt erklärt, auf die Inanspruchnahme des Beklagten zu 3. verzichten zu wollen. Dies ergibt sich auch nicht aus den Umständen, §§ 133, 157 BGB, zumal an derartige Erklärungen hohe Anforderungen zu stellen sind. Die Klägerin hat sogar trotz der mündlichen Erklärung des Beklagten zu 2. vom 13. Juni 2007, dass er das Geschäft jetzt allein betreibe, ihr Mieterhöhungsschreiben vom 7. April 2008 (Anlage K 6, Bl. 29-31 d.A.) und ihr Kündigungsschreiben vom 16. Mai 2008 (Anlage K 7, Bl. 32-34 d.A.) nicht an den Beklagten zu 2., sondern an die GbR gerichtet.
3.
Der Ausspruch zu den Kosten beruht auf § 1 GKG, § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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