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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 14.01.2002
Aktenzeichen: 8 U 8027/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 711
ZPO § 97 I
ZPO § 708 Ziff. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 8 U 8027/00

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 14. Januar 2002

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, die Richterin am Kammergericht Spiegel und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 28. August 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 650,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

1) Hauptantrag

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Mietvertrag auf Grund der Übersendung des Mietvertragsentwurfes durch den Kläger an die Beklagte nicht zu Stande gekommen ist, weil es an einer entsprechenden Vertragserklärung der Beklagten fehlte. Der Inhalt des Deckblatts, der die Unterzeichnung und Übersendung des Vertragsentwurfes als Angebot des Klägers unterbreitet, ist eindeutig. Selbst wenn sich die D. B. AG mit der Regelung in § 10 Abs. 4 des früheren Vertrages zur Abgabe eines Angebotes verpflichtet haben mochte, konnte dies nicht den erforderlichen Rechtsbindungswillen bei dem in Erfüllung dieser Verpflichtung abzugebenden Angebot ersetzen.

2) Hilfsantrag

Es besteht auch kein Anspruch des Klägers zum Abschluss eines Vertrages, wie mit dem Hilfsantrag geltend gemacht.

a) Entgegen seiner Ansicht kann der Kläger eine entsprechende Verpflichtung nicht aus § 10 Abs. 4 des Mietvertrages vom 3.1.1997 herleiten. Die Regelung: "Die D. wird sich im Rahmen der geplanten Umbaumaßnahmen des Empfangsgebäudes darum bemühen, dass dem Pächter nach Fertigstellung vorrangig ein vergleichbares Pachtobjekt angeboten wird" stellt sich nicht als Vorvertrag dar. Die Vereinbarung einer Verpflichtung zum Abschluss eines Hauptvertrages kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich die Parteien an sich rechtlich in bestimmter Weise schon jetzt binden wollen, dem aber derzeit noch ein Hindernis im Wege steht. Die zu fordernden besonderen Umstände, die einen schon bestehenden Bindungswillen anzunehmen (vgl. Bub/Treier/Reinstorf, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, II Rn. 139), könnten vorliegend zwar einerseits auf Seiten des Klägers mit dessen Interesse, seinen Standort am Ostbahnhof zu behalten, während dieser vor Abschluss der Umbauarbeiten noch nicht festgelegt werden konnte, gegeben gewesen sein. Andererseits fehlt es aber an der weiter zumindest erforderlichen Bestimmbarkeit des beabsichtigten Vertragsinhalts (vgl. Bub/Treier/Reinstorf, a.a.O., II Rn. 143; Palandt-Weidenkaff, BGB, Einf. vor § 535, Rn. 7) gerade im Hinblick auf den Standort, aber auch im Hinblick auf alle weiteren Vertragsbedingungen wie insbesondere den nach dem Umbau zu zahlenden Mietzins. Gerade das Fehlen diesbezüglicher Vereinbarungen spricht entscheidend gegen den Abschluss eines Vorvertrages.

b) Vielmehr sprechen die Umstände wie auch der Wortlaut der Vereinbarung allein für die Vereinbarung eines Anmietrechts, das dahin geht, den Vermieter zu verpflichten, ein Objekt zunächst dem Anmietberechtigten anzubieten, bevor es anderweitig angeboten wird. Hierbei besteht für den Vermieter keine Bindung darüber, zu welchen Konditionen des Mietobjekt angeboten wird (vgl. Bub/Treier/Reinstorf, a.a.O., II Rn. 184; Palandt-Weidenkaff, a.a.O., Einf. vor § 535, Rn. 7). Genau eine derartige Situation war hier gegeben. Der Abschluss des Vertrages vom 3.1.1997 fand vor dem geplanten Umbau des Ostbahnhofes statt. Dass es schon konkrete Planungen über die Ausgestaltung der Gewerbeflächen gegeben hätte, ist nicht ersichtlich, so dass eine bestimmte Fläche noch gar nicht hätte angeboten oder auch nur für einen beabsichtigten Vertrag hätte reserviert werden können. Ferner konnte der Kläger nicht mit bestimmten Mietkonditionen, insbesondere in Bezug auf den Mietzins, rechnen und damit, dass diese für ihn akzeptabel sein würden. Für eine weitergehende Bevorzugung bestand aus seiner Position heraus, soweit ersichtlich, auch kein Anlass. Der neue Vertragsentwurf weist aber wiederum nur die D. B., wenn auch mit einer anderen - aber unselbständigen - Unterorganisation auf (D. AG S. & S. statt zuvor D. Geschäftsbereich Personenbahnhöfe). Vertragspartei wäre somit weiterhin die D. gewesen. Auch wenn unmittelbar eine andere Organisationseinheit als Vertragspartei anzusehen wäre, wäre die nachfolgende, die offenbar nur auf Grund einer Umorganisation bei der D. an die Stelle der anderen Einheit trat, auf Grund des früheren Vertrages wohl ebenfalls verpflichtet. Entgegen dem Wortlaut konnte der Kläger daher der Regelung, auch den Umständen nach, durchaus einen gewissen Bindungswillen jedenfalls im Sinne eines Anmietrechts entnehmen, dies erst recht in Verbindung mit den vom Kläger vorgetragenen, von der Beklagten nicht richtig in Frage gestellten, mündlichen Zusage, er werde einen neuen Mietvertrag bekommen.

Selbst wenn die Beklagte aber ein danach bestehendes Anmietrecht verletzt hätte, besteht der geltend gemachte Anspruch auf Vertragsabschluss nicht.

Zum einen kann schon nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beklagte dem Kläger nur die Fläche Nr. hätte anbieten können und müssen, und nicht eine andere Fläche. Nach § 10 Abs. 4 des Pachtvertrages hätte die Beklagte eine vergleichbare Fläche anzubieten gehabt. Soweit der Kläger erstinstanzlich zunächst noch behauptet hatte, es sei ihm mündlich ein Vertrag über eine Fläche am gleichen Standort zugesichert worden, hält er dies selbst nicht mehr so aufrecht, sondern trägt nur über eine Zusage über einen Vertrag über eine vergleichbare Fläche vor. Ferner wäre ein Angebot nach der Vereinbarung nach Abschluss der Umbauarbeiten zu machen, d. h. die Beklagte konnte sich bis dahin Zeit lassen. Die Beklagte war demnach durch das Nichtzustandekommen des Vertrages über die Fläche Nr. nicht gehindert, später ein anderes Angebot zu machen. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit haben die Parteien keine besondere Vereinbarung getroffen, dass die andere Fläche nicht in einem anderen Bereich des Bahnhofes liegen dürfte. Selbst wenn aber die am 1.8.2000 angebotene Fläche und deren Lage nicht vergleichbar wäre und die früher angebotene Fläche Nr. noch frei wäre (was der Kläger erstinstanzlich bisher unwidersprochen vorgetragen hat), und es keine andere anmietbare Fläche mehr geben würde, würde daraus dennoch kein Anspruch des Klägers auf Abgabe eines Vertragsangebotes, erst recht nicht mit diesem bestimmten Inhalt, folgen. Denn im Falle des Anmietrechts ist der Vermieter gerade frei, zu welchen Bedingungen und auch wann er das Mietobjekt vermietet. Vermietet er an einen Dritten, ohne die Sache an den Begünstigten anzubieten, macht er sich allein schadensersatzpflichtig (vgl. Bub/Treier/Reinstorf, a.a.O., II Rn. 184). Allenfalls im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs würde sich daher die Frage stellen, ob das anderweitig angebotene Objekt geeignet war.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 I, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die in § 543 II genannten Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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