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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.06.2002
Aktenzeichen: 8 W 139/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO
Vorschriften:
ZPO § 141 | |
ZPO § 141 Abs. 3 | |
ZPO § 141 Abs. 3 Satz 1 | |
ZPO § 278 Abs. 3 | |
ZPO § 278 Abs. 3 Satz 2 | |
ZPO § 380 Abs. 3 | |
EGZPO § 26 Nr. 2 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 8 W 139/02
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin ohne mündliche Verhandlung am 27. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bieber, den Richter am Kammergericht Markgraf und den Richter am Amtsgericht Dr. Müther beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Landgerichts vom 18. April 2002, Az.: 31 O 508/98, zu Ziffer 1 wird bei einem Beschwerdewert in Höhe von 250 EUR aufgehoben.
Gründe:
Der Beschluss des Landgerichts vom 18. April 2002 ist aufzuheben. Der Ordnungsgeldbeschluss ist entsprechend § 380 Absatz 3 ZPO mit der Beschwerde angreifbar. Die Beschwerde des Klägers ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschluss dem Kläger erst am 7. Mai 2002 zugestellt worden ist, die Beschwerde aber bereits am 25. April 2002 eingegangen ist. Ein wirksamer Rechtsbehelf kann zwar grundsätzlich erst dann eingelegt werden, wenn die anzufechtende Entscheidung erlassen ist. Im vorliegenden Fall ist der Beschluss aber aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2002 ergangen und dementsprechend verkündet worden, so dass er mit der Verkündung an diesem Tag existent, wirksam und mit einem Rechtsbehelf angreifbar geworden ist.
Die Beschwerde ist auch begründet. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger die Einreichung eines ärztlichen Attestes zwar angekündigt, dieses aber bisher nicht eingegangen ist. Wäre der Kläger krankheitsbedingt an einem Erscheinen gehindert gewesen, wäre die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen seines Ausbleibens allerdings unzulässig gewesen. Die Festsetzung war aber aufzuheben, weil die Voraussetzungen des § 141 Absatz 3 Satz 1 ZPO nicht vorlagen. Davon abgesehen, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht zwingend ist und allgemein eine zurückhaltende Anwendung angemahnt wird, weil eine Partei bereits nicht zur Einlassung verpflichtet und die Erzwingung bloßer Anwesenheit nicht sinnvoll ist (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl. § 141 Rn. 11 (anders die Neuauflage); Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 141 Rn. 30) kommt die Verhängung eines Ordnungsgeldes jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht der Sachaufklärung dient, sondern allein zu einem Vergleichsschluss führen soll (vgl. OLG Köln, VersR 1995,1465; OLG Oldenburg, OLGR 1996, 11). Denn auch zu einem Vergleichsschluss kann eine Partei nicht gezwungen werden, so dass der Zweck des § 141 ZPO darin gesehen werden muss, dass der Verfahrensablauf durch eine Sachaufklärung der Parteien gefördert wird (vgl. OLG Brandenburg, OLGR 2001, 41; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 141 Rn. 16; a.A. etwa OLG München, OLGR 1992, 29). Eine derartige Sachaufklärung war aber durch die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien im vorliegenden Fall nicht angestrebt. Nach dem für die Terminanberaumung verwandten Formular diente die Anordnung zwar der Sachaufklärung. Nach dem beigefügten Schreiben des Vorsitzenden sollte aber über den Fortgang des Prozesses verhandelt werden, nachdem die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß dem Beweisbeschluss der Kammer vom 10. Februar 2000 durch den Tod des bestellten Sachverständigen zunächst behindert worden war. Zugleich wies der Vorsitzende in dem Schreiben aber darauf hin, dass ein neuer Vergleichsversuch unternommen werden sollte. Auch der von der Kammer im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 18 April 2002 erlassene Beschluss lässt keinen Hinweis darauf erkennen, dass die Kammer zu diesem Zeitpunkt noch Bedarf an der Aufklärung des Sachverhalts durch den Kläger gesehen hat.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber mit dem Zivilprozessreformgesetz in § 278 Absatz 3 ZPO eine entsprechende Anwendung des § 141 Absatz 3 ZPO für den Fa. vorgesehen hat, dass eine der Parteien nicht zu dem neu eingeführten Gütetermin erscheint und auch keinen zu einem Vergleichsabschluss ermächtigten Vertreter entsendet. Diese Vorschrift findet im vorliegenden Fall nach § 26 Nr. 2 EGZPO schon keine Anwendung, weil das vorhergende Verfahren bereits vor dem 1. Januar 2002 anhängig war. Darüber hinaus handelte es sich bei dem Termin vom 18. April 2002 auch nicht um den ersten Termin. Dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 278 Absatz 3 Satz 2 ZPO über den Fall der Güteverhandlung hinaus eine zwangsweise durchsetzbare Verpflichtung zum Erscheinen zu Vergleichsverhandlungen einführen wollte, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls griffen derartige Erwägungen hier schon deshalb nicht, weil die Parteien irrt Termin vom 8. Juli 1999 bereits einen Vergleich geschlossen hatten, den der Kläger widerrufen hatte. Dann aber kann die Durchführung von Vergleichsgesprächen bei einer - wie im vorliegenden Fall - im Wesentlichen gleichbleibenden Sachlage nicht durch die Verhängung eines Ordnungsgeldes erzwungen werden.
Nach alldem kommt es nicht mehr darauf an, dass dem Kläger nicht die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden durften, weil § 141 Absatz 3 ZPO nur die Verhängung eines Ordnungsgeldes vorsieht (vgl. dazu OLG Köln, NJW 1972, 1999). Denn der Beschluss konnte schon aus den vorstehenden Gründen keinen Bestand haben.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind Kosten des Rechtsstreits (vgl. dazu OLG Brandenburg, OLGR 2001, 41; OLG Köln, OLGR 1997, 102).
Die Beschwerde ist erfolgreich, so dass eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu treffen ist.
Ende der Entscheidung
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