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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.12.2005
Aktenzeichen: 8 W 81/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 91 a
ZPO § 91 a Abs. 2
ZPO § 93
ZPO § 276 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 567 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 81/05

29.12.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel am 29. Dezember 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 03. August 2005 wird der Beschluss der Abt. 8 des Amtsgerichts Tempelhof- Kreuzberg vom 18.Juli 2005 abgeändert:

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Beschwerdewert von bis zu 1.400,00 EUR zu tragen.

Gründe:

Die gemäß den §§ 91 a Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Dem Beklagten sind die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil er den Kautionsrückzahlungsanspruch nicht "sofort" im Sinne des § 93 ZPO anerkannt hat.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dem entspricht es regelmäßig, dass die Partei die Kosten zu tragen hat, die sie nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der §§ 91 ff. ZPO zu tragen gehabt hätte, wenn eine Erledigung nicht eingetreten wäre, wobei auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu beachten ist (vg. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Auflage, § 91 a ZPO, Rdnr. 24). Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil der Beklagte kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO abgegeben hat.

Zwar hat das Amtsgericht zu Recht angenommen, dass der Beklagte zur Klage keine Veranlassung gegeben hat. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte vor Klageerhebung zur Zahlung der Kaution aufgefordert worden ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet worden sind. Soweit die Klägerin mit der Beschwerde geltend macht, dass sie den Beklagten bereits mit Schreiben vom 22. August 2002 zur Rückzahlung der Kaution aufgefordert habe, kommt es hierauf nicht an. Denn zu dieser Zeit war der Kautionsrückzahlungsanspruch noch nicht fällig, weil das Mietverhältnis der Parteien unstreitig noch nicht beendet war. So hat die Klägerin noch mit Schreiben vom 02. September 2002 das Bestehen des Mietverhältnisses bestätigt und eine Kündigung erst mit Schreiben vom 28. April 2003 ausgesprochen.

Die Anwendung des § 93 ZPO scheitert jedoch daran, dass die Anerkenntniserklärung des Beklagten gemäß Schriftsatz vom 02. März 2005 nicht als sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO gewertet werden kann. Nach überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur liegt bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens ein sofortiges Anerkenntnis nur vor, wenn das Anerkenntnis innerhalb der zweiwöchigen Notfrist des § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO bzw. in der innerhalb dieser Frist eingereichten Erklärungsschrift abgegeben wird, während ein nach vorheriger Erklärung der Verteidigungsbereitschaft erst in der späteren Klageerwiderung erklärtes Anerkenntnis nicht mehr als sofortiges anzusehen ist (Thomas/Putzo, ZPO; 27. Auflage, § 93 ZPO, Rdnr. 9; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 64. Auflage, § 93 ZPO, Rdnr. 97; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Auflage, § 93 ZPO), Rdnr. 6; Musielak, ZPO, 4. Auflage, § 93 ZPO, Rdnr. 5; OLG Karlsruhe OLG Report 2004,513; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1573,1575; OLG Dresden Beschluss vom 08.04.03 - 11 W 428/03 -, JURIS ; OLG Zweibrücken NJW-RR 2002,138; OLG Köln OLG-Report 2002,160; Kammergericht KG- Report 2001,403; OLG Braunschweig JurBüro 1999,36; OLG Celle NJW- RR 1998,1370; OLG Nürnberg MDR 1998,680; a.A. OLG Bamberg NJW- RR 1996,392; OLG Schleswig MDR 1997,971; OLG Hamburg MDR 2002,421; Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 93 ZPO, Rdnr. 4). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an. Im schriftlichen Vorverfahren ist nach der Verteidigungsanzeige in der Regel kein sofortiges Anerkenntnis mehr anzunehmen. Maßgeblich ist grundsätzlich, zu welchem Zeitpunkt das Anerkenntnis erstmals abgegeben werden kann. Es muss daher bei der ersten Gelegenheit erklärt werden, bei der ein Anerkenntnisurteil ergehen kann. Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 09. Februar 2005 zunächst seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt. Erst im nachfolgenden Klageerwiderungsschriftsatz hat er das Anerkenntnis erklärt. Erklärt aber der Beklagte im erstem Schriftsatz seine uneingeschränkte Verteidigungsbereitschaft - wie vorliegend -, so kann ein späteres Anerkenntnis die Kostenfolge des § 93 ZPO nicht mehr auslösen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

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