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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 06.03.2007
Aktenzeichen: 9 W 148/06
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 15 Abs. 2
Der Wert einer Beschwerde gemäß § 15 Absatz 2 BNotO mit dem Ziel, den Notar anzuweisen, beim Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung zu beantragen, richtet sich auch dann nach dem vollen vereinbarten Kaufpreis, wenn lediglich die Erfüllung eines Restbetrages des Kaufpreises durch Aufrechnung mit Gegenforderungen zwischen den Kaufvertragsparteien im Streit steht.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 9 W 148/06

06.03.2007

In dem Notarbeschwerdeverfahren gem. § 15 BNotO

betreffend eine Amtshandlung des Notars Pnn Bnn , Bnnnnstraße 6, nnn Bnnn UR.-Nr. 107/2000

hier: Geschäftswertfestsetzung

hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Nippe, die Richterin am Landgericht Dr. Zilm sowie den Richter am Kammergericht Damaske beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Geschäftswertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts vom 10. August 2006 (84 T 274/06) wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer hat mit seiner Beschwerde vom 22. Juni 2006 gemäß § 15 Absatz 2 BNotO beantragt, den Notar anzuweisen, beim Grundbuchamt die Eintragung des Beschwerdeführers als Eigentümer zweier Eigentumswohnungen zu beantragen. Der vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 262.111,53 Euro war bis auf einen Restbetrag in Höhe von 11.669,57 Euro, dessen Erfüllung durch Aufrechnung mit Gegenforderungen zwischen den Kaufvertragsparteien im Streit steht, gezahlt. Das Landgericht hat den Beschwerdeantrag durch Beschluss vom 10. August 2006 zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdeverfahrens in Höhe des vollen Kaufpreises festgesetzt.

Gegen die Wertfestsetzung wendet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 08. September 2006, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Der Beschwerdeführer meint, der Wert sei nicht in Höhe des vollen, sondern lediglich in Höhe des noch ausstehenden Kaufpreises festzusetzen.

II.

Die gemäß § 31 Absatz 3 KostO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.

Nach § 131 Absatz 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 15 Absatz 1 Satz 3 BNotO) nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten - zu denen das Verfahren nach § 15 Absatz 1 BNotO gehört - ist daher der Wert des Beschwerdegegenstands in der Regel gemäß § 30 Absatz 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. (OLGR München 2006, 646; BayObLG NotBZ 2000, 59; OLGR Frankfurt 1997, 273)

Allgemein anerkannt wird der Geschäftswert durch einen in Abhängigkeit von der Art des verfahrensgegenständlichen Geschäftes bestimmten Prozentsatz des Beziehungswertes, welcher nach dem Maß der Einwirkung des Geschäfts auf das Wirtschaftsgut zu bemessen ist, gebildet (vgl. Reimann in Korintenberg, KostO, 16. Auflage, § 30, Rdnr. 8).

Bei der Ermittlung des Beziehungswertes können die speziellen Vorschriften der Kostenordnung für die Festsetzung des Geschäftswerts im ersten Rechtszug als Anhaltspunkte für die vorzunehmende Schätzung herangezogen werden (BayObLG NotBZ 2000, 59). Aus § 20 Absatz 1 Satz 1 KostO folgt hiernach, dass als Beziehungswert der im Kaufpreis ausgedrückte Wert des Wirtschaftsgutes angesetzt werden kann. Hiernach entspricht der Beziehungswert vorliegend dem Kaufpreis in Höhe von 262.111,53 Euro.

Dieser Beziehungswert ist vorliegend in voller Höhe anzusetzen, weil das Wirtschaftsgut insgesamt Gegenstand der Beschwerde ist.

Da es bei der Bestimmung des Geschäftswertes vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers ankommt, ist maßgeblich, was dieser vom Notar verlangt und was Ziel dieses Verlangens ist. Vorliegend hat der Beschwerdeführer vom Notar verlangt, die Eintragung als Eigentümer der verkauften Eigentumswohnungen beim Grundbuchamt zu beantragen. Es ging dem Beschwerdeführer mithin darum, das Eigentum an den Wohnungen zu erlangen. Dies ist das wirtschaftliche Interesse, welches der Beschwerdeführer mit dem verlangten Tätigwerden des Notars verfolgte. Geht es den Beteiligten darum, dass der Notar einen Kaufvertrag vollziehen soll, bildet der Kaufpreis den maßgeblichen Bezugswert. Unerheblich ist hierbei, ob bereits Zahlungen geleistet sind (Müller-Magdeburg, Rechtsschutz gegen notarielles Handeln, Rn. 414).

2.

Nicht anwendbar ist hier die Rechtsprechung zur Streitwertfestsetzung gemäß § 63 GKG bzw. § 3 ZPO.

Insoweit mag für die Auflassungsklage im Zivilprozess vertretbar sein, den Streitwert nicht in Höhe des Grundstückswertes anzusetzen, wenn der Streit lediglich wegen einer minimalen Gegenforderung geführt wird (Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar für den Zivilprozess, 12. Auflage, Rn. 458). Deshalb mag sich im Zivilprozess der Wert einer auf Auflassung eines Grundstücks gerichteten Klage jedenfalls dann nach dem Wert streitiger Gegenforderungen bemessen, wenn jener im Vergleich zu dem Wert des Grundstücks von nur untergeordneter Bedeutung ist und die Pflicht zur Abgabe der Auflassungserklärung dem Grunde nach unstreitig besteht (KGR 2003, 55). Dies lässt sich auf die Geschäftswertbemessung gemäß § 31 KostO jedoch nicht übertragen.

Im vorliegend zu Grunde liegenden Beschwerdeverfahren gemäß § 15 BNotO war es nicht das Interesse des Beschwerdeführers lediglich das Erlöschen der streitigen Restkaufpreisforderung zwischen ihm und dem Vertragspartner gerichtlich zu klären. In einem Zivilprozess über die Auflassungsklage des Beschwerdeführers gegen den Verkäufer könnte insoweit das wirtschaftliche Interesse der Parteien allein darin bestehen, die Erfüllung der streitigen Restkaufpreisforderung durch Aufrechnung mit Gegenforderungen festzustellen. Vorliegend wendete sich der Beschwerdeführer jedoch nicht gegen seinen Vertragspartner mit dem Ziel dessen Widerstand im Hinblick auf die Anerkennung der Aufrechnung als Erfüllung der streitigen Restkaufpreisforderung zu brechen. Vielmehr war es Ziel des an den Notar gerichteten Verlangens, die Eintragung als Eigentümer der verkauften Eigentumswohnungen beim Grundbuchamt zu beantragen, und dies gerade ohne den Streit mit dem Vertragspartner (in einem Zivilprozess) auszufechten. Das wirtschaftliche Interesse gegenüber dem Notar bestand daher in der Erlangung des Eigentums an den Eigentumswohnungen insgesamt.

3.

Der Hinweis auf § 21 Absatz 2 KostO, wonach bei der Begründung von Wohnungseigentum als Geschäftswert die Hälfte des Werts des Grundstücks anzunehmen ist, geht ebenfalls fehl.

§ 21 Absatz 2 KostO bestimmt den Geschäftswert nur für die Begründung von Wohnungseigentum. Die Begründung erfolgt durch Teilungserklärung nach § 8 WEG und entsprechende Grundbucheintragung. Damit ist der Begründungsvorgang abgeschlossen. Auf Geschäfte nach dieser Begründung des Wohnungseigentums ist § 21 Absatz 2 KostO nicht anwendbar. Wird über ein bereits begründetes Wohnungseigentum verfügt, gelten die allgemeinen Wertbestimmungen. (Korintenberg/Schwarz, KostO, 16. Auflage, § 21, Rn. 1 ff)

4.

Die Wertfestsetzung beeinträchtigt den Beschwerdeführer auch nicht in seinem grundrechtlich geschützten Justizgewährungsanspruch.

Zwar wäre es mit diesem Anspruch unvereinbar, wenn einer Partei für den Zugang zu einem gerichtlichen Verfahren Kosten entstehen, die außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrensgegenstandes stehen, weil dann ihre Entscheidungsfreiheit, ob sie ihr Recht gerichtlich durchsetzen soll, in rechtsstaatlich nicht mehr zu vertretender Weise beeinträchtigt wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine unzumutbare Erschwerung des Rechtswegs regelmäßig dann zu bejahen, wenn schon das Gebührenrisiko für eine Instanz das wirtschaftliche Interesse eines Beteiligten an dem Verfahren erreicht oder sogar übersteigt (BVerfG NJW-RR 2000, 946). Dies ist hier aber nicht der Fall, weil - wie oben ausgeführt - das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers in dem vorliegenden Verfahren gegen den Notar dem Wert des Grundstücks entspricht.

Eine von Verfassungs wegen bedenkliche Grenze wird hier, selbst wenn man den Wert an der streitigen Restkaufpreisforderung in Höhe von 11.669,57 Euro orientiert, ohnehin nicht erreicht. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren betragen bei einem Wert von 262.111,55 Euro lediglich 231,00 Euro (1/2 Gebühr gemäß § 131 Absatz 1 Satz 1 Ziff. 1 KostO), die Vergütung eines Rechtsanwalts 1.281,80 Euro (0,5 Gebühr gemäß Nr. 3500 RVG VV zzgl. Pauschale gemäß Nr. 7002 RVG VV zzgl. MWSt.). (Für einen Rechtsstreit nach einem Wert von 11.669,57 Euro betrügen die Gerichtskosten 657,00 Euro und die Vergütung eines Rechtsanwalts 1.548,60 Euro.)

Ende der Entscheidung

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