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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.02.2001
Aktenzeichen: 9 W 7474/00
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB § 839
GG Art. 34
Polnische Staatsangehörige können die Bundesrepublik Deutschland für während des zweiten Weltkrieges in der Landwirtschaft geleistete Zwangsarbeit nicht auf Entschädigungsleistungen in Anspruch nehmen.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 9 W 7474/00 23 O 231/00 LG Berlin

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 18. Juli 2000 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 3. Juli 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Kammergericht Baumeister, des Richters am Kammergericht Ninnemann und der Richterin am Kammergericht Junck am 19. Februar 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Gerichtsgebühr hat die Antragstellerin zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Gegenstand des Verfahrens ist -- ebenso wie in einer Vielzahl gleichgelagerter, dem Senat zur Entscheidung vorliegender Fälle -- das Gesuch um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage polnischer Staatsangehöriger auf Entschädigung für in der Landwirtschaft geleistete Zwangsarbeit in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Wegen der weiteren Einzelheiten wird in entsprechender Anwendung von § 543 Abs. 1 ZPO auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Das Landgericht hat die begehrte Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, das Völkerrecht eröffne keine individualrechtlichen Ansprüche und die allein nach innerstaatlichem Recht in Betracht kommenden Ansprüche aus Amtshaftung scheiterten an der Ausschlussregelung des § 8 Abs. 1 BEG.

Dagegen richtet sich die Beschwerde, mit der unter Bezugnahme auf die bisherigen Ausführungen insbesondere gerügt wird, dass es sich bei den hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen um schwierige und bislang ungeklärte Rechtsfragen handele, die nach verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern nur in einem Hauptsacheverfahren zu entscheiden seien.

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige (§§ 567, 569 ZPO) Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil Ansprüche gegen die Antragsgegnerin wegen geleisteter Zwangsarbeit aus mehrfachen Gründen nicht bestehen.

I.

Die streitgegenständlichen Ansprüche werden auf in Deutschland geleistete Zwangsarbeit sowie im Wesentlichen auf deutsche Rechtsvorschriften gestützt. Unabhängig von der Frage, inwieweit darin schon eine stillschweigende Rechtswahl zu sehen wäre, findet auf das Rechtsverhältnis der Parteien deutsches Recht Anwendung (Art. 38, 40 EGBGB. vgl. OLG Köln NJW 1999, 1555, 1556). Dies gilt allerdings nicht für die Rechtsnachfolge von Todes wegen; diese unterliegt gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes angehörte, hier also polnischem Recht. Bedenken, die sich daraus für die Aktivlegitimation oder die Prozessführungsbefugnis in den Fällen ergeben könnten, in denen Ansprüche aufgrund Erbfolge geltend gemacht werden, braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden, da es auf sie für die Entscheidung nicht ankommt.

II.

Unmittelbare Ansprüche gegen die Antragsgegnerin aufgrund Völkerrechts bestehen nicht. Das "Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs" vom 18. Oktober 1907 (Haager Landkriegsordnung -- HLKO) begründet ebenso wie das Genfer "Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen" vom 27. Juli 1929 als Völkervertragsrecht nur Rechte und Pflichten zwischen den beteiligten Staaten, verleihen dem Einzelnen aber keine vor den innerstaatlichen Gerichten individuell durchsetzbaren subjektiven Rechte (OVG Münster NJW 1998, 2302, 2304; Hahn, Individualansprüche auf Wiedergutmachung von Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg, NJW 2000, 3521; Randelzhofer, Entschädigung für Zwangsarbeit?, 1994, 23--25). Auf die Frage, ob der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Sachverhalt überhaupt der HLKO unterfällt, kommt es deshalb nicht an.

III.

Die geltend gemachten Ansprüche können mithin allein aus innerstaatlichem Recht hergeleitet werden.

1. Ansprüche auf Vergütung erbrachter Leistungen (§ 611 BGB) oder auf Ausgleich unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB) scheiden gegenüber der Antragsgegnerin schon deshalb aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen derartiger Ansprüche weder dargetan noch ersichtlich sind.

2. Ansprüche nach dem Bundesentschädigungsgesetz scheiden schon deshalb aus, weil dieses keine Rechtsgrundlage enthält, nach der Entschädigung für geleistete Zwangsarbeit verlangt werden kann (BVerfG NJW 1996, 2717, 2718; OVG Münster NJW 1998, 2302, 2305).

3. In Betracht kommen daher allein Ansprüche aus Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB, Art. 34 GG, 131 WRV).

a) Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass bislang zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Amtspflichtverletzung in der prozessual gebotenen Form nicht ausreichend vorgetragen ist. Der Senat hat allerdings bereits entschieden, dass die Heranziehung zu Zwangsarbeit eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellt (KG, Beschluss vom 6. Juni 2000, KGR Berlin 2000, 257). Schwere Persönlichkeitsrechtsverletzungen gebieten nach allgemeinen Grundsätzen eine billige Entschädigung in Geld. Der Senat hat insoweit einen einheitlichen Entschädigungsanspruch bejaht, der nicht zwischen dem eigentlichen Schmerzensgeld für immaterielle Schäden und der Vergütung für geleistete Arbeit unterscheidet, sondern beides nur zur Bemessungsgrundlage eines solchen einheitlichen Anspruchs macht. Bei einer derartigen Betrachtungsweise kommt es daher nicht darauf an, ob in der Aufwendung der eigenen Arbeitskraft ein ersatzfähiger Vermögensschaden liegt (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Rdnr. 37. Vorbem. vor § 249 BGB; offengelassen für einen vergleichbaren Fall: BGHZ 48, 125, 133) und ob die Arbeitsleistung überhaupt der Antragsgegnerin als solcher zugute gekommen ist.

b) Der Inanspruchnahme der Antragsgegnerin stehen auch völkerrechtliche Regeln nicht entgegen.

Insbesondere steht ihr kein völkerrechtlicher Grundsatz entgegen, wonach Ansprüche aus Kriegshandlungen nur von Staat zu Staat und nicht auch individuell geltend gemacht werden könnten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 13. Mai 1996 (NJW 1996, 2717, 2719) den Standpunkt vertreten, dass eine Regel des Völkergewohnheitsrechts über eine derartige "Exklusivität", wonach Entschädigungsregelungen im Zusammenhang mit Kriegsfolgen nur im Rahmen völkerrechtlicher Verträge, insbesondere im Rahmen von Friedensverträgen getroffen werden könnten, nicht bestehe. Soweit durch internationale Verträge Individualforderungen ausgeschlossen seien, sei dies stets ausdrücklich neben den Forderungen der Staaten geregelt worden.

Umstritten ist allein, ob etwaige Individualansprüche durch die polnische Erklärung vom 23. August 1953 (Zbior Dokumentow 1953, Nr. 9, S. 1830, 1831), auf Grund derer Polen mit Wirkung vom 1. Januar 1954 auf die Zahlung von Reparationen durch Deutschland verzichtet hat, erloschen sind. Klarheit besteht nur insoweit, als darin ein materieller Anspruchsverzicht des polnischen Staates gegenüber Deutschland als Ganzem gesehen wird (BVerfG NJW 1975, 2287, 2290; OVG Münster NJW 1998, 2302, 2303). Streitig ist hingegen, ob davon auch individuelle Forderungen polnischer Staatsangehöriger erfasst werden (bejahend: wohl Randelzhofer, a.a.O., S. 70; verneinend: Landgericht Bonn, Urteil vom 24. September 1997 -- 1 O 134/92 -- zitiert nach: Klaus Barwig, Entschädigung für NS-Zwangsarbeit, 1998, S. 248, 265; Frauendorf. Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit - ein aktuelles Problem, ZRP 1999, S. 1, 4; offengelassen: BVerfG NJW 1996, 2717, 2720; OVG Münster NJW 1998, 2302, 2303 -- in der Tendenz aber wohl eher verneinend).

Es spricht vieles dafür, dass auch der Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 (Zwei-Plus-Vier-Vertrag, BGBl. II, 1318 ff.) sowie der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenzen vom 14. November 1990 (Deutsch-Polnischer Grenzvertrag. BGBl. II, 1329 ff.) die hier geltend gemachten Individualansprüche nicht zum Erlöschen gebracht haben (so auch Landgericht Bonn a. a. O. S. 270; Heß in: Barwig a. a. O., S. 90; Küpper, Die neuere Rechtsprechung in Sachen NS-Zwangsarbeit, KJ 1998, 246, 251).

IV.

Die Inanspruchnahme der Beklagten scheitert aber jedenfalls daran, dass derartige Ansprüche nach innerstaatlichem Recht ausgeschlossen sind.

1. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage mit der Begründung verneint, die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs sei nach § 8 Abs. 1 BEG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift können Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Ersatz von Schäden, die auf Maßnahmen beruhen, die aus den Verfolgungsgründen des § 1 BEG getroffen worden sind, nur nach dem Bundesentschädigungsgesetz geltend gemacht werden. Die ganz herrschende Meinung, der sich der Senat anschließt, sieht darin eine abschließende Entschädigungsregelung für nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen, die -- zulässig auch in ihrer anspruchsverkürzenden Wirkung -- den Kreis der Anspruchsberechtigten und der zu entschädigenden Folgen der Verfolgung dergestalt begrenzt, dass eine Inanspruchnahme nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ausgeschlossen ist. Eine gesonderte Entschädigung für geleistete Zwangsarbeit ist danach nicht vorgesehen (BVerfG NJW 1996, 2717, 2718; OLG Köln NJW 1999, 1555, 1556 ff.; KG, Beschluss v. 23. Mai 2000 -- 14 W 1577/00; Blessin/Giessler, Bundesentschädigungsgesetz, 1967. Anm. II 1 zu § 8 BEG; Becker/Huber/Küster, Bundesentschädigungsgesetz. 1955. Anm. 1. zu § 9 BEG; van Dam/Loos, Bundesentschädigungsgesetz, 1957. Anm. 2. zu § 8 BEG; Brunn/Hebenstreit, Bundesentschädigungsgesetz, 1965, Rn. 1 zu § 8 BEG; a.A. Küpper a.a.O. KJ 1998, 246, 251, der die Auffassung vertritt, dass Ansprüche solcher Verfolgter von § 8 BEG unberührt bleiben, die infolge des subjektiven Territorialitätsprinzips des § 4 BEG keine Anträge nach dem BEG haben stellen können).

Im Hinblick auf Sinn und Zweck der gesamten Entschädigungsgesetzgebung, nämlich die gegen das Deutsche Reich begründeten Ansprüche unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland abschließend sowie überschau- und berechenbar zu regeln, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes auch ein negativer Regelungsgehalt des Inhalts innewohnt, dass sie von NS-Verfolgungsmaßnahmen Betroffene von Ansprüchen nach den allgemeinen Vorschriften ausschließen. Durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ist dies in den Jahrzehnten des Bestehens des Bundesentschädigungsgesetzes nicht begegnet (vgl. auch OLG Köln NJW 1999, 1555, 1559; Randelzhofer a.a.O. S. 59).

Nach dem Wortlaut von § 8 Abs. 1 BEG erstreckt dieser seine anspruchsverkürzende Wirkung auf Ansprüche aufgrund der Verfolgungstatbestände des § 1 BEG, mithin im Wesentlichen auf Maßnahmen der Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen. Auch § 2 BEG verweist auf die Verfolgungsgründe des § 1 BEG. Daneben tritt Art. VI BEG-Schlussgesetz, der in Nr. 1 auch die aus Gründen der Nationalität Verfolgten in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbezieht und in Nr. 3. Abs. 1 die Vorschrift des § 8 BEG für entsprechend anwendbar erklärt. Würde daher die Heranziehung zur Zwangsarbeit in der Landwirtschaft einen der Verfolgungstatbestände des Bundesentschädigungsgesetzes erfüllen, wären die hier geltend gemachten Ansprüche auf Entschädigung für geleistete Zwangsarbeit nach § 8 Abs. 1 BEG ausgeschlossen, auch wenn etwaige Ansprüche wegen des subjektiven Territorialitätsprinzips oder aus anderen Gründen nicht hatten geltend gemacht werden können (vgl. Féaux de la Croix, Die Kriegsfolgenschlussgesetzgebung, 3. Lfg., 1958, Anm. 2 zu § 5 AKG).

Allerdings kann im vorliegenden Fall auf Grund der vorgetragenen Tatsachen nicht festgestellt werden, dass die Heranziehung zu Zwangsarbeit eine solche Verfolgungsmaßnahme im Sinne der Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes darstellte. Dafür, dass die Verpflichtung zu Zwangsarbeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen erfolgte, ist konkret nichts dargetan. In Betracht kommt danach allein eine Verfolgung aus Gründen der Nationalität (Art. VI Nr. 1 -- BEG SchlG). Der Bundesgerichtshof hat aber entschieden, dass die Verschickung eines polnischen Staatsbürgers als Zwangsarbeiter nach Deutschland ohne Hinzutreten besonderer weiterer Umstände keine Verfolgung aus Gründen der Nationalität dargestellt habe, weil sie ausschließlich im Zuge der Arbeitskräftebeschaffung für das Deutsche Reich erfolgt und die Nationalität der Zwangsarbeiter den deutschen Einsatzkräften gleichgültig gewesen sei (BGH RzW 1961, 184, 185; vgl. auch OLG München RzW 1955, 54; van Dam/Loos a.a.O. Anm. 5 h zu § 167 BEG a.F.; Brunn/Hebenstreit a.a.O. Rn. 4 zu Art. VI Nr. 1 BEG). Erfüllt danach die Heranziehung zu Zwangsarbeit im vorliegenden Fall keinen der Verfolgungstatbestände des Bundesentschädigungsgesetzes, so stellt sich die Frage, inwieweit der Anspruchsausschluss des § 8 Abs. 1 BEG auch für diese Fälle sonstiger rechtswidriger Maßnahmen eingreift. Allerdings wird das Bundesentschädigungsgesetz nicht dahingehend zu verstehen sein, dass es sämtliche Ansprüche aus NS-Unrecht positiv oder im Sinne eines weitergehenden Anspruchsausschlusses negativ regelt. Ansprüche aus rechtswidrigen Maßnahmen des Deutschen Reichs, die nicht unter die Verfolgungstatbestände des Bundesentschädigungsgesetzes fallen, begründen keine Ansprüche nach dem Bundesentschädigungsgesetz, sondern werden durch das Allgemeine Kriegsfolgengesetz vom 5. November 1957 -- AKG -- (BGBl. I, 1747) geregelt (Brunn/Hebenstreit a.a.O. Rn. 2 zu § 8 BEG; van Dam/Loos a.a.O. Anm. 2 b zu § 8 BEG). Gleichwohl muss die Regelung des § 8 Abs. 1 BEG jedenfalls auf die hier geltend gemachten Entschädigungsansprüche erstreckt werden. Das Bundesentschädigungsgesetz regelt spezifische Tatbestände besonders schweren NS-Unrechts. Es begründet jedoch keine Ansprüche auf Entschädigung für geleistete Zwangsarbeit als solche, sondern schließt derartige Ansprüche für die nach dem Bundesentschädigungsgesetz grundsätzlich anspruchsberechtigten Personengruppen über § 8 Abs. 1 BEG ausdrücklich aus. Stehen aber den von schwersten Verfolgungsmaßnahmen Betroffenen derartige Ansprüche nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu, kann daraus nur der Schluss gezogen werden, dass Ansprüche auf Entschädigung für geleistete Zwangsarbeit generell ausgeschlossen werden sollten, denn es erscheint nicht gerechtfertigt, die von Verfolgungsmaßnahmen nach dem Bundesentschädigungsgesetz Betroffenen von solchen Ansprüchen auszuschließen, sie aber anderen Personengruppen nach allgemeinen Vorschriften zu eröffnen.

2. Für den Fall, dass man die geltend gemachten Ansprüche nicht als durch das Bundesentschädigungsgesetz ausgeschlossen ansehen sollte, wären sie jedenfalls nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AKG erforschen.

Das AKG regelt das Erlöschen von Verbindlichkeiten jedweder Art gegen das Deutsche Reich, es erfasst mithin auch Ansprüche aus Amtspflichtverletzung (Döll, Allgemeines Kriegsfolgengesetz, 1958, Anm. 3 zu § 1 AKG; Pagenkopf, Allgemeines Kriegsfolgengesetz, 1958, Anm. 1 zu § 1 AKG). Danach sind gemäß § 1 Abs. 1 AKG diese Ansprüche mit Inkrafttreten des Gesetzes erloschen, soweit dieses selbst nichts anderes bestimmt. Unberührt davon bleiben nach § 1 Abs. 2 AKG Ansprüche, die bereits aufgrund anderer bestehender Gesetze eine Regelung erfahren haben. Daraus folgt, dass das AKG nur für Schadensbereiche eingreift, die nicht in besonderen Gesetzen positiv oder negativ behandelt worden sind (Féaux de la Croix a.a.O. Anm. 12. zu § 1 AKG), mithin nicht für Ansprüche auf Ersatz von Schäden eingreift, die dem Betroffenen aus den Gründen des § 1 Abs. 1 BEG, Art. VI Nr. 1 BEG-SchlG zugefügt worden sind (Feaux de la Croix a.a.O. Anm. 16. zu § 1 AKG; vgl. auch § 5 Abs. 2 Nr. 3 AKG).

Das AKG nimmt bestimmte Ansprüche von der allgemeinen Folge des Erlöschens aus. In Betracht kommt hier aber allein § 5 Abs. 1 Nr. 2 AKG, wonach Ansprüche, die auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, zu erfüllen sind. Allerdings begrenzt diese Vorschrift die Erfüllung der Höhe nach auf den Betrag der Leistungen, die das Bundesentschädigungsgesetz für Schäden dieser Art vorsieht. Da dieses Gesetz aber keine Ansprüche wegen geleisteter Zwangsarbeit gewährt (vgl. BVerfG NJW 1996, 2717, 2718), sind derartige Ansprüche auch nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AKG zu erfüllen, sondern nach § 1 Abs. 1 AKG erloschen. Ob daneben Ansprüche wegen Freiheitsentziehung (vgl. § 43 Abs. 3 BEG) begründet wären, für die bislang Ausreichendes gleichfalls nicht vorgetragen wäre, kann dahinstehen, denn hinzu kommt Folgendes:

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 AKG sind Ansprüche nach § 5 AKG nur zu erfüllen, wenn der Betroffene am 31. Dezember 1952 seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des AKG hatte oder in einem Staat, der die Regierung der Bundesrepublik Deutschland am 1. April 1956 anerkannt hatte. Beides war hier nicht der Fall; Polen hat die Bundesrepublik Deutschland erst nach diesem Zeitpunkt anerkannt (Féaux de la Croix a.a.O. Anm. B 2. zu § 6 AKG; Ernst-Jung-Kellmereit, Allgemeines Kriegsfolgengesetz, 11. Lfg., 1969, Anm. 4e zu § 33 AKG; Randelzhofer a.a.O. S. 60). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen des AKG bestehen im Hinblick auf Art. 135a GG nicht (vgl. Randelzhofer a.a.O. S. 15; Féaux de la Croix a.a.O. Anm. 5. zu § 1 AKG m.w.N.). So hat auch das Bundesverfassungsgericht (NJW 1996, 2717 ff.) keinen Anlass gesehen, die Verfassungsmäßigkeit des AKG in Frage zu stellen und dazu insbesondere ausgeführt, dass eine verbesserte Finanzlage nicht zur nachträglichen Änderung einer vom früheren Standpunkt aus sachgerechten Regelung verpflichte, wirtschaftliches Wachstum also nicht dazu zwinge, ursprünglich im Hinblick auf die begrenzte Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland sachgerechte Entschädigungsregelungen einer neuen Beurteilung zuzuführen (a.a.O. S. 2718).

Soweit vereinzelt vertreten wird (Küpper a.a.O. S. 252), auf ausländische Gläubiger finde das AKG wegen § 101 AKG keine Anwendung, ist dem nicht zu folgen. Nach dieser Vorschrift bleiben die Bestimmungen des Londoner Schuldenabkommens vom 27. Februar 1953-LSA -- (BGBl. II, 331 ff.) unberührt. Aus Art. 5 Abs. 2 des Abkommens, wonach die Prüfung der aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen von Staaten oder einzelnen Personen bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt war, folgt nicht, dass entsprechende Ansprüche ausländischer Gläubiger nicht nach § 1 Abs. 1 AKG erlöschen konnten. Die Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 LSA begründet keine Forderungen, sondern setzt solche lediglich voraus (Randelzhofer, a.a.O., S. 16). Die Bedeutung von § 101 AKG i.V.m. Art. 5 Abs. 2 LSA liegt vielmehr darin, dass zivilrechtliche Ansprüche selbst dann nicht erfüllt werden konnten, wenn sie nach ihrer Art nach dem AKG erfüllbar waren. Dies führt aber nicht dazu, dass solche Ansprüche auch dann in der Schwebe blieben, wenn sie ohne die hemmenden Voraussetzungen dieser Bestimmungen erloschen wären (Féaux de la Croix a.a.O. Anm. 3. zu § 101 AKG). Danach steht fest, dass Ansprüche, die für deutsche Gläubiger erloschen, zugunsten ausländischer Gläubiger keine andere Behandlung erfuhren (Ernst-Jung-Kellmereit a.a.O. Anm. 2 zu § 101 AKG; vgl. auch OLG Frankfurt WM 1967, 1071)

3. Die geltend gemachten Ansprüche scheitern nunmehr aber auch an § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" vom 2. August 2000 -- Stiftungsgesetz -- (BGBl. I. 1263 ff.). Nach dieser Vorschrift können Leistungen aus Mitteln der öffentlichen Hand für erlittenes nationalsozialistisches Unrecht im Sinne von § 11 nur nach diesem Gesetz beantragt werden (S. 1). Etwaige weitergehende Ansprüche in Verbindung mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen (S. 2). Daraus folgt, dass Personen, denen nach § 11 Stiftungsgesetz Ansprüche auf Leistungen zustehen, von der Geltendmachung etwaiger anderer oder weitergehender Ansprüche ausgeschlossen (vgl. BGH. Beschluss v. 30. November 2000 -- III ZB 46/00, zitiert nach juris = Pressemitteilung des BGH Nr. 96/2000 v. 14.12.2000 NJW 2001, XII; OLG Hamm NJW 2000, 3577, 3578) und allein auf Ansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes verwiesen sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Begründung zum Entwurf eines Stiftungsgesetzes (BT-Drucks. 14/3206, S. 17), wonach mit dem vorliegenden Gesetz eine abschließende Regelung für Ansprüche wegen Zwangsarbeit und Vermögensschäden getroffen und die Unbegründetheit weitergehender Forderungen gesetzlich festgestellt werden sollte. An der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes im Hinblick auf dessen anspruchsbeschränkende Wirkung (Art. 3, 14 GG) zu zweifeln, besteht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 42, 263 ff. -- zur Errichtung einer Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder") kein Anlass (so auch BGH a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.), zumal es das Bundesverfassungsgericht noch in jüngster Zeit für sachgerecht und damit verfassungsgemäß erachtet hat, wenn der Gesetzgeber einen Schadensausgleich nach Maßgabe dessen bestimmt, was unter Berücksichtigung der übrigen Lasten und der finanziellen Bedürfnisse für bevorstehende Aufgaben möglich ist (BVerfG, Urteil v. 22. November 2000 -- 1 BvR 2307/94, zitiert nach juris). Ein Verstoß gegen Art. 14 GG scheidet schon deshalb aus, weil § 11 Stiftungsgesetz leicht durchsetzbare Ansprüche eröffnet, während demgegenüber § 16 keine Ansprüche entzieht, die ohne weiteres durchsetzbar wären (vgl. auch OLG Hamm NJW 2000, 3577, 3578). Ansprüche gegen die Antragsgegnerin scheitern an den Bestimmungen des Bundesentschädigungsgesetzes und des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes. Ansprüche gegen die betreffenden Firmen sind verjährt (KG, Beschluss v. 6. Juni 2000, KGR Berlin 2000, 259 f.).

Der Anwendung des Anspruchsausschlusses nach § 16 Abs. 1 S. 2 Stiftungsgesetz steht auch nicht entgegen, dass diese Vorschrift in S. 1 auf die Tatbestände nationalsozialistischen Unrechts im Sinne von § 11 Stiftungsgesetz verweist. Es kann dahinstehen, ob § 16 Abs. 1 S. 2 Stiftungsgesetz eine negative Regelung auch bezüglich der nicht § 11 Stiftungsgesetz unterfallenden Tatbestände trifft (vgl. insoweit vorstehend auch die entsprechende Rechtsfrage zu § 8 Abs. 1 BEG), denn der hier streitgegenständliche Sachverhalt (Zwangsarbeit im landwirtschaftlichen Bereich) hat in § 11 Abs. 1 S. 2 Stiftungsgesetz eine ausdrückliche Regelung erfahren. Danach können außerhalb der primären Entschädigungstatbestände des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 Leistungen auch anderen Opfern nationalsozialistischer Unrechtsmaßnahmen, insbesondere Zwangsarbeitern im landwirtschaftlichen Bereich, gewährt werden. Zwar ist die Entscheidung darüber den nationalen Partnerorganisationen vorbehalten, die Ansprüche aus Zwangsarbeit im landwirtschaftlichen Bereich sind durch diese sog. Öffnungsklausel aber in den Bereich der zu regelnden Tatbestände einbezogen worden (vgl. auch Hahn a.a.O. NJW 2000, 3521, 2523 f.), auf die § 16 Abs. 1 Stiftungsgesetz verweist.

Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Stiftungsgesetz gilt gleichermaßen auch, soweit Ansprüche im Wege der Rechtsnachfolge von Todes wegen geltend gemacht werden, denn diese Vorschrift knüpft allein an die zu entschädigenden Unrechtsmaßnahmen an und verweist den Betroffenen auf die in diesem Gesetz geregelten Ansprüche gegen die Stiftung. Soweit diese nach § 13 Abs. 1 Stiftungsgesetz nur höchstpersönlich und lediglich in Ausnahmefällen von den nächsten Angehörigen geltend gemacht werden können, liegt darin eine eindeutige Beschränkung der zuerkannten Ansprüche mit negativer Regelungskonsequenz und führt nicht dazu, dass nunmehr Erben eines vordem 17. Februar 1999 verstorbenen Erblassers Ansprüche nach allgemeinen Vorschriften erheben könnten. Insoweit machen sie nämlich in der Sache keine eigenen, sondern Ansprüche des Erblassers geltend, die im Stiftungsgesetz eine abschließende Regelung erfahren haben. Darüberhinaus würde die Zulassung von Ansprüchen nach allgemeinen Vorschriften für Erben, die nicht notwendig entschädigungsberechtigte Angehörige nach § 13 Abs. 1 Stiftungsgesetz sein müssen, im Einzelfall zu einer Kumulation von derartigen Ansprüchen und solchen nach §§ 11, 13 Abs. 1 S. 2 Stiftungsgesetz führen.

Dass danach Zwangsarbeiter im landwirtschaftlichen Bereich von einer Entschädigung nach dem Stiftungsgesetz ausgeschlossen sein können, begegnet im Hinblick auf Art. 3 GG ebenso wenig durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken wie der Umstand, dass auch die Personengruppe der Erben als solche von der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Stiftungsgesetz ausgeschlossen ist.

Es ist nicht ersichtlich, dass das Willkürverbot verletzt ist. Untersagt ist dem Gesetzgeber die willkürlich ungleiche Behandlung von Sachverhalten, die in wesentlichen Punkten gleich sind. Welche Sachverhaltselemente so wichtig sind, dass ihre Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt, unterliegt regelmäßig seiner Entscheidung. Der Spielraum des Gesetzgebers endet erst dort, wo die ungleiche Behandlung nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo mit anderen Worten ein sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (BVerfG, Urteil v. 22. November 2000 -- 1 BvR 2307/94 --, zitiert nach juris).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht feststellbar. Angesichts der zur Verfügung stehenden begrenzten finanziellen Mittel erscheint eine Differenzierung nach der Schwere des erlittenen Unrechts (vgl. insoweit auch die Begründung zum Entwurf eines Stiftungsgesetzes, BT-Drucks. 14/3206 S. 10; vgl. auch § 9 Abs. 4 Stiftungsgesetz) und die vorrangige Berücksichtigung noch lebender unmittelbar Betroffener sachgerecht.

V.

Der beschließende Senat sieht sich auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gehindert, die Frage nach der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung schon im Prozesskostenhilfeverfahren zu verneinen.

Das Bundesverfassungsgericht vertritt dazu zwar in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen des § 114 ZPO nicht dazu diene, die Rechtsverfolgung selbst in das Prozesskostenhilfeverfahren vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Prozesskostenhilfe könne deshalb nicht versagt werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhänge (BVerfG NJW 2000, 2098; 1997, 2102, 2103; so auch BGH NJW 1998, 82; NJW 1998, 1154). Allerdings brauche Prozesskostenhilfe nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtssprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheine (BVerfG, NJW 1991, 413, 414; BGH NJW 1998, 1154; NJW 1998, 82). Ob Ansprüche wegen geleisteter Zwangsarbeit gegenüber der Antragsgegnerin begründet sind, ist jedenfalls nach Erlass des Stiftungsgesetzes und des dort in § 16 Abs. 1 S. 2 enthaltenen eindeutigen Anspruchsausschlusses nicht mehr als "schwierig" in diesem Sinne anzusehen (vgl. BGH, Beschluss v. 30. November 2000 - III ZB 46/00, zitiert nach juris = NJW 2001, XII; OLG Hamm NJW 2000, 3577, 3578). Prozesskostenhilfe könnte allenfalls dann gewährt werden, wenn das Gericht die zur Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG notwendige Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes gewonnen hätte. Dies ist aber, wie ausgeführt, nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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