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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 06.04.2009
Aktenzeichen: I AGH 6/08
Rechtsgebiete: BRAO, FGG, ZPO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 8
BRAO § 40
FGG § 13a Abs. 1
ZPO § 91a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
ANWALTSGERICHTSHOF BERLIN Beschluss

Geschäftsnummer: I AGH 6/08

In dem Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung

hat der I. Senat des Anwaltsgerichtshofes am 6. April 2009 durch die Rechtsanwältin Dr. K. , den Rechtsanwalt V. , die Rechtsanwältin E. , die Richterin am Kammergericht G. und den Richter am Kammergericht Dr. G.

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

2. Der Verfahrenswert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde am 30. Mai 2002 durch die Antragsgegnerin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und ist seitdem als Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in Berlin tätig. Seit dem 1. Juli 2007 ist er zugleich als einer der beiden Geschäftsführer der P. GmbH tätig. Der Unternehmensgegenstand dieser Gesellschaft ist es, Grundstücke zu erwerben, ggf. durch Bebauung oder durch Sanierung der vorhandenen Bebauung zu entwickeln, und sodann zu veräußern. Als Immobilienmaklerin wird die Gesellschaft nicht tätig.

Mit Bescheid vom 12. März 2008 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO widerrufen und zur Begründung angeführt, die gleichzeitige Rechtsanwalts- und Geschäftsführertätigkeit berge die Gefahr einer Interessenkollision in sich. Gegen den Bescheid hat der Antragsteller am 15. Mai 2008 die gerichtliche Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beantragt. Am 25. August 2008 schloss er mit der P. GmbH eine Ergänzungsvereinbarung ab, wonach er als Geschäftsführer nicht zum An- und Verkauf von Immobilien berechtigt sei. Mit Bescheid vom 24. November 2008 hat die Antragsgegnerin den angefochtenen Bescheid aufgehoben und zur Begründung angeführt, die Gefahr der Interessenkollision sei auf Grund der Ergänzungsvereinbarung hinreichend reduziert. Daraufhin haben beide Parteien das Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.

II.

1.

Nachdem die Parteien die Erledigung der Hauptsache erklärt haben, war noch über die Verfahrenskosten gemäß § 40 BRAO, § 13a Abs. 1 FGG und § 91a ZPO analog zu entscheiden. Dabei kam den Erfolgsaussichten des Antrages auf gerichtliche Entscheidung zum Zeitpunkt vor Eintritt des erledigenden Ereignisses, d.h. hier vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 25. August 2008, maßgebliche Bedeutung zu (vgl. Feurich/Weyland, BRAO, 7. Aufl. 2008, § 40 Rdnr. 35, m.w.N.).

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung keine Aussicht auf Erfolg. Denn der Widerrufsbescheid vom 12. März 2008 ist zu Recht ergangen.

Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Unvereinbarkeit der Rechtsanwaltstätigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO mit der Immobilienmaklertätigkeit (so zuletzt BGH, NJW 2008, 517, Rdnr. 10 zit. nach Juris; BGH, NJW 2004, 212, Rdnr. 7 zit. nach Juris) ist auf die Tätigkeit eines Immobilienhändlers und -entwicklers entsprechend anzuwenden. Denn der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Immobilienmaklertätigkeit auf die Erwägung gestützt, "dass Rechtsanwälte bei der Ausübung ihres Berufs vielfach Kenntnis von Geld- oder Immobilienvermögen des Mandanten erhalten [und] ein Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf als ... Immobilienmakler an der Umschichtung dieses Vermögens verdienen kann. ... [In diesem Fall] wäre zu befürchten, dass er seine anwaltliche Beratung nicht streng an den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Mandanten ausrichtet, sondern dass sein Provisionsinteresse Einfluss gewinnen kann." (BGH, NJW 2004, 212, Rdnr. 9 und 11 zit. nach Juris; BGH, NJW 2008, 517, Rdnr. 8 zit. nach Juris); ergänzend führt der Bundesgerichtshof an, "Interessenkollisionen liegen vor allem dann nahe, wenn ein kaufmännischer Beruf die Möglichkeit bietet, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen" (BGH, NJW 2008, 517, Rdnr. 6 zit. nach Juris). Die Erwägungen des Bundesgerichtshofes treffen auf den Immobilienhändler und -entwickler genauso zu wie auf den Immobilienmakler. Beide haben ein erhebliches Verdienstinteresse daran, dass der Mandant mit ihnen ein Immobiliengeschäft tätigt. Im Falle des Immobilienhändlers und -entwicklers fällt die Interessenkollision sogar noch schärfer aus als im Falle des Immobilienmaklers. Denn das Volumen eines Grundstücksvertrages und damit das Abschlussinteresse an einem solchen Vertrag übersteigt in aller Regel das Volumen und das Abschlussinteresse bei einem Maklervertrag um ein Vielfaches. Auch die Möglichkeit, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen, bietet sich sowohl beim Immobilienmakler als auch beim Immobilienhändler und -entwickler.

Im Übrigen ist für die Frage der Interessenkollision der Umstand unerheblich, dass das Immobilienunternehmen nicht durch den Antragsteller betrieben wird, sondern durch eine Gesellschaft, deren Geschäftsführer er ist (ebenso BGH, NJW 2004, 212; BGH, NJW-RR 2000, 437; BGH, AnwBl 2001, 115, Rdnr. 4 a.E. zit. nach Juris). Denn als Geschäftsführer hat der Antragsteller zumindest mittelbar ein persönliches Interesse an vorteilhaften Geschäftsabschlüssen der Gesellschaft.

2.

Nicht zu entscheiden hatte der Senat über die Frage, ob die Ergänzungsvereinbarung vom 25. August 2008 tatsächlich die Interessenkollision ausgeräumt hat. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach bei einem Geschäftsführeranwalt, anders als bei einem Syndikusanwalt, die Untersagung der aquirierenden Tätigkeit durch die Gesellschaft nicht geeignet ist, eine ansonsten bestehenden Interessenkollision auszuschließen (BGH, NJW 2008, 517, Rdnr. 12 f. zit. nach Juris), lässt dies allerdings zweifelhaft erscheinen.

Ende der Entscheidung

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