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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 20.02.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 2372/08
Rechtsgebiete: ATG, BGB
Vorschriften:
ATG § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a | |
BGB § 134 |
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 20. Februar 2009
In dem Rechtsstreit
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 6. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht C. sowie den ehrenamtlichen Richter B.und die ehrenamtliche Richterin S.
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22.10.2008 - 56 Ca 10144/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am ..... 1947 geborene Klägerin stand seit Februar 1985 als Altenpflegerin in den Diensten des Beklagten. Ab 01. April 2004 wurde sie in den sog. Stellenpool des Zentralen Personalüberhangmanagements versetzt, aus dem sie in diversen Dienststellen eingesetzt wurde.
Am 19. März 2007 schlossen die Parteien für die Zeit ab 01. März 2008 einen Altersteilzeitvertrag (Ablichtung Bl. 28-29 d.A.). Dadurch verringerte sich das Nettoeinkommen der Klägerin von zuletzt 1.356,18 € auf 801,27 € nebst einem tariflichen Aufstockungsbetrag von 367,13 €. Da die Klägerin aufgrund der ihr erteilten Beratung davon ausgegangen war, auf einen Gesamtbetrag von 90 % ihres bisherigen Nettoeinkommens zu kommen, erklärte sie mit Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten vom 08. April 2008 die Irrtumsanfechtung der getroffenen Vereinbarung.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage auf Feststellung eines Vollzeitarbeitsverhältnisses ab 01. März 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Irrtum der Klägerin über die Höhe des Auszahlbetrags stelle einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. Der Altersteilzeitvertrag der Parteien verstoße auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot, weil § 3 Abs. 1 Nr. 2 (zu ergänzen: lit.) a ATG lediglich eine Anspruchsvoraussetzung im Verhältnis des Beklagten zur Bundesagentur für Arbeit enthalte. Schließlich sei auch kein Wegfall der Geschäftsgrundlage ersichtlich, weil die Erwartung der Klägerin über ihre Einkommenshöhe nicht Grundlage des Altersteilzeitvertrags geworden sei.
Gegen dieses ihr am 31. Oktober 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 01. Dezember 2008, einem Montag, eingelegte und am 23. Dezember 2008 begründete Berufung der Klägerin. Sie meint, wenn bei Überschreitung der Quote für den Überlastungsschutz des Arbeitgebers kein Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitverhältnisses bestehe, sei nicht einzusehen, weshalb die Wirksamkeit eines Altersteilzeitvertrages nicht entfalle, wenn der Arbeitgeber keine Ersatzeinstellung vornehme und damit eine Voraussetzung für Ersatzleistungen der Bundesagentur für Arbeit nicht erfülle. Auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage komme es nicht an, wenn mit einer Altersteilzeitvereinbarung der Bestandsschutz des Arbeitnehmers umgangen werde, was vorliegend der Fall sei. Zudem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass es nicht nur um eine Verminderung der Nettovergütung gehe, sondern auch um die Minderung ihrer Rente aufgrund vorzeitiger Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass sie zum Beklagten über den 29. Februar 2008 hinaus in einem Arbeitsverhältnis mit einer Grundvergütung der Verg. Gr. IV stehe.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt den Angriffen der Berufung mit Rechtsausführungen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gem. § 222 Abs. 2 ZPO fristgemäß eingelegte und den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO entsprechend begründete Berufung der Klägerin mit ihrem erkennbar auf Feststellung eines unveränderten Fortbestands ihres früheren Arbeitsverhältnisses gerichteten Begehren ist in der Sache unbegründet.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Beklagten besteht nicht unverändert über den 29. Februar 2008 hinaus fort, sondern ist aufgrund des Vertrags vom 19. März 2007 in ein befristetes Altersteilzeitverhältnis umgewandelt worden.
1.1 Gem. § 8 Abs. 3 ATG ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Altersteilzeit, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, in welchem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat, zulässig. Diese Voraussetzung war bei der am ..... 1947 geborene Klägerin unstreitig erfüllt.
1.2 Der Vertrag vom 19. März 2007 ist nicht gem. § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.
1.2.1 Als gesetzliches Verbot kommen nur Vorschriften in Betracht, die sich gegen solche Rechtsgeschäfte richten, deren Folgen von der Rechtsordnung missbilligt werden. Dies trifft für § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a ATG nicht zu. Dieser verlangt lediglich für einen Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattungsleistungen gegen die Bundesagentur für Arbeit, dass der Arbeitgeber eine Ersatzeinstellung vornimmt, wendet sich damit jedoch nicht dagegen, dass durch den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages vorzeitig ein Arbeitsplatz freigemacht wird, der nicht wieder besetzt werden soll.
Daraus, dass zu den Anspruchsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATG auch gehört, dass die freie Entscheidung des Arbeitgebers bei einer über 5 % der Arbeitnehmer des Betriebs hinausgehenden Inanspruchnahme sichergestellt ist und dass demzufolge bei Überschreitung dieser Quote einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gem. § 2 Abs. 1 TV ATZ kein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zusteht (dazu BAG, Urteil vom 15.04.2008 - 9 AZR 111/07 - AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 39 R 34 ff.), lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nichts herleiten. Aus dem Fehlen eines Anspruchs des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages als Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers kann nicht auf die Unwirksamkeit eines solchen Vertrages wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch geschlossen werden. Zudem braucht nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a ATG noch gar nicht bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages über die Frage entschieden zu werden, ob der künftig frei werdende Arbeitsplatz etwa durch einen arbeitslos Gemeldeten wieder besetzt werden soll. Dann lässt sich daraus aber auch kein Verbot des Abschlusses eines Arbeitsvertrages für den Fall einer negativen Entscheidung über die Frage einer Wiederbesetzung entnehmen.
Schließlich setzt § 8 Abs. 2 S. 1 ATG, wonach die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von Ausgleichsleistungen an den Arbeitnehmer nicht für den Fall ausgeschlossen werden kann, dass der Arbeitgeber keinen Erstattungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit erwirbt, weil die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ATG nicht vorliegt, gerade die Wirksamkeit des Altersteilzeitvertrages voraus.
1.2.2 Aus diesen Gründen war auch nicht ersichtlich, worin eine Umgehung des Bestandsschutzes für das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, die ebenfalls gem. § 134 BGB zu einer Nichtigkeit der dafür getroffenen Vereinbarung hätte führen können (dazu BAG, Urteil vom 28.04.1987 - 3 AZR 75/86 - BAGE 55, 229 = AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 5 zu II 2 a d.Gr.), liegen soll.
1.3 Schließlich konnte die Klägerin auch nichts aus einer Störung der Geschäftsgrundlage für sich herleiten. Eine solche Störung setzt nach § 313 Abs. 2 BGB voraus, dass wesentliche Vorstellungen zur Grundlage eines Vertrages geworden sind, was bei der einseitigen Fehlvorstellung der Klägerin vorliegend gerade nicht der Fall war.
2. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Revision waren nicht erfüllt. Insbesondere kam der Frage, ob das Fehlen der Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers zur Unwirksamkeit eines Altersteilzeitvertrages führt, keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sich diese Frage zweifelsfrei beantworten lässt und deshalb keiner höchstrichterlichen Klärung bedarf.
3. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.
Ende der Entscheidung
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