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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 04.04.2003
Aktenzeichen: 13 TaBV 68/03
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 50 Abs. 1 | |
BetrVG § 87 Abs. 1 Eingangssatz | |
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10 |
2) Die Auflage eines Zuwendungsgebers (hier: Bundesrepublik Deutschland) an den Zuwendungsempfänger (Arbeitgeber), keine höhere Vergütung zu zahlen als im öffentlichen Dienst, ist keine gesetzliche Regelung im Sinne von § 87 Nr. 1 Eingangssatz BetrVG, die das Mitteilungsrecht des Betriebsrats ausschließen könnte.
3) Ein Nichtaufwendungstarifvertrag ist keine tarifliche Regelung im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG.
4) Für die Einführung einer Vergütungsordnung ist grundsätzlich der Betriebsrat, nicht der Gesamtbetriebsrat originär zuständig.
Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss
In Sachen
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hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2003 durch den Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Fenski als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Peter und Herr Neumann
beschlossen:
Tenor:
1) Die Beschwerde des zu 1) beteiligten Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 05. September 2002 - 66 BV 9608/02 - wird zurückgewiesen.
2) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Anfechtung eines Teileinigungsstellenspruchs nach § 76 Abs. 5 BetrVG.
Der zu 1) beteiligte Arbeitgeber ist eine in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisierte Großforschungseinrichtung der Bundesrepublik Deutschland mit Standorten in der gesamten Bundesrepublik. Sein Haushalt wird zu rund zwei Dritteln als Zuwendung vom Bund und von den Ländern getragen. Nach den jeweiligen Zuwendungsbescheiden wird die Zuwendung gemäß § 8 Abs. 2 Bundeshaushaltsgesetz mit der Auflage bewilligt, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigten nicht besser stellt, als vergleichbare Arbeitnehmer des Bundes. Vorbehaltlich einer abweichenden tarifvertraglichen Regelung dürfen keine günstigeren Arbeitsbedingungen vereinbart werden, als für Arbeitnehmer des Bundes jeweils vorgesehen sind.
Der Arbeitgeber hat mit der ÖTV Haustarifverträge abgeschlossen, im Rahmen derer die Geltung des Bundestarifrechts vereinbart ist. Dies gilt sowohl für das Arbeitsentgelt als auch für die betriebliche Altersversorgung. Es finden die Vorschriften des BAT bzw. des Versorgungstarifvertrages vom 4. November 1966 Anwendung.
Der Beteilige zu 2) ist der bei dem Arbeitgeber gebildete Betriebsrat der Betriebsstätte Berlin-A., welche auf dem Gebiet der früheren DDR liegt.
Unter dem 24. September 1990 schlossen unter anderem der Arbeitgeber und die ÖTV einen sogenannten Nichtanwendungstarifvertrag, dessen einziger Paragraf wie folgt lautet:
"Die zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifverträge finden auf Angestellte, Arbeiter und zu ihrer Ausbildung Beschäftigte im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (einschließlich Berlin-Ost) auch nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland bis auf weiteres keine Anwendung."
Der Arbeitgeber vergütet die für den Standort Berlin-A. eingestellten Mitarbeiter nach BAT-O, Mitarbeiter aus den alten Bundesländern, welche an den Standort Berlin-A. versetzt wurden, vergütet er nach BAT und für deren betriebliche Altersversorgung gemäß dem Versorgungstarifvertrag vom 1. April 1966 weiter.
Der Betriebsrat rief die Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung über die Gleichheit der Arbeitsvergütung und der betrieblichen Altersversorgung in Berlin-A." an. Es fand ein gerichtliches Einsetzungsverfahren statt, welches durch bestätigenden Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 14. November 2001 - 4 TaBV 1629/01 - die Einsetzung der Richterin am Arbeitsgericht Frau S. und die Bestellung von drei Beisitzern je Seite vorsah.
Am 18. Januar 2002 und am 15. März 2002 trat die Einigungsstelle zusammen. Es erging am 15. März 2002 folgender Teilspruch:
"§ 1
Geltungsbereich
1.1. Räumlich für die Betriebsstätte Berlin-A.
1.2. Persönlich für die Angestellten des DLR an der Betriebsstätte Berlin-A.
§ 2
Vergütungsordnung
2.1. Bestandteile der Vergütung sind eine Grundvergütung, Ortszuschlag sowie eine allgemeine Zulage und weitere Zulagen, soweit sie sich aus der Anlage 1 a zu § 22 BAT In der am 15. März 2002 gültigen Fassung ergeben.
2.2. Der/die Angestellte erhält eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er/sie eingruppiert ist. Bei der Eingruppierung richtet sich die Zuordnung der Vergütungsgruppe nach der von der oder dem Angestellten auszuübenden Tätigkeit. Die Vergütungsgruppen ergeben sich aus der Vergütungsordnung gemäß Ziffer 2.3..
2.3. Die Vergütungsordnung entspricht derjenigen der Anlage 1 a zu § 22 BAT in der am 15. März 2002 gültigen Fassung.
2.4. Bei der Festsetzung der Vergütungshöhe ist der Grundsatz der Entgeltgleichheit innerhalb des Betriebes zu beachten.
Dieses bedeutet, dass die sich nach der Eingruppierung ergebende Vergütungshöhe unabhängig von der Zuordnung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zu einem Betriebsteil oder vom Ort der Begründung des Arbeitsverhältnisses gleich hoch sein muss und keine Differenzierung in der Vergütungshöhe aufgrund dessen erfolgen darf."
Wegen des weiteren Teilspruchs der Einigungsstelle nebst den hierzu abgefassten Gründen wird auf Bl. 23 bis 26 d.A. Bezug genommen. Der Teilspruch wurde der Bevollmächtigten des Arbeitgebers am 21. März 2002 zugeleitet. Mit beim Arbeitsgericht am 4. April 2002 eingegangener Antragsschrift hat der Arbeitgeber die Feststellung der Unwirksamkeit des Teilspruchs vom 15. März 2002 begehrt.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 5. September 2002 den Antrag des Arbeitgebers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Teilspruch der Einigungsstelle vom 15. März 2002 wirksam sei. Weder sei die Einigungsstelle unzuständig noch habe sie ihr Ermessen überschritten. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle folge aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Ein Vorrang einer tariflichen Regelung im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG bestehe nicht, der Nichtanwendungstarifvertrag vom 24. September 1990 regele gerade, dass der BAT für die im Beitrittsgebiet liegende Betriebsstätte des Arbeitgebers nicht gelte. Der Nichtanwendungstarifvertrag vom 24. September 1990 selbst sei auch keine tarifliche Regelung im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG, da er gerade nicht im positiven Sinne regele, was gelten soll. Durch § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG werde nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der die Kammer folge, die Einführung und Änderung einer betrieblichen Lohn- und Gehaltsgruppenordnung erfasst, also auch die Festlegung auf die Vergütungsordnung nach BAT. Die durch die Bildung von Gehaltsgruppen und abstrakten Kriterien geschaffenen mittelbaren Auswirkungen auf die Gesamtsumme der Löhne seien unschädlich. Auch die in § 2.4 des Teilspruchs der Einigungsstelle getroffene Festlegung auf den Grundsatz der Entgeltgleichheit innerhalb des Betriebes unabhängig von der Zuordnung des Arbeitnehmers zu einem Betriebsteil oder vom Ort der Begründung des Arbeitsverhältnisses sei nicht zu beanstanden, da sie dem Sinn und Zweck des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG entspreche, die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit zu gewährleisten und die Vergütungshöhe selbst nicht bestimme.
Die Einigungsstelle hätte auch nicht ihr Ermessen überschritten, da sie in ihrem Teilspruch auch ausweislich der Begründung an keiner Stelle eine Regelung getroffen hätte, die zu einer Besserstellung von Beschäftigten der Betriebsstätte A. gegenüber Beschäftigten des Bundes führe, da es dem Arbeitgeber unbenommen bleibe, die Entgelthöhe frei festzusetzen und eine Bindung an den BAT zu beseitigen.
Wegen der konkreten weiteren Begründung des Arbeitsgerichts und den Vortrag der Beteiligten erster Instanz wird auf den Beschluss vom 5. September 2002 (Bl. 34-42 d.A.) verwiesen.
Gegen diesen ihm am 21. Oktober 2002 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20. November 2002 im Original beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene und am 20. Dezember 2002 im Original begründete Beschwerde des Arbeitgebers. Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag erster Instanz und hält die Einigungsstelle für unzuständig und die Grenzen des Ermessens für überschritten. Im Einzelnen sei die Einigungsstelle unzuständig, weil § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG dem entgegenstehe, der Betriebsrat also sein Mitbestimmungsrecht gar nicht hätte ausüben dürfen. Es bestehe durch den Zuwendungsbescheid, der aufgrund des § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2001 ergangen sei und das Besserstellungsverbot enthalte, ein gesetzlicher Vorrang im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG. Ein tariflicher Vorrang liege im Nichtanwendungstarifvertrag vom 24. September 1990 und der infolge des Bestehens des Nichtanwendungstarifvertrages jeweils vorgenommenen arbeitsvertraglichen Inbezugnahme des BAT-O bzw. des BAT in Verbindung mit dem Haustarifvertrag.
Der Betriebsrat der Betriebsstätte A. habe als Einzelbetriebsrat kein Mitbestimmungsrecht gehabt, da vorliegend der Gesamtbetriebsrat für die Materie originär zuständig gewesen sei.
Ein Rechtsverstoß liege weiter darin, dass der Teilspruch der Einigungsstelle die in Berlin-A. tätigen Arbeiter unberücksichtigt lasse.
Durch § 2.4 des Teileinigungsstellenspruchs werde die Vergütungshöhe unmittelbar geregelt, da dem Arbeitgeber durch den festgelegten Grundsatz der Entgeltgleichheit ohne Differenzierungsmöglichkeit nach dem Ort der Begründung des Arbeitsverhältnisses nur die Möglichkeit verbleibe, die nach dem Vergütungstarifvertrag zum BAT-O vergüteten Mitarbeiter nunmehr nach Maßgabe des Vergütungstarifvertrages zum BAT zu vergüten.
Durch diese Zwangssituation habe die Einigungsstelle letztendlich auch ihr Ermessen überschritten.
Der Arbeitgeber beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. September 2002 - 66 BV 9608/02 - abzuändern und festzustellen, dass der Teilspruch der Einigungsstelle vom 15. März 2002 unwirksam ist.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Er hält die Einigungsstelle für rechtlich zuständig, die vorliegende Materie nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu entscheiden. Dabei sei der Betriebsrat und nicht etwa der Gesamtbetriebsrat das zuständige Organ. Es bestehe weder ein gesetzlicher noch ein tariflicher Vorrang im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG. Ihr Ermessen habe die Einigungsstelle auch nicht überschritten, da es dem Arbeitgeber freistehe, die Vergütungsgruppen zu dotieren.
Wegen des konkreten Vortrags zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze des Arbeitgebers vom 20. Dezember 2002 (Bl. 75 ff. d.A.), 5. März 2003 (Bl. 168 ff. d.A.), 3. April 2003 (Bl. 204 ff. d.A.) und 4. April 2003 (Bl. 216 ff. d.A.) und die des Betriebsrats vom 15. Januar 2003 (Bl. 131 ff. d.A.), 31. Januar 2003 (Bl. 149 ff. d.A.), 20. März 2003 (Bl. 173 ff. d.A.) und 28. März 2003 (Bl. 192 ff. d.A.) verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 87 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 64, 66 Abs. 1 ArbGG; 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin den Antrag des Arbeitgebers zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht folgt dem Arbeitsgericht sowohl hinsichtlich des Ergebnisses als auch der Begründung und sieht von einer ausführlichen Begründung entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Im Hinblick auf den teilweise neuen und erstmaligen Vortrag des Arbeitgebers in der Beschwerdeinstanz wird auf Folgendes hingewiesen:
1.
Die Einigungsstelle war rechtlich zuständig für den Teilspruch vom 15. März 2002 gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 in Verbindung mit § 87 Abs. 2 in Verbindung mit § 76 Abs. 5 BetrVG.
a)
Es bestand vorliegend weder ein gesetzlicher noch ein tarifvertraglicher Vorrang im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG.
aa)
§ 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2001 in Verbindung mit dem Zuwendungsbescheid stellt keine gesetzliche Regelung der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dar. Mit dem Zuwendungsbescheid, insbesondere dem Besserstellungsverbot, wird ausgeschlossen, dass Beschäftigte des Zuwendungsempfängers durch höhere Vergütungen qualifizierte Arbeitskräfte zu Lasten der eigenen Forschungseinrichtungen des Zuwendungsgebers an sich ziehen. Daraus wird deutlich, dass die Auflagen bzw. § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2001 keine Regelungen darstellen, die eine betriebliche Lohngestaltung vornehmen, vielmehr ziehen sie nur eine Obergrenze. Wie dies im Einzelnen von den Betriebspartnern bzw. den Zuwendungsempfängern gestaltet wird, ist weder im Haushaltsgesetz noch im Zuwendungsbescheid geregelt. Beide vermögen daher Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Aufstellung einer Vergütungsordnung nicht auszuschließen (so im Ergebnis auch BAG 27.1.1987 - 1 ABR 66/85 - BAGE 54, 147, 163; BAG 24.11.1987 - 1 ABR 25/86 - EzA § 87 BetrVG 1972 Lohn- und Arbeitsentgelt Nr. 14).
Würde man dies mit dem Arbeitgeber anders im Sinne einer konkreten gesetzlichen Regelung der Vergütung sehen, würde diese gesetzliche Regelung gegen Artikel 9 Abs. 3 GG verstoßen, da dann der Staat für ein privates Unternehmen, welches nicht tarifgebunden ist, Vergütungen festsetzen würde. Schon vor diesem Hintergrund ist eine derartige Auslegung verfassungskonform nicht möglich.
Endlich richten sich Haushaltsgesetz 2001 und Zuwendungsbescheid nur an den Arbeitgeber bzw. regeln das Verhältnis zwischen staatlichem Zuwendungsgeber und privatem Zuwendungsempfänger. Schon vom Wortlaut her ist eine Regelung der Vergütungsordnung im Verhältnis zwischen privatem Arbeitgeber und Betriebsrat nicht betroffen.
bb)
Ein tariflicher Vorrang im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG besteht ebenfalls nicht, da aufgrund des Nichtanwendungstarifvertrages vom 24. September 1990 gerade kein Tarifvertrag für die Betriebsstätte der Beteiligten in Berlin-A. gilt. In diesem Fall wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gerade nicht ausgeschaltet (so ausdrücklich auch BAG 1.3.1995 - 1 ABR 43/94 - ZTR 1995, 427 ff., zu B I 2 b) aa) der Gründe).
b)
Dem Betriebsrat stand ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu.
aa)
§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen. Die Beteiligung des Betriebsrats in diesem Bereich soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmens orientierten Lohngestaltung schützen. Es geht um die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges. Die Mitbestimmung des Betriebsrats soll die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit gewährleisten. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist danach zwar nicht die konkrete Entgelthöhe. Mitbestimmungspflichtig sind aber die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt nur BAG 13.3.2001 - 1 ABR 7/00 - EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72, zu B II 1 der Gründe).
bb)
Danach war die Vergütungsordnung beim Arbeitgeber mitbestimmungspflichtig (so auch BAG 1.3.1995, a.a.O., für den Parallelfall des HHI). Die Vergütungsordnung nach dem BAT betrifft nicht die Vergütungshöhe, sondern nur die Vergütungsrelationen. Auch im Hinblick auf Schreibkräfte, die bei dem Arbeitgeber gar nicht beschäftigt werden, erfolgt durch die Vergütungsordnung des BAT keine konkrete Zulagenhöhe. Im Übrigen wurde der Abschnitt II N der Vergütungsordnung BAT beim Wiederinkraftsetzen der Anlage 1 a durch den Tarifvertrag vom 28.12.1990 ausdrücklich ausgenommen und gilt nur als nachwirkendes Recht für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem Zeitpunkt der Kündigung der Anlage 1 a zum 31.12.1983 begründet wurde.
Sofern durch die Festlegung der Gehaltsgruppen mittelbar die Höhe der Vergütung festgesetzt wird, steht dies dem Mitbestimmungsrecht nicht entgegen. Eine solche Wirkung ist mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden (vgl. BAG 13.3.2001, a.a.o.).
c)
Das Mitbestimmungsrecht stand auch dem Betriebsrat und nicht dem Gesamtbetriebsrat des Arbeitgebers zu.
aa)
Der Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 BetrVG - ausgenommen den hier nicht gegebenen Fall der Übertragung des Mitbestimmungsrechts durch die örtlichen Betriebsräte (§ 50 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) - zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden können. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn die Regelung den einzelnen Betriebsräten objektiv unmöglich ist, sondern kommt schon dann zum Tragen, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung besteht (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. nur BAG 13.3.2001, a.a.O., zu B II 2 der Gründe mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
bb)
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass das Mitbestimmungsrecht bei der Schaffung einer Eingruppierungsordnung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht auf der Ebene des örtlichen Betriebsrats ausgeübt werden könnte, sind nicht ersichtlich. Der angebliche Wunsch des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung der Arbeitsbedingungen, der vorliegend weder im Einsetzungsverfahren der Einigungsstelle über zwei Instanzen, noch in der Einigungsstelle selbst, noch in der ersten Instanz vorgetragen wurde, reicht dafür nicht aus. Ein solches Verlangen des Arbeitgebers kann eine einheitliche Regelung nur dann notwendig machen, wenn der Arbeitgeber allein unter diesen Voraussetzungen zu der regelungsbedürftigen Maßnahme bereit ist und insoweit mitbestimmungsfrei entscheiden kann, wie z.B. bei freiwilligen Leistungen (vgl. nur BAG 13.3.2001, a.a.O., zu B II 2 der Gründe mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Um einen solchen Gegenstand handelt es sich hier nicht. Der Arbeitgeber kann nicht frei darüber entscheiden, ob er eine Grundvergütung zahlt.
cc)
Es kommt damit nicht einmal darauf an, ob der Arbeitgeber vorliegend sich nicht auch die Rechtskraft des Einsetzungsverfahrens entgegenhalten lassen muss, mit dem die Zuständigkeit des Betriebsrats und eben nicht des Gesamtbetriebsrats angenommen wurde (vgl. dazu BAG 15.1.2002 - 1 ABR 10/01 - EzA § 50 BetrVG 1972 Nr. 19).
d)
Die Einigungsstelle konnte auch nur hinsichtlich der Angestellten unter Auslassung der Vergütung der Arbeiter entscheiden. Dies folgt bereits daraus, dass die Einigungsstelle nicht abschließend entschieden hat, sondern durch Teilspruch über den ihr zugewiesenen Regelungsgegenstand entschieden hat.
2.
Die Einigungsstelle hat auch nicht ihr Ermessen überschritten und dem Arbeitgeber etwa aufgegeben, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer einheitlich nach BAT zu vergüten. Aus dem Teilspruch der Einigungsstelle vom 15. März 2002 folgt lediglich die Vergütungsordnung des BAT und damit eine abstrakte Vergütungsgruppenregelung. Wie viel tatsächlich an jeden einzelnen Mitarbeiter zu zahlen ist, obliegt wegen der Nichtanwendung eines Tarifvertrages den Arbeitsvertragsparteien. Diese müssen den Gleichbehandlungsgrundsatz unter Wahrung der Lohngerechtigkeit wahren. Dies bedeutet konkret nur, dass ein Angestellter, dessen Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet ist, dasselbe Entgelt für seine Tätigkeit erhalten muss wie ein Angestellter, dessen Arbeitsverhältnis im alten Bundesgebiet begründet ist, und der dieselben Tätigkeiten ausübt wie der vorgehend genannte Angestellte. Wie viel dies ist, wird den Arbeitsvertragsparteien durch den Teilspruch der Einigungsstelle vom 15. März 2002 nicht vorgegeben. Dies kann so viel sein, wie der Vergütungstarifvertrag zum BAT dies vorsieht oder so viel wie der Vergütungstarifvertrag zum BAT-O oder eine Vergütungsstruktur zwischen diesen beiden Polen oder sogar unter der Vergütungsstruktur des BAT-O. Eine Überschreitung des Ermessens durch die Einigungsstelle ist daher nicht zu ersehen.
III.
Das Beschlussverfahren ist gerichtskostenfrei gemäß §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 5 ArbGG.
IV.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen. Weder ist eine Divergenz zu einer anderen obergerichtlichen Entscheidung ersichtlich noch handelt es sich vorliegend um einen Fall grundsätzlicher Bedeutung. Alle angesprochenen (Rechts-)Fragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt, vorliegend handelt es sich nur um einen Einzelfall, auf den diese Rechtsprechung anzuwenden war.
Ende der Entscheidung
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