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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: 6 Ta 2022/02
Rechtsgebiete: KSchG, ZPO
Vorschriften:
KSchG § 5 Abs. 1 | |
ZPO § 130 Nr. 6 | |
ZPO § 139 Abs. 1 |
2. Hat der Arbeitnehmer von der rechtzeitigen Erhebung einer Kündigungsschutzklage abgesehen, weil ihm von einem anderen Unternehmen mit demselben Geschäftsführer eine nahtlose Weiterbeschäftigung zugesagt worden sein soll, so rechtfertigt dessen spätere Weigerung keine nachträgliche Klagezulassung, muss sich der Arbeitnehmer vielmehr auf die Durchsetzung seines Einstellungsanspruchs verweisen lassen.
Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss
In der Beschwerdesache
hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 6. Kammer durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Berlin Corts am 17. Dezember 2002
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 02. Oktober 2002 - 31 Ca 15032/02 - wird auf seine Kosten bei einem Beschwerdewert von 2.400,00 EUR zurückgewiesen.
Gründe:
1. Das Arbeitsgericht Berlin hat den Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung seiner am 31. Mai 2002 eingereichten Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung der Beklagten zu 1 vom 04. April 2002 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei durch eine von ihm behauptete Zusage der Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2 nicht arglistig von der (rechtzeitigen) Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1 abgehalten worden. Daran ändere es nichts, dass beide Beklagten denselben Geschäftsführer hätten. Sollte die Beklagte zu 2 keine rechtsverbindliche Zusage erteilt haben, hätte der Kläger umso mehr Veranlassung gehabt, rechtzeitig Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1 zu erheben.
Der fristgemäß beim Arbeitsgericht eingelegten sofortigen Beschwerde des Klägers hat dieses durch Beschluss der Kammer vom 20. November 2002 nicht abgeholfen.
2. Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.
2.1 Der Rechtsstreit ist nicht bereits durch Prozessvergleich vom 14. August 2002 beigelegt worden.
2.1.1 Zwar hat die Beklagte von dem im Prozessvergleich enthaltenen Widerrufsvorbehalt nicht ordnungsgemäß Gebrauch gemacht, weil der Schriftzug ihres Prozessbevollmächtigten unter dem Widerrufsschreiben vom 20. August 2002 nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO entsprach. Dieser ließ auch bei großzügiger Betrachtung nicht erkennen, dass er den gesamten, aus zwölf Buchstaben bestehenden Namen des Prozessbevollmächtigten repräsentieren sollte, sondern reduzierte sich auf ein P und ein t. Damit konnte er selbst von jemandem, der den nicht einmal maschinenschriftlich hinzugefügten Namen des Prozessbevollmächtigten kennt, aus dem Schriftzug nicht mehr herausgelesen werden (zu diesem Erfordernis BAG, Urteil vom 28.03.1997 - 3 AZR 652/76 - AP ZPO § 518 Nr. 38 zu I 1 der Gründe; BGH, Urteil vom 27.10.1987 - IV ZR 268/86 - NJW 1988, 713 zu II 1 a der Gründe).
2.1.2 Es wäre indessen mit dem verfassungsrechtlichen Gebot eines fairen Verfahrens nicht vereinbar, der Beklagten die fehlende Unterschrift ihres Prozessbevollmächtigten zum Nachteil gereichen zu lassen, weil das Widerrufsschreiben bereits eine Woche vor Ablauf der Widerrufsfrist bei Gericht eingegangen war, ohne dass seinerzeit durch einen entsprechenden Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 ZPO Gelegenheit gegeben worden ist, eine ordnungsgemäße Unterschrift nachzuholen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.1988 - 1 BvR 669/87 - AP GG Art. 2 Nr. 29 zu II der Gründe). Dass das Widerrufsschreiben mit Willen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den Rechtsverkehr gelangt ist, was eigentlich durch eine Unterschrift zum Ausdruck gebracht werden soll, ergab sich daraus, dass er auf den Hinweis in der Beschwerdeinstanz vorgebracht hat, in seinem Schriftzug eine Unterschrift zu sehen und bislang seit vielen Jahren damit unbeanstandet am Schriftverkehr mit Gerichten teilgenommen zu haben.
2.2 Der Kläger war nicht trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert, seine Kündigungsschutzklage innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG zu erheben (§ 5 Abs. 1 KSchG).
Die Beklagte zu 1 hatte den Kläger nach seiner eigenen Darstellung nicht darüber im Unklaren gelassen, sein bisheriges Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 04. April 2002 auf jeden Fall beenden zu wollen. Dies hat der Kläger hingenommen, weil ihm verbindlich zugesichert worden sein soll, dass sein Arbeitsverhältnis nahtlos bei der Beklagten zu 2 in Hamburg fortgesetzt werde. Wenn sich die Beklagte zu 2 daran nun nicht mehr halten will, bleibt es dem Kläger unbenommen, aus Vorvertrag auf Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrags zu klagen, wie er es mit seinem gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Beschäftigungsantrag auch bereits getan hat.
Dagegen vermag eine solche Weigerung die bereits erfolgte Versäumung der Klagefrist nicht im Nachhinein als unverschuldet erscheinen zu lassen (vgl. LAG Nürnberg, Beschluss vom 15.01.1998 - 7 Ta 5/98 - LAGE KSchG § 5 Nr. 91 zu II 2 der Gründe; KR/Friedrich, 6. Aufl., 2002, § 5 KSchG R 40; von Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl., 2002, § 5 R 5).
Sollte aber der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 dem Kläger tatsächlich doch keine definitive Zusage erteilt, sondern eine Wiedereinstellung bloß in Aussicht gestellt haben, hätte der Kläger bewusst auf eigenes Risiko gehandelt, wenn er deshalb von der rechtzeitigen Erhebung einer Kündigungsschutzklage absah.
Dass der gemeinsame Geschäftsführer beider Beklagten dem Kläger eine nahtlose Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2 lediglich vorgespiegelt hat, um ihn von der rechtzeitigen Erhebung einer Kündigungsschutzklage abzuhalten, hat der Kläger ausdrücklich nicht behauptet. Dies ergab sich auch nicht aus den vom ihm zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherungen zweier Kollegen vom 02. September 2002 (Bl. 57 u. 58 d.A.), denen ohnehin die eidesstattliche Versicherung eines anderen Beschäftigten vom 09. August 2002 (Bl. 38 d.A.) entgegenstand.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert ist gemäß § 3 Hs. 1 ZPO auf ein Monatseinkommen festgesetzt.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kam nicht in Betracht, weil das Zulassungsverfahren gemäß § 5 KSchG nur zwei Instanzen kennt (BAG, Beschluss vom 20.08.2002 - 2 AZB 16/02 - NZA 2002, 1228 zu B I 2 der Gründe).
4. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Ende der Entscheidung
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