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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 4 Ta 20/08
Rechtsgebiete: GmbHG, GVG, ArbGG, ZPO, BGB
Vorschriften:
GmbHG § 35 | |
GmbHG § 35 Abs. 1 | |
GmbHG § 43 | |
GmbHG § 46 Nr. 5 | |
GmbHG § 52 | |
GmbHG § 64 Abs. 2 | |
GVG § 17a Abs. 4 Satz 3 | |
GVG § 71 Abs. 1 | |
GVG § 95 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) | |
ArbGG § 5 Abs. 1 | |
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 3 | |
ArbGG § 48 Abs. 1 | |
ArbGG § 78 | |
ZPO § 569 | |
ZPO § 571 | |
BGB § 126 | |
BGB § 181 | |
BGB §§ 305 ff | |
BGB § 305c Abs. 2 | |
BGB § 623 |
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers (Beschwerdeführers) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Juli 2008 - 9 Ca 481/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Beendigung des zwischen ihnen begründeten Anstellungsverhältnisses, vorrangig um die Zulässigkeit des Rechtsweges.
Die Beklagte (Beschwerdegegnerin) verfügt über einen freiwilligen Aufsichtsrat nach § 52 GmbHG. Ausweislich Ziff. 5 der Geschäftsordnung (Anl. B2, Bl. 34 d.A.), die auf einem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 19. April 1985 beruht (Anl. B3, Bl. 35 ff d.A.), ist der Aufsichtsrat berechtigt, Anstellungsverträge mit den Geschäftsführern zu schließen.
Der Kläger war zunächst aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 17. Februar 1995 (Anl. Bf 2, Bl. 79 d.A.) ab dem 1. Juli 1995 bei der Beklagten angestellt. Mit Arbeitsvertrag vom 11. November 1996 (Anl. Bf 3, Bl. 80 d.A.) wechselte er mit Wirkung zum 1. Januar 1997 als Büroleiter zur P. GmbH (zuk. P. GmbH), einer damals fünfzigprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten. Unter dem 7. Februar 1997 wurde der Kläger als Gesamtprokurist dieser Gesellschaft im Handelsregister eingetragen. Am 7. Februar 2002 unterzeichnete der Kläger ein Schreiben, in welchem er dieses Beschäftigungsverhältnis zum 31. März 2002 kündigte (Anl. BG 1, Bl. 100 d.A.). Der Zugang dieser Kündigung bei der Beklagten ist zwischen den Parteien streitig; nach Erinnerung des Klägers legte er diese Kündigung in der von ihm selbst geführten Personalakte der P. GmbH ab. Auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses der P. GmbH vom 16. Juli 2002 (Anl. Bf 7, Bl. 115 d.A.) wurde der Kläger ausweislich des Handelsregisterauszuges unter dem 13. Dezember 2002 als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der P. GmbH im Handelsregister eingetragen; die unter dem 30. Januar 2002 für ihn eingetragene Gesamtprokura erlosch zum selben Datum.
Ab dem 1. April 2002 wurde der Kläger auf der Grundlage eines mit der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 28. Januar 2002 (Anl. Bf 4, Bl. 81 d.A.) bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter zu einem monatlichen Bruttogehalt von EUR 4.250,00 beschäftigt. Ausweislich einer Mitteilung der Beklagten vom 23. Mai 2002 (Anl. Bf 5, Bl. 86 d.A.) wurde das Gehalt ab Mai 2002 auf EUR 4.400,00 erhöht. Nach eigenem Vortrag des Klägers blieb er parallel zu seiner Tätigkeit bei der Beklagten weiterhin für die P. GmbH als Büroleiter tätig.
Am 12. Juni 2002 schlossen die Parteien einen "Anstellungsvertrag" (Anl. B 1, Bl. 28 f d.A.), wonach der Kläger auf Grundlage eines Bestellungsbeschlusses der Gesellschafter der Beklagten vom 24. April 2002 ab dem 1. Juli 2002 als Geschäftsführer der Beklagten tätig sein sollte. Die Beklagte wurde hierbei durch ihren damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden vertreten.
Auf der Grundlage eines Verschmelzungsvertrages vom 24. Juni 2003 verschmolz die P. GmbH als übertragender Rechtsträger mit der Beklagten; die Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister erfolgte am 14. Oktober 2003.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2007 (Anl. K 1, Bl. 3 d.A.) ihres jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden hat die Beklagte nunmehr die fristgerechte Kündigung des Anstellungsvertrages zum 30. April 2008 erklärt. Durch Beschlüsse des Aufsichtsrats vom 12. Oktober 2007 und der Gesellschafterversammlung vom 15. Oktober 2007 (Anl. BG 2 und BG3, Bl. 122 und 123 d.A.) wurde der Kläger zuvor mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und der Aufsichtsratsvorsitzende ermächtigt, die Kündigung im Namen der Gesellschafter und der Gesellschaft auszusprechen.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht Hamburg den Feststellungsantrag angekündigt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden sei, sondern darüber hinaus fortbestehe.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 8. Juli 2008 - 9 Ca 481/07 - den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt, indem es den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten als nicht eröffnet angesehen hat und den Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg - Kammer für Handelssachen - verwiesen.
Der Kläger hat gegen den ihm am 28. Juli 2008 zugestellten Beschluss am 10. August 2008 beim Landesarbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.
II.
1. Über eine sofortige Beschwerde, die sich gegen einen die Eröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten betreffenden Beschluss wendet, kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch das Landesarbeitsgericht entschieden werden (BAG 10.12.1992 - 8 AZB 6/92 - AP Nr. 4 zu § 17a GVG).
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 78 ArbGG statthaft und, da sie form- und fristgerecht gemäß den §§ 571, 569 ZPO eingelegt worden ist, auch im Übrigen zulässig.
2. In der Sache selbst ist die sofortige Beschwerde unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Recht an das zuständige Landgericht Hamburg - Kammer für Handelssachen - verwiesen, da die Arbeitsgerichte auf der Grundlage des nach dem eigenen Vorbringen des Klägers zur Anwendung zu bringenden Sachverhalts für den Streit der Parteien sachlich nicht zuständig sind. Auf die zutreffenden Gründe des Arbeitsgerichts im angefochtenen Beschluss wird inhaltlich Bezug genommen und zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen hierauf verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG analog).
Ergänzend sind im Hinblick auf die sofortige Beschwerde nachfolgende Ausführungen angezeigt:
a) Mit der Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages vom 16. Oktober 2007 ist das frühere Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wieder aufgelebt und wurde auch nicht neu begründet.
aa) Nach der vom Arbeitsgericht zutreffend zur Anwendung gebrachten nunmehr ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG 05.06.2008 - 2 AZR 754/06 - NZA 2008, 1002; BAG 19.07.2007 - 6 AZR 774/06 - AP Nr. 18 zu § 35 GmbHG; 24.11.2005 - 2 AZR 46/04 - BAGE 116, 254) wird dann, wenn ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber einen Geschäftsführerdienstvertrag schließt, vermutet, dass hierdurch zugleich das bisherige Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Beginns des Geschäftsführerdienstverhältnisses aufgelöst wird, soweit nicht klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist. Durch den Geschäftsführerdienstvertrag werden die vertraglichen Beziehungen der Parteien zueinander auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage entfällt. Wörtlich heißt es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Juni 2008 (2 AZR 754/06 - NZA 2008, 1002, Rz 22): "Schließt ein Arbeitnehmer mit einem Arbeitgeber einen schriftlichen Dienstvertrag, der Grundlage für eine Bestellung zum Geschäftsführer ist, besteht eine tatsächliche Vermutung, dass damit zugleich das zuvor begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst worden ist. Zugleich stellt der neue Vertrag die ausschließliche Grundlage der rechtlichen Beziehungen der Parteien - sofern nicht etwas anderes vereinbart ist - dar. Durch den schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag werden die zuvor vereinbarten Rechte und Pflichten der Parteien aus einem Arbeitsverhältnis konkludent aufgehoben. Mit dem schriftlichen Dienstvertrag liegt eine Vertragsurkunde vor, die dem Arbeitnehmer deutlich vor Augen führt, dass die bisherigen vertraglichen Beziehungen zu seinem Arbeitgeber geändert und auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden sind".
Mit dem Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages und der damit einhergehenden Bestellung zum Geschäftsführer werden für den Beschäftigten bereits von Gesetzes wegen zahlreiche neue Rechte und Pflichten aus dem GmbHG begründet, die sich von der arbeitsvertraglichen Verpflichtung deutlich unterscheiden. Dies sind beispielsweise die Vertretungsmacht nach § 35 Abs. 1 GmbHG, die Außenhaftung nach § 43 GmbHG oder die Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG. "Schon diese gesellschaftsrechtlichen Regelungen stehen der Annahme entgegen, dass Geschäftsführerdienstverhältnis stehe dem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis gleich. Auch wenn die Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft wegen fortbestehender weitreichender Weisungsgebundenheit arbeitsvertraglicher Natur sein sollten, hätte das der Geschäftsführerbestellung zu Grunde liegende Rechtsverhältnis ungeachtet der vertraglichen Vereinbarungen schon aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten eines Gesellschaftsvertrages einen neuen Inhalt" (so BAG 19.07.2007 - 6 AZR 774/06 - AP Nr. 18 zu § 35 GmbHG). Insbesondere die Vertretungsmacht hat zur Folge, dass der Geschäftsführer jedenfalls in formaler Hinsicht eine Arbeitgeberstellung einnimmt. Den gesellschaftsrechtlichen Zusammenhängen wird verfahrensrechtlich durch § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG Rechnung getragen.
Der zu Grunde liegende Anstellungs- bzw. Geschäftsführerdienstvertrag verwandelt sich mit dem Verlust der Organstellung insbesondere auch nicht (wieder) in einen Arbeitsvertrag. Ein wirksam aufgehobenes früheres Arbeitsverhältnis lebt durch die Abberufung als Geschäftsführer nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - wieder auf, ebenso wenig entsteht ein neues Arbeitsverhältnis (BAG 05.06.2008 - 2 AZR 754/06 - NZA 2008, 1002 m.w.N. der Rspr.). Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass entweder neben dem Geschäftsführerdienstvertrag noch ein Arbeitsvertrag - ruhend - fortbestanden hat und nach der Abberufung wiederaufleben soll oder dass nach der Abberufung ein Arbeitsverhältnis neu begründet worden ist, denn durch den Geschäftsführerdienstvertrag werden die zuvor vereinbarten Rechte und Pflichten der Parteien aus einem Arbeitsverhältnis regelmäßig konkludent aufgehoben. Bereits unter Berücksichtigung der mit der Funktion als Geschäftsführer einer GmbH maßgeblichen gesetzlichen Regelungen des GmbHG muss einem Arbeitnehmer klar sein, dass mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages und der Bestellung zum Geschäftsführer sein Arbeitsverhältnis endet. "Ohne besondere, vom gekündigten Geschäftsführer darzulegende Umstände ist bei verständiger Auslegung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen (§§ 133, 157 BGB) kein Grund dafür ersichtlich, dass der alte Vertrag fortgelten soll. Hierbei handelt es sich nicht um eine Lückenfüllung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, sondern um die Feststellung des Inhalts des vertraglich Vereinbarten durch Auslegung des Vertrags selbst." (so ausdrücklich BAG 19.07.2007 - 6 AZR 774/06 - AP Nr. 18 zu § 35 GmbHG). Für ein anderes Auslegungsergebnis müssen weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass entweder neben dem Geschäftsführerdienstvertrag noch ein Arbeitsvertrag - ruhend - fortbestanden hat und nach der Abberufung wieder aufleben soll oder dass nach der Abberufung ein Arbeitsverhältnis neu begründet worden ist (BAG 05.06.2008 - 2 AZR 754/06 - NZA 2008, 1002). Ist dies nicht der Fall, so kommt der Wille der Vertragsparteien, das zuvor begründete Arbeitsverhältnis zu beenden, in dem Geschäftsführerdienstvertrag hinreichend deutlich zum Ausdruck.
Zweifel an einem solchen Auslegungsergebnis bestehen auch nicht vor dem Hintergrund der Auswirkungen des § 623 BGB. Die Schriftform des § 623 BGB ist regelmäßig durch Abschluss des schriftlichen Geschäftsführervertrages gem. § 126 BGB gewahrt. Die Einhaltung der Formvorschrift ist von der vorrangigen Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu unterscheiden. Formvorschriften beschränken bei formbedürftigen Rechtsvorschriften nicht die für die Auslegung der Willenserklärungen zu berücksichtigenden Umstände. Deshalb genügt ein schriftlicher Geschäftsführerdienstvertrag auch der Schriftform gemäß § 623 BGB, da er die von dieser Regelung bezweckte Warnfunktion ausfüllt (BAG 19.07.2007 - 6 AZR 774/06 - AP Nr. 18 zu § 35 GmbHG). Der Geschäftsführerdienstvertrag muss folglich zur Wahrung der Schriftform keine Klausel enthalten, die die ausdrückliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vorsieht.
bb) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, denen das Beschwerdegericht folgt, ist vorliegend mit der Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages des Klägers das frühere Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wieder aufgelebt und wurde auch nicht neu begründet.
Handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers bei der konkludenten Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages nicht um eine Ausnahmeregelung, die sich zwingend und eindeutig aus den Umständen hätte ergeben müssen, sondern sind gegenteilig als Ausnahme besondere Gründe für ein bloßes Ruhen des Arbeitsverhältnisses erforderlich, so war festzustellen, dass vorliegend keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis des Klägers während seiner Bestellung zum Geschäftsführer ruhend fortbestanden hat.
(1) Der Anstellungsvertrag zum Geschäftsführer vom 12. Juni 2002 beinhaltete im Einzelnen die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten ergebenden Rechte und Pflichten. Der Kläger hatte laut Vertrag die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Er hatte seine Arbeitskraft für die Aufgaben und Ziele einzusetzen, wie sie im Gesellschaftsvertrag und der Betriebsordnung festgelegt sind und in Abstimmung mit den anderen Geschäftsführern der Beklagten. Wie sich aus dem vom Kläger selbst vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt, wurde der Kläger auch entsprechend unter dem 13. Dezember 2002 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer im Handelsregister als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer eingetragen, während der zuvor als zweiter Geschäftsführer eingetragene Geschäftsführer gleichzeitig ausschied; zum selben Datum wurde das Erlöschen der Prokura des Klägers im Register eingetragen. Nach dem unter dem 23. Juni 2003 im Handelsregister eingetragenen Ausscheiden des zweiten Geschäftsführers war der Kläger alleiniger Geschäftsführer. Dass der Kläger insgesamt nur pro forma ohne die sich mit einer Geschäftsführerbestellung verbundenen Rechte und Pflichten zum Geschäftsführer ernannt worden wäre, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
(2) Der mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages geänderten Rechtsstellung des Klägers entspricht auch eine deutliche wirtschaftliche Verbesserung. Während der Kläger auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 1. April 2002 noch ein Bruttogehalt von monatlich EUR 4.250,00 (bei zwölf Gehältern jährlich EUR 51.000,00, unter Berücksichtigung einer zusätzlichen "Weihnachtsgratifikation" von einem Monatsgehalt EUR 55.250,00) und nach Gehaltserhöhung mit Schreiben vom 23. Mai 2002 ein Gehalt von monatlich EUR 4.400,00 (bei zwölf Gehältern jährlich EUR 52.800,00, bei 13 Gehältern EUR 57.200,00) bezog, betrug sein Jahresbruttogehalt nunmehr EUR 93.000,00, was einem Monatsgehalt von EUR 7.750,00 entspricht.
(3) Anhaltspunkte für den Willen der Parteien, das alte Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen zu lassen, ergeben sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen des Klägers. Die von ihm herausgestellte Tatsache der unter dem 23. Mai 2002 und damit noch wenige Wochen vor Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages erfolgten Gehaltserhöhung als solcher sagt über den Willen der Parteien bezüglich eines etwaigen Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses nichts aus. Unstreitig wurde der vorliegend in Rede stehende Geschäftsführeranstellungsvertrag danach, nämlich am 12. Juni 2002 abgeschlossen.
(4) Ebenso wenig kann dem Kläger darin gefolgt werden, dass die Dauer seines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses bereits gegen den Willen der Parteien spreche, das Arbeitsverhältnis zu beenden, und der vorliegende Fall schon deshalb nicht mit den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Konstellationen vergleichbar sei. Zum einen hat se ab in Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführerdienstvertrages maximal sieben Jahre bestanden. Dies ist keineswegs eine Dauer, die bereits besonderen Vertrauensschutz bezüglich des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu begründen vermag. Im Übrigen lag auch der jüngsten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur vorliegenden Problematik (BAG 05.06.2008 - 2 AZR 754/06 - NZA 2008, 1002) ein Sachverhalt zugrunde, demzufolge das Arbeitsverhältnis zuvor mehr als vier Jahre und nicht bloß wenige Wochen oder Monate bestanden hatte. Eine abweichende Bewertung der Folgen des Geschäftsführerdienstvertrages allein aufgrund der Dauer des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses erweist sich nach der Rechtsprechung aber auch grundsätzlich nicht als geeignet, die Vermutung des Beendigungswillens entkräften. Dies mag im Einzelfall bei sehr lange bestehenden Arbeitsverhältnissen anders zu bewerten sein. Vorliegend sind insoweit aber keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
(5) Auch die Bezeichnung des Geschäftsführerdienstvertrages als "Anstellungsvertrag" führt nicht dazu, dass dieser Vertrag das bisherige Arbeitsverhältnis - wenn auch mit neuen Pflichten - fortführt. Geschäftsführer sind keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG. Die Bezeichnung des Vertrags spielt hierbei keine Rolle. Kommt es für die rechtliche Qualifizierung eines Dienstverhältnisses als Arbeitsverhältnis nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien an (BAG 12.09.1996 - 5 AZR 104/95 - AP Nr. 122 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten), so gilt dies umgekehrt im gleichen Maße. Entscheidend ist die sich aus dem Vertragsinhalt ergebende Stellung. Dies aber war die eines Geschäftsführers, nicht die eines Arbeitnehmers mit besonders umfassenden Kompetenzen.
b) Soweit das Arbeitsgericht zu Gunsten des Klägers unterstellt hat, dass es sich bei dem Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 12. Juni 2002 um einen von der Beklagten vorformulierten Vertrag handelt, auf dessen Inhalt der Kläger keinen Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) und der deshalb der Kontrolle nach §§ 305 ff BGB unterliegt, ergibt sich kein anderes Auslegungsergebnis. Auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Beschlusses wird gesondert Bezug genommen.
Es kann kein Zweifel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB daran bestehen, dass der Kläger mit Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages seine vertraglichen Beziehungen ausschließlich auf diese neue vertragliche Grundlage gestellt und damit zugleich das zuvor bestandene Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit beendet hat. Eine solche Rechtsfolge ist für Arbeitnehmer in leitender Position, die in der Regel solche Vereinbarungen abschließen, objektiv erkennbar. Ein Arbeitnehmer, der mit der Unterzeichnung des Geschäftsführerdienstvertrages und der Bestellung zum Geschäftsführer die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten übernimmt und damit Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, muss - soweit nichts anderes vereinbart ist - davon ausgehen, dass mit der vereinbarten Aufnahme der Tätigkeit als Geschäftsführer sein Arbeitsverhältnis endet (so zu Recht BAG 19.07.2007 - 6 AZR 774/06 - AP Nr. 18 zu § 35 GmbHG). Ein vernünftiger Zweifel, der die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB rechtfertigen könnte, besteht daher nicht.
c) Zweifel ergeben sich auch nicht vor dem Hintergrund der zum 1. Mal 2000 in Kraft getretenen Formvorschrift des § 623 BGB. Die Schriftform des § 623 BGB ist regelmäßig durch Abschluss des schriftlichen Geschäftsführervertrages gem. § 126 BGB gewahrt. Wie oben (a), aa)) ausgeführt, beschränken Formvorschriften bei formbedürftigen Rechtsvorschriften nicht die für die Auslegung der Willenserklärungen zu berücksichtigenden Umstände.
d) Der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Geschäftsführerdienstvertrag steht schließlich auch nicht entgegen, dass letzterer durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Beklagten und nicht einen Geschäftsführer abgeschlossen wurde.
Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass der Aufsichtsrat bzw. die Gesellschafter einer GmbH über keine organschaftliche Vertretungsmacht verfügen, wie sie grundsätzlich für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem Arbeitnehmer erforderlich ist, sondern diese gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG allein dem Geschäftsführer zukommt. Hingegen sind der Aufsichtsrat bzw. die Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG zuständig für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern. Auf den ersten Blick könnte mithin die auseinander fallende Zuständigkeit für den Abschluss eines Geschäftsführervertrages und eines Aufhebungsvertrages dafür sprechen, dass die vom Bundesarbeitsgericht angenommene konkludente Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Geschäftsführervertrag jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden nicht wirksam zu erfolgen vermag. So wird im Schrifttum auch vereinzelt angenommen, dass der konkludent geschlossene Aufhebungsvertrag mangels Zuständigkeit und Vertretungsmacht der Gesellschafter bzw. des Aufsichtsrates (schwebend) unwirksam sei (Fischer, NJW 2003, 2417, 2419; Hümmerich/Schmidt-Westphal, DB 2007, 222, 223 f.)
Dem ist jedoch nicht zu folgen. Vielmehr ist für diesen Ausnahmefall, dass ein bisheriger Arbeitnehmer zum Geschäftsführer bestellt und sein bisheriger Arbeitsvertrag aufgelöst werden soll, von einer Annexkompetenz der Gesellschafter bzw. des Aufsichtsrates wegen der besonderen Sachnähe zur Bestellungskompetenz gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG auszugehen und diese Kompetenz auch auf die Beendigung des zuvor mit der Gesellschaft bestehenden Arbeitsverhältnisses auszudehnen (so auch Bauer/Baeck/Lösler, ZIP 2003, 1821, 1823 ff; Langner, DStR 2007, 535, 537; Sasse/Schnitger, BB 2007, 154, 155).
Dies entspricht der wechselseitigen Interessenlage und schließt eine sonst drohende Missbrauchsgefahr aus. Wäre nämlich anzunehmen, es müsse neben dem Geschäftsführerdienstvertrag auch noch gesondert ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden - letzterer durch den Geschäftsführer - so führte dies jedenfalls dann, wenn die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer hat, zu der Situation, dass der neu bestellte Geschäftsführer sein bislang noch bestehendes Arbeitsverhältnis selbst beenden müsste. Hieran dürfte er in aller Regel angesichts der damit einhergehenden Nachteile wie unter anderem des Verlustes des besonderen Kündigungsschutzes keinerlei Interesse haben, so dass die Gefahr bestünde, dass er diese Beendigung unterlässt. Auch bei anderen Fallkonstellationen ist die Gefahr eines Missbrauchs nicht auszuschließen (vgl. Bauer/Baeck/Lösler, ZIP 2003, 1821, 1825).
Zutreffend wird deshalb für diesen Ausnahmefall die Annexkompetenz der Gesellschafter wegen der besonderen Sachnähe zur Bestellungskompetenz gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG auch auf die Beendigung des zuvor mit der Gesellschaft bestehenden Arbeitsverhältnisses des Geschäftsführers ausgedehnt (so auch Bauer/Baeck/Lösler, ZIP 2003, 1821, 1823 ff; Langner, DStR 2007, 535, 537; Sasse/Schnitger, BB 2007, 154, 155). Nur durch eine solche extensive Auslegung des § 46 Nr. 5 GmbHG bzw. eine analoge Anwendung dieser Norm ist die oben dargestellte Interessenkollision, verbunden mit der Gefahr eines Missbrauchs, zu vermeiden bzw. jedenfalls eine unbefangene und von sachfremden Erwägungen freie Vertretung der Gesellschaft sicherzustellen. Es liegt nach allem nahe, die Allzuständigkeit der Gesellschafter bzw. des Aufsichtsrates auf alle mit der Beförderung in einer Organstellung im Zusammenhang stehenden Rechtshandlungen auszudehnen und darunter auch die Regelung des bisherigen Anstellungsverhältnisses zu fassen.
Die Annahme einer aus § 46 Nr. 5 GmbHG folgenden Annexkompetenz ist dem GmbH-Recht auch nicht fremd. Vielmehr entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Gesellschafter bzw. der Aufsichtsrat nicht allein für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, sondern aufgrund der besonderen Sachnähe zu dieser Bestellungskompetenz auch für den Abschluss und die Aufhebung des Dienstvertrages des Geschäftsführers zuständig sind. Die besondere Sachnähe wird beispielsweise für jegliche Änderungen der Anstellungsbedingungen oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages bejaht (BGH vom 25.03.1991 - II ZR 169/90 - DStR 1991, 751; 27.03.1995 - II ZR 140/93 - ZIP 1995, 643). Damit wird u.a. verhindert, dass der Bestellungs- oder Abberufungsbeschluss unterlaufen wird. Dieselbe Gefahr besteht aber auch bei der Frage der Zuständigkeit für die Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages. Von daher ist kein Grund ersichtlich, warum hinsichtlich der Aufhebung eines Arbeitsvertrages etwas anderes gelten sollte.
e) Der Kläger ist letztlich auch nicht Arbeitnehmer aufgrund eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der P. GmbH, welches infolge der Verschmelzung mit der Beklagten auf letztere übergegangen wäre. Dieses Arbeitsverhältnis hat er jedenfalls mit seinem Schreiben vom 7. Februar 2002 (Anl. BG 1, Bl. 100 d.A.) wirksam gekündigt. Soweit er behauptet, das Schreiben sei der Geschäftsleitung der P. GmbH nicht zugegangen, sondern von ihm selbst in seine Personalakte aufgenommen worden, würde dies an der Wirksamkeit der Eigenkündigung nichts ändern. Der Kläger war nämlich ausweislich des von ihm eingereichten Handelsregisterauszuges (Anl. Bf 6, Bl. 111 ff d.A.) Prokurist der P. GmbH und als solcher von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Seine Kündigung wäre damit in jedem Falle einem bevollmächtigten Vertreter der P. GmbH zugegangen und hat sein dortiges Arbeitsverhältnis mithin wirksam beendet.
Das Arbeitsgericht hat nach allem zu Recht seine sachliche Zuständigkeit verneint und den Rechtsstreit an das gemäß §§ 71 Abs. 1, 95 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) GVG zuständige Landgericht Hamburg - Kammer für Handelssachen - verwiesen. Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 97 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 78 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, weil die Frage der Zuständigkeit des Aufsichtsrates für den konkludenten Abschluss eines Aufhebungsvertrages als Annexkompetenz aus § 46 Nr. 5 GmbHG noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist.
Ende der Entscheidung
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