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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.08.2006
Aktenzeichen: 12 Sa 450/06
Rechtsgebiete: TVG, NachwG, BGB


Vorschriften:

TVG § 5
TVG § 8
NachwG § 2
BGB § 254
BGB § 280
BGB § 286
BGB § 611
BGB § 615
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.02.2006 - 3 Ca 2643/05 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.861,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.627,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.643,50 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 788,02 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.643,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.643,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2005 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des 1. Rechtszuges zu einem Streitwert von 11.993,10 EUR tragen der Kläger zu 22 % und die Beklagte zu 78 %.

Von den Kosten des 2. Rechtzuges zu einem Streitwert von 8.706,10 EUR tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aus Annahmeverzug.

Der am 10.10.1971 geborene Kläger, der verheiratet und vier Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 03.02.2003 bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Industriereinigung betreibt, als Reinigungskraft zu einem Bruttomonatsverdienst von 1.643,50 EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kam kraft Allgemeinverbindlicherklärung der Rahmentarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung (im Folgenden: RTV-Gebäudereinigung) zur Anwendung.

Mit Schreiben vom 29.06.2004 hatte die Beklagte das mit dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.07.2004 gekündigt. Hiergegen hatte sich der Kläger - anwaltlich vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren - mit seiner beim Arbeitsgericht in dem Verfahren 6 Ca 2476/04 am 30.07.2004 eingegangenen Klage zur Wehr gesetzt und zugleich einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt. Nachdem das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22.09.2004 die Kündigungsschutzklage nachträglich zugelassen hatte, hat es mit Urteil vom 09.02.2005 der Klage stattgegeben. Ihre hiergegen eingelegte Berufung hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in dem Verfahren 17 Sa 457/05 am 08.08.2005 zurückgenommen. In diesem Termin hatte die Beklagte erstmalig auf den RTV-Gebäudereinigung hingewiesen.

Nachdem die Beklagte das mit dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis nunmehr mit Schreiben vom 19.04.2006 erneut gekündigt hat, haben sich die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 04.05.2006 verständigt.

Bereits zuvor, nämlich mit Schreiben vom 16.02.2005, hatte der Kläger, der für die Zeit von August 2004 bis einschließlich Mai 2005 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 25,42 EUR, mithin insgesamt 7.728,90 EUR bezogen hatte, die Beklagte aufgefordert, an ihn rückständige Vergütung für die Monate August 2004 bis Januar 2005 in Höhe von monatlich 1.615,00 EUR zu zahlen.

Mit der beim Arbeitsgericht am 11.08.2005 im vorliegenden Verfahren eingegangenen Klage, die der Beklagten am 19.08.2005 zugestellt worden ist, hat der Kläger rückständige Vergütung für die Zeit von August 2004 bis Juli 2005 in Höhe von monatlich 1.643,50 EUR, mithin insgesamt 19.722,00 EUR eingeklagt und dabei zugleich das erhaltene Arbeitslosengeld in Höhe von 7.728,90 EUR in Abzug gebracht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich nach Treu und Glauben nicht auf die Ausschlussfristen des RTV-Gebäudereinigung berufen. Sie habe ihn weder auf Verfallfristen aufmerksam gemacht, noch auf die Geltung eines Tarifvertrages hingewiesen. Auch habe sie ihm einen Tarifvertrag nicht ausgehändigt und auch keinen Hinweis auf Einsichtnahmemöglichkeiten erteilt. Dies alles ist unstreitig. Jedenfalls stehe ihm ein Anspruch auf die entsprechende Annahmeverzugsvergütung als Schadensersatz zu. Tarifliche Verfallfristen seien wesentliche Vertragsbedingungen im Sinne des Nachweisgesetzes. Dies gelte auch bei für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen. Weder er, noch seine Prozessbevollmächtigten, die ihn auch im Kündigungsrechtsstreit vertreten haben, hätten Kenntnis von der Existenz des Tarifvertrages gehabt, was unstreitig ist. Seine Prozessbevollmächtigten hätten ihn, den Kläger, zu Beginn des Mandats befragt, ob auf sein Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung finde, was er verneint habe. Auch dies ist unstreitig. Im Übrigen hätten seine Prozessbevollmächtigten in dem Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitgericht auf ein erhöhtes Annahmeverzugsrisiko der Beklagten hingewiesen. Hierauf habe diese nicht reagiert. Dies ist ebenso unstreitig.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, rückständigen Lohn für den Zeitraum August 2004 bis Juli 2005 in Höhe von 12 x 1.643,50 EUR brutto, mithin 19.722,00 EUR brutto zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.643,50 EUR brutto monatlich, jeweils ab dem 5. eines Folgemonats, abzüglich des auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Betrages in Höhe von 7.728,90 EUR an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, allein die Ansprüche für die Monate Juni und Juli 2005 seien nicht verfallen. Im Übrigen sei Verfall eingetreten. Im Hinblick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch des Klägers müsse Berücksichtigung finden, dass der Kläger die Schadensentstehung selbst verschuldet habe. Er müsse sich das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nach § 278 BGB zurechnen lassen. Diese hätten gewusst, dass sie ein Unternehmen der Industriereinigung betreibe, was unstreitig ist. Demnach hätten sie sich informieren müssen, ob auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag zur Anwendung kam. Sie hätten auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit entsprechende Recherchen anstellen können und müssen. Auch hätten sie mit ihr, der Beklagten selbst, Rücksprache nehmen können.

Das Arbeitsgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und lediglich im Hinblick auf die Verzinsung der Vergütungsansprüche für die Monate Mai, Juni und Juli 2005 Verzug erst ab dem jeweiligen 16. des jeweiligen Folgemonats sowie für den Schadensersatzanspruch erst ab dem 16.06.2005 bejaht und insoweit die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zahlungsklage wahre die tarifliche Ausschlussfrist für die Ansprüche der Monate Mai, Juni und Juli 2005. Diesbezüglich schulde die Beklagte dem Kläger Verzugslohn in Höhe von 4.930,50 EUR aus §§ 611, 615 S. 1 BGB. Die Ansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 in Höhe von 14.791,50 EUR brutto seien zwar verfallen, allerdings schulde die Beklagte hier entsprechenden Schadensersatz. Die Anwendung der tariflichen Ausschlussfrist sei weder durch einen Verstoß gegen die Auslegungspflicht nach § 8 TVG, noch durch einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 NachwG ausgeschlossen. Die Beklagte schulde dem Kläger Schadensersatz, weil sie gegen ihre Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 NachwG verstoßen habe. Ein Mitverschulden des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse, könne nicht festgestellt werden. Weder der Kläger, noch seine Anwälte hätten gewusst, dass auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung fand. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten auch nicht fahrlässig übersehen, dass der RTV-Gebäudereinigung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar war. Es sei ausreichend, dass sie den Kläger danach befragt hätten, ob auf sein Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung finde. Als Nichtfachanwälte, die neben vielen anderen Rechtsgebieten "auf dem platten Land" auch das Arbeitsrecht betreuten, hätten sie von der Allgemeinverbindlichkeit bestimmter Tarifverträge keine Kenntnis haben müssen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 24.02.2006 zugestellte Urteil am 13.03.2006 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.05.2006 - am 19.05.2006 begründet.

Die Beklagte räumt ein, dass die Ansprüche für die Monate Juni und Juli 2005 nicht verfallen seien. Insoweit werde das Urteil auch nicht angegriffen. Die Klagezustellung am 19.08.2005 wahre jedoch nicht die Frist für den Anspruch auf die Vergütung für den Monat Mai 2005. Auch dieser Anspruch sei demnach verfallen. Indes habe der Kläger wegen seiner verfallenen Ansprüche gegen sie keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz. Den Kläger treffe ein überwiegendes Mitverschulden. Er müsse sich das Mitverschulden seiner Prozessbevollmächtigten gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Insoweit schade nicht nur positive Kenntnis, sondern auch fahrlässige Nichtkenntnis. Es entspreche dem Pflichtenkatalog eines im Arbeitsrecht tätigen Rechtsanwalts, dass er sich mit der Problematik der Tarifverträge und der tarifvertraglichen Ausschlussklauseln beschäftige.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.02.2006 - 3 Ca 2643/05 - teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger mehr als 3.287,00 EUR brutto abzüglich des auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Betrages in Höhe von 7.728,00 EUR zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen das arbeitsgerichtliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

In der Sache ist die Berufung allerdings nur teilweise erfolgreich.

1.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.06.2004 nicht mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31.07.2004 sein Ende gefunden hat, hat der Kläger zunächst einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die Zeit von August 2004 bis Mai 2005 in Höhe von 16.435,00 EUR brutto nach den §§ 611, 615 S. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges erworben. Hiervon war das für denselben Zeitraum gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 7.728,90 EUR in Abzug zu bringen.

Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge der Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Die Beklagte befand sich ab dem 01.08.2004 in Annahmeverzug, indem sie dem Kläger keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellte, sondern - im Gegenteil - zu unrecht von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund ihrer Kündigung vom 29.06.2004 zum 31.07.2004 ausging. Eines Angebots der Arbeitsleistung durch den Kläger bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht (vgl. BAG, Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 650/00 -, AP Nr. 98 zu § 615 BGB).

2.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Vergütung für die Monate August 2004 bis April 2005 ist allerdings gem. § 22 des für allgemeinverbindlich erklärten RTV-Gebäudereinigung verfallen.

a.

§ 22 des zuvor genannten Tarifvertrages enthält folgende Regelung:

"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden."

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird".

b.

Da die Lohnperiode der Kalendermonat war, waren die Vergütungsansprüche des Klägers gemäß § 8 Ziff. 2 des RTV-Gebäudereinigung spätestens am 15. des jeweiligen Folgemonats fällig. Mithin waren der Vergütungsanspruch für den Monat August 2004 am 15.09.2004, den Monat September 2004 am 15.10.2004, den Monat Oktober 2004 am 15.11.2004, den Monat November 2004 am 15.12.2004, den Monat Dezember 2004 am 15.01.2005, den Monat Januar 2005 am 15.02.2005, den Monat Februar 2005 am 15.03.2005, den Monat März 2005 am 15.04.2005, den Monat April 2005 am 15.05.2005 und den Monat Mai 2005 am 15.06.2005 fällig.

c.

Dem Verfall der Ansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 steht nicht entgegen, dass der Kläger sich mit seiner Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht in dem Verfahren 6 Ca 2476/04 gegen die Kündigung der Beklagten vom 29.06.2004 zur Wehr gesetzt hatte.

aa.

Zwar ist anerkannt, dass in der Erhebung einer Kündigungsschutzklage regelmäßig zugleich die Geltendmachung derjenigen Ansprüche zu sehen ist, die vom Ausgang des Verfahrens abhängig sind, wozu auch Ansprüche aus Annahmeverzug gehören. Das Gesamtziel der Kündigungsschutzklage ist in der Regel nämlich nicht auf den Erhalt des Arbeitsplatzes beschränkt, sondern zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die durch den Verlust der Arbeitsstelle möglicherweise verloren gehen. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage ist der Arbeitgeber ausreichend vom Willen des Arbeitnehmers unterrichtet, die durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bedrohten Einzelansprüche aufrechtzuerhalten (BAG, Urteil vom 09.08.1990 - 2 AZR 579/89 -, AP Nr. 46 zu § 615 BGB; BAG, Urteil vom 07.11.1991 - 2 AZR 34/91 -, AP Nr. 114 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; BAG, Urteil vom 24.01.1996 - 1 AZR 591/95 -, n.v.; BAG, Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 -, DB 2006, 1565 f.).

bb.

Allerdings lässt es § 22 RTV-Gebäudereinigung nicht ausreichen, dass Ansprüche nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Vielmehr enthält die zuvor genannte tarifliche Bestimmung eine zweistufige Ausschlussfrist, wonach bei Ablehnung durch die Gegenpartei oder Nichterklärung innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs dieser dennoch verfällt, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dabei setzt die gerichtliche Verfolgung der Ansprüche die Einreichung einer Klage voraus, deren Streitgegenstand diese Ansprüche sind. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage ist demgegenüber die Wirksamkeit der Kündigung und nicht die gerichtliche Geltendmachung von Zahlungsansprüchen (BAG, Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 -, DB 2006, 1565 f.).

cc.

Die Beklagte hat mit dem im Kündigungsschutzverfahren - 6 Ca 2476/04 - im Schriftsatz vom 31.08.2004 angekündigten Klageabweisungsantrag, der dem Kläger spätestens am 29.08.2004 zugegangen ist, die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche abgelehnt. Der Antrag des Arbeitgebers auf Abweisung der Bestandsschutzklage stellt eine schriftliche Ablehnung der mit der Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer geltend gemachten Vergütungsansprüche dar (BAG, Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 -, DB 2006, 1565 f.). Da der Kläger mit der Kündigungsschutzklage allerdings "vorfristig" künftige Vergütungsansprüche geltend gemacht und die Beklagte diese Ansprüche mit dem Klageabweisungsantrag abgelehnt hatte, begann die Frist für die gerichtliche Geltendmachung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mit der Ablehnung durch den Arbeitgeber, sondern erst mit der Fälligkeit des Anspruchs (BAG, Urteil vom 26.09.2001 - 5 AZR 699/00 -, AP Nr. 160 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; BAG, Urteil vom 13.02.2003 - 8 AZR 236/02 -, AP Nr. 244 zu § 613 a BGB). Demzufolge hätte der Kläger seine Ansprüche für den Monat August 2004 bis zum 15.11.2004, den Monat September 2004 bis zum 15.12.2004, den Monat Oktober 2004 bis zum 15.01.2005, den Monat November 2004 bis zum 15.02.2005, den Monat Dezember 2004 bis zum 15.03.2005, den Monat Januar 2005 bis zum 15.04.2005, den Monat Februar 2005 bis zum 15.05.2005, den Monat März 2005 bis zum 15.06.2005, den Monat April 2005 bis zum 15.07.2005 und schließlich für den Monat Mai 2005 bis zum 15.08.2005 gerichtlich geltend machen müssen.

Eine fristgerechte gerichtliche Geltendmachung ist durch den Kläger insoweit allerdings nur im Hinblick auf den Vergütungsanspruch für den Monat Mai 2005 erfolgt. Die Fristwahrung für die 2. Stufe der Ausschlussklausel, d. h. für die gerichtliche Geltendmachung bestimmt sich in Ermangelung anderweitiger klarer Regelungen durch die Tarifvertragsparteien nach den §§ 253 Abs. 1 und 5, 167 ZPO (BAG, Urteil vom 16.03.1995 - 8 AZR 58/92 -, AP Nr. 129 zu § 4 TVG Ausschlussfristen unter Geltung des § 270 Abs. 3 ZPO a.F.; BAG, Urteil vom 16.01.2002 - 5 AZR 430/00 -, AP Nr. 13 zu § 3 EntgeltFG unter Geltung des § 270 Abs. 3 ZPO a. F.). Die Einreichung der Klageschrift beim Arbeitsgericht ist am 11.08.2005 und damit für den Anspruch für den Monat Mai 2005 fristgerecht erfolgt. Für alle früheren Monate kam die am 11.08.2005 beim Arbeitsgericht eingegangene Zahlungsklage indes zu spät.

d.

Auch das Schreiben des Klägers vom 16.02.2005 war nicht geeignet, einen Verfall seiner Ansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 zu verhindern. Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 16.02.2005 seine Ansprüche zwar im Sinne des Abs. 1 des § 22 RTV-Gebäudereinigung schriftlich geltend gemacht, wobei die Kammer es offen lassen konnte, inwieweit hiermit eine "fristgerechte" Geltendmachung erfolgte. Es fehlt nämlich für alle Vergütungsansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 an einer fristgerechten gerichtlichen Geltendmachung im Sinne des Abs. 2 des § 22 RTV-Gebäudereinigung. Der Kläger hat die Vergütung nämlich erstmals mit der am 11.08.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage und damit - wie bereits unter II. 2. c. cc. ausgeführt - verspätet eingeklagt.

e.

Die Anwendung des § 22 RTV-Gebäudereinigung wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zudem weder durch einen Verstoß des Arbeitgebers gegen die Auslegungspflicht nach § 8 TVG, noch durch einen bloßen Verstoß gegen die aus § 2 Abs. 1 NachwG folgende Verpflichtung ausgeschlossen (vgl. BAG, Urteil vom 23.01.2002 - 4 AZR 56/01 -, AP Nr. 5 zu § 2 NachwG; BAG, Urteil vom 17.04.2002 - 5 AZR 89/01 -, AP Nr. 6 zu § 2 NachwG; BAG, Urteil vom 29.05.2002 - 5 AZR 105/01 -, EzA § 2 NachwG Nr. 4; BAG, Urteil vom 05.11.2003 - 5 AZR 676/02 -, AP Nr. 7 zu § 2 NachwG).

Der Geltung der Ausschlussfrist steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte entgegen § 23 Ziff. 2 RTV-Gebäudereinigung den Tarifvertrag weder dem Kläger ausgehändigt, noch diesen an geeigneter Stelle in ihrem Betrieb ausgelegt hat. § 23 Ziff. 2 RTV-Gebäudereinigung normiert ausdrücklich lediglich eine "Durchführungspflicht". Dabei erweitert die tarifliche Bestimmung die sich bereits aus § 8 TVG ergebende Pflicht zur Auslegung des Tarifvertrages um eine - alternative - Verpflichtung zur Aushändigung des Tarifvertrages. Zudem enthält § 23 Ziff. 2 RTV-Gebäudereinigung - ebenso wie § 8 TVG - keinerlei Sanktionen für den Fall des Pflichtverstoßes. Damit stellt sich § 23 Ziff. 2 RTV-Gebäudereinigung - wie auch § 8 TVG (BAG, Urteil vom 23.01.2002 - 4 AZR 56/01 -, AP Nr. 5 zu § 2 NachwG) - als reine Publizitäts- und damit Ordnungsvorschrift dar mit der Folge, dass ein Verstoß gegen die tarifliche Bestimmung - ebenso wie ein Verstoß gegen § 8 TVG - der Anwendung der tariflichen Ausschlussfrist nicht entgegensteht. (so auch LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.04.2005 - 12 Sa 219/05 -).

3.

Die Beklagte schuldet dem Kläger allerdings im Hinblick auf die Vergütungsansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 wegen Verletzung ihrer Verpflichtungen aus § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 NachwG Schadensersatz in der ausgeurteilten Höhe.

a.

Die Beklagte war nach § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG verpflichtet, spätestens am 03.03.2003 die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Kläger auszuhändigen. In die Niederschrift war jedenfalls ein in allgemeinen Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge aufzunehmen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden waren, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 NachwG. Hierzu gehörte auch der Rahmentarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung. Eines Einzelnachweises der Ausschlussfristen des § 22 RTV-Gebäudereinigung bedurfte es hingegen nicht (BAG, Urteil vom 17.04.2002 - 5 AZR 89/01 -, AP Nr. 6 zu § 2 NachwG). Die Nachweispflicht bestand auch unabhängig von der gem. § 5 Abs. 4 TVG unmittelbaren und zwingenden Tarifgeltung. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 sowie § 2 Abs. 3 S. 1 NachwG, wonach es selbst bei Geltung zwingender Gesetze eines Nachweises bedarf.

Die Beklagte hat indes weder die gesetzliche Nachweispflicht erfüllt, noch dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit den geforderten Angaben ausgehändigt, § 2 Abs. 4 NachwG.

b.

Damit befand sich die Beklagte nach §§ 284 Abs. 2 S. 1, 285 BGB a.F., 286 BGB n.F. in Verzug und hat nach §§ 286 Abs. 1 BGB a.F., 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB n. F. den durch den eingetretenen Verzug adäquat verursachten Schaden zu ersetzen, wobei Schaden im Sinne des § 249 BGB das Erlöschen des Vergütungsanspruchs ist. Der Schadensersatzanspruch ist auf Naturalrestitution und damit wie der Vergütungsanspruch auf einen Bruttobetrag gerichtet.

Der Schadensersatzanspruch ist in Höhe des erloschenen Arbeitsentgeltsanspruchs begründet, wenn dieser nur wegen Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre. Dabei kommt bei der Prüfung der adäquaten Verursachung dem Arbeitnehmer die Vermutung eines aufklärungsgemäßen Verhaltens zugute, so dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass jedermann bei ausreichender Information seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise wahrt. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 NachwG ist demnach zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die tarifliche Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn er auf die Geltung des Tarifvertrages hingewiesen worden wäre (vgl. BAG, Urteil vom 05.11.2003 - 5 AZR 676/02 -, AP Nr. 7 zu § 2 NachwG).

c.

Dem Kläger ist durch das Erlöschen seiner Entgeltansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 ein Schaden in Höhe von zunächst 14.791,50 EUR brutto entstanden. Hiervon in Abzug zu bringen ist das vom Kläger für die Zeit von August 2004 bis April 2005 bezogene Arbeitslosengeld in Höhe von 6.940,88 EUR. Da der Kläger tatsächlich Arbeitslosengeld in zuvor benannter Höhe für zuvor genannten Zeitraum bezogen hat, der Schadensersatzanspruch auf Naturalrestitution gerichtet ist und der Kläger bei seiner Zahlungsklage die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit von dem Bruttobetrag in Abzug bringen musste, war auch für die Berechnung des ersatzfähigen Schadens das bezogene Arbeitslosengeld als Abzugsposten zu berücksichtigen.

d.

Die Beklagte hat den entstandenen Schaden jedoch nicht in voller Höhe, sondern nur zu einer Quote von 2/3 zu ersetzen.

aa.

Im vorliegenden Verfahren ist zwar nicht von einem die Haftung der Beklagten gänzlich ausschließenden überwiegenden Mitverschulden des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten auszugehen, das sich der Kläger gemäß §§ 254 Abs. 2 i.V.m. 278 BGB zurechnen lassen müsste. Unstreitig wussten weder der Kläger, noch seine Prozessbevollmächtigten, die ihn bereits im Kündigungsrechtsstreit vertreten hatten, von der Existenz des Rahmentarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk (zum Fehlen des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Nichterteilung des Nachweises und dem Erlöschen der Ansprüche bei Kenntnis vgl. BAG, Urteil vom 29.05.2002 - 5 AZR 105/01 -, EzA § 2 NachwG Nr. 4; BAG, Urteil vom 05.11.2003 - 5 AZR 676/02 -, AP Nr. 7 zu § 2 NachwG).

bb.

Allerdings hatte der Kläger die Entstehung des Schadens fahrlässig mitverschuldet. Insoweit ist ihm nach § 278 BGB das fahrlässige Verhalten seiner Prozessbevollmächtigten zuzurechnen. Dieses Mitverschulden führt zur Minderung der Schadensersatzpflicht der Beklagten, § 254 BGB.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, die diesen bereits im Kündigungsrechtsstreit vertreten haben, haben fahrlässig (§ 276 BGB) nicht erkannt, dass der RTV-Gebäudereinigung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar war. Sie hätten bei Übernahme des Mandats für die Kündigungsschutzklage nicht nur erkennen oder durch Befragung ermitteln müssen, dass der Kläger auch ein finanzielles Interesse, gerichtet auf Ausgleich eines ihm zwischenzeitlich entstandenen und künftig entstehenden Lohnausgleichs verfolgte. Diese Erkenntnis verpflichtete sie zudem, den Kläger auch insoweit zu beraten und für die Sicherung seiner auf Ersatz des Lohnausfalls gerichteten Ansprüche zu sorgen. In dem Zusammenhang waren sie auch zur Prüfung verpflichtet, ob für die Geltendmachung der Lohnansprüche des Klägers etwa tarifvertragliche oder auf andere Weise vereinbarte Ausschlussfristen galten. Aufgrund ihrer Verpflichtung zur Klärung des Sachverhalts waren sie hierbei gehalten, im Einzelnen zu ermitteln, ob der Kläger mit seinem Arbeitgeber persönlich Ausschlussfristen vereinbart hatte, ob ein Tarifvertrag bestand, welcher derartige Fristen enthielt und ob gegebenenfalls dieser Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis des Mandanten Anwendung finden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 29.03.1983 - VI ZR 172/81 -, NJW 1983, 1665 f.). Dabei mussten sie auch beachten, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht immer eine solche Ausschlussfrist wahren kann, und zwar jedenfalls dann nicht, wenn die tarifliche Ausschlussklausel, wie der im Streitfall bedeutsame § 22 RTV-Gebäudereinigung, bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gerichtlich geltend gemacht werden müssen, sofern die Gegenpartei sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist erklärt oder die Ansprüche ablehnt (vgl. BAG, Urteil vom 09.03.1966 - 4 AZR 87/65 -, NJW 1966, 1477; BAG, Urteil vom 08.01.1970 - 5 AZR 124/69 -, AP Nr. 43 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).

Diesem Pflichtenkatalog waren die Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht dadurch hinreichend nachgekommen, dass sie den Kläger nach einer etwaigen Anwendbarkeit eines Tarifvertrages befragt hatten und der Kläger diese Frage mit nein beantwortet hatte. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers wären hier darüber hinaus gehalten gewesen, bei der Beklagten Rückfrage zu halten und sich auch darüber zu informieren, ob nicht unter Umständen - wie im vorliegenden Verfahren - ein Tarifvertrag kraft Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung findet. Dies wäre den Prozessbevollmächtigten des Klägers, die um den Gegenstand der Betriebstätigkeit der Beklagten wussten, auch unschwer möglich gewesen. Hier hätte ein Blick in den Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales genügt, um festzustellen, dass für das Gebäudereinigerhandwerk ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag besteht. Diesen Tarifvertrag hätten die Prozessbevollmächtigten dann unschwer bei der Beklagten anfordern können. Wären die Prozessbevollmächtigten des Klägers ihrer Informationsobliegenheit nachgekommen, hätten sie erkannt, dass im Gebäudereinigerhandwerk ein allgemeinverbindlicher Rahmentarifvertrag mit Ausschlussfristen existierte. Der entsprechend beratene Kläger hätte die Fristen einhalten müssen und eingehalten. Im Zweifel wären die Prozessbevollmächtigten des Klägers bis zur Klärung des Bestehens etwaiger Verfallfristen bereits aus anwaltlicher Vorsorge gehalten gewesen, die Annahmeverzugsvergütung vorab gerichtlich geltend zu machen.

Für die Sorgfaltsanforderungen an die Prozessbevollmächtigten des Klägers spielt es im Übrigen keine Rolle, dass diese nicht Fachanwälte für Arbeitsrecht sind und ihre Praxis sich "auf dem platten Lande" befindet. Wird nämlich einem Anwalt ein Auftrag direkt auf einem der in der Fachanwaltsordnung genannten Spezialgebiete erteilt, ist es irrelevant, ob der Anwalt ein darin ausgewiesener Fachanwalt ist oder nicht. Denn auch ein Allgemeinanwalt schuldet für die von ihm sich für eine korrekte Beratung zu verschaffenden Rechtskenntnisse den für die ordnungsgemäße Erfüllung erforderlichen Standard, der sich im Ergebnis eben nicht von dem für einen Fachanwalt unterscheidet (vgl. Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille (Hrsg.), Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rdnr. 506).

cc.

Nach dem Gewicht der beiderseitigen Pflichtverletzungen und des beiderseitigen Verschuldens ist der Schaden zu 1/3 vom Kläger und zu 2/3 von der Beklagten zu tragen.

Ausschlaggebend für diese Schadensverteilung ist das höhere Gewicht der Pflichtverletzung der Beklagten. Vorliegend geht es um einen Verstoß gegen § 2 NachwG. Dies macht es erforderlich, den Zweck des Nachweisgesetzes bei der erforderlichen Schadensquotelung in den Vordergrund zu stellen. Der Zweck des Nachweisgesetzes geht dahin, der Zielsetzung der Nachweisrichtlinie 91/533 EWG vom 14.10.1991, die Arbeitnehmer über die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten zu informieren, um sie so besser vor etwaiger Unkenntnis ihrer Rechte zu schützen, die erforderliche Geltung zu verschaffen. Unter diesem Aspekt ist der Pflichtverstoß der Beklagten, der die primäre Ursache für den Schadensersatzanspruch gesetzt hat, im Rahmen des § 254 BGB von größerem Gewicht. Die Beklagte hat sich im vorliegenden Fall auch nicht durch anderweitige Informationen (z.B. Auslegung und Aushändigung des Tarifvertrages oder sonstige Hinweise auf die Tarifregelungen in Aushängen, Rundschreiben, Lohnabrechnungen oder Ähnliches) entlasten können. Vor diesem Hintergrund erscheint es der Kammer unvertretbar, wenn der Arbeitgeber allein aufgrund der Tatsache, dass der Arbeitnehmer, der einen Anwalt beauftragt hat, sich dessen fahrlässiges Mitverschulden zurechnen lassen muss, in erheblichem Umfang aus der Haftung entlassen würde.

e.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist auch nicht nach § 22 RTV-Gebäudereinigung verfallen, sondern vielmehr rechtzeitig geltend gemacht worden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Schadensersatzanspruch fällig, sobald er in seinem Bestand feststellbar ist und geltend gemacht werden kann. Dabei können Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und seine Forderungen wenigstens annähernd zu beziffern. Voraussetzung für die Fälligkeit ist damit zunächst, dass der Geschädigte überhaupt vom Eintritt eines Schadensereignisses Kenntnis erlangt (BAG, Urteil vom 26.05.1981 - 3 AZR 269/78 -, NJW 1981, 2487; BAG, Urteil vom 16.05.1984 - 7 AZR 143/81 -, DB 1984, 2711; BAG, Urteil vom 05.11.2003 - 5 AZR 676/02 -, AP Nr. 7 zu § 2 NachwG).

Der Kläger und seine Prozessbevollmächtigten haben erstmalig während der mündlichen Verhandlung in dem Kündigungsrechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht am 08.08.2005 von der Existenz des allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk erfahren. Er hat sodann mit Klage vom 11.08.2005, die der Beklagten am 19.08.2005 zugestellt wurde, die Annahmeverzugsvergütung eingeklagt. Damit war die Ausschlussfrist des § 22 RTV-Gebäudereinigung gewahrt.

4.

Nach alledem hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung für den Monat Mai 2005 in Höhe von 1.643,50 EUR brutto abzüglich des von der Bundesagentur für Arbeit für den Monat Mai 2005 erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 788,02 EUR. Zudem schuldet die Beklagte dem Kläger für die verfallenen Vergütungsansprüche für die Monate August 2004 bis April 2005 anteiligen Schadensersatz in Höhe von 9.861,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.627,25 EUR.

5.

Die auf die zuerkannten Hauptforderungen entfallenden Zinsforderungen sind entsprechend dem insoweit rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteil erst ab dem 16.06.2005 begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auch weicht die Entscheidung nicht von höchstrichterlicher oder landesarbeitsgerichtlicher Rechtsprechung ab.

Ende der Entscheidung

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