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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.09.2007
Aktenzeichen: 18 Sa 433/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 17.01.2007 - 5 Ca 2232/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über Restvergütungsansprüche für die Monate August und September 2006.

Der am 30.07.1951 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.12.1966 als Bauschlosser beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht nicht. Für geleistete Stunden erhielt der Kläger zuletzt einen Stundenlohn von 13,-- € brutto. Darüber hinaus erhält der Kläger von der Beklagten seit 1980 eine monatliche Prämie. Ausweislich der Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge für den Kläger für Juni 2000 erhielt er eine Prämie von 2.330,-- DM, für Juli 2000 eine Prämie von 2.377,-- DM, für August eine Prämie in Höhe von 1.901,60 DM, für September 2000 eine Prämie in Höhe von 2.139,30 DM, für Oktober 2000 eine Prämie in Höhe von 2.139,30 DM, für November 2000 eine Prämie in Höhe von 1.901,60 DM, für Dezember 2000 eine Prämie in Höhe von 2.139,30 DM, für Januar 2001 eine Prämie in Höhe von 2.139,30 DM, für Februar 2001 eine Prämie in Höhe von 1.663,90 DM und für März 2001 eine Prämie in Höhe von 1.901,60 DM. Mindestens seit Februar 2004 zahlt die Beklagte an den Kläger eine Prämie in Höhe von 1.040,-- € brutto monatlich.

Im Monat Juli 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger Urlaub. Wie sich aus der Lohnabrechnung für Juli 2006 (Bl. 42 d.A.) ergibt, zahlte die Beklagte an den Kläger den Stundenlohn für 170,5 Stunden und die Prämie in Höhe von 1.040,-- €. In der sog. Gutstundenabrechnung für Juli 2006 (Bl. 110 d.A.) belastete die Beklagte den Kläger mit minus 80 "Gutstunden".

Für den Monat August 2006 zahlte die Beklagte keine Prämie. Für den Monat September 2006 zahlte die Beklagte an den Kläger lediglich eine Prämie in Höhe von 149,50 € brutto.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der von der Beklagten in der Vergangenheit gezahlten Prämie um eine feste Prämie handele und er wegen der Zahlweise in der Vergangenheit davon ausgehen dürfe, ihm werde die Prämie dauerhaft gezahlt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.930,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.040,-- € seit dem 01.09.2006 und aus 890,50 € seit dem 01.10.2006 zu zahlen und

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.488,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, bei den seit 1980 geleisteten Prämienzahlungen handele es sich um eine leistungsbezogene Prämie. Grundlage der Prämienzahlungen seien die von ihren Arbeitnehmern erarbeiteten "Gutstunden". Diese würden wie folgt erwirtschaftet: Durchzuführende Schlosserarbeiten würden dem einzelnen Mitarbeiter mitgeteilt mit dem beim Auftraggeber erzielten Stundenvolumen. Soweit und sofern die jeweiligen Mitarbeiter die erforderlichen Arbeiten in einer geringeren Arbeitszeit fertig stellen würden, erfolge für sie die Gutschrift der Differenzstunden in Form von "Gutstunden". Diese während eines Monats erzielten "Gutstunden" würden in der Buchhaltung erfasst und monatlich saldiert. Der Kläger sei vor Jahren an sie herangetreten und es sei auf Wunsch des Klägers vereinbart worden, dass zunächst immer über 120 "Gutstunden" monatlich als Abschlag bei der Gehaltsabrechnung als Prämie ausgewiesen und ausgezahlt werden. Gleichzeitig sei aber in dieser Zeit auch die tatsächliche Leistung von "Gutstunden" erfasst und fortgeschrieben worden. Wegen des Verlustes von Aufträgen sei die Berechnungsbasis für die monatliche Abschlagszahlung herabgesetzt worden, zuletzt seit März 2001 sei Basis des Abschlags die Vergütung von 80 Stunden. Hieraus ergebe sich die gezahlte Prämie von monatlich 1.040,-- € (80 x 13,-- €). Die Führung des Guthabenkontos sei allen Mitarbeitern bekannt gewesen, auch dem Kläger, der sich regelmäßig monatlich über seinen aktuellen Stundenstand informiert habe. In den streitgegenständlichen Monaten habe der Kläger nicht im erforderlichen Umfang Guthabenstunden erwirtschaften können. Daher sei im August 2006 keine Prämie gezahlt worden und im September 2006 lediglich die erarbeiteten "Gutstunden" ausgezahlt worden.

Durch Urteil vom 17.01.2007 ist das Arbeitsgericht der Auffassung des Klägers gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Beklagten auferlegt worden. Der Streitwert ist auf 3.418,59 € festgesetzt worden.

Gegen dieses ihr am 12.02.2007 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 07.03.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.05.2007 am 03.05.2007 begründet.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil an, soweit das Arbeitsgericht dem Kläger den Restvergütungsanspruch für August 2006 und September 2006 zugesprochen hat. Die Beklagte stützt die Berufung maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 17.01.2007 - 5 Ca 2232/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie verurteilt worden ist, an den Kläger 1.930,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.040,-- € brutto seit dem 01.09.2006 und aus weiteren 890,50 € brutto seit dem 01.10.2006 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 17.01.2007 - 5 Ca 2232/06 - zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht der begehrte Restvergütungsanspruch für August 2006 in Höhe von 1.040,-- € brutto und für September 2006 in Höhe von 890,50 € brutto gemäß § 611 Abs. 1 BGB zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Auch wenn es sich bei dem unter "Prämie" gezahlten Betrag von 1.040,-- € monatlich um eine leistungsbezogene Prämie handelt, die als Abschlagszahlung auf die erreichten "Gutstunden" geleistet wird, steht dem Kläger die begehrte Restvergütung zu.

Nach dem von der Beklagten vorgetragenen System der Gutstundenerfassung und Abrechnung oblag die Gutstundenkontoführung der Beklagten. Hieraus ergab sich für die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Abrechnungsverpflichtung. Dies führt nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast dazu, dass der Kläger sich zunächst darauf beschränken durfte, dass ihm der in der Vergangenheit regelmäßig gezahlte Abschlag auf die "Gutstunden" zusteht. Aus der Abrechnungsverpflichtung ergab sich prozessual für die Beklagte, die in ihrer Buchhaltung vorgenommenen Saldierungen der "Gutstunden" des Klägers darzulegen und vorzutragen, für welchen Zeitraum sie dem Kläger "Gutstunden" in welcher konkreten Höhe gutgeschrieben hat und in welcher Höhe und in welchem Zeitraum sie davon welche "Gutstunden" durch die monatliche Prämienzahlung vergütet haben will, wie das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat.

Dieser Darlegungsverpflichtung ist die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht nachgekommen. Die Beklagte hat lediglich als Abrechnungen in der Anlage 13 zur Berufungsbegründungsschrift eine Übersicht über die monatliche Kontoentwicklung für die Monate Februar bis April 2003 und in der Anlage 14 die monatliche Kontoentwicklung für die Monate Juni 2006 bis Oktober 2006 vorgelegt. Weitere konkrete Angaben zur Gutstundenkontoführung fehlen. Die Übersicht in Anlage 13 zur Berufungsbegründung beginnt mit minus 6,25 "Gutstunden" im Juni 2006. Dies ist der Ausgangspunkt für die Fortschreibung der "Gutstunden" bis zu den im Streit stehenden Monaten August und September 2006.

Der Kontostand im Juni 2006 von minus 6,25 "Gutstunden" lässt sich aber nicht nachprüfen, da die Kontoentwicklungen vor Juni 2006 zumindest bis zum letzten Anerkenntnis bzw. Genehmigung des Kontostandes durch den Kläger nicht vorgetragen wird.

Im Übrigen ist die Kontoführung bezüglich des Monats Juli 2006 fehlerhaft, wie ein Vergleich mit der Lohnabrechnung Juli 2006 zeigt. Zutreffend ist dem Kläger im Juli 2006 für die Zeit seines Urlaubs die leistungsbezogene Prämie von 1.040,-- € weitergezahlt worden.

Nach § 11 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Der Begriff "Arbeitsverdienst" im Sinne des § 11 Abs. 1 BUrlG wird zur Kennzeichnung der Gegenleistung verwandt, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die im Referenzzeitraum erbrachten Dienste nach § 611 BGB geschuldet und vergütet hat (vgl. BAG, Urteil vom 20.06.2000 - 9 AZR 437/99 - NZA 2001, 625). Eine leistungsbezogene Prämie zählt zum Arbeitsverdienst nach § 11 Satz 1 BUrlG (vgl. ErfK Dörner, § 11 BUrlG, Rz. 9; Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl., § 11 BUrlG, Rz. 23). Die Beklagte war deshalb verpflichtet, die in dem Referenzzeitraum nach § 11 Satz 1 BUrlG erzielten monatlichen Prämien bei dem Urlaubsentgelt zu berücksichtigen. Sie durfte - wie in der Abrechnung der Anlage 13 zur Berufungsbegründungsschrift geschehen - wegen der Zahlung der Urlaubsvergütung einschließlich der Prämie das Gutzeitkonto des Klägers nicht entsprechend belasten. Dieser konnte in der Zeit des Urlaubs keine "Gutstunden" erarbeiten.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist weiter angesprochen worden, dass auch im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Lohnausfallprinzip der Lohn auszuzahlen ist, den der Arbeitnehmer erzielt hätte, wenn er gearbeitet hätte, ohne das Gutzeitkonto zu belasten.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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