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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 181/07
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 626
StGB § 185
Beleidigungen, üble Nachrede oder Verleumdungen gegenüber Arbeitskollegen sind grundsätzlich geeeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (wie BAG 21.01.1999 AP Nr. 151 zu § 626 BGB). Das kann im Einzelfall auch dann gelten, wenn ein Arbeitnehmer verdächtigt wird, er habe eine Kollegin sexuell belästigt und er bei der Anhörung gegenüber dem Arbeitgeber die für den Vorwurf aufgebotenen Zeuginnen und Zeugen der Lüge bezichtigt. Eine Kündigung kommt aber deshalb nur in Betracht, wenn mit dem Lügevorwurf eine Herabwürdigung der aufgebotenen Zeuginnen und Zeugen verbunden ist, was etwa durch eine aus der Luft gegriffene Verallgemeinerung ("... lügen mal wieder...") oder durch ein besonderes Unwerturteil ("die Lügnerin") geschehen kann. Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalles. Die Aussage "wenn die Kolleginnen und Kollegen wahrheitsgemäße Bekundungen abgeben würden, müssten sie erklären, dass die ihm unterschobenen Äußerungen nicht stimmten" ist nicht in diesem Sinne ehrverletzend oder verleumderisch ; diese Aussage kann daher eine Kündigung nicht rechtfertigen.
Tenor:

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung, die die Beklagte zum einen als Tatkündigung und zum anderen als Verdachtskündigung ausgesprochen hat. Außerdem ist über ein Auflösungsantrag der Beklagten zu entscheiden.

Der Kläger ist im Pharmaaußendienst beschäftigt. Die Beklagte hat ihre Außendienstler zu Teams zusammengefasst. Im Team des Klägers waren wohl fünf oder etwas mehr Außendienstler zusammengefasst. Im Team des Klägers arbeitet unter anderem Frau Z, Frau K, Frau V und Herr F. Vorgesetzter des Teams ist Herr M.

Ausgangspunkt der Differenzen der Parteien war eine Bemerkung des Klägers gegenüber Frau Z am 06.12.2006. An diesem Tag hatten sich die Mitglieder des Teams zu einer Besprechung getroffen und Frau Z war gerade damit beschäftigt den Laptop und den Beamer für einen Vortrag vorzubereiten, als der Kläger sie ansprach und sinngemäß zu ihr gewandt sagte: Wieso dauert das Hochfahren des Laptops so lange, hast du da etwa Pornofilme drauf.

Ob es an diesem Tag noch einen weiteren Vorfall ähnlicher Art gab, ist streitig geblieben, ebenso wie die Frage, ob dem Kläger im Vorlauf zur Kündigung noch ein weitergehender Vorwurf bezüglich des weiteren Verlaufs des soeben wiedergegebenen Gespräches gemacht worden ist.

Die Äußerung gegenüber Frau Z ist nicht der Grund der Kündigung des Klägers. Die Beklagte hat den Kläger vielmehr gekündigt, weil er im Rahmen der betriebsinternen Aufklärung des Sachverhaltes seine Kolleginnen und Kollegen im Team der Lüge bezichtigt habe.

Dem liegt folgendes Geschehen zur Grunde. Frau Z hatte sich bei ihren Vorgesetzten über den Kläger beschwert. Die Beschwerde betraf den oben wiedergegebenen Sachverhalt sowie "eine weitere Situation im Zusammenhang mit dem Handy von Frau Z, bezüglich dessen" der Kläger "eine ähnliche Bemerkung machte" (Zitat aus der Anhörung des Betriebsrates durch die Beklagte vom 29.01.2007). Über mehrere Zwischenstufen gelangte die Beschwerde zur Personalabteilung der Beklagten in Nürnberg. In Absprache mit dem Betriebsrat wurde der Kläger nach Nürnberg geladen, um ihn zu den Vorfällen anzuhören.

In diesem Gespräch am 15.01.2007 wurde ihm die Beschwerde von Frau Z vorgehalten und es wurde dazu angemerkt, es gäbe weitere Mitarbeiter, die die Vorwürfe bestätigen könnten. Darauf hat der Kläger sinngemäß erklärt:

Wenn die Kolleginnen und Kollegen wahrheitsgemäße Bekundungen abgeben würden, müssten sie erklären, dass die ihm unterschobenen Äußerungen nicht stimmten.

Auf Grund dieser Einlassung endete die Anhörung am 15.01.2007 mit dem Plan, die Zeugen und Zeuginnen gemeinsam (Personalabteilung und Betriebsrat) zu befragen. Der Zeuge Sch konnte zu dem Vorfall nichts sagen, die Zeuginnen K und V bestätigten das von Frau Z behauptete Geschehen ebenso wie der Zeuge F.

Ob im Anschluss an diesen Aufklärungsschritt der Kläger nochmals angehört wurde, ist streitig geblieben.

Die Beklagte erklärt, sie habe durch den Umstand, dass der Kläger seine Kolleginnen und Kollegen im Team der Lüge bezichtigt, jegliches Vertrauen in ihn verloren, daher sei die Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar. Nach Anhörung des Betriebsrates wurde daher unter dem 01.02.2007 eine außerordentliche und ordentliche Tatkündigung und unter dem 02.02.2007 eine außerordentliche und ordentliche Verdachtskündigung ausgesprochen.

Der Kläger hat innerhalb der gesetzlichen Frist beide Kündigungen mit der Klage angegriffen. Wegen des Prozessverhaltens des Klägers hat die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits in erster Instanz zusätzlich einen Auflösungsantrag gestellt.

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 12.06.2007, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen wird, der Klage im vollen Umfang stattgegeben und wie folgt in der Hauptsache tenoriert:

"1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 01.02.2007 noch durch die am gleichen Tage ausgesprochene vorsorgliche ordentliche bzw. fristgemäße Kündigung aufgelöst wurde.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 02.02.2007 noch durch die am gleichen Tage ausgesprochene vorsorgliche ordentliche bzw. fristgemäße Kündigung aufgelöst wurde.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits entsprechend dem Anstellungsvertrag zum 01.01.2002 als Pharmaberater weiterzubeschäftigen.

4. Der Auflösungsantrag wird abgewiesen."

Das Urteil ist der Beklagten am 20.06.2007 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 29.06.2007 (Gerichtseingang per Fax am selben Tag) ist mit Schriftsatz vom 14.08.2007, Gerichtseingang per Fax am selben Tag, begründet worden.

Die Beklagte behauptet, dem Kläger sei in dem Gespräch am 15.01.2007 nur der oben im unstreitigen Teil wiedergegebene Vorfall vorgehalten worden. Die weitergehende klägerische Behauptung, Herr M habe ihm zusätzlich vorgeworfen, er habe Frau Z angeboten, die Pornos gemeinsam auf dem Zimmer anzusehen, sei falsch.

Der Kläger sei auch nach der Befragung der Zeugen durch Geschäftsführung und Betriebsrätin nochmals befragt worden und er sei bei seiner Einlassung beblieben.

Für die Beklagte stehe daher fest, dass der Kläger wider besseres Wissen seine Kolleginnen und Kollegen der Lüge bezichtigt hätte. Daher sei es unzumutbar, das Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen.

Da der Kläger im Rechtsstreit sogar versucht habe, der Beklagten zu unterstellen, vorsätzlich eine Kampagne gegen den Kläger zu führen, sei auch der Auflösungsantrag begründet.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wobei die Abfindung ein früheres Bruttomonatsgehalt nicht übersteigen sollte.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger behauptet, ihm sei am 15.01.2007 von Herrn M vorgeworfen worden, er habe Frau Z ermuntert, die Pornos auf dem Laptop gemeinsam anzuschauen. Da er dies als den Kern des Vorwurfs angesehen habe, habe er den Vorfall mit Recht abgestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1.

Die außerordentlichen Kündigungen sind unwirksam, da es an einem wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 BGB mangelt.

a)

Die Beklagte hat nicht deutlich gemacht, ob sie den Grund der Kündigung auch darin sieht, dass sich der Kläger in der Anhörung ihr gegenüber unwahr eingelassen hat.

Daher ist zu betonen, dass eine Lüge gegenüber dem Arbeitgeber die Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag.

Eine Lüge könnte nur insoweit pflichtwidrig sein, als der Arbeitnehmer aus vertraglicher Nebenpflicht zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet wäre. Das ist im laufenden Arbeitsverhältnis nicht uneingeschränkt der Fall. Die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers setzt vielmehr ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers voraus.

Dieses Interesse muss gerade im Zusammenhang mit dem bestehenden Arbeitsverhältnis vorliegen. Da sich die Auskunft nur auf das Bestehen oder den Umfang von Rechten aus dem Arbeitsverhältnis beziehen kann, muss ein Zusammenhang mit der Erfüllung der vom Arbeitnehmer geschuldeten vertraglichen Leistung, mit dessen sonstiger Pflichtenbindung oder mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers bestehen. Ein bloß allgemeiner Zweckzusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis reicht hier nicht aus. Die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess und gesetzliche Beweislastregeln sind dabei zu berücksichtigen. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden. Der Auskunftsanspruch kann nach Treu und Glauben nur da ergänzend eingreifen, wo auch die grundsätzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast einer entsprechenden Korrektur bedarf. Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Eine vorprozessuale Auskunftspflicht des Arbeitnehmers stünde hierzu im Widerspruch. Soweit nicht besondere rechtliche Grundlagen bestehen, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, außergerichtliche Erklärungen zu möglichen Kündigungsgründen abzugeben (BAG 07.09.1995 - 8 AZR 828/93 - BAGE 81, 15 = AP Nr. 24 zu § 242 BGB Auskunftspflicht = DB 1996, 634).

Gemessen an diesem Maßstab kann in der falschen Beantwortung der Fragen der Beklagten zu den von Frau Z erhobenen Vorwürfen keine Pflichtverletzung des Klägers gesehen werden, denn die Befragung stand unter dem Vorzeichen einer möglichen Kündigung des Klägers wegen dieses Vorfalls. Insofern war der Kläger nicht verpflichtet, wahrheitsgemäße Auskünfte zu geben.

b)

Auch soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe seine Kolleginnen und Kollegen der Lüge bezichtigt, ergibt sich daraus wegen der Umstände des Einzelfalls kein Kündigungsgrund.

Insoweit ist mit der Beklagten davon auszugehen, dass die Bezichtigung der Kollegen der Lüge je nach Lage des Einzelfalles die Möglichkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eröffnet. So hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass Beleidigungen, verbale Bedrohungen, üble Nachrede und Verleumdung gegenüber dem Arbeitgeber oder gegenüber Arbeitskollegen grundsätzlich geeignet seien, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 21.01.1999 AP Nr. 151 zu § 626 BGB). Wie bei allen anderen Kündigungsgründen auch müssen die Vorfälle jedoch ein gewisses Gewicht haben, sie müssen betriebliche Auswirkungen haben, etwa indem sie den Betriebsfrieden stören.

Gemessen an diesem Maßstab liegt ein Kündigungsgrund nicht vor.

Das Gericht hat bereits Zweifel daran, ob die Einlassung des Klägers bei seiner Anhörung am 15.01.2007 überhaupt objektiv ehrverletzend war oder als üble Nachrede bezeichnet werden könnte.

Denn wenn der Kläger sagt, wenn die Zeugen bei der Wahrheit bleiben würden, müssten sie bekunden, dass die ihm unterschobenen Äußerungen nicht der Wahrheit entsprechen, so gibt er das Geschehene ersichtlich aus seiner Erkenntniswelt wieder. Mit Wahrheit meint er also seine Wahrheit, also seine eigene Erinnerung. In diesem Sinne hat der Satz nur den Aussagegehalt, dass die Zeugen seine - des Klägers - Erinnerung bestätigen müssten.

Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, der Kläger hätte mit dieser Einlassung am 15.01.2007 aussagen wollen, die Beschwerde der Frau Z sei erfunden und die von ihr aufgebotenen Zeugen hätten vorsätzlich ein falsches Zeugnis abgelegt, könnte dies die Kündigung noch nicht rechtfertigen.

Denn aus den Gesamtumständen ergibt sich objektiv nur ein geringes Gewicht dieser Äußerung. Dies schließt das Gericht aus der Äußerung selbst und aus dem Kontext, in dem sie gefallen ist.

Insoweit ist beachtlich, dass der Kläger die Zeugen nicht wörtlich als Lügner bezeichnet hat, sondern nur defensiv quasi seine Meinung zum Wahrheitsgehalt der Aussagen wiedergegeben hat. Auch muss beachtet werden, dass der Kläger weder Verallgemeinerungen ("lügen mal wieder ...") vorgenommen hat noch ein besonderes Unwerturteil formuliert hat (z. B. "die Lügnerin" oder "infame Lüge" oder eine ähnliche Formulierung). Gerade seine umständliche und farblose Ausdrucksweise zeigt vielmehr, dass er sich auch subjektiv zu jenem Zeitpunkt darum bemühte, mit seiner Aussage niemanden anzugreifen.

Zudem muss beachtet werden, dass die Worte in der Anhörung ohne Anwesenheit der Zeuginnen und Zeugen gefallen sind. Der Kläger musste zwar damit rechnen, dass die Beklagte die Zeuginnen und Zeugen mit seiner Aussage konfrontieren würde, angesichts seiner Einlassung musste er aber nicht damit rechnen, dass die Beklagte die Zeugen damit konfrontieren würde, er - der Kläger - hätte die Zeugen der Lüge bezichtigt.

Letztlich ist noch hervorzuheben, dass es auch nicht ersichtlich ist, dass die Einlassung des Klägers in der Anhörung am 15.01.2007 negative betriebliche Folgen hatte. Eine dadurch ausgelöste Störung des Betriebsfriedens kann nicht festgestellt werden.

Abschließend ist zu diesem Punkt noch festzuhalten, dass das Gericht nur die Einlassungen des Klägers im ersten Anhörungsgespräch am 15.01.2007 bewerten kann. Denn der Kläger hat in beiden Instanzen bestritten, dass es nach dem 15.01.2007 und nach den weiteren Ermittlungen der Beklagten überhaupt noch ein weiteres Gespräch mit ihm gegeben habe. Da die Beklagte dieses weitere Gespräch weder zeitlich noch örtlich noch an Hand der Gesprächspartner weiter eingegrenzt hat, war dieses Bestreiten mit Nichtwissen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zulässig geblieben. Die Einzelheiten dazu können jedoch letzten Endes dahinstehen, da die Beklagte zu diesen behaupteten weiteren Gespräch auch keine konkreten Einzelheiten über den Gesprächsverlauf mitgeteilt hat. Insbesondere auch im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 10.03.2008 wird nicht ersichtlich, mit welchen Worten sich der Kläger im zweiten Gespräch eingelassen haben soll. Daher kann auch nicht geprüft werden, ob er dabei seine Kolleginnen und Kollegen so direkt der Lüge bezichtigt hat, dass dies eine Kündigung rechtfertigen könnte.

2.

Da nach den bisherigen Ausführungen bereits objektiv die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht vorliegen, kann diese auch aus dem Gesichtspunkt der Verdachtskündigung nicht gerechtfertigt sein.

3.

Auch die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen sind nicht wirksam, denn ihnen fehlt die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 KSchG.

Auch hierfür kann im Wesentlichen Bezug genommen werden auf die bisherigen Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung.

Selbst wenn man mit der Hilfserwägung des Gerichtes davon ausgeht, dass die Einlassung des Klägers objektiv und subjektiv darauf gerichtet war, die Zeuginnen und Zeugen der Lüge zu bezichtigen, könnte dies angesichts der zurückhaltenden Art und Weise der Formulierung auch eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen. Es hätte allenfalls eine Abmahnung gerechtfertigt.

4.

Der Auflösungsantrag der Beklagten ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht begründet.

Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wobei an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen sind. Dies hat seinen Grund darin, dass eine Sozialwidrigkeit einer Kündigung grundsätzlich zu deren Rechtsunwirksamkeit und damit zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führt. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG Urteil vom 10.10.2002 - 2 AZR 240/01 -). In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Auflösungsgründe der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Mithin ist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag maßgeblich, ob auf Grund des Verhaltens des Arbeitnehmers in der Vergangenheit in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit der Parteien zu rechnen ist (BAG a. a. O.). Als arbeitgeberseitige Auflösungsgründe im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen insbesondere solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Dabei ist es dem Arbeitgeber allerdings untersagt, Spannungen zwischen dem Arbeitnehmer und Kollegen oder Vorgesetzten ohne Beachtung der Verursachungsanteile zu Lasten eines Arbeitnehmers zu lösen. So kann beispielsweise die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, für sich genommen die Auflösung nach § 9 KSchG noch nicht rechtfertigen. Zudem ist es unzulässig, sich auf solche Auflösungsgründe zu berufen, die vom Arbeitgeber selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provoziert worden sind (BAG a. a. O.). Danach kommt es also maßgeblich darauf an, ob die objektive Lage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bei dem Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Als Auflösungsgründe sind mithin insbesondere geeignet Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen sowie sonstige in der Persönlichkeit des Arbeitnehmers liegende Gründe (BAG a. a. O. sowie Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 29.06.2007 - 3 Sa 61/06 - sowie 16.10.2007 - 5 Sa 497/05 -).

Gemessen an diesem Maßstab ist ein Auflösungsgrund nicht ersichtlich.

Da das Verhalten gegenüber den Kollegen bereits die Kündigung nicht rechtfertigen konnte, kann es auch den Auflösungsantrag nicht rechtfertigen, zumal der Kläger im Laufe des Rechtsstreites den Lügevorwurf nicht weiter vertieft hat. Im Gegenteil hat er sogar eingeräumt, dass es zu der geschmacklosen Bemerkung gegenüber Frau Z beim Aufbau der PC-Technik tatsächlich gekommen ist.

Vom Ansatz her zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass der Kläger ihr unterstellt habe, sie - die Beklagte - habe möglicherweise absichtlich versucht, einen Kündigungsgrund zu provozieren.

Auch wenn sich der Kläger verklausuliert ausgedrückt hat, ist dies doch der objektive Erklärungswert seines Vortrages aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 24.04.2007, dort Seite 4 (hier Blatt 150 d. A.). Denn wenn der Kläger den Vorfall unter der Überschrift schildert, hier hätte es möglicherweise einen "Versuch gegeben ... dem Kläger anderweitige Probleme zu bereiten" kann daraus der Leser nur den Schluss ziehen, der Kläger hege den Verdacht, die Beklagte habe ihm eine Falle stellen wollen.

Das ist eine ehrverletzende Unterstellung, die umso erstaunlicher ist, als sie auch aus der Sicht des Klägers weitgehend spekulativ geblieben ist. Man kann schon sagen, dass der Kläger hier ohne Rücksicht auf die berechtigten Interessen der Beklagten versucht hat eine diffuse Stimmung gegen die Beklagte im Rechtsstreit zu erzeugen.

Zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses reicht dies dennoch nicht. Dabei muss vor allem hervorgehoben werden, dass die Beklagte bereits Monate vor der Kündigung offen und subtil versucht hatte, sich vom Kläger zu trennen. Auf diese Weise hat die Beklagte eine Art Reizklima erzeugt, das sich unter anderem in diesem unsachlichen Angriff des Klägers in dem Rechtsstreit entladen hat. Wegen des Mitverantwortungsbeitrages der Beklagten scheidet daher die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus diesem Anlass aus.

5.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Zur Zulassung der Revision gibt der vorliegende Rechtsstreit keinen Anlass.

Ende der Entscheidung

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