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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 17.06.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 193/05
Rechtsgebiete: DRK-TV (West), Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen
Vorschriften:
DRK-TV (West) § 67 Abs. 3 | |
Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen § 3 Abs. 2 |
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2005 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Vogelsang, die ehrenamtliche Richterin Frau von Minden, den ehrenamtlichen Richter Herrn Dommel-Rustenbach
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 03.12.2004 - 3 Ca 313/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte aufgrund der Regelungen des Tarifvertrages DRK-West verpflichtet ist, an die Klägerin die mit dem 78. Änderungs-tarifvertrag zum BAT vereinbarten Vergütungserhöhungen in Höhe von jeweils 1 % ab dem 01.01.2004 sowie dem 01.05.2004 zu zahlen.
Beklagter des vorliegenden Verfahrens ist der in der Rechtsform des eingetragenen Vereins gegründete DRK-Kreisverband .... Dieser war bis zum 30.04.2003 Mitglied der DRK-Landestarifgemeinschaft in Niedersachsen (DRK-LTG Nds.), die ihrerseits Mitglied der Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes ist. Diese vereinbarte mit der Gewerkschaft ÖTV - jetzt: ver.di - den DRK-Tarifvertrag (West).
§ 67 DRK-Tarifvertrag (West) enthält in Absatz 3 folgende Regelung:
"Soweit Regelungen gemäß § 3 der Rahmenbedingungen (Katalog A) zwischen den Tarifvertragsparteien nicht zu verhandeln sind, bedarf es keiner formalen Kündigung des Tarifvertrages, um die geänderten Vorschriften für den öffentlichen Dienst als Tarifrecht für das DRK zu übernehmen".
Ferner schlossen die Tarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes sowie die Gewerkschaft ÖTV im Januar 1984 eine "Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen". Diese Vereinbarung, wegen deren weiteren Inhalts auf die mit Schriftsatz des Beklagten vom 02.08.2004 überreichte Kopie (Bl. 39 bis 42 d.A.) verwiesen wird, enthält in § 3 Abs. 2 folgende Formulierung:
"Soweit die Arbeitsbedingungen des DRK mit den Regelungen des BAT inhaltlich identisch sind (Katalog A), werden zwischen den Vertragspartnern keine Verhandlungen geführt. Die Möglichkeit, im beiderseitigen Einvernehmen Verhandlungen zu führen, bleibt unberührt".
Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.. Seit dem 01.01.1991 arbeitet sie als Bürokraft bei dem Beklagten und erhält eine Vergütung nach den Sätzen der Vergütungsgruppe VII des DRK-Tarifvertrages. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien enthält in § 2 folgende Regelung:
"Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-Tarifvertrag) und den diesen ergänzenden-, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung".
Am 09.01.2003 wurden durch den 78. Änderungstarifvertrag zum BAT Tariflohnerhöhungen vereinbart, und zwar in der Weise, dass die Vergütungen für Angestellte ab dem 01.04.2003 um 2,4 %, ab dem 01.01.2004 um weitere 1,0 % und ab dem 01.05.2004 um nochmals 1,0 % angehoben werden sollten.
Mit Wirkung zum 30.04.2003 trat der Beklagte aus der DRK-LTG Nds. aus. Am 19.11./19.12.2003 vereinbarten die Gewerkschaft ver.di und die Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes den 23. Änderungstarifvertrag zum DRK-Tarifvertrag (West), durch den die Tariflohnerhöhungen gemäß dem 77. und 78. Änderungstarifvertrag zum BAT für den Bereich des Deutschen Roten Kreuzes (West) übernommen wurden.
Der Beklagte zahlte an seine Arbeitnehmer die per 01.04.2003 für den Bereich des BAT vereinbarte 2,4 %ige Vergütungserhöhung. Die weiteren 1 %igen Vergütungserhöhungen zum 01.01.2004 sowie 01.05.2004 gewährte er nicht. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, noch vor Beendigung der Mitgliedschaft des Beklagten in der DRK-LTG Nds. sei eine Zahlungsverpflichtung für die Zukunft entstanden, da im öffentlichen Dienst bereits am 10.01.2003 ein Tarifergebnis erzielt worden sei, das gemäß § 67 Abs. 3 des DRK-Tarifvertrages (West) i.V.m. § 3 Abs. 2 der Vereinbarung über die Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen unmittelbare Wirkung für ihr Arbeitsverhältnis entfaltet habe. Die Klägerin hat behauptet, sowohl vor als auch bei Abschluss des Sanierungstarifvertrages zwischen dem Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di vom 01.11.2003 (wegen dessen Inhalts auf die mit Schriftsatz der Klägerin vom 10.08.2004 überreichte Kopie (Bl. 55/56 d.A.) verwiesen wird) seien beide Tarifvertragsparteien davon ausgegangen, dass die tariflichen Gehälter entsprechend der Einigung im öffentlichen Dienst aus dem Januar 2003 wie üblich gezahlt würden. Wegen der Einzelheiten des Sachvorbringens der Klägerin wird insoweit auf die Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 22.11.2004 (Bl. 142/143 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 192,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.04 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, weder § 67 Abs. 3 des DRK-Tarifvertrages noch § 3 Abs. 2 der Rahmenbedingungen enthielten einen Verzicht auf das rechtliche Erfordernis, unter Wahrung des Schriftformgebots gemäß § 3 TVG durch einen gesonderten Rechtssetzungsakt einen eigenen Tarifvertrag zu schließen. Als dies dann tatsächlich durch den 23. Änderungstarifvertrag zum DRK-Tarifvertrag (West) geschehen sei, habe schon keine Tarifbindung auf Arbeitgeberseite mehr bestanden. Insoweit könne er (der Beklagte) für sich den Grundsatz der negativen Koalitionsfreiheit in Anspruch nehmen.
Durch Urteil vom 03.12.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt, den Streitwert auf 192,61 € festgesetzt und die Berufung zugelassen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils (B l. 169 bis 172 d.A.) Bezug genommen. Das Urteil ist der Klägerin am 03.01.2005 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 26.01.2005 Berufung eingelegt und diese am 14.02.2005 begründet.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Regelung in § 2 ihres Arbeitsvertrages enthalte eine dynamische Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen in ihrer jeweiligen Fassung. Eine derartige Vereinbarung könne entgegen der Rechtsprechung des Bundes-arbeitsgerichts auch nicht etwa als "Gleichstellungsabrede" qualifiziert werden. Die Tarifbindung des Beklagten ergebe sich zudem aus der Regelung in § 3 Abs. 3 TVG (Nachwirkung).
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und den den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 423,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin neben einer Gehaltserhöhung von 2,4 % seit dem 01.01.2004 eine weitere Gehaltserhöhung von 1 % sowie ferner seit dem 01.05.2004 eine Gehaltserhöhung von 1 % zu zahlen und die monatlichen Differenzbeträge zwischen gezahlter und beantragter Vergütung ab jeweiliger Fälligkeit in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 08.03.2005 (Bl. 194 bis 196 d.A.).
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 66, 64 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.
Der Beklagte ist nicht verpflichtet, an die Klägerin für die Zeit ab dem 01.01.2004 sowie ab dem 01.05.2004 die jeweiligen tariflichen Lohnerhöhungen gemäß dem 78. Änderungstarifvertrag zum BAT zu zahlen. Dieser Tarifvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.
a)
Seine Anwendbarkeit ergibt sich nicht aufgrund des 23. Änderungstarifvertrages zum DRK-Tarifvertrag (West) i.V.m. § 4 Abs.1 TVG. Hierdurch wurden zwar die Tarifänderungen mit dem 78. Änderungstarifvertrag zum BAT auch für den Bereich des DRK übernommen. Der Übernahmetarifvertrag entfaltet aber für das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Wirkung, weil der Beklagte bei Abschluss dieses Tarifvertrages im November/Dezember 2003 nach seinem Austritt aus der DRK-LTG Nds. zum 30.04.2003 nicht mehr tarifgebunden war. Rechtsnormen eines Tarifvertrages über den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses gelten jedoch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG nur zwischen beiderseits tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien.
b)
Der 78. Änderungstarifvertrag zum BAT ist ferner nicht aufgrund der Regelungen in § 67 Abs. 3 des DRK-Tarifvertrages (West) sowie § 3 Abs. 2 der Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen anwendbar. Diese Bestimmungen sehen zwar eine Übernahme der im Anwendungsbereich des BAT geltenden Normen vor, eine Geltung ohne förmliche Übernahme im Sinne einer Tarifautomatik normieren sie aber nicht.
Tarifverträge sind grundsätzlich wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Es ist jedoch über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit dies in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann. Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch der praktischen Tarifübung geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr. des BAG; s. z.B. BAG, Urt. vom 12.09.1984 - 4 AZR 336/82 - AP 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAG, Urt. vom 22.10.2002 - 3 AZR 664/01 - AP 185 zu § 1 TVG Auslegung m.w.N.).
Der Wortlaut beider genannter Tarifnormen spricht nicht von einer automatischen Geltung der BAT-Regelungen. In § 3 Abs. 2 der Rahmenbedingungen heißt es lediglich, dass "keine Verhandlungen geführt" werden sollen. § 67 DRK-Tarifvertrag (West) nimmt auf die Rahmenbedingungen Bezug und legt lediglich fest, dass es keiner formalen Kündigung des Tarifvertrages bedarf, um die geänderten Vorschriften für den öffentlichen Dienst als Tarifrecht für das DRK zu übernehmen. Nach dem Wortlaut beider Bestimmungen ist damit eine "Übernahme" der Regelungen erforderlich, d.h. ein Rechtsakt, der dazu führt, dass die für den Bereich des BAT geltenden Bestimmungen auch für die Mitarbeiter des DRK Geltung beanspruchen. Etwas Abweichendes ergibt sich auch nicht etwa aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang. So legt § 2 der Rahmenbedingungen ausdrücklich fest, dass es übereinstimmendes Ziel der Vertragsparteien sei, Arbeitskämpfe im Bereich der Tarifgemeinschaft des DRK zu vermeiden. Zwar nimmt diese Bestimmung Bezug auf die in § 3 Abs. 1 genannten Materien, also solche, die im sog. "Katalog B" geregelt sind, nicht dagegen auf die Regelungen des Kataloges A, die von § 3 Abs. 2 des Rahmentarifvertrages erfasst werden. Gleichwohl wird die den Rahmenbedingungen zugrunde liegende Absicht deutlich, nach Möglichkeit für den Bereich des DRK Arbeitskämpfe zu vermeiden. Diese Absicht erfordert es aber nicht zwingend, die in einem anderem Bereich getroffenen tarifvertraglichen Regelungen automatisch, d.h. ohne einen eigenen Rechtssetzungsakt zu übernehmen. Aus Sicht der Tarifvertragsparteien war es vielmehr ausreichend, das Zustandekommen einer Tarifregelung in der Weise zu erleichtern, dass eine vorausgehende Kündigung des Tarifvertrages entbehrlich sein sollte und man die Ergebnisse der Tarifvertragsverhandlungen im öffentlichen Dienst abwarten wollte, ohne dabei selbst einen Tarifkonflikt mit eventuellen Arbeitskampfmaßnahmen durchstehen zu müssen. Die Tarifvertragsparteien haben dabei auch gesehen, dass möglicherweise die finanzielle Situation des DRK, bzw. einzelner Mitglieder der Tarifgemeinschaft einer Übernahme der im Bereich des öffentlichen Dienstes geltenden Regelungen entgegenstehen könnte, wie die Bestimmungen der §§ 7 ff. der Rahmenvereinbarung zeigen.
Das gefundene Auslegungsergebnis wird auch durch die praktische Tarifübung bestätigt. In der Vergangenheit haben die Tarifvertragsparteien des DRK-Tarifvertrages nämlich stets eigene Übernahmetarifverträge vereinbart, um eine Geltung der Normen des BAT zu erzielen. Sie sind also offenbar selbst nicht von einer Übernahmeautomatik ausgegangen. Eine Regelung, die gewissermaßen für alle Zukunft, auch nach Beendigung der Tarifunterworfenheit von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer im Wege des dynamischen Verweises eine Weitergeltung der Tarifbestimmungen für den öffentlichen Dienst vorsähe, wäre aus Sicht der Tarifvertragsparteien auch wenig vernünftig, weil sie ihnen im Einzelfall eine Berücksichtigung veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ganz erheblich erschweren würde.
Etwas Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Sanierungstarifvertrag zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di. Der Tarifvertrag enthält keine Regelung über die Geltung bestimmter Tarifnormen des öffentlichen Dienstes. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die tarifvertragsschließenden Parteien im November 2003 von einer Anwendbarkeit der Regelungen des 78. Änderungstarifvertrages zum BAT ausgegangen sind, wie die Klägerin vorträgt. Entscheidend ist allein, ob diese Regelungen tatsächlich galten.
Da die für den Beklagten geltenden tariflichen Bestimmungen eine automatische Übernahme der BAT-Vergütungstarife gerade nicht vorsehen, kann auch dahingestellt bleiben, ob eine derartige Tarifautomatik gegen das Grundrecht der negativen Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3, 2 Abs. 1 GG; vgl. hierzu ErfK/Dieterich, Art. 9 GG Rn. 32 ff.) verstieße, wie der Beklagte annimmt.
c)
Die Anwendbarkeit des 78. Änderungstarifvertrages zum BAT folgt weiterhin nicht aus einer Nachwirkung gemäß § 3 Abs. 3 TVG. Eine Nachwirkung kommt nur wegen der bei dem Verbandsaustritt des Beklagten geltenden Tarifnormen in Betracht. Der 78. Änderungstarifvertrag ist jedoch erst nach dem Austritt des Beklagten aus der DRK-LTG Nds. vereinbart worden.
d)
Ferner ist der Entgelttarifvertrag für den öffentlichen Dienst mit den zum 01.01./01.05.2004 eingetretenen Vergütungserhöhungen auch nicht aufgrund der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages anzuwenden. Diese Bestimmung sieht zwar die Anwendbarkeit des DRK-Tarifvertrages in seiner jeweiligen Fassung vor, so dass auch der 23. Änderungstarifvertrag hiervon erfasst würde. Die genannte Bestimmung des Arbeitsvertrages ist aber als Gleichstellungsabrede auszulegen. Eine solche Bezugnahme ist darauf gerichtet, die unorganisierten mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleich zu behandeln. Ihr Zweck besteht regelmäßig in der vertraglichen Zusammenfassung derjenigen Arbeitsbedingungen, die für die tarifgebundenen Arbeitnehmer kraft Tarifvertrages in den Betrieben gelten (BAG, Urt. vom 04.09.1996 - 4 AZR 135/95 - AP 5 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urt. vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urt. vom 01.12.2004 - 4 AZR 50/04 - AP 34 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Eine solche Gleichstellungsabrede soll lediglich eine eventuell fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen. Voraussetzung für eine dahingehende Auslegung ist allerdings, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahme auf den Tarifvertrag tariflich gebunden war (BAG, Urt. vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - a.a.O., BAG, Urt. vom 01.12.2004 - 4 AZR 50/04 - a.a.O.). Diese Voraussetzung liegt im vorliegenden Fall vor. Der Beklagte war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages tarifgebunden. Es bestand auch erkennbar die Absicht, alle Mitarbeiter, seien sie tarifgebunden oder auch nicht, einheitlich nach den Regelungen des DRK-Tarifvertrages zu behandeln. Im vorliegenden Fall hatte die Vereinbarung in § 2 des Arbeitsvertrages zum Zeitpunkt ihres Abschlusses im übrigen keine aktuelle Bedeutung, da die Klägerin ohnehin Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft war.
2.
Schließlich ergibt sich die Anwendbarkeit des 78. Änderungstarifvertrages zum BAT nicht etwa aufgrund einer betrieblichen Übung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine solche betriebliche Übung im Hinblick auf die per 01.04.2003 eingetretene 2,4%ige Vergütungserhöhung begründet worden ist. Eine Betriebsübung kann jedenfalls nicht für die zum 01.01. und 01.05.2004 erfolgten jeweils 1%igen Entgeltanhebungen nach den Regelungen des BAT angenommen werden. Denn diese Vergütungserhöhungen hat der Beklagte unstreitig gerade nicht an seine Mitarbeiter gezahlt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden .
Ende der Entscheidung
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