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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 17.03.2008
Aktenzeichen: 10 Ta 6/08
Rechtsgebiete: HGB, ArbGG
Vorschriften:
HGB § 86 Abs. 1 | |
HGB § 92 a | |
HGB § 92 a Abs. 1 | |
HGB § 92 a Abs. 2 | |
ArbGG § 5 Abs. 1 | |
ArbGG § 5 Abs. 3 |
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22.11.2007, Az.: 2 Ca 2089/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:
I. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 24.10.2007 Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Firma C. auf Zahlung von Schadensersatz und Auszahlung einer Stornoreserve in Höhe von insgesamt € 6.314,04 beantragt.
In einem zweiten Verfahren (4 Ca 2090/07; 10 Ta 7/08) beantragte sie ebenfalls mit Schriftsatz vom 24.10.2007 Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Firma S GmbH auf Zahlung von Schadensersatz und Auszahlung einer Stornoreserve in Höhe von insgesamt € 4.868,89. In einem dritten Verfahren (2 Ca 2079/07; 10 Ta 12/08) beantragte sie unter dem gleichen Datum Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Firma p Werbe-Druck-Service GmbH auf Zahlung von Schadensersatz und Auszahlung einer Stornoreserve in Höhe von insgesamt € 2.525,63. In jedem Klageentwurf führte sie aus, sie sei ausschließlich für die (jeweilige) Antragsgegnerin als selbständige Handelsvertreterin tätig, ihre monatliche Vergütung betrage im Durchschnitt weniger als € 1.000,00 monatlich. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Beschluss vom 22.11.2007 (2 Ca 2089/07) den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei nicht eröffnet. Die Antragstellerin habe nicht vorgetragen, dass sie vertraglich nicht für weitere Unternehmen habe tätig werden dürfen. Vielmehr ergebe sich aus ihrem Sachvortrag in den anderen Verfahren, dass sie für weitere Unternehmen als selbständige Handelsvertreterin tätig gewesen sei.
Die Antragstellerin hat gegen diesen Beschluss, der ihr am 29.11.2007 zugestellt worden ist, mit am 27.12.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei unbeachtlich dass sie tatsächlich für weitere Unternehmen tätig gewesen sei, weil sie im Zeitraum von März bis Oktober 2007 in der Summe weitaus weniger als € 1.000,00 monatlich erzielt habe. Die Antragsgegnerin und die Firmen S GmbH sowie pms Werbe-Druck-Service GmbH seien Teil der "Unternehmensgruppe N". Durch den Abschluss einer Vielzahl von Einzelverträgen sei beabsichtigt worden, ihre Arbeitnehmerstellung zu vermeiden. Im schriftlichen Handelsvertretervertrag sei ihr unter Punkt 7 während der Dauer des Vertragsverhältnisses die Ausübung von Wettbewerb untersagt worden. Mithin sei sie Einfirmenvertreterin im Sinne des § 92 a HGB.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 08.01.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 78 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO).
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Für die von der Antragstellerin angekündigten Anträge ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet. Gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmens festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1.000,00 bezogen haben.
Letzteres ist bei der Antragsstellerin zwar der Fall. Ihre monatliche Vergütung betrug im Durchschnitt der letzten sechs Monate weniger als € 1.000,00, weil sie seit März 2007 - aus streitigen Umständen - keine Geschäfte abgeschlossen und deshalb von keiner Antragsgegnerin Provisionen erhalten hat.
Die Antragstellerin gehört aber nicht zu dem angesprochenen Personenkreis. Einfirmenvertreter ist nach § 92 a HGB derjenige Handelsvertreter, dem die Tätigkeit für einen anderen Unternehmer entweder aufgrund seines Handelsvertretervertrags verboten ("Einfirmenvertreter kraft Vertrags") oder wegen Art und Umfang der von ihm geschuldeten Dienstleistungen tatsächlich nicht möglich ist ("Einfirmenvertreter kraft Weisung"). Im Fall des "Einfirmenvertreters kraft Vertrags" muss der Handelsvertretervertrag eine weitere gewerbliche Betätigung ausdrücklich untersagen oder von einer Genehmigung des Unternehmers abhängig machen. Nur mittelbar wirkende vertragliche Einschränkungen einer weiteren Betätigung wie ein Wettbewerbsverbot oder das Gebot, die volle Arbeitskraft der Erfüllung des Vertrags zu widmen, begründen die Eigenschaft als Einfirmenvertreter kraft Vertrags hingegen nicht (vgl. Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 92 a Rz. 2; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl. 2008, § 92 a Rz. 3; OLG Düsseldorf Beschluss vom 01.06.2005 - 16 W 24/05 - OLGR 2005, 540; OLG Köln Beschluss vom 06.04.2005 - 19 W 8/05 - OLGR 2005, 309; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.07.2004 - 5 W 144/04 - VersR 2005, 1388, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Hier enthielt der Handelsvertretervertrag der Parteien (vgl. Ziffer 7) lediglich ein Wettbewerbsverbot und eine Klausel, wonach die Handelsvertretertätigkeit der Antragstellerin für ein Konkurrenzunternehmen der schriftlichen Zustimmung der Antragsgegnerin bedurfte. Eine Konkurrenztätigkeit hätte die Antragstellerin nach den allgemeinen Regeln ohnehin nicht ausüben dürfen. Die vertragliche Regelung geht sachlich nicht über dasjenige hinaus, was dem Handelsvertreter bereits aufgrund der Vorschrift des § 86 Abs. 1 HGB untersagt ist.
Auch das Argument der Antragstellerin, sie sei aufgrund mehrerer Handelsvertreterverträge für eine "Unternehmensgruppe N" tätig geworden und deshalb als Einfirmenvertreterin im Sinne des § 92 a Abs. 1 HGB anzusehen, verfängt nicht. Mehrfirmenvertreter sind nach der ausdrücklichen Regelung in Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift nur dann Einfirmenvertretern gleichgestellt, wenn sie damit betraut sind, Versicherungsverträge für mehrere Versicherer zu vermitteln oder abzuschließen, die zu einem Versicherungskonzern oder zu einer zwischen ihnen bestehenden Organisationsgemeinschaft gehören, sofern die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit einem dieser Versicherer im Zweifel auch die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den anderen Versicherern zur Folge haben würde. Da die Antragstellerin nicht als Versicherungs- oder Bausparkassenvertreterin tätig geworden ist, findet § 92 a Abs. 2 HGB keine Anwendung.
Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 92 a HGB und damit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG nicht erfüllt, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben, die auch für die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe zuständig sind. Es kommt dann nicht darauf an, ob der Handelsvertreter in diesen Fällen noch als arbeitnehmerähnliche Person angesehen werden kann. § 5 Abs. 3 ArbGG enthält eine für Handelsvertreter in sich abgeschlossene Zuständigkeitsregelung, die der Regelung über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für arbeitnehmerähnliche Personen in § 5 Abs. 1 ArbGG vorgeht (Müller-Glöge: in Germelmann, ArbGG, 6. Auflage 2008, § 5 Rz. 44, mit weiteren Nachweisen).
Nach alledem ist die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.
Ende der Entscheidung
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