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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 421/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, ZPO, P.-S.-MTV, BAT, GKG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 72a
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 611 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 263
ZPO § 264
P.-S.-MTV § 12 b Ziff. 3
BAT § 27 B. Abs. 1 S. 2
GKG § 63 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25.05.2007 - Az: 3 Ca 361/07 - wird kostenpflichtig mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor - 3 Ca 361/07 - in Ziffer 1. dahingehend berichtigt wird, dass es dort statt 492,26 EUR richtig 492,60 EUR heißt und dass die Ziffer 2. des Tenors wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 698,57 EUR brutto zu zahlen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

III. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1191,83 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die am 08.11.1955 geborene Klägerin darf ausweislich der Urkunde der Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz vom 13.04.1995 (Kopie Bl. 169 d.A.) die Berufsbezeichnung "Krankenschwester" führen. Die Klägerin ist seit dem 01.05.1995 in dem von der Beklagten betriebenen Alten- und Pflegeheim in F. tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 12.04./20.04.1995 zugrunde.

Die der Klägerin gezahlte (Grund-)Vergütung entwickelte sich seit Beginn des Arbeitsverhältnisses wie folgt:

 Zeitraum abgezahlter Betragentspricht betragsmäßiggemäß BAT-Vergütungstabellenbetrag ausgemäß Gehaltsabrechnung
01.05.19952427,27 DMKr. V/1VTV Nr. 30Mai 1995, Bl. 68 d.A.
01.05.19972561,44 DMKr. V/2VTV Nr. 31Mai 1997, Bl. 67 d.A.
01.05.19992787,85 DMKr. V/3VTV Nr. 33Mai 1999, Bl. 66 d.A.
01.05.20013195,12 DMKr. VI/4VTV Nr. 34Mai 2001, Bl. 65 d.A.
01.05.20031764,63 EURKr. VI/5VTV Nr. 35Juni 2003, Bl. 64 d.A.

In der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 30.04.2006 war die Klägerin als Stationsleiterin eingesetzt. Seit dem 01.05.2006 ist die Klägerin als Altenpflegerin tätig.

Die Beklagte zahlt der Klägerin seit dem 01.05.2006 Grundvergütung in Höhe von 1710,93 EUR brutto. Dieser Betrag entspricht rechnerisch bzw. betragsmäßig dem Vergütungstabellenbetrag der Kr. Va/5 des BAT-VTV Nr. 35 zum einen, zum anderen aber auch dem Vergütungstabellenbetrag der Anlage 2 zum (p. S.-) Vergütungstarifvertrag Nr. 1 - Vergütungstabelle Angestellte im Pflegebereich West (Bl. 35 d.A.) - dort der Vergütungsgruppe/Stufe AP Va/5 (s. Bl. 35 d.A.).

Die Klägerin beansprucht nach näherer Maßgabe ihrer im Berufungsverhandlungstermin gestellten Anträge ausgehend von der Vergütungsgruppe AP Va den Aufstieg in den Lebensaltersstufen von 5 nach 6 und für die Zeit ab dem 01.05.2007 von 6 nach 7.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 25.05.2007 - 3 Ca 361/07 - (dort S. 3 ff. = Bl. 96 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat die Beklagte nach näherer Maßgabe von Tenor und Entscheidungsgründen verurteilt,

- der Klägerin 492,26 EUR brutto (nebst Zinsen) zu zahlen sowie

- der Klägerin die Arbeitsvergütung ab dem 01.05.2007 gemäß Vergütungsgruppe AP Va/7 abzurechnen und die sich hieraus ergebende Vergütung an die Klägerin auszuzahlen.

Gegen das der Beklagten am 21.06.2007 zugestellte Urteil vom 25.05.2007 - 3 Ca 361/07 - hat die Beklagte am 27.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 21.09.2007 - innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Beschluss vom 20.08.2007 (Bl. 123 d.A.) - mit dem Schriftsatz vom 21.09.2007 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 21.09.2007 (Bl. 127 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte vertritt dort u.a. die Auffassung, dass die Vergütung der Klägerin unter § 5 des Arbeitsvertrages (s. dazu Bl. 21 d.A.) ausdrücklich und abschließend geregelt sei. Ein Anspruch auf Stufenaufstieg sei nicht zum Gegenstand des Arbeitsvertrages gemacht worden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Weitergabe von Stufenaufstiegen sei dem Arbeitsvertrag nicht zu entnehmen. Rechtsfehlerhaft habe das Arbeitsgericht - so führt die Beklagte weiter aus - übersehen, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, gemäß § 12 Abs. 2 MTV (p. S.; vom 24.09.2004; s. Bl. 26 ff. d.A.) angefallene Beschäftigungsjahre bezogen auf den Zeitaufstieg zu Gunsten der Klägerin fortführend zu berücksichtigen. Unter Ziffer III. der Berufungsbegründung führt die Beklagte insoweit weiter dazu aus, dass der Manteltarifvertrag und der diesen ergänzenden Vergütungstarifvertrag im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar seien. Die Klägerin erfülle die objektive Anspruchsvoraussetzung (für die Anwendung der neuen tariflichen Regelungen) deswegen nicht, weil sie nicht in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten auf der Grundlage eines neuen, dem MTV entsprechenden Arbeitsvertrages stehe. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien habe der MTV erst dann wirksam sein sollen bzw. hätten Ansprüche aufgrund des Tarifvertrages erst dann begründet bzw. fällig sein sollen, wenn alle Voraussetzungen, mithin auch die neuen Arbeitsverträge, vorlägen. Im Rahmen ihrer weiteren Argumentation weist die Beklagte daraufhin, dass "p. S." nach Abschluss der Tarifvertragsverhandlungen zahlreiche Versuche unternommen habe, den Text des Arbeitsvertrages mit der Gewerkschaft ver.di abzustimmen. Alle Versuche der "p. S." die tarifvertraglich vereinbarten Arbeitsverträge einzuführen, seien torpediert worden. Die Beklagte macht geltend, dass derzeit bundesweit keine Bezahlung nach dem Tarifvertrag stattfinde. Die Mitarbeiter würden weiterhin auf der Grundlage der bisherigen Regelungen vergütet.

Unter dem weiteren Gliederungspunkt III. (wohl gemeint: IV) wirft die Beklagte dem Arbeitsgericht vor, rechtsfehlerhaft davon ausgegangen zu sein, dass die Klägerin ab dem 01.01.2005 nach der Vergütungsgruppe AP Va zu vergüten sei. Die Klägerin habe nicht schlüssig vorgetragen, dass sie einen Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe AP Va des MTV vom 24.09.2004 habe. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich ebenso wenig wie aus dem Urteil des Arbeitsgerichts, welcher Fallgruppe der Vergütungsgruppe AP Va die Klägerin unterfallen solle. Unter Bezugnahme auf die der Klägerin obliegende Darlegungs- und Beweislast bringt die Beklagte vor, dass die Klägerin nicht substantiiert dargelegt habe, dass die Klägerin als Altenpflegerin nach Vergütungsgruppe AP Va einzugruppieren sei.

Unter Ziffer IV (möglicherweise gemeint: V) macht die Beklagte geltend, dass, sofern in der Vergangenheit seitens der Beklagten Gehaltserhöhungen erfolgt seien, diese freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt seien. Sofern in der Vergangenheit Arbeitnehmern Bewährungsaufstiege gewährt worden seien, seien diese nicht aufgrund eines vertraglichen Anspruchs, sondern auf freiwilliger Basis erfolgt. Im Hinblick auf § 15 S. 3 des Arbeitsvertrages (s. Bl. 24 d.A.) könne eine etwaige formlos praktizierte betriebliche Übung keine Verpflichtung der Beklagten für die Zukunft begründen. Im übrigen sei eine etwaige bestehende Übung, die ausdrücklich bestritten bleibe, durch eine neue entgegenstehende betriebliche Übung ersetzt worden. Ergänzend äußert sich die Beklagte im Schriftsatz vom 13.11.2007 (Bl. 171 d.A.), worauf ebenfalls verwiesen wird.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25.05.2007 - 3 Ca 361/07 - aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt

die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass sie anstelle des bisherigen Antrages zu 2 (= Abrechnung und unbezifferter Zahlungsantrag) beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 698,57 EUR brutto zu zahlen. Der bisherige Antrag zu 1 bleibt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage auch mit dem neuformulierten Antrag abzuweisen.

Die Klägerin ändert zuletzt ihren Antrag zu 2. Sie beansprucht damit die Differenz der Grundvergütungen zwischen den Stufen 5 und 7 ausgehend von der Vergütungsgruppe Va für die Zeit von Mai 2007 bis November 2007 (= 7 x 98,51 EUR = 698,57 EUR).

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts gegen die Berufung der Beklagten im übrigen mit ihren schriftsätzlichen Ausführungen vom 27.09.2007 (Berufungsbeantwortung, Bl. 150 ff. d.A.) und vom 24.10.2007 (Bl. 164 f. d.A.), worauf jeweils verwiesen wird. Die Klägerin macht dort u.a. geltend, dass es hinsichtlich des jahrelang praktizierten Zeitaufstieges zwischen den Parteien einen Konsens und eine Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten gegeben habe. An dieser Praxis müsse sich die Beklagte festhalten lassen. Dies gelte nicht nur für den Zeitaufstieg, sondern auch für die Bewährung in der beruflichen Tätigkeit der Klägerin. Die Klägerin weist daraufhin, dass sie, nachdem sie die Arbeit als Stationsleiterin aufgegeben habe, als Altenpflegerin arbeite (s. dazu insbesondere die Darstellung im Schriftsatz vom 24.10.2007, Bl. 164 f. d.A.). Die Klägerin hält das von Seiten der Beklagten erfolgte Bestreiten der Tätigkeit der Klägerin für unsubstantiiert und für prozessual unzulässig.

Unter Bezugnahme auf § 14 des Arbeitsvertrages (s. dazu Bl. 24 d.A.) macht die Klägerin weiter geltend, dass für den Zeitaufstieg der Tarifvertrag heranzuziehen sei. Unrichtig sei - so bringt die Klägerin vor -, dass die Beklagte in der Vergangenheit nur verdiente Mitarbeiter mit dem Bewährungsaufstieg auf freiwilliger Basis belohnt habe. Nach näherer Maßgabe unter Ziffer 4. der Berufungsbeantwortung (dort S. 3 f. = Bl. 152 d.A.) bestreitet die Klägerin die Behauptung der Beklagten zu den angeblichen Absprachen und dem Willen der Tarifvertragsparteien, demzufolge der MTV erst mit dem Abschluss der neuen Arbeitsverträge gelten sollte.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

II.

1. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 01.07.2006 bis zum 30.04.2007 (= also für 10 Monate) Vergütungsdifferenzen in Höhe von monatlich 49,26 EUR zu zahlen, - insgesamt für den genannten Zeitraum also 492,60 EUR brutto. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte muss der Klägerin die Grundvergütungen für den genannten Zeitraum nach der Stufe 6 der VergGrp. Va zahlen. Die mit einer anrechenbaren Betriebszugehörigkeit seit dem 01.05.1995 bei der Beklagten beschäftigte Klägerin hatte diese Stufe (=6) bereits am 01.05.2005 erreicht.

a) Aufgrund langjähriger, einvernehmlich gehandhabter bzw. widerspruchslos hingenommener Vergütungs- und Abrechnungspraxis ist zwischen den Arbeitsvertragsparteien zumindest konkludent eine rechtsgeschäftliche Einigung dahingehend zustande gekommen, dass die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass bei der Ermittlung der jeweiligen Grundvergütung die entsprechende Stufe der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt wird, die die Klägerin jeweils aufgrund der Dauer des Arbeitsverhältnisses erreicht hat. Desweiteren ist ebenfalls - zumindest konkludent - eine rechtsgeschäftliche Einigung dahingehend zustande gekommen, dass die Klägerin, - nachdem sie nicht mehr als Stationsleiterin eingesetzt wurde -, ab dem 01.05.2006 als Altenpflegerin vergütet und beschäftigt werden sollte, - allerdings nicht wie eine Berufsanfängerin, sondern als Altenpflegerin, die sich bereits länger als sechs Jahre bewährt hatte. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen können wirksam grundsätzlich nicht nur ausdrücklich und schriftlich getroffen werden, sondern auch formlos und stillschweigend. Dies ist anerkanntes Recht.

b) Hier liegen Handlungen der Parteien vor, die darauf schließen lassen, dass beiderseits ein (übereinstimmender) Rechtsfolgewillen mit den eben beschriebenen Inhalten einer konkludenten Einigung vorgelegen hat. Zu diesem Ergebnis führen die §§ 133 und 157 BGB sowie die Anwendung der zu diesen Vorschriften in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Nach diesen Grundsätzen ist bei der Auslegung auch und vor allem die Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft jeweils verbundene Zweck zu berücksichtigen sowie die Begleitumstände, - wozu (auch) die Entstehungsgeschichte des Rechtsgeschäfts und die Äußerungen der Parteien zählen.

aa) Nach der zum 30.04./01.05.2006 erfolgten Umsetzung der Klägerin von der Stationsleitung in die Tätigkeit einer Altenpflegerin bedurfte es einer erneuten rechtsgeschäftlichen Einigung dahingehend, wie - d.h. nach welchen Kriterien - die Klägerin ab dem 01.05.2006 beschäftigt und vergütet werden sollte. Es kann nicht angenommen werden, dass die Parteien die Entscheidung darüber in das freie Belieben der Beklagten stellen wollten. An einer derartigen Vertragsgestaltung (= Eingruppierung und Vergütung der Klägerin nach Gutdünken der Beklagten) hatte die Klägerin keinerlei Interesse. Vielmehr ist unter den gegebenen Umständen davon auszugehen, dass die Parteien damals eine beiden Seiten gerecht werdende Lösung angestrebt und gefunden haben. Eine derartige - beiden Seiten gerecht werdende - einvernehmliche Lösung konnte (nur) darin bestehen, dass die Klägerin vergütungs- und beschäftigungsmäßig eine Position einnehmen sollte, die zum einen dem Umstand Rechnung trug, dass sich die Klägerin schon langjährig im Betrieb als Altenpflegerin/Krankensschwester bewährt hatte und dass sie - zum anderen - überdies nunmehr zusätzlich auch noch über Erfahrungen in der höherwertigeren Tätigkeit der Stationsleitung verfügte. Diese Lösung machte es erforderlich, dass sich die Parteien auf eine Beschäftigung der Klägerin - und eine damit notwendigerweise verbundene Vergütung - einigten, die den Tätigkeitsmerkmalen der (früheren) BAT-Vergütungsgruppe Kr. Va Fallgruppe 4 entsprach. Diese BAT-Vergütungs- und Fallgruppe entspricht vergütungsmäßig der Vergütungsgruppe AP Va Fallgruppe 3 der Anlage B zum pro Seniore-MTV vom 24.09.2004. Dies ergibt der Vergleich der Entgeltgitter der jeweiligen Vergütungstabellen (pro Seniore- bzw. AP-Vergütungstabelle Angestellte im Pflegebereich West/Anlage 2 zum Vergütungstarifvertrag Nr. 1 zum einen und der Tabelle der Grundvergütungen - West - zum BAT-VTV Nr. 35 zum anderen). Da nur eine derartige Eingruppierung und Beschäftigung (nach Kr. Va bzw. AP Va) interessengerecht ist, ist festzustellen, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich dahingehend geeinigt haben. Dafür spricht nicht zuletzt auch der Umstand, dass die Beklagte der Klägerin unstreitig eine Grundvergütung zahlt, die betragsmäßig lediglich für Angestellte in Betracht kommt, die entweder in der BAT-Vergütungsgruppe Kr. Va oder aber in der p. s.-Vergütungsgruppe AP Va eingruppiert sind. Über letzteres hat hier auch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht kein Streit bestanden (s. dazu die Feststellungen auf der oberen Hälfte der S. 3 der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 24.05.2007 - 3 Ca 361/07 - = Bl. 90 d.A.). Zu ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin hat die Klägerin (zwar denkbar knapp, - aber gerade noch) ausreichend vorgetragen. Diese schlüssigen Darlegungen der Klägerin sind von der Beklagten im erstinstanzlichen Kammertermin vom 25.05.2007 überhaupt nicht (s. dazu die Sitzungsniederschrift - 3 Ca 361/07 - dort S. 3 = Bl. 90 d.A.: "... wieder als Altenpflegerin tätig ...") und im Berufungsverfahren nur unsubstantiiert bestritten worden. Ein unsubstantiiertes Bestreiten ist der Beklagten aber prozessual nicht gestattet. Die Tätigkeit der Klägerin, die Gegenstand des Direktionsrechts der Beklagten ist, ist Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Beklagten bzw. der Wahrnehmung der Geschäftsführung und Betriebsleitung der Beklagten. Aus diesem Grunde - vgl. § 138 Abs. 4 ZPO - gilt für die Beklagte uneingeschränkt die Erklärungs- und Einlassungslast des § 138 Abs. 1 und 2 ZPO. Diese Erklärungs- und Einlassungslast hat die Beklagte nicht erfüllt.

Sie hat die Tätigkeit der Klägerin nur unsubstantiiert bestritten.

bb) Zwar heißt es in § 15 S. 3 des Arbeitsvertrages (Bl. 24 d.A.), dass Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrages nur wirksam sind, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Diese Schriftformklausel steht der Wirksamkeit der eben beschriebenen konkludenten Einigung der Parteien über eine Beschäftigung und Vergütung der Klägerin nach den Merkmalen der Vergütungsgruppe Va nicht entgegen. Insoweit ist für die Beschäftigung und Vergütung für die Zeit nach dem 30.04.2006 von einer stillschweigenden Aufhebung dieser Schriftformklausel auszugehen. Eine derartige stillschweigende Aufhebung ist dann anzunehmen, wenn die Parteien - wie unter den gegebenen Umständen hier - die Maßgeblichkeit der formlosen Vereinbarung übereinstimmend gewollt haben. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, - was dadurch belegt wird, dass die Beklagte im Termin vom 25.05.2007 - 3 Ca 361/07 - selbst die Eingruppierung und Vergütung der Klägerin nach VergGrp. Va vorgetragen hat. Soweit die Beklagte dies im Berufungsverfahren nicht mehr so sieht und die Beklagte bereits den grundsätzlichen Anspruch der Klägerin darauf, nach Vergütungsgruppe Va beschäftigt und vergütet zu werden, in Zweifel zieht, kann die Beklagte mit dieser Argumentation jedenfalls gemäß § 242 BGB nicht gehört werden. Aus § 242 BGB lässt sich das Verbot des unzulässigen widersprüchlichen Verhaltens ableiten. Es ist anerkanntes Recht, dass ein Vertragspartner bei der Beanspruchung von Rechtspositionen gegenüber anderen Teilnehmern am Rechtsleben eine gewisse Konsistenz bzw. eine verlässliche Beständigkeit an den Tag legen muss. Dies gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. Mü/Ko/Roth 5. Aufl. BGB § 242 Rz 287; BAG v. 27.06.1995 - 1 ABR 62/94 -; ähnlich BAG v. 18.10.2000 - 2 AZR 494/99 -).

Demgemäß verhält sich die Beklagte in gemäß § 242 BGB unzulässigerweise widersprüchlich, wenn sie nunmehr den grundsätzlichen Anspruch der Klägerin, nach Vergütungsgruppe Va vergütet zu werden, in Zweifel zieht.

c) Soweit es um die Ermittlung der jeweiligen Stufe der Grundvergütung geht, ist aufgrund der langjährigen, einvernehmlich gehandhabten Vertragspraxis festzustellen, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich darauf geeinigt haben, dass die Klägerin nach je zwei Jahren die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe ihrer Vergütungsgruppe erhalten sollte. Diese Verfahrensweise - wie sie in ähnlicher Weise in § 12 b Ziffer 3 P.-S.-MTV vom 24.09.2004 bzw. in § 27 B. Abs. 1 S. 2 BAT vorgesehen ist bzw. war - haben die Arbeitsvertragsparteien in all den Jahren des Arbeitsverhältnisses der Klägerin alle zwei Jahre praktiziert. Dies belegt die im obigen Urteilstatbestand wiedergegebene Entwicklung der Grundvergütungen nebst Stufen, die der Klägerin jeweils gewährt wurden. Die Arbeitsvertragsparteien haben sich stillschweigend darauf geeinigt, dass die Klägerin nach je zwei Jahren bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe ihrer Vergütungsgruppe erhalten sollte. Da die Parteien bzw. Vertragsparteien dies einstimmend gewollt haben, ist auch insoweit von einer stillschweigenden Aufhebung der arbeitsvertraglichen Schriftformklausel (§ 15 S. 3 des Arbeitsvertrages) auszugehen. Zu einer konkludenten gegenläufigen Abänderung ist es nicht gekommen.

Hiernach ist mit dem Arbeitsgericht festzustellen, dass der Klägerin während des im Rahmen des Klageantrages zu 1 noch maßgeblichen Zeitraumes vom 01.07.2006 bis zum 30.04.2007 eine monatliche Grundvergütung in Höhe von 1760,19 EUR zugestanden hat (= VergGrp. Va/Stufe 6). Da die Beklagte der Klägerin aber unstreitig nur 1710,93 EUR (= VergGrp. Va/Stufe 5) gezahlt hat, stehen noch für zehn Monate die Differenzbeträge in Höhe von 49,26 EUR monatlich = insgesamt also 492,60 EUR zur Zahlung offen.

2. a) Im Berufungsverfahren hat die Klägerin in zulässigerweise den Antrag zu 2 geändert (vgl. § 264 Nr. 2 und 3 ZPO). Es ist anerkanntes Recht, dass es in den Fällen des § 264 ZPO zur Vornahme der entsprechenden Antragsänderung in der Berufungsinstanz keiner Anschlussberufung bedarf. Die Klägerin hat zuletzt lediglich den für die Zeit ab dem 01.05.2007 zunächst unbeziffert geltend gemachten Zahlungsantrag für die Zeit bis zum 30.11.2007 beziffert und den Abrechnungsantrag fallen gelassen. Dies stellt keine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO dar, so dass es bei Anwendung der Grundsätze aus BAG vom 21.02.2006 - 3 AZR 77/05 - keiner Anschlussberufung bedurfte.

b) Mit dem zuletzt gestellten Inhalt ist die Klage (auch) mit dem Klageantrag zu 2. begründet. Die Beklagte ist gemäß § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin ab dem 01.05.2007 die Grundvergütung nach VergGrp. Va/Stufe 7 zu zahlen. Auch in diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob dieser Vergütungsbetrag letztlich der p. s.-Vergütungstabelle - Angestellte im Pflegebereich West - oder der BAT-Vergütungstabelle gemäß VTV Nr. 35 zu entnehmen ist. In beiden Fällen bleibt das Ergebnis gleich. Auf die obigen Ausführungen, die hier entsprechend gelten, wird verwiesen. Da die Beklagte der Klägerin für die Monate von Mai 2007 bis November 2007, also für sieben Monate, monatlich unstreitig lediglich 1710,93 EUR gezahlt hat, der Klägerin nach der jeweiligen Tabelle aber 1809,44 EUR zustehen, ist die Beklagte zur Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 689,57 EUR (= 7 x 98,51 EUR) zu verurteilen.

3. Da sich die Klage hiernach bereits auf einzelvertraglicher Grundlage als begründet erweist, kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit sich das Klagebegehren auch auf eine tarifvertragliche Grundlage stützen lässt.

III.

Soweit Zinsen zugesprochen wurden, sind diese nach Grund und Höhe gemäß den §§ 288 und 291 BGB gerechtfertigt.

Die Festsetzung des Streitwertes im Berufungsurteil (Urteilsstreitwert) beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt oder Bundesarbeitsgericht, Postfach, 99113 Erfurt, Telefaxnummer: 0361/26 36 - 2000 einzulegen. Darauf wird die Beklagte hingewiesen. Derzeit findet gegen das vorliegende Berufungsurteil die Revision nicht statt.

Ende der Entscheidung

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