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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 09.07.2004
Aktenzeichen: 3 TaBV 2000/03
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, TVG
Vorschriften:
ArbGG § 69 II | |
ArbGG § 72 | |
ArbGG § 92 | |
BetrVG § 99 II Ziff. 1 | |
BetrVG § 99 II Ziff. 4 | |
TVG § 3 II | |
TVG § 3 III | |
TVG § 3 IV Abs. V | |
TVG § 4 V |
Aktenzeichen: 3 TaBV 2000/03
Verkündet am: 09.07.2004
Tenor:
I. Die Beschwerde Antragsgegners (Betriebsrats) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Aktz. 8 BV 1661/03 - vom 15.10.03 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten besteht Streit um die Eingruppierung der bei der Antragstellerin (Arbeitgeberin) beschäftigten Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat um Zustimmung zu einer Umgruppierung der im Antrag namentlich benannten Arbeitnehmer vom Entgelttarifvertrag der rheinland-pfälzischen Metall- und Elektroindustrie in den des Elektrohandwerks Rheinland-Pfalz ersucht. Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung im Wesentlichen mit der Begründung, der Entgelttarifvertrag für das Elektrohandwerk sei der fachlich falsche Tarifvertrag; der Betrieb und die Tätigkeit des Betriebes sei industriell und nicht handwerklich geprägt.
Der Arbeitgeber ist seit 1970 in die Handwerksrolle eingetragen; der Geschäftsführer ist Meister des Elektrohandwerks. Bis 1999 gehörte er dem Verband der Metall- und Elektroindustrie an. 1999 trat der Arbeitgeber aus diesem Verband aus. Durch Haustarifvertrag vom 20.09.1999 wurde zunächst die Weitergeltung der Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie vereinbart. Am 17.01.2002 kündigte der Arbeitgeber diesen Haustarifvertrag zum 30.04.02. Am 12.06.02 teilt er mit, dass er Mitglied der Elektroinnung L. geworden sei, und dass aus diesem Grund ab dem 01.06.2002 die Tarifverträge für das Elektrohandwerk Geltung beanspruchen würden.
Am 18.12.2002 beantragt der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der im Einzelnen aufgeführten Arbeitnehmer vom Entgelttarifvertrag der rheinland-pfälzischen Metall- und Elektroindustrie in den Entgelttarifvertrag für das Elektrohandwerk.
Unter dem 19.12.2002 widerspricht der Betriebsrat der beantragten Umgruppierung.
Den daraufhin beim Arbeitsgericht gestellten Antrag auf Ersetzung der Zustimmung hat das Arbeitsgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 15.10.2003 stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er weiterhin die Zurückweisung des Zustimmungsersetzungsantrags begehrt.
Der Arbeitgeber beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
Wegen der weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird in entsprechender Anwendung des § 69, II ArbGG auf die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts und die im Beschwerdeverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie die protokollierten Erklärungen der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Betriebsrats ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und erweist sich deshalb als zulässig. In der Sache bleibt das Rechtmittel jedoch erfolglos. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung den Anträgen des Arbeitgebers entsprochen. Das erkennende Gericht bezieht sich in entsprechender Anwendung des § 69, II ArbGG auf die Begründung des Arbeitsgerichts und beschränkt sich auf die nachfolgenden ergänzenden Anmerkungen:
1.
Der Betriebsrat begründet die Verweigerung seiner Zustimmung mit § 99, II Ziff. 1 und 4 BetrVG. Er hat seinen Widerspruch form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Es dürfte auch davon auszugehen sein, dass die inhaltlichen Anforderungen an den Widerspruch und seine Begründung erfüllt sind.
Sachlich ist der Widerspruch jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für den Betrieb des Arbeitgebers nach dessen Beitritt zur Elektroinnung L. die Tarifverträge für das Elektrohandwerk Anwendung finden und deshalb die Umgruppierung in das dort geltende Eingruppierungssystem sachlich gerechtfertigt ist und die dadurch etwa entstehenden Nachteile für die Belegschaft keinen Widerspruchsgrund abgeben können.
2.
Dem Arbeitsgericht ist zunächst in seiner Auffassung zu folgen, dass nach dem Verbandswechsel des Arbeitgebers auf den Betrieb einheitlich die Tarifverträge für das Elektrohandwerk Anwendung finden. Nach § 3, II TVG gelten die Rechtsnormen eines Tarifvertrages über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen, also auch solche des Eingruppierungssystems, für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden sind. Die Frage, welche Tarifverträge Anwendung finden, richtet sich deshalb zunächst nach der Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers. Dieser wiederum ist in den Grenzen des Rechtsmissbrauchs frei in seiner Entscheidung, welchem Verband er beitreten will; dies garantiert ihm die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit (BAG, 20.07.01 - 10 AZR 599/2000 - EZA Nr. 15 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz).
Die Tarifzuständigkeit richtet sich nach der Satzung des Verbandes; hier besagt der Manteltarifvertrag vom 11.04.2002 für das Elektrohandwerk, dass alle dem Landesinnungsverband angehörenden Betriebes des Elektrohandwerks erfasst werden. Der Arbeitgeber betreibt einen Betrieb, der zumindest auch dem Elektrohandwerk zuzuordnen ist. Dies belegt die Tatsache, dass er seit 1970 in die Handwerksrolle eingetragen ist, sein Geschäftsführer seit 1967 Meister des Elektrohandwerks ist und er zumindest in großem Umfang Tätigkeiten verrichtet, die dem Elektrohandwerk zuzuordnen sind.
Es dürfte auch anzunehmen sein, dass der Betrieb eher dem Handwerk als der Industrie zuzuordnen ist. Für die Abgrenzung zwischen "Industrie- und Handwerk" ist auf die Betriebsgröße, die Anzahl der Beschäftigten sowie den größeren Kapitalbedarf infolge der Anlagenintensität abzustellen (BAG, 22.07.98 - 10 AZR 204/97 - EZA Nr. 92 zu § 4 TVG, Bauindustrie). Die Industrie ist durch Produktionsanlagen und - stufen sowie Absatzstrukturen gekennzeichnet, während bei einem Handwerksbetrieb die Arbeiten überwiegend mit der Hand nach Methoden des einschlägigen Handwerks ausgeführt werden, diese Arbeiten für einen bestimmten Kundenkreis und nicht auf Vorrat getätigt werden und es sich um einen kleineren, weniger technisierten Betrieb handelt (BAG, a.a.O.). Nach diesen Kriterien dürfte hier der Betrieb des Arbeitgebers durchaus dem Handwerk zuzuordnen sein; da es seine Tätigkeit in Industriebetrieben entfaltet und dort Aufgaben wahrnimmt, die auch durch Mitarbeiter dieser Industriebetriebe wahrgenommen werden könnten, macht ihn noch nicht zu einem industriellen Unternehmen. Es ist keine Seltenheit, dass sich Industrieunternehmen im Dienste handwerklicher Betriebe versichern, um Aufgaben im eigenen Bereich zu erledigen.
Es spricht deshalb alles dafür, dass die Tarifverträge für das Elektrohandwerk sachlich für den Betrieb des Arbeitgebers einschlägig sind. Da der Arbeitgeber auch die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Innung des Elektrohandwerks erfüllt und keine Anzeichen für einen Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten ersichtlich sind, gelten nunmehr im betriebsverfassungsrechlichen Fragen die einschlägigen Bestimmungen der Tarifverträge des Elektrohandwerks. Dies gilt auch für das Entgeltsystem, so dass der Betriebsrat seine Zustimmung zur Umgruppierung in diesem System zu Unrecht verweigert hat.
3.
Für eine Weitergeltung der Entgelttarifverträge der rheinland-pfälzischen Metall- und Elektroindustrie besteht kein Raum. Eine Nachwirkung nach §§ 3, III, IV Abs. V TVG kommt nicht in Betracht. Der Arbeitgeber hat seine Mitgliedschaft im Verband der Elektroindustrie beendet und die Weitergeltung der Tarifverträge durch den Haustarifvertrag zunächst gesichert. Nach dessen Kündigung sind jedoch die Tarifverträge für das Elektrohandwerk an deren Stelle getreten, so dass eine Nachwirkung nach § 4, V TVG nicht eingetreten ist. Dies würde auch dann gelten, wenn sachlich mehr für die Weitergeltung der Tarifverträge für die Elektroindustrie spräche. Ansatzpunkt für die Geltung der Tarifverträge ist die Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers (vgl. Wiedemann TVG, 6. Aufl. 1999, § 3 RZ 127 f; BAG 29.11.78 - 4 AZR 304/77 - EZA Nr. 2 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz). Da der Verbandswechsel des Arbeitgebers hier keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, ersetzt auch das für den neuen Verband geltende Tarifwerk die früher anwendbaren tariflichen Bestimmungen. Für eine Nachwirkung ist deshalb kein Raum.
III.
Die Beschwerde erweist sich nach allem als erfolglos und war deshalb zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar; zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand nach den Kriterien der §§ 92, 72 ArbGG kein Anlass.
Ende der Entscheidung
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