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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.12.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 399/08
Rechtsgebiete: ArbGG, AGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 64 Abs. 1 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 | |
ArbGG § 64 Abs. 6 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
AGG § 1 | |
AGG § 6 | |
AGG § 7 | |
AGG § 10 | |
AGG § 10 Satz 1 | |
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 |
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 23.4.2008 - 3 Ca 2536/07 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Frage, ob die hinter der Beklagten zu 1) stehende Pensionskasse (Beklagte zu 2) gegenüber der klageführenden Witwe zur Kürzung von Betriebsrentenansprüchen berechtigt ist. Die am 16.08.1964 geborene Kläger ist die Witwe des am 28.06.1939 geborenen und am 11.11.2004 verstorbenen Mitarbeiters der Beklagten zu 1). Letzterer hatte die Klägerin am 22.03.1996 geheiratet. Die Beklagte zu 1). hat dem verstorbenen Ehemann der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung sowohl unmittelbar als auch über ihre Pensionskasse, die als VVaG rechtlich ausgestaltet und Beteiligte zu 2). des vorliegenden Rechtsstreites ist, zugesagt. Für den Fall des Todes eines Mitarbeiters bzw. Pensionärs regeln sowohl die BASF-Versorgungsordnung als auch die allgemeinen Versicherungsbedingungen der BASF Pensionskasse VVaG den Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Sowohl die BASF Versorgungsordnung als auch die Satzung der BASF Pensionskasse VVaG enthalten bezüglich der Witwen- und Witwerrenten Regelungen, die eine Minderung der Witwenrente um fünf Prozent vorsehen für jedes 15 Jahre überschreitende Jahr des Altersunterschiedes. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 23.04.2008 - 3 Ca 2536/07 - und auch hinsichtlich der Anträge (Seite 4 bis 5 des Urteils = Bl. 104 bis 105 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Urteil die gegen die Beklagten gerichteten Ansprüche auf Nachzahlung von Betriebsrente abgewiesen, weil weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Artikel 3 GG, noch gegen gesetzliche Vorgaben des AGG, noch gegen das Diskriminierungsverbot vorläge. Ein von der Arbeitgeberseite eingeführtes System der betrieblichen Altersversorgung müsse finanziell kalkulierbar sein. Insofern dürften Risikobegrenzungsklauseln in die betriebliche Altersversorgung eingeführt werden. Bei einer erheblichen Altersdifferenz zugunsten des überlebenden Ehegatten würde eine statistisch gesehene längere Bezugsdauer eintreten. Eine solche Mehrbelastung dürfe in Grenzen gehalten werden. Eine Zäsur bei einem Altersunterschied von mehr als 15 Jahren sei mehr als ausgewogen, zumal eine Leistung an Hinterbliebenen nicht zwangsläufig eingeräumt werden müsse. Die vorgesehene fünf Prozent-Kürzung entspräche einer vernünftigen, aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen ableitbaren Regelung, um die Überschaubarkeit und Finanzierbarkeit zu gewährleisten. Auch lägen die in § 10 AGG gegebenen Kriterien bezogen auf eine unterschiedliche Behandlung vor, wobei offenbleiben könne, ob sich die Klägerin überhaupt auf die Vorgaben gemäß § 6 AGG berufen könne. Auch sei kein Verstoß gegen den europarechtlichen Grundsatz des Diskriminierungsverbotes gegeben. Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung müssten kalkulierbar sein. Ein wesentlich jüngerer Ehegatte würde trotz prozentualer Absenkung seines Anspruchs diesen - vermutlich - über einen längeren Zeitraum erhalten. Dadurch würde sich eine erhebliche Mehrbelastung für den Arbeitgeber ergeben. Gegen das der Klägerin am 20.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich deren am 18.07.2008 eingelegte und am 22.09.2008 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. Die Klägerin bringt zweitinstanzlich weiter vor,
entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts verstieße die Altersabstandsklausel gegen § 7 in Verbindung mit § 1 AGG, wonach eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters grundsätzlich unzulässig sei. Das Arbeitsgericht setze statistische Erwägungen voraus, die weder von den Parteien vorgetragen seien, noch allgemein gültige Erfahrungssätze darstellten. Die Beklagten hätten keinerlei statistische Erhebungen vorgetragen, aus denen sich ableiten ließe, dass es bei Ehen mit Altersdifferenz gegenüber solchen ohne zu Mehrbelastungen des Versorgungsgebers käme. Die Schaffung einer Altersgrenze von 15 Jahren erscheine willkürlich; eine Altersdifferenz von 15 Jahren führe im Gegensatz zu einer von 16 Jahren nicht zu einer Rentenkürzung. Das Arbeitsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass die Versorgungsordnungen eine Spätehenklausel enthielten, wonach eine Witwenrente erst nach 5 Ehejahren gewährt würde und ansonsten für jede volle sechs Monate Ehedauer 1/10. Mit der Spätehenklausel würde das vom Arbeitsgericht angenommene Sicherungsziel erreicht. Mit der Altersabstandsklausel trete eine Übersicherung des Versorgungsgebers ein. Die auf die Entscheidung des EuGH veröffentliche Literatur zeige Verstöße gegen andere Entscheidungen des EuGH auf. Im Urteil "Adeneler" seien die Gerichte der Mitgliedsstaaten aufgefordert worden, Auslegungen innerstaatlicher Rechts zu unterlassen, die das mit den Richtlinien verfolgte Ziel nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde. Zeitliche Grenze für den gemeinschaftsrechtlichen Anknüpfungspunkt sei nicht der Ablauf der Umsetzungsfrist, sondern deren Beginn. Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 22.09.2008 (Bl. 139 bis 144) und den weiteren Schriftsatz vom 15.12.2008 (Bl. 169 bis 170 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 23.04.2008 wird abgeändert, 2. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin rückständige Betriebsrente in Höhe von EUR 32.709,22 brutto zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus einem Betrag von EUR 1.837,89 seit dem 01.01.2005, dem 01.02.2005 sowie dem 01.03.2005 sowie aus einem Betrag von jeweils EUR 849,86 seit dem 01.04.2005, dem 01.05.2005, dem 01.06.2005, dem 01.07.2005, dem 01.08.2005, dem 01.09.2005, dem 01.10.2005, dem 01.11.2005, dem 01.12.2005, dem 01.01.2006, dem 01.02.2006, dem 01.03.2006, dem 01.04.2006, dem 01.05.2006, dem 01.06.2006, dem 01.07.2006, dem 01.08.2006, dem 01.09.2006, dem 01.10.2006, dem 01.11.2006, dem 01.12.2006, dem 01.01.2007, dem 01.02.2007, dem 01.032.007, dem 01.04.2007, dem 01.05.2007, dem 01.06.2007, dem 01.07.2007, dem 01.08.2007, dem 01.09.2007, dem 01.10.2007 und dem 01.11.2007 3. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ab dem Dezember 2007 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von EUR 1.699,72 brutto zu bezahlen, 4. hilfsweise: Die Beklagte Ziffer 1) wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Betriebsrente in Höhe von EUR 18.352,00 brutto zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus einem Betrag von EUR 1.136,00 seit dem 01.01.2005, dem 01.02.2005 sowie dem 01.03.005 sowie aus einem Betrag von jeweils EUR 467,00 seit dem 01.04.2005 dem 01.05.2005, dem 01.06.2005, dem 01.07.2005, dem 01.08.2005, dem 01.09.2005, dem 01.10.205, dem 01.11.2005, dem 01.12.2005, dem 01.01.2006, dem 01.02.2006, dem 01.03.2006, dem 01.04.2006, dem 01.05.2006, dem 01.06.2006, dem 01.07.2006, dem 01.08.2006, dem 01.09.2006, dem 01.10.2006, dem 01.11.2006, dem 01.12.2006, dem 01.12.2006, dem 01.01.2007, dem 01.02.2007, dem 01.03.2007, dem 01.04.2007, dem 01.05.2007, dem 01.06.2007, dem 01.07.2007, dem 01.08.2007, dem 01.09.2007, dem 01.10.2007 und dem 01.11.2007, 5. hilfsweise: Die Beklagte Ziffer 1) wird verurteilt, an die Klägerin ab Dezember 2007 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von EUR 934,00 brutto zu bezahlen, 6. hilfsweise: Die Beklagte Ziffer 2) wird verurteilt, an die Klägerin rückständige Betriebsrente in Höhe von EUR 14.357,22 brutto zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus einem Betrag von EUR 701,90 seit dem 01.01.2005, dem 01.02.2005 sowie dem 01.03.2005, sowie aus einem Betrag von jeweils EUR 382,96 seit dem 01.04.2005, dem 01.05.2005, dem 01.06.2005, dem 01.07.2005, dem 01.08.2005, dem 01.09.2005, dem 01.10.2005, dem 01.11.2005, dem 01.12.2005, 01.01.2006, dem 01.02.2006, dem 01.03.2006, dem 01.04.2006, dem 01.05.2006, dem 01.06.2006, dem 01.07.2006, dem 01.08.2006, dem 01.09.2006, dem 01.10.2006, dem 01.11.2006, dem 01.12.2006, dem 01.01.2007, dem 01.02.2007, dem 01.03.2007, dem 01.04.2007, dem 01.05.2007, dem 01.06.2007, dem 01.07.2007, dem 01.018.2007, dem 01.09.2007, dem 01.10.2007 und dem 01.11.2007, 7. hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab Dezember 2007 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von EUR 765,72 brutto zu bezahlen, 8. die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Beklagten haben,
Zurückweisung der Berufung beantragt. Die Beklagte zu 1). führt zweitinstanzlich weiter aus, Altersabstandsklauseln seien nach der Rechtsprechung zulässig. Sie begrenzten das Risiko für den Arbeitgeber anhand dem demographischer Kriterien. Die Klägerin würde nicht vom Geltungsbereich des AGG erfasst, da sie keine "Beschäftigte" im Sinne von § 6 AGG sei. Es würde außerdem auch nicht an das Alter, sondern an den Altersabstand angeknüpft; selbst wenn an das Alter angeknüpft würde, sei die Klausel nach § 10 Satz1 AGG zulässig. Im Übrigen läge auch kein Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Der EuGH habe in seiner Entscheidung vom 23.09.2008 - C 427/06 - auf die Vorlage des BAG einen gemeinschaftsrechtlichen Bezug abgelehnt. Die Beklagte zu 2). meint, die Klägerin könne ihren Anspruch nicht auf das AGG stützen; denn dieses sei erst am 18.08.2006 in Kraft getreten. Eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters wäre zulässig nach § 10 AGG, da sie objektiv durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Das vom Arbeitsgericht Ausgeführte gelte gleichermaßen für den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das BAG habe in seinem Vorlagebeschluss vom 27.06.2006 eine vergleichbare Regelung nicht beanstandet; dort sei sogar der völlige Ausschluss der Hinterbliebenenrente vorgesehen. Der EuGH habe entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters nicht aufweise. Wenn schon der Ausschluss von Ansprüchen nicht gegen nationales oder europäisches Recht verstieße, dann gelte dies erst recht für die vorgesehene Kürzungsregelung bei gleicher Lebenserwartung des überlebenden Ehegatten. Auf einer Altersdifferenz zu seinen Gunsten ergebe sich rechnerisch eine längere Bezugsdauer; hierzu sei kein Rückgriff auf die Statistik erforderlich. Die Höhe der Mehrbelastung ergebe sich bereits aus den Klageanträgen. Die Altersdifferenzklausel schaffe auch keine Altersgrenze in starrer Form, sondern sehe nur Kürzungen in Höhe von jeweils 5 Prozent vor. Die Späteheklausel führe zu keiner anderen Beurteilung. Zur Berufungsbeantwortung der Beklagten zu 1). wird auf deren Schriftsatz vom 27.10.2008 (Bl. 156 bis 159) und der Beklagten zu 2). auf den Schriftsatz vom 27.10.2008 Bl. 160 bis 167 d. A. Bezug genommen. Zugleich wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 19.12.2008 verwiesen. Entscheidungsgründe:
I. Das Rechtsmittel der Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden, sie ist somit zulässig.
II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht ist im angefochtenen Erkenntnis vom 23.04.2008 - 3 Ca 2536/07 - zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin keine Betriebsrentennachzahlungsansprüche ab 01.01.2005 gegen die Beklagten zustehen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht unter Übernahme der Entscheidungsgründe hier von einer nochmaligen Darstellung ab.
Wegen der Angriffe der Berufung und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer sind folgende Ergänzungen veranlasst:
1. Soweit die Berufung der Auffassung ist, die Altersabstandsklausel in den Versorgungsordnungen verstieße gegen § 7 in Verbindung mit § 1 AGG, wonach eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters grundsätzlich unzulässig sei, kann dem auf der angeführten Rechtsgrundlage nicht gefolgt werden. Zunächst bestehen - insofern in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten zu 2). - Zweifel, ob das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Rechtsgrundlage heranziehbar ist; denn es ist erst am 18.08.2006 in Kraft getreten. Außerdem könnte der persönliche Anwendungsbereich des § 6 AGG ausfallen, da "Beschäftigte" im Sinne des Gesetzes gemäß Abs. 1 Nr. 1 von § 6 AGG ex pressis verbis nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht aber deren Angehörige erfasst. Dies kann jedoch offen bleiben, da § 10 AGG eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters für zulässig hält, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Legitimität des Ziels ist nicht nur unter Berücksichtigung der fachlich/beruflichen Zusammenhänge aus Sicht des Arbeitgebers, sondern auch unter Berücksichtigung sonstiger Ziele, die über die Situation eines einzelnen Unternehmens hinausgehen, zu beurteilen (vgl. Henseler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 3. Auflage, § 10 AGG, Rz. 1; nachfolgend zitiert HWK-Autor). Aus der zugleich gegebenen gesetzlichen Anforderung "objektiv und angemessen" ist zu folgern, dass die Vorstellungen des Arbeitgebers zumindest nicht willkürlich oder offensichtlich missbräuchlich sein dürfen (vgl. HWK-Annuß/Rupp, a. a. O., § 10 AGG, Rz. 2).
Nach dem Stand der für zutreffend gehaltenen Rechtsprechung (vgl. BAG, Urteil vom 27.06.2006 - 3 AZR 352/05 (A) und Urteil vom 28.07.2005 - 3 AZR 457/04 -) liegt im Bereich der vom Arbeitgeber - wie vorliegend - freiwillig gewährten betrieblichen Altersversorgung und insbesondere der Hinterbliebenenversorgung ein derartiger billigenswerter Grund vor, wenn der Arbeitgeber durch entsprechende Klauseln die Risiken, für die er eine Versorgung gewährt, begrenzt und besser kalkulierbar macht. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer derartigen Begrenzung ist, dass ein ausreichender Zusammenhang mit einleuchtenden Risikoerwägungen vorliegt. Die zwischen den Parteien maßgebliche Altersabstandsklausel begrenzt das Risiko für die Arbeitgeberin des verstorbenen Ehemannes der Klägerin anhand demographischer Kriterien. Je jünger die Hinterbliebenen im Verhältnis zu den Arbeitnehmern, denen die Altersversorgung zugesagt wurde, sind, desto länger ist der Zeitraum, währenddessen der Arbeitgeber durchschnittlich Hinterbliebenenversorgung zu erbringen hat. Die Begrenzung des Altersabstandes hat deshalb einen inneren Zusammenhang mit einer Beschränkung eben dieses Risikos. Altersabstandsklauseln dürfen aber nicht dazu führen, dass Altersunterschiede, wie sie zwischen Ehegatten üblich sind, zu einem Leistungsausschluss führen würden. Bei einer Altersdifferenz von 15 Jahren ist dies nicht der Fall (im Ergebnis billigend für eine Altersabstandsklausel von 25 Jahren auch bereits BAG Urteil vom 09.11.1978 - 3 AZR 784/77 = EzA BGB § 242 Ruhegeld Nr. 76; für die Verfassungsmäßigkeit dieser Unterscheidung: BVerfG 11.09.1979 - 1 BvR 92/79).
Im vorliegenden Fall wird die von der Rechtsprechung angenommene Intention einer betrieblichen Altersversorgung in der maßgeblichen Bestimmung der Pensionssatzung (§ 28 Abs. 4) bzw. der Versorgungsordnung (§ 51 g) und damit die Legitimität der Zielsetzung der entsprechenden Klauseln deutlich. Anknüpfungspunkt und damit eigentliche Prämisse für die prozentuale Kürzung der Betriebsrente eigentlich nicht das Alter der Klägerin, sondern der Altersabstand zum betriebsrentenberechtigten Ehemann.
Die Anknüpfung an dieses Kriterium ist zur Erreichung der Überschaubarkeit der finanziellen Belastung gerechtfertigt und nicht willkürlich. Die Grenzziehung und Fixierung auf 15 Jahre berücksichtigt das Langlebigkeitsrisiko jüngerer Hinterbliebener.
Der von der Berufung weiter angeführte Hinweis auf die in der Versorgungsregelungen enthaltene Spätehenklausel (§ 28 Abs. 5) rechtfertigt keine andere Beurteilung, auch nicht unter dem von ihr angeführten Aspekt der Übersicherung des Versorgungsgebers; denn diese Klausel hat eine andere Intention als die Altersabstandsklausel. Die Spätehenklausel soll erkennbar einer möglichen Versorgungsehe vorbeugen und damit eine indirekte Partizipation an dem von dem Betriebsrentner erworbenen Rentenanspruch begrenzen bzw. ausschließen. Dies gilt unabhängig davon, dass eine Spätehenklausel auch einer besseren Kalkulierbarkeit der Betriebsrentenleistungen dient (vgl. BAG, Urteil vom 27.06.2006 - 3 AZR 352/05; sowie Cisch/Böhm BB 2007, 602).
2. Soweit die Berufung beanstandet, dass das Arbeitsgericht statistische Erwägungen voraussetze, die weder von den Parteien vorgetragen seien, noch allgemeine gültige Erfahrungssätze darstellten, vermag dem die Berufungskammer ebenfalls nicht zu folgen.
Nach der für zutreffend gehaltenen Rechtsprechung des BAG (vgl. Urteil vom 21.08 2007 - 3 AZR 269/06) hängt die Antwort auf die Frage, ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt ist, nicht davon ab, ob die Gründe für eine Differenzierung in einer Versorgungsordnung genannt sind, sondern davon, ob die Ungleichbehandlung in der Sache selbst gerechtfertigt ist. Insofern kommt es auf einen diesbezüglichen Vortrag der Beklagten, der im Übrigen in der Berufungsinstanz zu erkennen ist, nicht an.
3. Soweit die Berufung ausführt, die auf die Entscheidung des EuGH vom 23.09.2008 - C 427/06 - veröffentlichte Literatur zeige Verstöße gegen andere Entscheidungen des Gerichtshofs auf und im Urteil "Adeneler" seien die Gerichte der Mitgliedsstaaten aufgefordert worden, Auslegungen innerstaatlichen Rechts zu unterlassen, die das mit der Richtlinie verfolgte Ziel nach Ablauf der Umsetzungsfrist ernsthaft gefährdet würde, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung.
Im vorliegenden Fall kommt weder das primärrechtliche Diskriminierungsverbot noch die Richtlinie2000/78/EG zur Anwendung, da die Versorgungsordnungen der Beklagten keinen gemeinschaftsrechtlichen Bezug aufweisen. Insoweit ist an der Rechtsprechung des EuGH vom 23.09.2008, (a. a. O.) festzuhalten.
Soweit die Berufung die Auffassung vertritt, es käme für die Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf den Beginn und nicht auf den Ablauf der Umsetzungsfrist an, fehlt es an einer substantiellen Auseinandersetzung mit der nicht näher dargestellten Auffassung der Literatur.
Auch in der Rechtssache "Adeneler" hat das EuGH - wenngleich nicht mit letzter Deutlichkeit - darauf hingewiesen, dass es einerseits keine unmittelbare Wirkung von Richtlinien im Horizontalverhältnis gibt, andererseits, dass das nationale Recht im Regelfall erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist der einschlägigen Richtlinie soweit als möglich richtlinienkonform auszulegen ist.
III. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG keine Notwendigkeit.
Ende der Entscheidung
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