Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 847/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, KSchG


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 512 ff.
KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 847/06

Entscheidung vom 24.01.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 30.08.2006, Az.: 4 Ca 25/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der neununddreißigjährige, verheiratete Kläger, der zwei Kinder hat, ist seit dem 01.07.2002 bei der Beklagten, die mit ca. 170 Arbeitnehmern Klebstoff und Verpackungen für die Industrie herstellt und vertreibt, als Außendienstmitarbeiter gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitentgeltes in Höhe von zuletzt 3.338,00 EUR brutto beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis hat seine rechtliche Grundlage im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 20.09.2002 (Bl. 4 ff. d. A.).

Der Kläger, der in X. wohnt, war bereits vor dem 01.07.2002, nämlich seit dem 01.02.2002 bei der Firma W. D-Stadt GmbH als Außendienstmitarbeiter für den Bereich Verpackungen tätig und bearbeitete dort Verkaufsgebiete in den neuen Bundesländern. Die Firma W. D-Stadt GmbH ging zum 01.07.2002 auf die Beklagte über, ohne dass sich an der Tätigkeit und dem Verkaufsgebiet des Klägers zunächst etwas geändert hätte. In den Kalenderjahren 2003 und 2004 ordnete die Beklagte dann ihre Verkaufsgebiete neu und wies dem Kläger die Gebiete 7 (V. und ein Teil von X.), 9 (U.) und 10 (T.) zu. Im Kalenderjahr 2005 wurden dem Kläger statt der Gebiete 9 und 10 die wohnortnäheren Verkaufsgebiete 4 (X.) und 3 b (S.) übertragen.

Die Außendienstmitarbeiter erhalten bei der Beklagten neben der Grundvergütung eine variable Vergütung, deren Höhe sich nach dem Erreichen einer Gesamtzielvereinbarung richtet. Diese Gesamtzielvereinbarung hat eine objektive Komponente, zum Beispiel den so genannten Deckungsbeitrag (Differenz zwischen Verkaufserlös und Produktionskosten) mit einem Anteil von 70 % und eine subjektive Komponente, nämlich ein für den Mitarbeiter persönlich vereinbartes Ziel mit einem Anteil von 30 %. Der Kläger bezog den variablen Vergütungsanteil entsprechend dem vereinbarten Zielerreichungssystem ab dem Jahr 2003.

Am 11.02.2005 und 17.05.2005 führte die Beklagte mit dem Kläger Gespräche, deren Inhalt streitig ist.

In einem an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 15.12.2005 (Bl. 78 d. A.) erklärte die Beklagte, sie beabsichtige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach dieser Absicht mit Schreiben vom 22.12.2005 (Bl. 79 d. A.).

Sodann kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 22.12.2005 (Bl. 7 d. A.), das dem Kläger am 24.12.2005 zuging, dass Beschäftigungsverhältnis zum 31.03.2006.

Mit seiner am 12.01.2006 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - eingegangen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt.

Der Kläger hat unter anderem vorgetragen,

soweit ihm die Beklagte eine Minderleistung als Kündigungsgrund vorhalte, seien die von ihr behaupteten Zielerreichungszahlen nicht nachvollziehbar. Für das Jahr 2003 seien die Zielvorgaben für die damals von ihm erstmals ab 01.01.2003 betreuten Verkaufsgebiete 7 und 10 bereits im September 2002, also ohne seine Mitwirkung, festgelegt worden. Gleiches gelte für die Zielvorgaben hinsichtlich der ab April 2005 neu übernommen Verkaufsgebiete 4 und 3 b; auch diese seien bereits im September des Vorjahres mit seinen Arbeitskollegen von der Beklagten vereinbart worden. Die für den Außendienstmitarbeiter Herrn R. von der Beklagten behaupteten Zielerreichungsgrade würden unter anderem auch auf der Erreichung der persönlichen Ziele des Herrn R. beruhen, die aber nicht mit jenen des Klägers identisch gewesen seien. Im Übrigen könne er nicht nur mit Herrn R., sondern müsse auch mit den fünf weiteren Außendienstmitarbeitern der Beklagten verglichen werden. Soweit er die Ziele nicht zu 100 % erreicht habe, beruhe dies auf dem bei der Beklagten generell eingetreten Umsatzrückgang.

Während der Gespräche vom 11.02.2005 und 17.05.2005 sei ihm gegenüber keine Abmahnung erklärt worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2005 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat unter anderem ausgeführt,

im Jahr 2003 habe der Kläger das Gesamtziel zu 78,99 % und den objektiven Anteil hieran zu 72,3 % erreicht. Demgegenüber habe der allein vergleichbare Außendienstmitarbeiter R. beim Gesamtziel einen Erreichungsgrad von 139,97 % und beim objektiven Ziel von 157,1 % aufzuweisen.

Im Jahr 2004 habe der Kläger das objektive Ziel zu 89,05 % erreicht und Herr R. sein objektives Ziel zu 86 %. Ein anderer Außendienstmitarbeiter, nämlich Herr Q. habe in diesem Jahr im objektiven Bereich eine Zielerreichung von 84,2 % geschafft.

Während eines Gespräches vom 11.02.2005 sei der Kläger von der Beklagten auf die schlechten Zielerreichungsergebnisse hingewiesen worden; dabei habe der Geschäftsführer auch erklärt, der Kläger müsse mit einer Kündigung rechnen, falls sich sein Leistungsverhalten nicht nachhaltig bessere.

Auch in dem Gespräch vom 17.05.2005 sei dem Kläger vor Augen gehalten worden, dass seine Leistungen nicht toleriert würden und man sich von ihm trennen wolle. Man habe des Weiteren für ihn als letzte Chance Zielwerte für den Deckungsbeitrag in diesem Gespräch vereinbart, die der Kläger aber während der restlichen Zeit des Jahres 2005 nicht erreicht habe.

Er habe im Jahr 2005 das Gesamtziel zu 70,49 % und das objektive Ziel zu 76,33 % erreicht. Für Herrn R. lägen bzgl. des Jahres 2005 keine Zielerreichungszahlen vor, da dieser zwischenzeitlich ausgeschieden sei. Ein anderer Außendienstmitarbeiter, der gerade neu eingestellt worden sei, nämlich Herr P. habe das mit ihm vereinbarte Gesamtziel aber zu 92,4 % erreicht.

Aufgrund dieser schlechten Arbeitsleistungen des Klägers sei diesem gegenüber die streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen worden. Danach seien die früheren Verkaufsgebiete 9 und 10 des Klägers dem Mitarbeiter O. übertragen worden, der in den ersten Monaten des Jahres 2006 14,2 % über Budget und 29,9 % über den Zahlen des Vorjahres gelegen habe.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 31.05.2006 (Bl. 82 f. d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N. und M.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 30.08.2006 (Bl. 86 ff. d. A.) verwiesen.

Sodann hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 30.08.2006 (Bl. 95 ff. d. A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2005 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständliche Kündigung sei unwirksam, obwohl die Beklagte in den Gesprächen vom 11.02.2005 und 17.05.2005 mit dem Kläger die mangelhafte Zielerreichung besprochen und ihm die Konsequenzen bei zukünftiger Nichterreichung der Zielvorgaben vor Augen geführt habe. Jedoch habe die Beklagte dem Kläger dabei nicht vorgegeben, was er im Einzelnen hätte tun müssen, um die Zielvereinbarungen zu erreichen. Es sei daher nicht erkennbar, welche Leistungsmängel dem Kläger aus seinem eigenen Tun vorgeworfen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 7 f. des Urteils vom 30.08.2006 (Bl. 101 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - am 13.10.2006 zugestellt worden ist, hat am 03.11.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 19.12.2006 ihr Rechtsmittel begründet nachdem Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.12.2006 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend,

die ausgesprochene Kündigung sei sozial gerechtfertigt, da der Kläger seine persönliche Leistungsfähigkeit sowie seine Möglichkeiten nicht ausgeschöpft habe und deutlich hinter den Ergebnissen seiner Kollegen zurückgeblieben sei. Er habe in der Vergangenheit die ihm zugewiesenen Verkaufsgebiete zu wenig bearbeitet, da er nicht genügend Übernachtungen eingeplant habe. Dadurch habe er zu wenig Firmen aufgesucht und einen zu geringen Umsatz erzielt. Gleichzeitig seien die Fahrtkosten gestiegen, weil der Kläger manche Strecken doppelt zurückgelegt habe. Hierauf sei er in den Gesprächen vom 11.02.2005 und 17.05.2005 hingewiesen worden, was durch die erstinstanzliche Vernehmung der Zeugen N. und M. bestätigt worden sei. Im Übrigen sei auf den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten zu verweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2006 (Bl. 124 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte hat beantragt,

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 30.08.2006, zugestellt am 12.10.2006, Az. 4 Ca 25/06 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus,

die Zielvorgaben für die von ihm im Jahr 2003 betreuten Verkaufsgebiete 7, 9 und 10 seien im September 2002 von der Beklagten mit einem Arbeitskollegen vereinbart worden; mit ihm seien in diesem Zusammenhang lediglich die persönlichen Ziele am 14.11.2003 abgesprochen worden. Wie sich aus einer e-mail eines Mitarbeiters der Beklagten aus dem Oktober 2002 sowie aus einem Umsatzreport der Beklagten vom Dezember 2003 ergebe, sei ein Kundenverlust dadurch entstanden, dass bei Kunden selbst entweder eine schlechte Auftragslage gegeben gewesen sei, Produkte seitens der Beklagten gefehlt hätten oder die Beklagte in ihren Produkten zu teuer gewesen sei.

Im Jahr 2004 habe der Kläger im Vergleich mit den anderen genannten Mitarbeitern das beste Ergebnis erzielt.

Für das Jahr 2005 sei er bei den Verkaufsgebieten 4 und 3 b an Zahlenvorgaben gebunden gewesen, die aufgrund des Gebietswechsels im Jahr 2005 nicht mit ihm vereinbart gewesen seien. Soweit im Jahr 2005 im Bereich Verpackungen ein Umsatzrückgang von 25 % bei der Beklagten eingetreten sei, lägen die Gründe nicht in der Person des Klägers, sondern darin, dass auch in diesem Jahr hohe Verluste im Zusammenhang mit der Preisgestaltung der Beklagten und der schlechten Auftragslage bei Kunden eingetreten seien. Zudem sei es im April 2005 zum Verlust eines Großkunden der Beklagten, nämlich der Firma L. im Zusammenhang mit der Preisgestaltung der Beklagten gekommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 15.01.2007 (Bl. 141 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2006 nicht aufgelöst worden ist. Die streitgegenständliche Kündigung ist nämlich nach § 1 Abs. 1 des vollumfänglich anwendbaren KSchG rechtsunwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt ist.

Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Verhaltensbedingte Gründe im Sinne dieser gesetzlichen Regelung können gegeben sein, wenn ein Arbeitnehmer, aufgrund von Pflichtverletzungen, Minderleistungen erbringt. Die Leistungspflicht des Arbeitnehmers ist nicht starr festgelegt, vielmehr orientiert sie sich an seiner Leistungsfähigkeit; ein objektiver Maßstab ist nicht anzusetzen (vgl. BAG, Urteil vom 21.05.1992 - 2 AZR 551/91 = AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 3). Hieraus ist aber nicht zu folgern, dass der Arbeitnehmer seine Leistungspflicht selbst willkürlich bestimmen kann. Er muss jedenfalls unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Ob der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nachkommt, ist für den Arbeitgeber anhand objektivierbarer Kriterien nicht immer erkennbar. Der bloße Umstand, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft (vgl. BAG, Urteil vom 22.07.1982 - 2 AZR 30/81 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 verhaltensbedingte Kündigung). In einer Vergleichsgruppe ist stets ein Angehöriger der Gruppe das "Schlusslicht". Andererseits ist das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichten Mittelwerts oft der einzige für den Arbeitgeber erkennbare Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer Reserven nicht ausschöpft, die mit zumutbaren Anstrengungen nutzbar wären. Der Konflikt zwischen diesen widerstreitenden Gesichtspunkten kann nach den Regeln der abgestuften Darlegungslast wie folgt aufgelöst werden: Es ist zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen was er wissen kann. Kennt er lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatschen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Davon kann dann gesprochen werden, wenn, gemessen an der durchschnittlichen Leistung der vergleichbaren Arbeitnehmer, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist. Dies ist bei einer langfristigen Unterschreitung der Durchschnittsleistung um deutlich mehr als ein Drittel der Fall. Dem entspricht es, wenn das Bundesarbeitsgericht in anderen Fällen unterhalb einer Grenze von etwa einem Drittel liegende Vergütungseinbußen als noch hinnehmbar und nicht als eine grundlegende Störung des Leistungsgleichgewichts im kündigungsrechtlich geschützten Kernbereich angesehen hat (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.1995 - 2 AZR 521/95 = AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge Lufthansa). Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, ggfls. das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 667/02 = AP Nr. 48 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung).

Als personenbedingte Gründe, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen können, sind nur solche Umstände anzuerkennen, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden "Störquelle" beruhen (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.1987 - 7 AZR 724/85 = BAGE 54, 248). Eine personenbedingte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Arbeitsvertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. Das Bundesarbeitsgericht hat im Rahmen einer krankheitsbedingten Kündigung als erhebliche Minderleistungen angesehen, wenn eine schwer behinderte Arbeitnehmerin die Normalleistung dauerhaft um ein Drittel unterschreitet (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.1991 - 2 AZR 132/91 = AP Nr. 28 zu § 1 KSchG 1969, Krankheit).

Unter Berücksichtigung der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsprechung zu Minderleistungen ist im gegebenen Fall festzustellen, dass weder ein verhaltensbedingter noch ein personenbedingter Grund für eine ordentliche Kündigung gegeben war.

1.

Im Zusammenhang mit verhaltensbedingten Gründen hat die insoweit darlegungspflichtige Beklagte keine hinreichenden Umstände vorgetragen, denen entnommen werden könnte, dass die Leistungen des Klägers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben sind und er mithin die Durchschnittleistung erheblich unterschritten hat. Für den eigentlichen Kündigungsgrund könnte hier lediglich ein Fehlverhalten des Klägers herangezogen werden, das nach Ausspruch der letzten von der Beklagten behaupteten Abmahnung eingetreten ist. Denn das vorausgegangene Verhalten hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag lediglich zum Anlass für eine Abmahnung genommen, so dass es als Kündigungsgrund nicht mehr herangezogen werden kann.

Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte die letzte Abmahnung des Klägers im Zusammenhang mit Minderleistungen während des Gespräches vom 17.05.2005. Ob danach der Kläger weiterhin Minderleistungen erbracht hat ist nicht konkret feststellbar, da die Beklagte die durchschnittliche Leistung von vergleichbaren Arbeitnehmern für den Zeitraum zwischen letzter Abmahnung und Kündigung des Klägers, also zwischen den 17.05.2005 und 22.12.2005 nicht konkret dargelegt hat. Sie hat vielmehr in der Berufungsbegründung lediglich hierzu ausgeführt, die Leistungen des Klägers hätten sich während dieser Zeit nicht verbessert. Mangels einer konkreten Vergleichsmöglichkeit scheidet mithin eine Kündigung wegen Minderleistung bereits aus diesem Grunde aus.

Davon unabhängig hat die Beklagte auch nicht darzulegen vermocht, dass die Leistungen des Klägers in den Jahren 2004 und 2005 um mehr als 30 % unterhalb der Durchschnittsleistungen anderer Außendienstmitarbeiter gelegen habe. Für das Jahr 2004 hat die Beklagte insoweit die Zielerreichungsgrade bei den Außendienstmitarbeitern R. und Q. angegeben, wobei im allein dargelegten objektiven Bereich Herr R. das Ziel zu 86 % und Herr Q. zu 84,2 % erreicht hat, während der Kläger eine Zielerreichung im objektiven Bereich von 89,05 % geschafft hat. Mithin war, ausgehend von diesen durch die Beklagte dargelegten Zahlen, festzustellen, dass der Kläger im Jahr 2004 der beste Außendienstmitarbeiter der Vergleichsgruppe war.

Im Jahr 2005 war der Kläger mit dem Außendienstmitarbeiter R., welchen die Beklagte im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 03.04.2006 auf Seite 4 als "einzig vergleichbaren Mitarbeiter" bezeichnet hat, überhaupt nicht mehr zu vergleichen, da Herr R. zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Selbst wenn der weitere von der Beklagten genannte Mitarbeiter K. herangezogen wird, ist festzustellen, dass Herr K. eine Gesamtzielerreichung von 92,4 % im Jahr 2005 vorzuweisen hat, während der Kläger 70,49 % des Gesamtzieles erreichte. Selbst bei diesem Vergleich liegt der Kläger jedenfalls nicht um mehr als 30 % hinter dem Zielerreichungsgrad des Arbeitskollegen K. zurück.

Für das Jahr 2003 überschreitet die Differenz bei der Zielerreichung zwar die 30 %-Grenze, wenn die Gesamtzielerreichung sowie auch die objektive Zielerreichung des Klägers mit den Daten des Herrn R. verglichen wird: Der Kläger schaffte eine Gesamtzielerreichung von 78,99 % sowie eine Zielerreichung im objektiven Bereich von 72,3 %; Herr R. erreichte das Gesamtziel hingegen zu 139,97 % und den objektiven Zielbereich zu 157,1 %. Unabhängig von der Frage, ob ein einziger Mitarbeiter ausreichend ist um einen Vergleichsmaßstab bilden zu können, der als durchschnittliche Arbeitsleistung bezeichnet wird, kann die dargelegte Differenz nicht zur Begründung einer verhaltensbedingten Kündigung, die Ende des Jahres 2005 nach zwischenzeitlichem Ausspruch zweier - von der Beklagten dargelegten - Abmahnungen erklärt wird, mehr herangezogen werden.

2.

Auch im Zusammenhang mit personenbedingten Gründen vermochte die Beklagte eine erhebliche Minderleistung des Klägers nicht vorzutragen. Eine dauerhafte Unterschreitung der Normalleistung um ein Drittel wäre lediglich dann gegeben, wenn das Arbeitsverhalten des Herrn R. im Jahr 2003 eine Normalleistung darstellen würde. Dies ist aber schon deshalb nicht feststellbar, weil Herr R. im Jahr 2004 im objektiven Bereich lediglich eine Zielerreichung von 86 % aufzuweisen hatte und seine Werte bei der Gesamtzielerreichung für das Jahr 2004 von der Beklagten nicht vorgetragen werden. Folglich verbietet es sich, angesichts der Schwankungen bei der Zielerreichung durch Herrn R. aus den Jahren 2003 und 2004, dessen Maximalleistung aus dem Jahr 2003 als maßgeblichen Normalwert heranzuziehen.

Mithin war bereits, aufgrund des fehlenden Kündigungsgrundes, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 22.12.2005 nicht beendet wurde. Dahinstehen konnten dementsprechend die weiteren streitigen Fragen, wie zum Beispiel, ob die Beklagte tatsächlich gegenüber dem Kläger mündliche Abmahnungen erklärt hatte und ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

Zurück