Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 685/05
Rechtsgebiete: ArbGG, TV ATZ, ArbeitsplatzsicherungsTV 2003, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
TV ATZ § 2
TV ATZ § 3
TV ATZ § 3 Abs. 1 Unterabs. 2
TV ATZ § 3 Abs. 1 Satz 1
TV ATZ § 3 Abs. 1 Satz 2
TV ATZ § 3 Abs. 1 Satz 3
TV ATZ § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1
TV ATZ § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2
TV ATZ § 3 Abs. 2 lit. a)
TV ATZ § 4
TV ATZ § 5
TV ATZ § 6 Abs. 2
TV ATZ § 6 Abs. 2 Satz 2
TV ATZ § 6 Abs. 2 Satz 4
ArbeitsplatzsicherungsTV 2003 § 1 Abs. 1 Satz 3
ArbeitsplatzsicherungsTV 2003 § 2 Abs. 2
ArbeitsplatzsicherungsTV 2003 § 2 Abs. 3
ZPO § 256 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT SACHSEN - ANHALT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 9 Sa 685/05

verkündet am 14. September 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Arbeitszeit während der Altersteilzeit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündlichen Verhandlungen vom 18. Mai 2006 und 14. September 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht H. als Vorsitzende, die ehrenamtliche Richterin W. und den ehrenamtlichen Richter B. als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 8. September 2005 - 6 Ca 342/05 - abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien am 22. Dezember 2003 ein Änderungsvertrag zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit Wirkung vom 1. Februar 2005 mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 11,5 Unterrichtsstunden zustande gekommen ist.

3. Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger ab dem 1. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2007 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden zu beschäftigen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

Der am 1949 geborene Kläger ist auf unbestimmte Zeit bei dem beklagten Land als vollbeschäftigte Lehrkraft angestellt. Er unterrichtet als Lehrer an der Sekundarschule in G. im Landkreis S. . Seit Beginn des Schuljahres 2004/2005 ist der Kläger als Vorsitzender des Lehrerbezirkspersonalrats M. von der Arbeit freigestellt. Der Kläger ist in die Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert und erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.980,00 € brutto.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit und Vereinbarung in § 2 des Arbeitsvertrages vom 16.01. 1992 nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT-O), den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung und den für das beklagte Land jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträgen.

Die Arbeitszeit der an den allgemein bildenden Schulen des beklagten Landes vollbeschäftigten Lehrkräfte, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, wird seit dem 1. August 1997 nach dem Tarifvertrag in Ausfüllung des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemeinbildenden Schulen S. (ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen LSA) bestimmt. Der - letzte - am 1. März 2003 abgeschlossene ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. trat am 1. August 2003 in Kraft.

Auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. setzte das Kultusministerium des beklagten Landes für die an den Sekundarschulen im Landkreis S. vollbeschäftigten Lehrkräfte die bedarfsbedingte Arbeitszeit für das Schuljahr 2002/2003 auf 21,75 Wochenstunden, für das Schuljahr 2003/ 2004 auf 23,5 Wochenstunden und für das Schuljahr 2004/2005 auf 22,0 Wochenstunden fest.

Am 22. Dezember 2003 schlossen die Parteien auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23.07.1996 (BGBl. I S. 1078) und des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 in der geltenden Fassung einen Änderungsvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 1

Das Arbeitsverhältnis wird nach Maßgabe der folgenden Vereinbarungen ab 01.02. 2005 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

Das Arbeitsverhältnis endet am 31.01.2010. § 2

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt 11,5 Stunden (Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 3 Abs. 1 TV ATZ).

Die Altersteilzeitarbeit wird im Blockmodell wie folgt geleistet:

Arbeitsphase vom 01.02.2005 bis 31.07.2007 und Freistellungsphase voraussichtlich vom 01.08.2007 bis 31.01.2010."

Im November 2004 teilte das beklagte Land dem Kläger schriftlich mit, dass von ihm im Zeitraum der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses 22 Wochenstunden zu leisten sind. Der vom Kläger gegen die Neufestlegung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit mit Schreiben vom 12.11.2004 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos.

Am 23. Februar 2005 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Stendal Klage erhoben. Er hat vor dem Arbeitsgericht zuletzt beantragt, festzustellen, dass zwischen den Parteien mit Wirkung vom 1. Februar 2005 eine Altersteilzeitvereinbarung mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 11,5 Unterrichtsstunden zustande gekommen ist.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Darstellung des Tatbestandes im Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 8. September 2005 - 6 Ca 342/05 - (Seite 2 bis 5 des Urteils = Bl. 71 bis 74 d. A.) verwiesen.

Mit dem vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht Stendal die Klage abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zwischen den Parteien sei eine Altersteilzeitvereinbarung mit einer Arbeitszeit von 22 Unterrichtsstunden in der Arbeitsphase - entsprechend durchschnittlich 11 Stunden - zustande gekommen. Weder aus tariflichen noch aus vertraglichen Bestimmungen ergebe sich die vom Kläger geltend gemachte Arbeitszeit von 23 (durchschnittlich 11,5 Stunden) Unterrichtsstunden. Die Arbeitszeit des Klägers bestimme sich gemäß § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 TV ATZ nach der unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbarten Arbeitszeit, nicht nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten 24 Monate vor Beginn der Altersteilzeitarbeit. Zwischen den Parteien sei keine individualrechtliche Vereinbarung über eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über 11,5 Stunden zustande gekommen. Die Mitteilung dieser Arbeitszeit in der Altersteilzeitvereinbarung habe lediglich deklaratorische Bedeutung. Für die Mitteilung der Arbeitszeit in der Altersteilzeitvereinbarung gelte, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich nur das gewähren wolle, wozu er tariflich verpflichtet sei. Für die vom Kläger begehrte übertarifliche Beschäftigung bedürfe es besonderer Anhaltspunkte. Solche besonderen Umstände habe der Kläger nicht dargelegt. Die Angabe der Stundenzahl 11,5 genüge allein nicht, einen besonderen Verpflichtungswillen des beklagten Landes anzunehmen. Der Klammerzusatz mache deutlich, dass lediglich die im Zeitpunkt des Abschlusses der Altersteilzeitvereinbarung für zutreffend erachtete Arbeitszeit gemeint sei.

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 10 des Urteils (Bl. 74 bis 79 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 5. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. November 2005 beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 15. Dezember 2005 begründet.

Der Kläger meint, sein Anspruch auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden in der Arbeitsphase ergebe sich aus § 6 Abs. 2 ATZ und § 3 Abs. 1 Satz 2 und 3 TV ATZ. Die vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 01.10.2002 - 9 AZR 378/02 - gefundene Regel müsse sowohl für eine vor Beginn der Altersteilzeit höhere Arbeitszeit als auch für eine vor Beginn der Altersteilzeit liegende geringere Arbeitszeit gelten. Daraus, dass sowohl gesetzlich als auch tariflich geregelt sei, dass höchstens die Arbeitszeit zugrunde zu legen sei, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart gewesen sei, ergebe sich, dass bei wechselnden Arbeitszeiten grundsätzlich der Durchschnitt der letzten 24 Monate für die Bestimmung der Arbeitszeit zugrunde zu legen sei. Aus dem Schreiben des Kultusministeriums des beklagten Landes vom 14.08.2003 gehe hervor, dass das beklagte Land selbst diese Auffassung vertrete. Sein Anspruch ergebe sich auch direkt aus § 2 des am 22. Dezember 2003 abgeschlossenen Änderungsvertrages. Diese Vereinbarung in § 2 habe nicht nur deklaratorische Bedeutung, sondern regele konstitutiv die im Rahmen der Altersteilzeit zu leistende Arbeitszeit. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Schuljahr 2003/2004 habe für ihn eine wöchentlich Arbeitszeit von 23,5 Wochenstunden gegolten. Insoweit hätte eine wöchentliche Arbeitszeit von 23,5 Stunden bzw. 11,75 Stunden in den Vertrag Eingang finden müssen. Bereits hieraus folge, dass die in § 2 des Änderungsvertrages enthaltene Regelung eine individuelle Regelung darstelle und das Ergebnis übereinstimmender Willenserklärungen beider Vertragsparteien sei. Der Grundsatz, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich nur das gewähren wolle, wozu er verpflichtet sei, werde in ständiger Rechtsprechung lediglich für die übertarifliche Vergütung angewendet. Der Kläger bestreitet, dass die Angabe der konkreten Stundenzahl in § 2 des Änderungsvertrages vom 22.12.2003 auf einem Versehen der Mitarbeiterin des Schulamtes G. beruhe. Den Vertrag habe die Gruppenleiterin Personal unterzeichnet. Im Übrigen sei er sowohl mündlich als auch schriftlich an das beklagte Land herangetreten, um auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 3 ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. eine der in § 3 seines Altersteilzeitarbeitsvertrages entsprechende Teilzeitvereinbarung abzuschließen. Der Antrag sei abgelehnt worden.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 08.09.2005 - Az.: 6 Ca 342/05 - abzuändern,

2. festzustellen, dass zwischen den Parteien mit Wirkung vom 01.02.2005 eine Altersteilzeitvereinbarung mit einer durchschnittlich wöchentlichen Arbeitszeit von 11,5 Unterrichtsstunden zustande gekommen ist,

3. das beklagte und berufungsbeklagte Land zu verurteilen, den Kläger ab 01.02.2005 bis Juli 2007 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden zu beschäftigen,

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land erhebt seinen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 26.05.2005 zum Vortrag für das Berufungsverfahren. Es verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Es ist der Ansicht, für die Argumentation des Klägers, bei wechseln den Arbeitszeiten sei grundsätzlich der Durchschnitt der letzten 24 Monate für die Bestimmung der Arbeitszeit in der Altersteilzeit zugrunde zu legen, fände sich in den gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen keine Stütze. Es komme auf die Arbeitszeit an, die der Arbeitnehmer vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit wöchentlich gearbeitet habe. Diese sei zu halbieren. Nur in Ausnahmefällen, wofür vorliegend kein Ansatzpunkt bestehe, sei auf den Durchschnitt der letzten 24 Monate abzustellen, nämlich dann, wenn die Arbeitszeit kurz vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit erhöht worden sei. Der Kläger habe keine Argumente angeführt, die für eine konstitutive Regelung in § 2 der Altersteilzeitvereinbarung vom 22.12.2003 sprächen. Die Angabe der konkreten Stundenanzahl beruhe auf einem Versehen der zuständigen Mitarbeiterin im Schulamt G. . Das Staatliche Schulamt G. habe entgegen der Absprache mit dem Kultusministerium alle Verträge mit Beginn der Altersteilzeit ab 1. Februar 2005 in der Weise abgeschlossen, dass in § 2 konkrete Stunden angegeben seien. Ein Bindungswille des beklagten Landes sei damit nicht verbunden gewesen. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. vom 1. März 2003 bestehe seit dem 1. August 2003 die Möglichkeit, 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit eine individuelle Teilzeit zu vereinbaren. Lehrkräfte an den Sekundarschulen hätten individuell eine Arbeitszeit von 22 Wochenstunden vereinbaren können. Lehrkräfte, die wie der Kläger die Altersteilzeitvereibarung bereits im Dezember 2003 abgeschlossen hätten, hätten die Möglichkeit gehabt, zugleich mit dem Antrag auf Altersteilzeitarbeit eine Teilzeit zu beantragen, soweit die bedarfsbedingte Arbeitszeit unter 22 Stunden gelegen habe. Aus dem Schreiben des Kultusministeriums vom 14.08.2003 könne der Kläger keine Ansprüche herleiten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 15.12.2005 und den Schriftsatz des Klägers vom 31.07.2006 nebst Anlagen, auf die Berufungsbeantwortung vom 03.02.2006 und die Schriftsätze des beklagten Landes vom 29.06.2006 und 07.09.2006 nebst Anlagen sowie auf die Protokolle vom 18.05.2006 und 14.09. 2006 Bezug genommen

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte Berufung des Klägers ist frist- und formgerecht beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet worden (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 lit. a, c, Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO). Die Berufung ist zulässig.

II. Die Berufung ist begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. In § 2 des Änderungsvertrages vom 22.12.2003 wurde für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 11,5 Stunden wirksam vereinbart.

A. Die auf Feststellung gerichtete Klage ist zulässig und begründet.

1. Zwischen den Parteien ist ein gegenwärtig bestehendes Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO im Streit. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung mit welchem Inhalt, insbesondere mit welcher Arbeitszeit, das am 1. Februar 2005 begonnene Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbart worden ist (vgl. BAG Urteil vom 01.10.2002 - 9 AZR 278/02 - ZTR 2003, 396 bis 398). Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann eine Feststellungsklage auch einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht (vgl. BAG Urteil vom 19.06.1985 - 5 AZR 57/84 - AP Nr. 11 zu § 4 BAT). Deshalb kann Inhalt und Gegenstand einer Feststellungsklage auch der Umfang der Arbeitszeit in einem (Altersteilzeit)arbeitsverhältnis sein.

2. Der Kläger hat gegen das beklagte Land, wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, weder einen tariflichen noch einen gesetzlichen Anspruch auf Beschäftigung mit einer wöchentliche Arbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden in der Arbeitsphase seines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

a) Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dann, wenn sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT bzw. BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen bestimmt, die Bezeichnung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung grundsätzlich nicht dahingehend auszulegen ist, dass dem Arbeitnehmer ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen soll. Vielmehr wird damit nur wiedergegeben, welche Vergütungsgruppe der Arbeitgeber bei Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen als zutreffend ansieht, ohne dass daraus eine eigenständige Vergütungsvereinbarung mit dem Inhalt zu entnehmen ist, die angegebene Vergütung solle unabhängig von den tariflichen Bestimmungen gezahlt werden. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nicht annehmen, dass die Angabe der Vergütungsgruppe eine solche Bedeutung hat. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes will nur das gewähren, was dem Arbeitnehmer zustehen soll (z. B. BAG Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - EzA § 4 TVG Rückgruppierung Nr. 1). Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, wird entsprechendes auch angenommen, soweit ein Arbeitsvertrag Mitteilungen über die Arbeitszeit enthält. Auch in diesem Fall ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass die Angabe der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden tariflichen Arbeitszeit diese damit losgelöst vom Tarifvertrag festschreibt. Die Erwähnung der Wochenarbeitszeit und der Bezüge im Einzelarbeitsvertrag hat regelmäßig nur die Funktion, den Arbeitnehmer über die zur Zeit geltende Rechtslage zu unterrichten. Das Bundesarbeitsgericht hat beispielsweise eine individuelle Arbeitszeitvereinbarung, die gegenüber einer späteren Veränderung der betrieblichen Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung Bestand hat, abgelehnt, wenn in den Arbeitsvertrag lediglich das aufgenommen wurde, was im Zeitpunkt seines Abschlusses im Betrieb galt (BAG Urteil vom 23.06.1992 - 1 AZR 57/92 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Arbeitszeit = NZA 1993, 89; BAG Urteil vom 28.06.2001 - 6 AZR 114/00 - NZA 2002, 331 ff.).

b) Nach den tariflichen bzw. gesetzlichen Bestimmungen beträgt die bisherige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit 22 Stunden.

Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 TV ATZ ist Arbeitszeit im Sinne dieser Tarifnorm die mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Arbeitszeit. Vereinbart ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis eine Arbeitszeit, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer arbeitsvertraglich festgelegt ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 TV ATZ, der mit § 6 Abs. 2 ATG wortgleich ist, ist der Berechnung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit die Arbeitszeit zugrunde zu legen, die mit dem Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis des Klägers begann ab 1. Februar 2005, also im Schuljahr 2004/ 2005.

Für das Schuljahr 2004/2005 hatte das Kultusministerium des beklagten Landes auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. die bedarfsbedingte Arbeitszeit für die an den Sekundarschulen im Landkreis S. vollbeschäftigten Lehrkräfte auf 22 Wochenstunden festgesetzt. Gemäß § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 TV ATZ bilden diese 22 Stunden die mit dem Kläger vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbarte Arbeitszeit, also seine bisherige wöchentliche Arbeitszeit. Davon die Hälfte, also 11,0 Stunden bilden gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 TV ATZ beschränkt die zugrunde zu legende Arbeitszeit auf höchstens die Arbeitszeit, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit vereinbart war, und nicht, wie der Kläger die Auslegung dieser Tarifnorm wünscht, auf mindestens die Arbeitszeit, die im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit tatsächlich geleistet wurde.

2. Der Kläger hat einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 11,5 Stunden während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. In § 2 Satz 1 des Änderungsvertrages vom 22.12.2003 ist eine eigenständige Vereinbarung begründet, gemäß der die Parteien für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eine durchschnittliche wöchentlichen Arbeitszeit von 11,5 Stunden konstitutiv geregelt haben.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass das beklagte Land im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, auf den abzustellen ist, mit dem Kläger für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses willentlich eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 11,5 Stunden vereinbart hat.

a) Der Änderungsvertrag zur Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wurde zwischen den Parteien am 22. Dezember 2003 abgeschlossen.

Zu diesem Zeitpunkt war der ArbeitsplatzsicherungsTV Schulen L. vom 1. März 2003 in Kraft. Im Zusammenhang mit der Umsetzung dieses Tarifvertrages ging den Staatlichen Schulämtern das Anleitungsschreiben des Kultusministeriums des beklagten Landes vom 14.08.2003 zu. Dieses Schreiben lautet auszugsweise:

"Entgegen den Ausführungen des MF L. in seinem Schnellbrief vom 27.10.2000 - (AZ: 14.1-1505/2) vertritt das Landesarbeitsamt S. / T. nunmehr die Auffassung, dass auch bei einer aufgrund eines Tarifvertrages bezirklich abgesenkten Arbeitszeit eine Durchschnittsberechnung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ATG anzustellen ist. Es kommt darauf an, in welchem Umfang die Arbeitszeit vor dem Übergang in die Altersteilzeit "gelebt" wurde.

Bei einer ab dem 01.09.2003 und später beginnenden Altersteilzeitvereinbarung ist aufgrund der ab 01.08.2003 tariflich neu festgelegten besonderen regelmäßigen Arbeitszeit daher immer ein Vergleich zwischen der unmittelbar vor der Altersteilzeit vereinbarten Arbeitszeit und der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten 24 Monate vorzunehmen. Hierbei ist auch die wöchentliche Arbeitszeit zu berücksichtigen, die aufgrund der tariflichen Öffnungsklausel des § 2 Abs. 2 und 3 Arbeitsplatzsicherungs TV 2003 über den Mindestumfang hinaus angeordnet und geleistet wurde (bedarfsbedingte Arbeitszeit) zu beachten.

Dies soll anhand der nachfolgend aufgeführten Beispiele verdeutlicht werden:

"Aus der Umsetzung der (für Lehrkräfte am Gymnasium) aufgeführten Rechenbeispiele ergab sich für den Kläger folgende Berechnung im Hinblick auf die für ihn maßgebliche bisherige wöchentliche Arbeitszeit:

 01.02.2003 bis 31.07.2003 21,75 h x 6 Monate 130,50 h
01.08.2003 bis 31.07.2004 23,50 h x 12 Monate 282,00 h
01.08.2004 bis 31.01.2005 22,0 h x 6 Monate 132,00 h
544,50 h : 24 Monate= 22,69 h

Im Schreiben des Kultusministeriums des beklagten Landes vom 14.08.2003 heißt es weiter:

"IV. Anwendung der Rundungsregelung nach § 6 Abs. 2 S. 4 ATG

Um zu erreichen, dass von einer Arbeitszeit ausgegangen werden kann, die die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers sowie die persönlichen Interessen der Lehrkraft berücksichtigt, ist es zulässig, dass der errechnete Durchschnittswert auf die nächste volle bzw. halbe Stunde abgerundet oder aufgerundet wird. Dabei finden die Regelungen der kaufmännischen Rundung keine Anwendung.

Unter Abwägung von dienstlichen und privaten Interessen kann z. B. eine ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit in Höhe von 21,81 h nunmehr auf 21 bzw. 21,5 abgerundet oder auf 22 aufgerundet werden."

Ob der errechnete Durchschnittswert auf- oder abgerundet wird, ist hiernach eine Ermessensfrage. Offensichtlich wurde die für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis des Klägers entsprechend dem Hinweisschreiben des beklagten Landes vom 14.08.2003 errechnete bisherige wöchentliche Arbeitszeit von 22,69 Stunden auf 23 Stunden aufgerundet, so dass sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 TV ATZ als Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit als durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses 11,5 Stunden ergeben haben.

b) Im Schreiben des beklagten Landes vom 11.11.2004 (Bl. 10 d. A.) wird der Umfang der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers für die Zeit vor dem Übergang in die Altersteilzeitarbeit ebenfalls gemäß dem Schreiben vom 14.08.2003 berechnet. Es wird wieder eine bisherige wöchentliche Arbeitszeit von 22,68 Stunden ermittelt. Der Bertrag von 22,68 wird aber nunmehr anders als am 22. Dezember 2003 auf 22 Stunden abgerundet. Einer solchen wechselhaften widersprüchlichen Handlungsweise haftet der Makel der Willkür an. Sie darf schon allein deshalb nachträglich keinen Einfluss auf den Inhalt des Vertrages der Parteien vom 22.12.2003 haben. Maßgeblich ist aber, dass unter diesen Umständen davon ausgegangen werden muss, dass der im November 2004 ermittelte Durchschnittswert von 22 Stunden für die bisherige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers nicht dem Verpflichtungswillen des beklagten Landes entspricht, welcher am 22. Dezember 2003 in § 2 des Änderungsvertrages der Parteien Eingang fand.

Unter den vorliegenden konkreten Umständen hat die konkrete Regelung der Arbeitszeit (Stundenangabe) in § 2 des Änderungsvertrages vom 22.12.2003 nicht lediglich Informationscharakter bzw. ist nicht nur von deklaratorischer Bedeutung. Mit konstitutiver Wirkung ist in § 2 des Vertrages eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 11,5 Stunden für die Dauer des Altersteilzeit arbeitsverhältnisses geregelt.

c) An dieser Feststellung ändert der in dem an die Staatlichen Schulämter gerichteten Schreiben des Kultusministeriums des beklagten Landes vom 18.12.2003 (letzter Absatz) enthaltene Hinweis nichts. Aus dem Schreiben vom 18.12.2003 geht hervor, dass das beklagte Land seine Auffassung im Hinblick auf die Angabe der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit in den mit an den allgemein bildenden Schulen tätigen Lehrkräften abzuschließenden Altersteilzeitverträgen in der Zeit vom 14. August bis zum 18. Dezember 2003 änderte oder überhaupt erstmalig konkret äußerte. Der 18. Dezember 2003, an welchem das beklagte Land seine Auffassung schriftlich formulierte, war ein Donnerstag. Der Vertrag mit dem Kläger wurde am Montag, den 22. Dezember 2003, abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt konnte die (geänderte) Auffassung des beklagten Landes der mit den Abschlüssen im Staatlichen Schulamt G. betrauten Angestellten zeitlich noch nicht bekannt sein. Aus der Sicht des beklagten Landes mag die konkrete Angabe der Stundenzahl im Vertrag des Klägers auf einem "Versehen" seiner Mitarbeiterin im Schulamt G. beruhen. Ein solches "Versehen" wäre aber erkennbar auf ein Organisationsverschulden des beklagten Landes zurückführen, was es sich zurechnen lassen muss, und was das beklagte Land nicht berechtigt, den Vertrag einseitig zu Lasten des Klägers abzuändern.

3. Das beklagte Land ist verpflichtet, den Kläger während der sog. Arbeitsphase ab 1. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2007 als Lehrkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden zu beschäftigen.

Der Kläger hat seine Klage mit der fristgerechten Einreichung der Berufungsbegründung um den im Antrag zu 3. bezeichneten Streitgegenstand erweitert. Das beklagte Land hat sich auf diese Klageerweiterung rügelos eingelassen. Die Klageerweitung ist insoweit zulässig (§§ 263, 529, 533 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG).

Die Parteien haben in § 2 des Änderungsvertrages vom 22.12.2003 vereinbart, dass die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit gemäß § 3 Abs. 2 lit a) TV ATZ so verteilt wird, dass der Kläger sie während der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 1. Februar 2005 bis 31. Juli 2007 in der sog. Arbeitsphase leistet und das beklagte Land ihn ab 1. August 2007 unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 TV ATZ von der Arbeit freistellt. Die Erbringung der während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistenden Arbeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erfordert die Beschäftigung des Klägers mit 23 Unterrichtsstunden wöchentlich.

Solange der Kläger als Vorsitzender des Lehrerbezirkspersonalrats M. fungiert, ist er vom 1. Februar 2005 bis 31. Juli 2007 unter Zugrundelegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden durch das beklagte Land unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 TV ATZ von der beruflichen Tätigkeit freizustellen.

Nach alldem war das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Klägers abzuändern und wie tenoriert zu entscheiden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück