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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 23.08.2004
Aktenzeichen: 1 Ta 106/04
Rechtsgebiete: SGB VII
Vorschriften:
SGB VII § 104 Abs. 1 Satz 1 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ta 106/04
Im Beschwerdeverfahren
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 23.08.2004 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 10.03.2004 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Der Kläger/Beschwerdeführer will mit seiner Beschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erreichen.
Der Beschwerdeführer hat mit seiner Klage einen Anspruch auf Schmerzensgeld aus einem Arbeitsunfall geltend. Die Beklagten sind seine ehemaligen Arbeitgeber. Der Beschwerdeführer hat hierzu vorgetragen:
Die Beklagten hätten ihm den Auftrag erteilt, von einem ca. 6 Meter hohen Bauwerk eine Fahne herunter zu holen. Bei dem Versuch, seinen Auftrag auszuführen, sei er, der Kläger, von der Leiter abgestürzt. Die Ursache hierfür liege zum einen in der großen Höhe sowie in der Tatsache, dass die Beklagten keinen Helfer zur Verfügung gestellt hätten, der die Leiter habe festhalten oder auf andere Art sichern können.
Durch den Sturz habe er sich einen kompletten Unterarmbruch links mit Bruch der Speiche am Übergang vom körpernahen zum mittleren Drittel bzw. Bruch der Elle im mittleren Drittel, eine Schädigung der motorischen Handteile des Nervus Radialis mit Ausprägung einer posttraumatischen Fallhand zugezogen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 10.03.2004 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und dies wie folgt begründet:
Unstreitig habe der Kläger sich die Verletzungsfolgen bei einem Arbeitsunfall zugezogen. Schmerzensgeld könne er daher nur bei einem vorsätzlichen Handeln der Beklagten fordern. Dieses sei nicht vorgetragen. Voraussetzung sei, dass die Beklagten die Verletzungsfolgen bewusst und gewollt herbeigeführt hätten und für den Fall des Eintritts auch gebilligt hätten.
Gegen diesen seinem Prozessbevollmächtigten am 12.03.2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 08.04.2004 beim Arbeitsgericht eingegangene "Beschwerde", die wie folgt begründet wird:
Es sei richtig, dass den Unternehmer der qualifizierte Schuldvorwurf nicht nur hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität treffe, sondern auch die konkrete Verletzungsfolge bewusst und gewollt herbeigeführt habe. Auch hierauf sei der Eventualvorsatz zu beziehen. Sprechen jedoch die äußeren Umstände dafür, dass ein möglicherweise eintretender Erfolg für den Fall des Eintritts gebilligt werde, folge daraus auch, dass der Arbeitgeber eine Verletzungsfolge bewusst und gewollt herbeigeführt habe. Anderenfalls würde es einen Fall des Eventualvorsatzes des Arbeitgebers praktisch nicht geben.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 12.05.2004 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Es könne durchaus Fälle geben, bei denen sich allein aus den äußeren Umständen der Rückschluss auf einen bedingten Vorsatz betreffend die Herbeiführung einer Körperverletzung ergeben könne. Solche Umstände lägen jedoch nicht vor.
II. Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde "Beschwerde" ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht wegen mangelnder Erfolgsaussichten (§ 114 ZPO) zurückgewiesen.
Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass ein Schmerzensgeldanspruch im Rahmen eines Arbeitsunfalls gem. § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraussetzt, dass die Beklagten zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben. Der bedingte Vorsatz muss sich auch auf den Personenschaden beziehen. Insoweit ist an den Grundsätzen der Rechtsprechung zum Umfang des Vorsatzes bei der Haftungsbeschränkung für Personenschäden auf Grund von Arbeitsunfällen an der Rechtsprechung zu §§ 636, 637 RVO auch für die §§ 104, 105 SGB VII festzuhalten. Danach genügt nicht, wenn ein Unternehmer vorsätzlich gegen Unfallverhütungsvorschriften verstößt, aber einen Personenschaden nicht einmal bedingt in Kauf genommen hat. Die vorsätzliche Missachtung von Unfallverhütungsvorschriften allein genügt nicht (BAG, Urt. vom 10.10.2002 - 8 AZR 1034/02 - (AP Nr. 1 zu § 104 SGB VII mit Nachw.). Die noch vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 2.3.2000 - 1 BvR 2224/9 8 -(NJW 2000,2098) offen gelassene Frage ist damit höchstrichterlich entschieden. Im vorliegenden Fall liegt möglicherweise eine bedingt vorsätzliche Missachtung von Unfallverhütungsvorschriften vor. Einen bedingten der Vorsatz Beklagten hinsichtlich der Schadensfolgen nämlich des Unfalls, vermag auch die Beschwerdekammer nicht zu erkennen. Das Beschwerdegericht schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Beschluss vom 10.03.2004 sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 12.05.2004 in vollem Umfang an. Neben entsprechenden Äußerungen sind durchaus Umstände vorstellbar, die den Schluss auf einen bedingten Vorsatz hinsichtlich der Schädigungsfolge zulassen. Solche sind hier jedoch auch nach Auffassung des Beschwerdegerichts vom Beschwerdeführer nicht dargelegt.
Eine Kostenerstattung entfällt mangels Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten im PKH-Beschwerdeverfahren (§127 Abs. 4 ZPO).
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht.
Ende der Entscheidung
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