Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 08.11.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 253/07
Rechtsgebiete: TVöD BT-V, TVAöD


Vorschriften:

TVöD BT-V § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S.1
TVAöD § 8a
Bei dem in § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S.1 TVöD BT-V geregelten Zuschlag pro Einsatztag auf einem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff handelt es sich um einen reinen Zeitzuschlag, auf den auch Auszubildende gem. § 8a TVAöD Anspruch haben.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 253/07

Verkündet am 08.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 08.11.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 09.05.2007 - öD 5 Ca 188 b(3)/7 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Erhalt eines Zuschlages für jeden Tag seines Einsatzes auf einem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff.

Der Kläger steht seit dem 01.08.2004 zur Beklagten in einem Ausbildungsverhältnis zum Schiffsmechaniker. Seine Ausbildungsvergütung beläuft sich auf 710,00 EUR brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sowie der Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienste (TVAöD) Anwendung.

Im Rahmen der Ausbildung war der Kläger in der Zeit vom 01.02.2006 bis zum 06.02.2007 für elf Wochen zu je sieben Arbeitstagen sowie an weiteren sechs Arbeitstagen, mithin insgesamt an 83 Arbeitstagen auf dem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff "S..." im Rahmen der Ausbildung eingesetzt. Für diese Einsatztage begehrt er die Zahlung eines Einsatzzuschlages von 25 EUR pro Tag gemäß § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V. Er hat ihn außergerichtlich mit Schreiben vom 08.08.2006 erstmalig geltend gemacht (Anlage K 1 - Bl. 4 d. A.).

Die Beklagte hat den Ausgleich dieser Forderung sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich abgelehnt. Sie hat insoweit stets die Ansicht vertreten, es handele sich bei dem geltend gemachten Zuschlag um keinen Zeitzuschlag, sondern um einen Erschwerniszuschlag, auf den Auszubildende unstreitig keinen Anspruch haben.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Zeit vom 01.02.2006 bis einschließlich 06.02.2007 2.075,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und insoweit unter Hinweis auf den Wortlaut und die Systematik der tariflichen Anspruchsgrundlage des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V den Zuschlag als Zeitzuschlag eingeordnet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil vom 09.05.2007 verwiesen.

Gegen diese der Beklagten am 22.05.2007 zugestellte Entscheidung legte sie am 20.06.2007 Berufung ein, die nach Fristverlängerung bis zum 22.08.2007 am 22.08.2007 begründet wurde.

Sie ergänzt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, die Tarifvertragsparteien hätten in der genannten Vorschrift einen Erschwerniszuschlag geregelt, so dass kein Zahlungsanspruch bestehe. Das ergebe sich vor allen Dingen aus der Historie der tariflichen Regelung. Die Zuschlagsregelung des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V beruhe auf der einvernehmlichen Aufhebung der Tarifverträge für Arbeiter und Angestellte auf Laderaumsaugbaggern vom 22.03.1978. Da es nur noch einen einzigen Laderaumsaugbagger des Bundes gebe, hätten sich die Tarifvertragsparteien einvernehmlich darauf verständigt, beide Tarifverträge kostenneutral aufzuheben und die besondere Erschwernis der Bedingungen an Bord der Schadstoffunfallbekämpfungsschiffe in gleicher Weise zu entschädigen. Zugleich seien die SR 2f I zum BAT und die entsprechenden Vorschriften des MTArb ersetzt worden, welche insbesondere für die Besatzungen der übrigen Schiffe der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord und damit auch für die "S." galten. Damit knüpfe § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V jedoch nicht an die Arbeitszeit nach § 47 Nr. 9 Abs. 3 TVöD an, sondern an die besonderen Bedingungen an Bord von Laderaumsaugbaggern und Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen. Hierbei handele es sich um einen Erschwerniszuschlag, was eine Tarifauskunft bestätigen könne. Insoweit könne weder nach dem Wortlaut noch nach der Systematik noch nach der Historie der Vorschrift davon ausgegangen werden, dass mit § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V ein reiner Zeitzuschlag habe geregelt werden sollen. Zumindest aber handele es sich bei dem in § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V geregelten Zuschlag um einen sogenannten "Mischzuschlag". Er habe sowohl einen Ausgleich für die besondere Lage der Arbeitszeit als auch einen Ausgleich für die besonderen Erschwernisse der Erbringung einer Arbeitsleistung an Bord von Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen wie schlechte Übernachtungsbedingungen, laute Motorengeräusche etc. gewähren sollen. Der Kläger habe daher allenfalls Anspruch auf Erhalt eines Anteils des Zuschlages in Höhe von 25,00 EUR pro Tag.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck - öD 5 Ca 188 b(3)/07 - verkündet am 22. Mai 2007, abzuändern, und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Gegenseite kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Seines Erachtens handelt es sich bei dem Zuschlag gemäß § 47 Kap. II zu Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V um einen reinen Zeitzuschlag. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Überschrift des Kapitels und aus dem Wortlaut der Überschrift des Abschnittes. Die ganze Tarifvorschrift enthalte ausschließlich Regelungen zur Arbeitszeit. Hierfür spreche sowohl der Wortlaut des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V, der ausdrücklich die Arbeitszeit erwähne, als auch der Wortlaut des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 2 TVöD BT-V. Dieser enthalte explizite Aussagen zur Abgeltung von Überstunden, damit wiederum Aussagen zur Arbeitszeit und nicht zu Arbeitserschwernissen. Im Übrigen seien Erschwerniszuschläge ausdrücklich an anderer Stelle des Tarifvertrages geregelt, nämlich in § 47 Kap. I Abschnitt III Nr. 6 zu § 19 TVöD BT-V, noch dazu explizit auch und gerade für den von Beklagtenseite erwähnten Laderaumsaugbagger und die Schadstoffunfallbekämpfungsschiffe. Angesichts dessen könne nur von einer reinen Zeitzuschlagsregelung in § 47 Kap. II zu Abschnitt II Nr. 9 Abs. 6 TVöD ausgegangen werden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

II.

In der Sache ist die Berufung jedoch unbegründet. Mit überzeugender Begründung hat das Arbeitsgericht der Zahlungsklage stattgegeben und darauf abgestellt, dass es sich bei dem in § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V um einen reinen Zeitzuschlag handelt. Dem folgt das Berufungsgericht.

1. Gemäß § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V erhalten die Tarifbeschäftigten auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger, deren Arbeitszeit sich nach Abs. 3 richtet, für jeden Einsatztag an Bord einen Zuschlag in Höhe von 25,00 EUR.

Die Arbeitszeit des Klägers richtet sich gemäß § 7 Abs. 1 TVAöD-BBiG nach den für die Beschäftigten des Ausbildenden geltenden Vorschriften. Für die Zeit des Einsatzes an Bord der "S." galt damit § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 6 Abs. 3 TVöD BT-V. Gemäß § 8 a TVAöD-AT kann der Kläger als Auszubildender Entgelt für Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Zeitzuschläge entsprechend den für die Beschäftigten des Ausbildenden geltenden Regelungen verlangen. Erschwerniszuschläge sind von § 8 a TVAöD-AT nicht erfasst.

2. Es ist daher durch Auslegung zu ermitteln, welche Art von Zuschlägen die Tarifvertragsparteien in § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V geregelt haben.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (ständige Rechtsprechung des BAG, vergl. nur BAG vom 20.06.2007 - 10 AZR 291/06 m. w. N. - zitiert nach JURIS).

3. Ausgehend von diesen Auslegungsmaßstäben beinhaltet § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V ausschließlich die Regelung eines Zeitzuschlages. Der Zuschlag in Höhe von 25,00 EUR pro Einsatz erfasst weder ganz noch teilweise etwaige besondere Erschwernisse auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger.

a) Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. In § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S. 1 TVöD BT-V ist knapp und klar formuliert, dass Besatzungsmitglieder auf den näher bezeichneten Schiffen, deren Arbeitszeit sich nach Abs. 3 richtet, pro Einsatztag einen Zuschlag in Höhe von 25,00 EUR erhalten. Der Zuschlagsanspruch setzt damit eine bestimmte Arbeitszeit voraus, nämlich eine solche nach Abs. 3 dieser Vorschrift. § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 3 TVöD BT-V legt fest, dass die Arbeitszeit in einem Zeitraum von 24 Stunden auf bis zu 12 Stunden verlängert und auf einen Zeitraum von 168 Stunden verteilt werden kann, sofern die Einsatzkonzeption bestimmter Schiffe und Geräte dies erfordert, wenn in unmittelbarem Anschluss an den verlängerten Arbeitszeitraum ein Ausgleich von Freizeit erfolgt, der dem Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 S. 1 entspricht. Abs. 3 legt ferner fest, wann welche Arbeitsstunden Überstunden i. S. d. § 7 Abs. 7 TVöD AT sind. Bereits aus diesem Wortlaut ergibt sich nach der Überzeugung der Kammer eine ausschließlich an der Arbeitszeit und nicht an weiteren Faktoren, wie etwa Belastungen oder Erschwernisse anknüpfende Zuschlagsregelung.

b) Bestätigt wird dieses auch bei einer systematischen Betrachtung der Tarifvorschrift ungeachtet der in Bezug genommenen Arbeitszeitregelung nach Abs. 3. In § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 Satz 2 TVöD BT-V ist für Besatzungsmitglieder auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger geregelt, dass Überstunden bis zu 2 Stunden täglich abgegolten sind, soweit keine Havarien, Bergungsarbeiten oder angeordnete Reparaturen vorliegen. Auch hierfür ist Anknüpfungspunkt die Arbeitszeit des Einsatztages. Darin enthaltene Überstunden sollen teilweise durch den pauschalen Zuschlag mit abgegolten sein. Erschwernisse dieses Einsatztages, z.B. besondere Belastungen, Arbeitsbedingungen, Arbeitsumstände etc., die gegebenenfalls (mit-) geregelt werden sollten, sind auch nicht ansatzweise in § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V erwähnt. Die gesamte Vorschrift des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 enthält insoweit keinerlei Aussagen zu etwaigen Erschwernissen.

c) Demgegenüber finden sich aber im Wortlaut der Vorschrift weitere Aussagen, die dafür sprechen, dass die Tarifvertragsparteien ausschließlich einen Zeitzuschlag regeln wollten. Die streitbefangene Zuschlagsregelung befindet sich in einem übergeordneten Abschnitt, der die Überschrift "Arbeitszeit" trägt. Außerdem hat die auszulegende anspruchsbegründende Norm, Nr. 9 TVöD BT-V nochmals speziell die Überschrift "regelmäßige Arbeitszeit". In Abs. 6 dieser thematischen Tarifnorm ist der Anspruch auf einen Zuschlag pro Einsatztag festgeschrieben, der wieder an eine bestimmte Arbeitszeit, nämlich an die des Abs. 3 der Nr. 9 TVöD BT-V anknüpft.

d) Zu berücksichtigen ist ferner, dass die gesamte Vorschrift des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 TVöD BT-V ausschließlich Arbeitszeitreglungen enthält. Die Tarifvertragsparteien haben Beginn und Ende der Arbeitszeit festgeschrieben. Sie haben ferner geregelt, zu welchem Anteil Transportzeiten bei Hin- und Rückfahrt als Arbeitszeit zu werten sind. Sie haben die bereits näher dargelegte Arbeitszeitregelung nach Abs. 3 getroffen, verbunden mit Aussagen dazu, was wann als Überstunden einzuordnen ist. Sie haben für weitere Beschäftigte der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die auf nicht bundeseigenen Schiffen und schwimmenden Geräten eingesetzt sind, Aussagen bezüglich des Anwendungsbereiches, deren regelmäßige Arbeitszeit sowie Ruhepausen getroffen. In diesem Kontext ist von den Tarifvertragsparteien in der gleichen Norm in Abs. 6 die Zuschlagsregelung vereinbart worden. Daraus ergibt sich nach Ansicht der Kammer die ausschließliche Zeitkomponente dieses Zuschlages. Anderweitige Bezugspunkte für die Einräumung eines Anspruchs auf einen Zuschlag sind nicht ersichtlich.

e) Aber auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs aller Regelungen des § 47 TVöD BT-V ergibt sich, dass in § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V ausschließlich ein Zeitzuschlag und kein Erschwerniszuschlag geregelt wurde und geregelt werden sollte. Denn Erschwerniszuschläge sind ausdrücklich an anderer Stelle des § 47 TVöD BT-V geregelt. § 47 Kap. I Abschn. III regelt "Eingruppierung, Entgelt und sonstige Leistungen" und schafft in Nr. 6 ausdrücklich unter der Überschrift "Erschwerniszuschläge" die Anspruchsgrundlage für den Erhalt von Erschwerniszuschlägen. Vor allen Dingen aber haben die Tarifvertragsparteien in § 47 Kap. I Abschn. III Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V ausdrücklich unter der Überschrift "Erschwerniszuschläge" gerade für die Besatzungsmitglieder der Schadstoffunfallbekämpfungsschiffe sowie des Laderaumsaugbaggers den Anspruch auf einen Erschwerniszuschlag normiert. Insoweit ist unter der Überschrift "Erschwerniszuschläge" festgeschrieben, dass für Einsätze zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien je Einsatztag ein Zuschlag in Höhe von 50,00 EUR gezahlt und die Verpflegung vom Arbeitgeber unentgeltlich bereitgestellt wird. Auch aus diesem Grunde können die beiden parallel laufenden Vorschriften nur dahingehend ausgelegt werden, dass § 47 Kap. I Abschn. III Nr. 6 TVöD BT-V eine reine Erschwerniszuschlagsregelung enthält und § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V nur eine ausschließliche Zeitzuschlagsregelung darstellt.

f) Angesichts der Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien Erschwerniszuschläge für Besatzungsmitglieder auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger ausdrücklich geregelt haben, haben sie das mögliche Auftreten von Erschwernissen auf diesen Schiffen und dem Laderaumsaugbagger gesehen. Insoweit ist auch im Umkehrschluss davon auszugehen, dass sie etwaige weitere bei einem Einsatz auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger auftretende besondere Erschwernisse ebenfalls ausdrücklich erwähnt und geregelt hätten, wenn solche Erschwernisse hätten ausgeglichen werden sollen. Das ist aber gerade nicht geschehen. Insoweit kann angesichts des klaren Wortlauts der Tarifvorschriften nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien unter der Überschrift "Regelmäßige Arbeitszeit" in dort normierten Zuschlagsregelungen weitere Erschwernisse ganz oder "versteckt" (mit-)abgelten wollten.

g) Vor diesem Hintergrund kann auch zugunsten der Beklagten die Richtigkeit ihres Vorbringens unterstellt werden, die Tarifvertragsparteien hätten mit § 47 TVöD BT-V die Tarifverträge für Arbeiter und Angestellte auf Laderaumsaugbaggern sowie für Arbeiter und Angestellte an Bord von Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen ablösen wollen. Das ist ausweislich des zitierten Wortlauts des § 47 Kap. I Abschn. III Nr. 6 Abs. 2 sowie des § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V explizit geschehen, so dass es angesichts des eindeutigen Auslegungsergebnisses insoweit keiner Einholung einer Tarifauskunft bedarf. Das gilt auch unter Berücksichtigung des in der Berufungsverhandlung erörterten Wortlautes des abgelösten Tarifvertrages für die Angestellten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes auf Laderaumsaugbaggern vom 22. März 1978. Ihm können keine Anhaltspunkte für die Rechtsansicht der Beklagten entnommen werden, bei dem Zuschlag gemäß § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 S.1 TVöD BT-V handele es sich nicht um einen Zeitzuschlag, sondern um einen Erschwerniszuschlag.

4. Nach alledem war der Zahlungsantrag begründet. Die Beklagte ist daher zu Recht, gestützt auf § 8 a TVAöD i. V. m. § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V zur Zahlung eines Zeitzuschlages von 25,00 EUR für jeden Tag des Einsatzes des Klägers auf dem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff "S." verurteilt worden. Insoweit ist es unbeachtlich, dass dieser Zuschlag im Verhältnis zur dem Kläger insgesamt zustehenden Ausbildungsvergütung verhältnismäßig hoch ist. Da die Tarifvertragsparteien für Auszubildende - bislang - keine niedrigeren Einsatzzuschläge für Einsatztage auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen geregelt haben, hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 25,00 EUR brutto für seine 83 Einsatztage auf der § 47 Kap. II Abschn. II Nr. 9 Abs. 6 TVöD BT-V "S.". Der Klage ist daher zu Recht stattgegeben worden, so dass die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Es handelt sich vorliegend um die Auslegung eines bundeseinheitlich geltenden Tarifvertrages. Es gibt eine Vielzahl von Auszubildenden im Geltungsbereich des Tarifvertrages, für die die Zahlung eines solchen Zuschlags in Betracht kommt.

Ende der Entscheidung

Zurück