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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 457/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB
Vorschriften:
ArbGG § 72 a | |
BGB § 133 | |
BGB § 157 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil
Aktenzeichen: 3 Sa 457/08
Verkündet am 04.03.2009
In dem Rechtsstreit
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.11.2008 - 3 Ca 2170/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren jetzt letztendlich noch darum, ob die Beklagte dem Kläger Urlaubstage in die Kündigungsfrist legen konnte und damit wirksam Urlaub gewährt hat.
Der Kläger ist seit dem 03.05.2004 bei der Beklagten beschäftigt. Es handelt es sich um einen Betrieb des Baugewerbes. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BRTV-Bau Anwendung.
Der Kläger erhielt mit Schreiben vom 16.07.2008 eine Kündigung zum 31.08.2008 wegen behaupteter Schlechtleistung. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage hat er gewonnen.
Mit Schreiben vom 29.07.2008 hat die Beklagte dem Kläger aus Anlass der Kündigung mitgeteilt, dass sie ihn unter Fortzahlung der Bezüge und Urlaubsgewährung bis zum 31.08.2008 freistelle. Mit im Berufungsverfahren erstmalig vorgelegtem Schreiben seiner Gewerkschaft vom 31.07.2008 hat der Kläger der Urlaubserteilung widersprochen. Dieses Schreiben wurde der Beklagten am 31.07.2008 zugefaxt. Mit Schreiben vom 15.08.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie gehe davon aus, dass der Urlaubsanspruch erledigt sei. Vorsorglich werde ihm in der Zeit vom 18.08. bis 29.08.2008 Urlaub gewährt (Anlage K 4 - Bl. 104 d.A.).
Der Kläger ist mit der Urlaubsgewährung in der Kündigungsfrist nicht einverstanden und hat mit Schriftsatz vom 17.09.2008 bereits erstinstanzlich sinngemäß begehrt, die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Zusatzversorgungskasse im Hinblick auf 16 Urlaubstage das Urlaubsguthaben des Klägers zu berichtigen und eine entsprechende Abrechnung zu erteilen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das hat es im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger nach dem erstinstanzlichen Vorbringen offensichtlich zur Urlaubserteilung geschwiegen hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 11.11.2008 Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger am 26.11.2008 zugestellte Urteil legte er am 19.12.2008 Berufung ein, die am 12.01.2009 begründet wurde. Der Kläger hat im Berufungsverfahren das bereits erwähnte Schreiben vom 31.07.2008 zur Akte gereicht. Er trägt vor, er habe der Urlaubserteilung wirksam widersprochen. Im Baugewerbe könne der Arbeitgeber wegen der Existenz der ZVK den Urlaub nicht einseitig in die Kündigungsfrist legen.
Der Kläger beantragt,
1) das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.11.2008 abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat, und die Beklagte zu verurteilen, der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes unter der SV-Nr. ... sowie der ZVK-Nr. ... mitzuteilen, dass dem Kläger im August 2008 nicht 16 Urlaubstage gewährt worden sind und dass das Urlaubsguthaben des Klägers entsprechend zu berichtigen ist,
2) die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger eine berichtigte Abrechnung für den Monat August 2008 zu erstellen, der zu entnehmen ist, dass anstelle von 130 Urlaubsstunden mit einer Vergütung von 1.850,74 EUR brutto 130 Lohnstunden mit einer Vergütung von 1.847,30 EUR brutto abgerechnet werden.
Die Beklagte beantragt,
1) die Berufung zurückzuweisen,
2) hilfsweise widerklagend den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 466,12 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Sie ist der Ansicht, der Resturlaub des Klägers sei wirksam von ihr in die Kündigungsfrist gelegt worden. Wenn er jedoch rückabgewickelt werden müsse, sei der Kläger verpflichtet, auch das erhaltene Urlaubsgeld zu erstatten. Hierauf beruhe der Hilfsantrag.
Der Kläger hat sich zu diesem Rückzahlungsbegehren nicht geäußert.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag des Klägers auf Korrektur der ZVK-Mitteilung bezüglich 16 Urlaubstage für 2008 und Erteilung einer entsprechenden Lohnabrechnung abgewiesen. Dem folgt das Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung des in der Berufungsbegründung vorgebrachten neuen Vorbringens des Klägers. Weiteres vom Kläger in der Berufungsverhandlung am 04.03.2009 mündlich vorgebrachtes Vorbringen war nicht mehr berücksichtigungsfähig.
1) Unter Zugrundelegung des berücksichtigungsfähigen Vortrages des Klägers war die Beklagte berechtigt, den dem Kläger für 2008 zustehenden restlichen Urlaub in die Kündigungsfrist zu legen. Sie hat dieses auch wirksam und verbindlich getan.
a) Nach ständiger Rechtsprechung diverser Landesarbeitsgerichte ist auch der BauArbeitgeber, wie jeder andere Arbeitgeber auch, berechtigt, Urlaub in die Kündigungsfrist zu legen (vgl. nur LAG Düsseldorf vom 15.04.1999 - 7 Sa 1791/98 -; LAG Baden-Württemberg vom 14.09.2000 - 21 Sa 12/00 - zitiert nach juris). Hiervon geht auch das Bundesarbeitsgericht aus - vgl. nur BAG vom 20.06.2000 - 9 AZR 261/99 - Rz. 26 und BAG vom 19.09.2000 - 9 AZR 504/99 - Rz. 28 ff. - jeweils zitiert nach juris).
b) Die Beklagte hat dem Kläger vorliegend mit Schreiben vom 29.07.2008 ein Angebot unterbreitet, den Urlaub in die Kündigungsfrist zu legen. Dieses Angebot hat er nicht wirksam abgelehnt.
Das Widerspruchsschreiben der Gewerkschaft des Klägers hat im Kontext seines anschließenden eigenen Verhaltens nicht dazu geführt, dass Angebot der Beklagten als Arbeitgeberin auf Arbeitsbefreiung zum Zwecke der Urlaubsgewährung im Sinne der §§ 133, 157 BGB (vgl. hierzu BAG vom 19.09.2000, Rz. 27) wirksam abgelehnt wurde. Es existiert zwar das Schreiben seiner Gewerkschaft vom 31.07.2008, mit dem der Urlaubserteilung widersprochen wurde. Der Kläger hat jedoch in diesem Zusammenhang keinerlei eigene Angebote gemacht, wann denn nach seinen Wünschen der Urlaub gewährt werden sollte oder wie die Beklagte aus seiner Sicht mit den ihm zustehenden Urlaubsansprüchen verfahren sollte.
Zu berücksichtigen ist vor allem aber, dass der Kläger ungeachtet des Widerspruchsschreibens vom 31.07.2008 auch nicht mehr zur Arbeit erschienen ist. Er ist der Arbeit schlicht ferngeblieben. Aus diesem Verhalten des Klägers konnte die Beklagte schließen, dass er abweichend vom Schreiben seiner Gewerkschaft vom 31.07.2008 das Urlaubsangebot der Arbeitgeberseite letztendlich doch konkludent angenommen hat.
2) Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch keine andere Würdigung aufgrund der in dem genannten Schreiben vom 29.07.2008 von der Beklagten verfügten Freistellung. Die Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge ist zweifelsfrei und ausdrücklich von der Beklagten mit gleichzeitiger Urlaubsgewährung verbunden worden. Dieses einheitliche Angebot kann der Kläger nicht dahingehend aufspalten, dass er die Freistellung angenommen hat, die Urlaubsgewährung hingegen nicht. Der Kläger hat insoweit erst nach Ablauf der Kündigungsfrist und damit des Freistellungszeitraumes erstmals im September 2008 eine rechtliche Auseinandersetzung über etwaige Rechtsfolgen des Schreibens vom 29.07.2008 geführt. Es widerspricht jedoch Treu und Glauben, ihm unter Berücksichtigung seines aktenkundigen tatsächlichen Verhaltens einerseits zuzubilligen, er sei, ohne nochmals seine Arbeitsleistung ausdrücklich anzubieten, unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt worden, andererseits aber festzustellen, dass für diese in Anspruch genommene Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung entgegen der Weisung der Beklagten keine Urlaubstage verbraucht wurden. Dem steht schon die Inaktivität des Klägers entgegen.
3) Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger dann, wenn von einem wirksamen Widerspruch gegen die Urlaubserteilung ausgegangen würde, keine Vergütungsansprüche für den Freistellungs- und Kündigungszeitraum aus Annahmeverzug (§ 615 BGB). Er wäre verpflichtet gewesen, seine Arbeitsleistung persönlich für die Dauer der Kündigungsfrist am rechten Ort zur rechten Zeit anzubieten (§§ 293 ff BGB). Die Kündigungsschutzklage hat allenfalls Annahmeverzug für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist ausgelöst. Der Kläger ist aber gerade nicht mehr zur Arbeit erschienen. Würde dem Klagbegehren stattgegeben, hätte dieses daher gleichzeitig zur Folge, dass die Rechtsgrundlage für die erfolgten Vergütungszahlungen entfiele.
4) Vor allem aber hat der Kläger auf die erneute Urlaubserteilung der Beklagten vom 15.08.2008 gar nicht mehr reagiert. Spätestens mit ihr erfolgte daher die korrekte und berechtigte Urlaubserteilung durch die Beklagte im Sinne der eingangs zitierten Rechtsprechung.
5) Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsverhandlung vorgetragen hat, er habe der Beklagten nochmals geschrieben, dass er mit der Urlaubserteilung nicht einverstanden gewesen sei und die Urlaubstage für einen für November 2008 gebuchten Urlaub benötige; er habe dieses auch mehrfach telefonisch mitgeteilt, ist dieses Vorbringen verspätet. Es erfolgte außerhalb der Berufungsbegründungsfrist sowie außerhalb jeglicher gesetzlicher Fristen zur Einlassungsmöglichkeit der Beklagten. Der Kläger konnte auch das behauptete zweite Schreiben nicht im Berufungstermin vorlegen; ebenso wenig die behaupteten Gespräche konkretisieren. Eine Einlassung war der Beklagten auf dieses neue Vorbringen nicht möglich. Es war daher verspätet und nicht berücksichtigungsfähig.
6) Aus den genannten Gründen ist das Berichtigungs- und Neuabrechnungsbegehren des Klägers zu Recht abgewiesen worden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht zuzulassen. Es handelt sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.
Ende der Entscheidung
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